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Das Urteil

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Der Heimweg dauerte lange und sie erreichten die Höhle erst, als die Sonne schon untergegangen war. Der Großteil der Stammesangehörigen saß noch auf der großen, freien Fläche vor der Höhle, wo sich das Leben während der schneefreien Zeit hauptsächlich abspielte. Acht große Kochfeuer brannten und es roch köstlich, denn die Frauen hatten das Abendessen zubereitet.

Als Marik mit seiner traurigen Truppe den Platz vor der Höhle erreichte, wurde er zunächst mit den üblichen gutmütigen Spötteleien empfangen, doch dann erkannten die ersten Stammesangehörigen, was auf den Travois lag und so war es totenstill auf dem großen Vorplatz, als Marik vor den Häuptling trat, sich auf den Boden kniete und so wartete, bis Nargo ihn ansprach.

Nargo war dem Stamm stets ein sehr guter Häuptling gewesen. Seine Fähigkeiten waren unbestritten, seine Entscheidungen fanden immer großen Anklang und wenn er ein Urteil sprechen musste, wurde es immer als gerecht empfunden. Nargo war auch ein bedächtiger Mann, einer der manchmal etwas lange überlegte, doch wenn er dann entschied, waren seine Entscheidungen immer zu Gunsten des Stammes getroffen.

Jetzt stand Nargo von seinem Platz am Feuer auf und ermahnte Marik zunächst, nicht vor ihm zu knien, denn selbst der Häuptling hatte keinen Anspruch auf eine solche Erniedrigung eines Menschen.

„Ich knie nicht vor dir, mein Freund und Häuptling, ich knie vor meinem Schicksal. Sieh, was geschehen ist und du wirst verstehen, weshalb ich knien muss.“

Nargo trat langsam zu den Travois und starrte auf die beiden weißen Hindinnen und den bewusstlosen Distal und jeder, der nahe genug stand, konnte erkennen, wie der Häuptling unter seiner Sonnenbräune bleich wurde und seine Gesichtszüge zu einer Art Maske erstarrten. Er atmete schwer, seine Fäuste ballten sich zusammen, die Fingernägel gruben sich so tief in seine Handballen, dass Blut hervor zu sickern begann, sein Gesicht mit den geschlossenen Augen war in den Himmel gerichtet und Nargo kämpfte um seine Fassung und seine Selbstbeherrschung.

Lange blieb er regungslos, erst als der Schamane Singan neben ihm auftauchte und seine Hand auf die Schulter des Häuptlings legte, kehrte dieser in die Gegenwart und die reale Welt zurück. Er und Singan wechselten einen kurzen Blick, dann drehte Nargo sich zu Marik, winkte ihn zu sich her, gemeinsam mit Singan setzten sie sich ein wenig abseits und Nargo verlangte einen genauen Bericht.

Marik erzählte, was geschehen war. Er ließ nichts aus und er beschönigte auch nichts. Selbst davon berichtete er freimütig, dass er zwar das Glitzern der Gier in Distals Augen gesehen, aber nichts dagegen unternommen hatte. Nicht einmal besonders wachsam war er deswegen geworden und so sah er alle Schuld am Geschehen bei sich selbst.

„Ihr werdet mich verstoßen und mit dem Fluch belegen, das weiß ich und ich werde meine Strafe dankbar annehmen, wenn damit vom Stamm abgewendet wird, was ich befürchte.“

„Das mein Junge, hast nicht du zu entscheiden, das entscheidet das Stammesgericht. Also warten wir ab. Aber du hast recht getan, die toten Hindinnen mit zu bringen, das war umsichtig gehandelt und verschafft uns vielleicht die Möglichkeit, Verzeihung bei den Herden zu erlangen. Ich werde mich darum bemühen.“

Singans tiefe Stimme verklang, doch der Klang der Stimme und die Anerkenntnis dessen, was er zuletzt doch noch richtig gemacht hatte, tröstete Marik ein klein wenig. Doch als Singan weiter sprach, war aller Trost sofort wieder verflogen.

„Den Jungen, Distal, hast du beinahe zu Tode geprügelt. Weshalb hast du es nicht zu Ende gebracht?“

„Viel fehlte nicht mehr, dann hätte ich es getan. Doch Mungo und seine Freunde haben mich daran gehindert. Mungo war der Meinung, dass dadurch nichts besser würde und dass Distals Strafe nicht so leicht sein durfte. Distal war Mungos Meinung nach schon immer viel zu milde behandelt worden. Dieses Mal sollte er die volle Konsequenz seiner Handlung tragen müssen.“

Singan wandte sich an Nargo:

„Du hast einen klugen Sohn, Häuptling. Einen sehr klugen Sohn. Wenn nur dein Neffe auch ein klein wenig von der Klugheit Mungos besäße.“

Fünf Tage lang fastete der Schamane. Fünf Tage lang ertönte der tiefe Klang seiner Stimme, wenn er die Geister der Herden anrief und fünf Tage lang wurde das Leben des Stammes Tag und Nacht vom dumpfen Pochen der Stammestrommel begleitet, mit der Marik den Schamanen bei der Anrufung der Herdengeister unterstützte.

Wento, der andere Helfer Singans kümmerte sich in diesen fünf Tagen um die Verletzungen Distals und brachte den Jungen wieder so weit auf die Beine, dass er wenigstens ansprechbar war. Nargo, Singan und der Rat des Stammes saßen am Abend des fünften Tages an Distals Schlafplatz und Nargo begann den Jungen zu befragen.

Erstaunt erfuhren sie, dass Distal selbst jetzt noch davon überzeugt war, dass er nichts Falsches getan hatte. Weiße Felle waren es allemal wert, die Geister ein wenig zu verärgern und es war nicht sicher, ob und was die Geister – wenn es sie denn gab – überhaupt unternehmen konnten, um den begangenen Frevel zu rächen. Distal grinste boshaft mit seinem zerschlagenen Gesicht, als er verlangte, dass man die Hirsche aus ihren Decken schlug und die Felle den Frauen zum Gerben gab. Er verlangte, dass man die Felle dann sofort mit einem Boten zum Handelsposten schickte und er verlangte, endlich wieder zu seinen Eltern und seiner Heimat zurückkehren zu dürfen. Er schloss mit den Worten:

„Bleibt mir vom Leib mit euren Märchen über die Rache der Herden. Damit könnt ihr eure eigenen Bälger erschrecken, nicht mich, der ich ein Zeganit bin. Ein Dummkopf wie Mungo mag euch eure Schreckensmärchen abnehmen, ich nicht. Gebt mir meine Felle und meine Waffen und ein paar Jäger als Geleit und sobald ich wieder aus eigener Kraft stehen und gehen kann, werde ich zu meinen Eltern heimkehren. Und auf Marik passt mir schön auf, ich will nicht, dass ihm etwas zustößt, denn eines Tages werde ich soweit sein, dann werde ich kommen und mir Marik selbst vornehmen. Er wird leiden. Das schwöre ich.“

Singan schüttelte über so viel hochnäsige Dummheit und Ignoranz nur den Kopf. Er verließ die Höhle und ging, um das Stammesgericht vorzubereiten.

Das Gericht kam am siebten Tag zusammen und hörte sich die Geschichte von allen Beteiligten an. Auch Distal wurde noch einmal gehört und man staunte über seine bodenlose Arroganz, denn ein solches Verhalten hatte niemand im Stamm der Moak jemals erlebt.

Unverdrossen behauptete Distal seinen Standpunkt, er gehöre nicht zum Stamm der Moak und dessen Gesetze müssten ihn deshalb nicht kümmern. Er war der Meinung, er habe sich ehrenvoll und verantwortungsbewusst verhalten, denn seine Aufgabe war es, den Reichtum und das Ansehen seiner Familie und der Stadt Zegan zu mehren und nicht die dümmlichen Gesetze eines Stammes zu achten, dessen Lebensweise ihm ohnehin zuwider war. Je länger er redete, desto aggressiver wurde er und dann verstieg er sich sogar zu der Behauptung, dass er eigentlich mit den Moak rein gar nichts zu tun habe. Er sei reinblütiger Zeganit und sein echter Vater entstammte einer der edelsten Familien der Stadt. Dingo sei nur sein Ziehvater, weil seine Mutter mit diesem aus politischen Gründen und unter Zwang verheiratet worden war. Noch einmal verlangte er kategorisch die Herausgabe der beiden weißen Felle und seine Entlassung aus dem Stamm, um heimkehren zu können.

Die Mitglieder des Stammesgerichts hatten Distals Ausführungen fassungslos zugehört und sahen sich mit einem wirklich schwerwiegenden Problem konfrontiert, das sich vielleicht gar nicht lösen ließ.

Was, wenn die Behauptungen des Jungen stimmten? Was, wenn er tatsächlich reinblütiger Zeganit war?

Das Problem löste sich auf eine überraschende Art, denn ohne Vorankündigung und gänzlich unerwartet erreichte in der Mitte des Vormittags ein Reisender die Höhle, den man schon lange nicht mehr im Stammesgebiet gesehen hatte. Distals Vater war von seinem Handelsposten ins Gebirge herauf gestiegen, weil ihn eine böse Ahnung und schlimme Träume dazu gezwungen hatten. Dingo trat nun ebenfalls vor das Stammesgericht. Nargo informierte ihn rasch über alles, was geschehen und gesagt worden war, dann wurde Dingo vom Stammesgericht gehört.

„Ich weiß nicht, was meinen Sohn antreibt und weshalb er seine Herkunft und sein Blut derart verleugnet. Doch es nicht von Bedeutung. Ich bin sein leiblicher Vater, daran besteht nicht der geringste Zweifel. Distal ist zur Hälfte Moak und unterliegt den Gesetzen des Stammes. Doch selbst wenn das nicht der Fall wäre, spielte es keine Rolle, denn die Gesetze Zegans unterscheiden sich in solchen Fällen in nichts von unseren Gesetzen. Ich war in der Stadt, als mich meine Ahnungen überfielen und so habe mit dem obersten Schamanen der Stadt reden können. Die Stadt verlangt die strengste Bestrafung, die nach den Gesetzen der Moak möglich ist und der Schamane bittet Singan sich mit ihm im Geist zu vereinigen, damit sie gemeinsam die Herden um Verzeihung bitten können. Das ist es, was ich zu sagen habe. Nun sollen die Moak entscheiden.“

Die Gefühle, die bei den Worten seines Vaters durch Distals Inneres tobten, zeichneten sich auf seinem Gesicht deutlich ab und wer ihn nun sah, wünschte sich, die Gesetze der Moak würden Distals Tod ermöglichen. Der Junge war zum lebendig gewordenen Hass geworden. Eine Verkörperung der schrecklichsten Gefühle, zu denen ein Mensch fähig sein kann, so saß er auf seinem Platz und sein ganzer Hass galt zunächst seinem Vater und dann Nargo und dem ganzen Stamm Moak.

Wie aber ging man mit solchen Gefühlen eines Angeklagten um?

Das Stammesgericht beriet lange und sorgfältig. Dann sprach es die höchstmögliche Strafe aus.

Distal wurde nicht nur aus dem Stamm der Moak sondern aus jeder menschlichen Gemeinschaft ausgestoßen. Er würde den Rest seines Lebens selbst dann in Einsamkeit verbringen, wenn er sich mitten unter zahllosen Menschen aufhielt, denn das Urteil würde ihm als Stigma auf der Stirn eingebrannt werden. Kein Stamm, keine wie auch immer geartete menschliche Gemeinschaft würde ihm in Zukunft mehr Nahrung und Unterkunft geben und er musste zusehen, wie er nur auf sich selbst gestellt überleben konnte.

Das Urteil sah kein Ende der Strafe vor. Distals uneinsichtige Haltung, seine Arroganz und die Verleugnung seiner Abstammung hatten den Stammesrichtern als Anlass gedient, die Ausstoßung unwiderruflich zu machen.

Distal sollte sterben.

Nargo, Dingo und Singan verkündeten das Urteil gemeinsam und Wento stand bereits mit dem glühenden Eisen bereit, um das Stigma der Schande unauslöschlich auf Distals Stirn einzubrennen. Dingo und Nargo, Distals Vater und Distals Erzieher übernahmen es, den Jungen festzuhalten und als der Gestank verbrannter Haut über den Platz zog, wusste der gesamte Stamm, dass Distal gestorben war ohne tot zu sein.

Am Abend saßen Dingo und Nargo gemeinsam an einem der großen Kochfeuer und unterhielten sich. Sie waren beide in bedrückter Stimmung, was leicht zu verstehen war. Distal war unmittelbar nach seiner Stigmatisierung zu seinem Schlafplatz gehumpelt, hatte seine Habseligkeiten zusammen gesucht und gleich darauf hatte er die Höhle der Moak verlassen. Er war nach wie vor von einer Aura des unversöhnlichen Hasses umgeben, als er weg ging und er unternahm nicht einmal den Versuch, sich von irgendjemand zu verabschieden. Es hätte ohnehin nichts genützt, denn niemand würde mit einem Toten gesprochen haben.

Mungo hatte das Stammesgericht und die Verurteilung mit gemischten Gefühlen beobachtet. Er saß neben seinem Vater, lauschte mit halbem Ohr der eher belanglosen Unterhaltung seines Vaters und seines Onkels, dabei starrte er blicklos vor sich hin, dabei hing er seinen eigenen Gedanken nach. So entging ihm, dass sich auch Singan zu ihnen gesellte. Erst als dessen tiefe Stimme ihn erreichte, wurde er aufmerksam und sah hoch.

„Auch unser junger Jäger hier hegt Zweifel an der Richtigkeit des Urteils. Habe ich recht?“

Mungo war entgangen, was der Schamane vor diesem Satz gesagt hatte, dennoch antwortete er nach kurzem Überlegen.

„So ist es, würdiger Schamane. Ich kann mir nicht vorstellen, dass unser Urteil den Frevel Distals auslöschen und die Geister der Herden wieder beruhigen wird. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass dies nicht der Fall sein wird und dass es völlig belanglos ist, was mit Distal geschieht. Wir alle haben diesen Frevel zu verantworten, denn wir alle haben versagt. Ich denke, die Geister der Herden werden sich nicht die Mühe machen, so genau nachzuforschen und sich in ihrer Rache auf Distal begrenzen. Ich fürchte, die Bewohner der Berge werden unter Distals Verhalten zu leiden haben und nicht nur die Moak. Deshalb hätte man Distal auch mit einer sehr viel milderen Strafe davonkommen lassen können. Das Urteil des Stammes ist meiner Meinung nach unmenschlich in seiner Härte.“

Die drei erwachsenen Männer starrten den jungen Jäger mit betroffenen Gesichtern an, denn mit derart deutlichen Worten hatten sie nicht gerechnet. Selbst der Schamane sprach nie so deutlich aus, was er aus der Welt der Geister in Erfahrung gebracht hatte.

„Auf was begründest du deine Auffassung, mein Junge? Bist du neuerdings unter die Schamanen gegangen?“

Nargo war auch dann noch Häuptling, wenn er persönlich von einer Situation betroffen war und als Häuptling stand es ihm zu, auch provozierende Fragen zu stellen.

„Ich bin weder Schamane geworden, noch habe ich vor, diesen Schritt jemals zu tun. Doch ich bin Jäger und ich bin im Geist unseres Stammes erzogen worden.

Ich kann es nicht erklären, aber ich war es, der wusste, dass alle Hindinnen der Herde tragend waren, nicht Marik. Ich habe Marik noch vor Distal gewarnt, ehe wir das Hochtal erreichten und ich bin mit einem dumpfen Gefühl im Bauch losgezogen, als uns Marik zur Umzingelung der Herde aufgefordert hat.

Wir haben vom Schamanen gelernt, dass alles Leben auf der Erde eine gemeinsame Wurzel besitzt und dass aus diesem Grund auch alles Wissen allen Lebewesen gleichermaßen zur Verfügung steht.

Wenn das stimmt, gehen wir schweren Zeiten entgegen. Ich ahne es.“

Mungo war beinahe über sich selbst erschrocken, als er seine Rede zu Ende gebracht hatte, denn er hatte über Dinge gesprochen und Worte benutzt, die eines Mann würdig gewesen waren, nicht eines jungen Jägers, der erst auf dem Weg war, ein Mann zu werden. Auch die Freizügigkeit, mit der er den drei angesehensten und ranghöchsten Männern der Moak geantwortet hatte, ging weit über das hinaus, was einem jungen Jäger zustand.

Nargo, Dingo und Singan tauschten kurze Blicke aus, dann antwortete Nargo:

„Mein Sohn, was du gesagt hast, trifft genau das, was uns auch der Schamane hat wissen lassen. Er hat keinen Zugang zur Welt der Geister der Herden gefunden. Auch nicht in der Verbindung mit dem Schamanen in Zegan. Die Geister reden nicht mehr mit uns. Doch, obwohl du das alles mit ungewöhnlicher Klarheit erkannt hast, will ich dich in deinem eigenen und auch im Interesse des Stammes bitten, mit niemand außer mit uns über solche Dinge zu reden. Selbst mit uns redest du auch nur dann, wenn du gefragt wirst. Wir werden Entscheidungen treffen müssen, die wir heute noch nicht abschätzen können. Vielleicht werden diese Entscheidungen dem Stamm nicht immer gefallen. Deshalb können wir nicht zulassen, dass ein junger Jäger ohne Erfahrung unsere Entscheidungen beeinflusst oder kritisiert. Hast du das verstanden?“

Mungo hatte verstanden. Er versprach, mit niemanden über seine Gedanken zu reden, es sei denn, er wurde von Nargo oder Singan dazu aufgefordert.

Mungo verließ das Feuer und suchte nach seinen gleichaltrigen Freunden. Nargo, Dingo und Singan aber sahen sich lange und nachdenklich an, dann meinte der Schamane:

„Der Junge hat Recht. Wir haben ein sehr hartes und erbarmungsloses Urteil gefällt, weil wir hofften, die Geister der Herden besänftigen zu können. Wir haben Distal geopfert, um uns rein zu waschen, doch wir wissen, dass Distal nur einen Teil der Schuld trägt. Wir alle, die wir mit seiner Erziehung beschäftigt waren, haben versagt. Ich fürchte, wir alle müssen die Konsequenzen daraus tragen. Das Urteil der Herden wird nicht milder ausfallen, weil wir Distal in den Tod geschickt haben.“

Singans Worte waren von fast hellsichtiger Deutlichkeit gewesen.

Das Urteil der Geister der Herden – das Urteil der Natur – gegen die Moak war nicht weniger erbarmungslos, wie das des Stammes gegen Distal.

Innerhalb weniger Monde wurde aus dem ehemals angesehenen und erfolgreichen Stamm Moak eine Gruppe Geächteter. Distals Frevel sprach sich wie ein Lauffeuer im ganzen Gebirge herum und die Folgen, die dem Stamm aus diesem Frevel erwuchsen, waren schlimmer, als alles, was sie befürchtet hatten.

Dingos Handelsposten verödete, denn niemand hatte mehr Interesse daran, mit einem Vater Handel zu treiben, dessen einziger Sohn derart gegen die Gesetze der Natur verstoßen hatte.

Zegans Bauern und Handwerker verloren ihren wichtigsten Kundenkreis und die Stadt begann rasch zu verarmen, die Handwerker und Bauern zogen ab und suchten sich andere Niederlassungen.

Die schlimmste aller Bestrafungen aber betraf den Stamm direkt. Wer immer ab dem Tag des Urteils die Höhle verließ, um zu jagen, kehrte entweder nicht oder erfolglos zurück.

Unerklärliche Unfälle rafften Jäger hin und selbst die besten Jäger waren nicht mehr in der Lage, sich einer Beute so weit zu nähern, dass sie mit Speer oder Pfeil zum Abschluss hätten kommen können. Es war, als kannte das Wild die genaue Reichweite eines jeden einzelnen Jägers mit jeder seiner Waffen.

Auch die Frauen des Stammes waren vom Glück verlassen.

Wie sonst war zu erklären, dass Frauen, deren Kenntnisse über Pflanzen und Kräuter über jeden Zweifel erhaben waren, plötzlich fatale Fehler begingen und es immer wieder zu Krankheiten und Todesfällen kam, weil Pflanzen und Wurzeln nicht richtig zubereitet wurden?

Was anders als das Urteil konnte der Grund dafür sein, dass die Wasserstellen im gesamten Stammesgebiet versiegten oder plötzlich vergiftet waren und dass sämtliche, seit vielen Generationen bekannten und gehegten Sammelplätze plötzlich verödet waren?

Frauen wurden plötzlich von wilden Tieren angefallen, während sie das Stammesgebiet auf der Suche nach Essbarem durchstreiften und, noch schlimmer, Frauen wurden von anderen Stämmen geraubt und verschleppt, um sie als niedrigste Sklavinnen zu halten.

Innerhalb nur eines einzigen Jahres war aus dem einst starken und stolzen Stamm der Moak der rangniedrigste und schwächste aller Stämme im Gebirge geworden und das Urteil der Natur war noch nicht vollständig vollstreckt.

Felida

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