Читать книгу Seewölfe Paket 8 - Roy Palmer, Burt Frederick - Страница 9
5.
ОглавлениеDie Nacht war immer noch mondhell. Einige der Seewölfe, denen es zu langweilig geworden war, hatten ihre Kojen aufgesucht.
Drakes Schiff war hell erleuchtet. Es lag da wie ein zum Sprung hingeducktes Tier. Es mußte meilenweit zu sehen sein.
Der Seewolf, der das Manöver der Soldaten und Seeleute immer noch beobachtete, straffte sich und zeigte auf das kleine Boot, das von zwei Männern gepullt wurde, während ein dritter wie eine Statue regungslos auf der achteren Ducht saß und seine Blicke unverwandt auf die „Isabella“ richtete.
Das Boot lief direkt auf die Galeone zu.
„Sieht aus, als kriegten wir Besuch“, sagte Hasard zu seinen Männern, die sich jetzt zum größten Teil in der Kuhl aufhielten.
Carberry musterte den Mann, der so reglos dasaß und zu Stein erstarrt schien.
„Wenn das nicht einer von Drakes Häuptlingen ist, fresse ich den Besan mitsamt der Lateinertakelung“, sagte er laut.
„Ruhe!“ rief Hasard. „Natürlich will der Mann zu uns, ich bitte mir daher aus, daß nicht gelacht wird.“
„Weshalb nicht?“ fragte Luke Morgan. „Wir haben doch genügend Grund zum Lachen, Sir!“
Hasard warf ihm einen kühlen Blick zu.
„Ich wiederhole mich nicht gern, Luke. Wir haben Drake und seine Leute genügend gedemütigt, und das bis zu dem Punkt, der einen Mann verbittert. Ich sage also noch einmal: Kein Gelächter, was immer der Mann auch will. Ich werde schon mit ihm fertig.“
„Aye, aye, Sir.“ Morgan schluckte und senkte den Kopf. Abwartend sah er dem Boot entgegen, das jetzt dicht vor der Bordwand der „Isabella“ im Wasser trieb.
Hasard hatte die Jakobsleiter bereits außenbords ausbringen lassen und stand ruhig und gelassen in der Kuhl.
„Ich bitte, an Bord kommen zu dürfen, Mister Killigrew“, sagte der Mann, der jetzt aufrecht stand und den Seewolf aus kühlen Augen einer blitzschnellen Musterung unterzog.
„Mein Name ist Thomas Fenner, Kapitän, Sir!“ setzte er schnell hinzu, als von seiten des Seewolfs keine Reaktion erfolgte.
Hasard lud ihn mit einer Handbewegung ein und nickte.
„Bitte, Mister Fenner“, sagte er.
Während Fenner aufenterte, blieben die beiden Männer im Boot sitzen und taten so, als interessiere sie die „Isabella“ nicht im geringsten. Sie nahmen keine Notiz von ihr, aber den Seewölfen entging nicht das heimliche Lauern in ihren Augen, die begehrlichen Blicke, die sie auf den ranken Dreimaster warfen, und wie sie ihn immer wieder unauffällig musterten.
Fenner schob sich an einer schweigenden Mauer Seewölfe vorbei. Er sah in harte kühle Gesichter, erblickte riesige hünenhafte Gestalten und schluckte unmerklich, als er den Profos sah, der die Arme über der Brust verschränkt hatte und ihn spöttisch musterte. Dabei vergaß Fenner durchaus nicht die erbärmliche Rolle, die sie soeben noch gespielt hatten, und er ahnte auch, was diese harten Kerle über ihn und ganz besonders den Admiral dachten.
Denen stand ein lausiges, unsichtbares Grinsen in den harten Gesichtern, auch wenn sie bemüht waren, dieses Grinsen nicht unverhüllt zu zeigen.
„Darf ich Sie in meine Kammer bitten?“ fragte Hasard.
Thomas Fenner, der die Scharte gar zu gern wieder auswetzen wollte, verneinte hochmütig.
„Nicht nötig, Killigrew“, sagte er herablassen. „Wir haben nicht sehr viel miteinander zu besprechen.“
Hasards Blick wurde eisig, das winzige Lächeln aus seinen Mundwinkeln verschwand.
„Bewahren wir doch die Höflichkeitsformen“, sagte er kalt. „Ich werde versuchen, sie auch zu wahren, Kapitän Fenner.“
Fenner lief rot an, murmelte etwas und ärgerte sich über diesen einen Satz des Seewolfs bereits halbtot. Der Kerl ließ aber auch nichts aus, dachte er, der nahm jede Gelegenheit wahr, um ihn auch weiterhin kühl und distanziert zu demoralisieren.
„Admiral Drake ist nach reiflicher Überlegung zu der Überzeugung gelangt, daß er Ihre Hilfe annimmt, Kapitän Killigrew. Natürlich haben wir darüber diskutiert …“
„Natürlich“, sagte Hasard ausdruckslos, und diese Wiederholung seines Wortes begann Fenner schon wieder aufzuregen.
„Wie gesagt“, brummte er und räusperte sich wiederholt, „der Admiral ist also bereit. Er wird Sie dann empfangen und Ihnen seine Befehle unterbreiten.“
„Wie nett von ihm, wirklich sehr großzügig“, erwiderte Hasard trokken.
Er sah Fenner in direkt verletzender Weise an, bis der wieder knallrot anlief und sich ärgerte.
Fenner wartete irritiert auf weitere Antwort, doch die Gesichter, die ihn anstarrten, wirkten wie nackter Hohn. Er war sicher, daß die Kerle heimlich über ihn lachten, und niemand dachte daran, ihm zu antworten.
Wieder schluckte er und sah den Seewolf an. Dann wanderte sein Blick zu dem Profos weiter, der sehr langsam seine mächtige Pranke hob und sich mit ausgestreckten Zeigefinger andächtig an der Schläfe zu kratzen begann. Ebenso langsam nahm er die Riesenpranke wieder herunter, trat ans Schanzkleid und spie in einem langen Strahl über Bord.
Im ersten Impuls hätte Fenner vor Wut am liebsten laut aufgeschrien und gebrüllt, denn er ahnte nur allzu gut, was diese Geste bedeutete.
„Ich warne Sie“, klangen ihm immer noch Drakes Worte im Ohr, aber er hatte sie auf die leichte Schulter genommen, und jetzt befand er sich in einer recht peinlichen Situation.
„Also, ich warte“, sagte Fenner hochnäsig.
„Auf was bitte, warten Sie, Kapitän Fenner?“ fragte Hasard ironisch.
„Auf Ihre Antwort, Mann!“ schrie Fenner, dem jetzt die Pferde durchgingen wegen dieser Unverschämtheit. „Sie werden sich dem Admiral gefälligst unterordnen, nach allem was Sie angestellt haben. Das ist ein Befehl, Mister Killigrew. Sie haben keinen Hampelmann vor sich!“
Hasard tat so, als müsse er das erst noch feststellen, dann zuckte er gelassen mit den Schultern.
„Natürlich will ich kein abwertendes Urteil fällen“, sagte er, „das mit dem Hampelmann haben Sie gesagt. Aber ich muß Sie in aller Form ersuchen, Mister Fenner, hier auf meinem Schiff nicht herumzubrüllen. Und noch etwas, Mister Fenner“, sagte er fast freundlich, und jetzt erschien auch wieder ein feines Lächeln in seinem harten Gesicht, „ich denke nicht im Traum daran, mich dem Admiral unterzuordnen. Wir sind freie Männer und nicht an die Admiralität gebunden, und wir bleiben freie Männer, solange wir leben. Wenn Sie das gütigst zur Kenntnis genommen haben, dann besteigen Sie Ihr Boot und richten Sie Sir Francis Drake meinen verbindlichsten Gruß aus. Er hat mein Hilfsangebot abgelehnt, brüllend und laut, und wenn mich mein Gedächtnis nicht im Stich läßt, drohten Sie uns sogar noch mit einer Breitseite. Sie werden verstehen, daß ich das nicht teilnahmslos hinnehmen kann. Im übrigen ist der ehrenwerte Admiral an seiner Misere selbst schuld. Er ist nun einmal beutegierig und lief blindlings hinter uns her. Das wertet fast seine seemännischen Qualitäten etwas ab. Und dann will er mir auch noch auf der Nase herumtanzen und mich kommandieren? Zum Teufel, Mister Fenner!“
„Was? Sie wagen es“, schrie Fenner mit hochrotem Schädel, „die seemännischen Qualitäten eines Sir Francis Drake anzuzweifeln? Sie sind wohl nicht bei Trost, Killigrew! Es gibt keinen besseren Mann als Drake.“
„Dann seien Sie froh, daß Sie ihn haben. Im Entern von Sandbänken hat er jedenfalls erstklassige Qualitäten.“
„Auf was bilden Sie sich etwas ein?“ schrie Fenner, der mitunter einfach keine Erwiderung auf des Seewolfs Worte fand.
„Auf meine Freiheit, Fenner! Sonst auf nichts. Stolpern Sie nicht, wenn Sie von Bord gehen, vergessen Sie nicht, den Admiral zu grüßen und richten Sie ihm aus, er möge sich gefälligst persönlich an Bord meines Schiffes bemühen, wenn er etwas will. Ihre Bekanntschaft war mir eine Ehre, Sir!“
Fenner war sprachlos. Er sah sich fassungslos nach allen Seiten um und glaubte noch immer, sich verhört zu haben.
Aber die Augen, die zurückblickten, gaben ihm überdeutlich zu verstehen, was die Männer von seinem Kommandoton hielten.
Nichts, dachte er erschauernd, sie hielten überhaupt nichts von ihm, und dieser schwarzhaarige Bastard dachte nicht im Traum daran, einem Befehl Drakes zu gehorchen. Der zeigte nicht nur die Zähne, dieser Kerl, der zeigte ein Prachtgebiß wie ein reißender Wolf, ein Seewolf.
„Sie verlangen, daß der Admiral sich selbst herbemüht? Sie müssen größenwahnsinnig sein, Sie – Sie … Darüber ist das letzte Wort noch nicht gesprochen.“
„Dann ruhen Sie sich meinetwegen bis in alle Ewigkeit auf der Sandbank aus“, erwiderte Hasard trokken. „Sie selbst schaffen es ja doch nicht, die Galeone auch nur eine Handbreite aus dem Dreck zu ziehen.“
„Sie werden noch von uns hören!“ schrie Fenner. „Sie werden jedes Ihrer Worte noch bereuen, das verspreche ich Ihnen! Vielleicht hängen Sie eines Tages noch an der Großrah eines Mastes und genießen einen weiten Ausblick!“
„Der wird dann sicher auf Ihrer gestrandeten Galeone wohlwollend ruhen, Fenner. Fallen Sie nicht von der Jakobsleiter, manche Stürze können sehr unangenehm sein!“
Damit war Fenner verabschiedet.
Er warf einen letzten fassungslosen Blick auf den Seewolf, schüttelte dann den puterroten Kopf, schnaufte erregt und stieg über das Schanzkleid, düstere Prophezeiungen vor sich hinmurmelnd.
Noch während er ins Boot stieg, packte ihn eine unbeschreibliche Wut, und bevor er hineinsprang, hämmerte er mit beiden Fäusten voller Zorn und hilfloser Enttäuschung wie ein Wilder an die Bordwand.
„Bestes Holz, Sir“, versicherte Ferris Tucker freundlich, der ihm ausdruckslos nachblickte. „Da geht so schnell nichts kaputt. Es bleiben nicht mal Kratzer, selbst wenn man zufällig mal irgendwo aufläuft.“
Fenner wartete nicht mehr länger, er wandte den Seewölfen den Rükken zu und schrie die beiden Männer an, endlich loszupullen.
„Ich wette, er heult jetzt“, sagte Matt Davies. „Deshalb dreht er sich auch nicht mehr um. Wie weh muß ihm ums Herze sein!“
Ein paar Seewölfe prusteten los, bis Carberry ihnen sein grimmiges Gesicht zuwandte.
„Wenn ich jemanden lachen höre“, sagte er im Plauderton und ohne jeden Ausdruck, „dann jage ich ihn solange in die Wanten; bis er mit einem ellenlangen grauen Bart zurückkehrt. Habt ihr das kapiert, ihr Hafenratten, ihr verwanzten, was, wie?“
Sie lachten auch nicht mehr, sie warfen ihrem Kapitän nur einen bewundernden Blick zu, denn der hatte Fenner und Drake mit ein paar Worten so tief gekränkt, wie es noch niemand getan hatte.
Fenner schien tatsächlich zu heulen.
Fenners Rückkehr ließ den erwartungsvollen Francis Drake fast in die Knie gehen und setzte allem die Krone auf.
Mit vor Zorn versagender und immer wieder überkippender Stimme erstattete er dem Admiral Bericht.
Er wagte kaum, dem Admiral dabei in die Augen zu blicken.
Der erwartete und befürchtete Tobsuchtsanfall folgte auch sofort danach.
Drake hörte erst schweigend zu, dann verfärbte er sich, und Fenner sah, wie seine Hände zu zittern begannen. Diese Reaktion setzte sich fort, bis Drakes Schultern vor Wut bebten, sein Kopf knallrot anschwoll und er sich ruckartig umdrehte, weil auch er glaubte, sich verhört zu haben.
Was Fenner dann zu hören kriegte, übertraf alle seine befürchteten Erwartungen. Er hatte Drake jetzt schon ein paarmal tobend und brüllend erlebt, aber diesmal erinnerte es Thomas Fenner an eine Nierenkolik, bei der der bedauernswerte Patient sich die Lunge aus dem Hals schrie.
Dabei sparte der sonst so zurückhaltende und immer auf Würde bedachte Admiral auch nicht mit Kraftausdrücken. Im Gegenteil: Er wandte sie lautstark an und tobte sich aus, bis ihm vor Erregung die Stimme versagte.
Er würdigte Fenner keines Blickes mehr, drehte sich auf dem Absatz um und verschwand unter Deck in der achteren Kammer.
Er ließ sich auch vorerst nicht mehr blicken. Kapitän Thomas Fenner blieb hilflos und verwirrt auf dem Achterdeck zurück und dachte über die Ungerechtigkeit der Welt nach.