Читать книгу Felida - Rudolf Jedele - Страница 14
Оглавление2. Lichtwelt
Der Stamm der Moak war immer ein starker Stamm gewesen. Gute Jäger, starke Frauen und eine prachtvolle Höhle, die – obwohl gut gelüftet - selbst im strengsten Winter warm und gemütlich war.
Die Kinder gediehen prächtig, Hunger war den Moak unbekannt und da sie der einzige Stamm in den Bergen waren, dessen Schamane nicht nur Zaubern und Heilen sondern auch mit Eisen umgehen konnte, waren sie eigentlich auf die Jagd gar nicht mehr angewiesen. Die Messer und Speerspitzen, die eisernen Spitzen der Jagdpfeile, die Singan, der Schamane mit seinen Helfern Wento und Marik herzustellen wusste, genügten als Handelsware, um den ganzen Stamm zu ernähren.
Doch damit nicht genug, besaß der Stamm der Moak noch weitere Besonderheiten.
Sein Häuptling Nargo war der einzige Mensch weit und breit, der es verstand mit den Zahlen oberhalb von drei Händen umzugehen. Nargo war auch in der Lage Zeichen zu malen, die der Händler am anderen Ende des Gebirges entziffern konnte und er konnte Nargo Nachrichten zukommen lassen, die auf dieselbe Weise zustande gekommen waren. Die beiden nannten diese Kunst Lesen und Schreiben und hüteten sie wie einen ihrer Augäpfel. Der Händler war Nargos Bruder.
Der Stamm der Moak war reich.
Ein Reichtum, der dazu führte, dass die Mütter mehr Kinder zur Welt brachten, als in anderen Stämmen, dass diese Kinder besser genährt wurden und seltener schon früh starben, als dies in anderen Stämmen der Fall war. Die Kinder wuchsen heran, wurden groß, stark und schön. In keinem Stamm gab es schönere Frauen als bei den Moak. Wollte ein benachbarter Stamm also Ehre für sich gewinnen, versuchte er eine oder auch mehrere Frauen aus dem Stamm Moak für seine jungen Männer zu gewinnen. Früher hatten sie versucht, die Frauen der Moak zu stehlen, doch das war nie gut ausgegangen. Stahl man eine Moakfrau, so konnte man sich ihrer Treue nie wirklich sicher sein. Irgendwann, selbst nach Jahren noch, war man unachtsam und auf einmal tot. Vergiftet, in unwegsamem Gelände abgestürzt, mit einer Klapperschlange im Bett aufgewacht und anderes mehr. Ging die Moakfrau dagegen freiwillig mit einem jungen Mann, dann hatte dieser bis an sein Lebensende das große Los gezogen.
Die Jäger der Moak waren für ihre Kunst mit dem Bogen berühmt und für ihre scheinbar angeborene Fähigkeit selbst auf blankem Fels noch die Spur einer Ameise verfolgen zu können.
Kein Moakmann war kleiner als sechseinhalb Fuß und manche erreichten auch mehr als siebeneinhalb Fuß. Sie alle waren schnelle und ausdauernde Läufer und ihre Kletterkunst in den schroffen Wänden des Gebirges war legendär. Sie jagten Mufflons, Gämsen und Steinböcke und aus den Fellen dieser Tiere gerbten ihre Frauen wundervolle Pelze und feinstes Leder und aus den Gehörnen der Steinböcke fertigten die Männer ihre wuchtigen Jagdbogen.
Ein glücklicher Stamm also, mit beinahe zweihundert Angehörigen, der führende Stamm in den Bergen von Aaranga.
Sie alle befolgten die Gesetze der Natur streng, denn sowohl der Häuptling als auch der Schamane und alle Ältesten achteten streng darauf. Vor allem achteten sie auf die Einhaltung eines ganz besonderen Tabus.
Es war verboten, auf ein tragendes Tier auch nur die Spitze eines Pfeils zu richten, geschweige denn, es zu erlegen. Wer sich solches zuschulden kommen ließ, dem würde der Ausstoß aus dem Stamm drohen und er würde mit einem Fluch belegt, der war, als wäre er gestorben.
Doch diese Strafe hatte noch niemals in der Geschichte der Moak angewendet werden müssen. Nie hatte ein Jäger auf ein Muttertier gezielt, nie war ein Muttertier erlegt worden. Die guten Jäger erkannten ein Muttertier sofort, auch wenn es erst seit wenigen Tagen tragend war. Die weniger guten hatten es sich zur Gewohnheit gemacht, ausschließlich männliche Tiere zu jagen und so jedem Ärger aus dem Weg zu gehen.
Das Leben bei den Moak verlief also in geordneten Bahnen. So lange bis der Bruder des Häuptlings, der Händler, beschloss, seinen einzigen Sohn Distal in die Berge zu schicken und ihn zusammen mit des Häuptlings Sohn Mungo zu einem Mann und Jäger erziehen zu lassen.
Distals Vater, der Händler Dingo hatte sich in jungen Jahren auf eine lange Reise begeben und die Stadt Zegan gefunden. Die Menschen dieser Stadt, sie nannten sich nach ihrer Stadt Zeganiten, hatten sich von den Traditionen der Jagdnomaden entfernt und waren zu sesshaften Bauern, Handwerkern und Händlern geworden. Dort hatte Dingo seine Frau, Distals Mutter kennen gelernt, sie hatte sich in den starken, gut aussehenden Nomaden verliebt und war mit ihm gegangen, nachdem er ihr versprach, als Bindeglied zwischen den Gebirgsnomaden und den Zeganiten ebenfalls sesshaft zu werden. Er hatte den Handelsposten am Fuße der Berge eingerichtet und dort lebte er nun seit geraumer Zeit. Seine Frau hatte ihm zwei Töchter und – als Nachzügler – einen Sohn geboren, doch die Geburt des Sohns hatte ihr eigenes Leben gekostet. Sie war während der Geburt verblutet.
Distal war von seinen Schwestern großgezogen worden und sie hatten einen verzogenen Bengel aus ihm gemacht, dem alles vergeben und verziehen wurde, was immer er auch anstellte.
Nun war er also in die Berge gekommen, zu seinen Verwandten, den Moak und hier musste er sich zuerst mit einem Jungen auseinander setzen, der auf den Tag genau gleich alt war wie er selbst. Dennoch war ihm dieser Junge in allen Belangen haushoch überlegen.
Der Junge war der Sohn des Häuptlings, sein Name war Mungo.
Mungo war fast einen Kopf größer als Distal und bereits stark wie ein Löwe und so sah er auch aus. Er trug sein Haar lang bis über die Schultern und stets offen und da sein Haar die Farbe eines brennenden Busches hatte, glich er auch einem Löwen, wenn er über durch die Berge lief. Seinen Namen hatte er aber nicht nach diesem erhalten, sondern nach einer sehr viel kleineren Schleichkatze.
Der Mungo ist berühmt für seinen unerschütterlichen Mut, seine unglaubliche Geschmeidigkeit und seine blitzartigen Reflexe. Er ist berühmt für seine Fähigkeit, eine ihm zehnfach an Größe, Gewicht und Kraft überlegene Schlange anzugreifen und diese zu töten und auch die giftigsten Bisse zu überleben.
Dieses Tier hatte Mungo seinen Namen gegeben und wer den Jungen beobachtete, begriff rasch, dass er seinen Namen zu Recht trug.
Er und Distal waren sechs Jahre alt, als Distal in die Berge kam. Mungo besaß bereits einen eigenen Bogen und hatte schon jede Menge Niederwild damit erlegt. Für Distal war der Bogen ein unbekanntes Wesen, das ihn selbst am Anfang mehr in Gefahr brachte, als das Wild auf das er zielte.