Читать книгу Kinder kann man sich nicht aussuchen - Ruth Broucq - Страница 12
Ein Lichtblick
ОглавлениеAuch Esther gab das horizontale Geschäft auf, weil sie nicht mehr damit klar kam. Mit ihrer Schwester verstand sie sich nicht, die Freier konnte sie nicht mehr ertragen und Leo bot ihr wohl eine andere Alternative, er hatte nämlich ein Einfamilien-Reihenhaus in Leverkusen gemietet, wo sie nun hinzog. Was sie beruflich machte wusste ich nicht, nur dass sie nun mit ihrem Lebensgefährten zusammen arbeitete.
So verloren wir uns vorerst aus den Augen, und ich saß ohne Arbeit und deprimiert zu Hause. Mein Ehemann hatte sich zwangsläufig auf seinen Beruf besonnen, und versuchte bei ehemaligen Kunden Aufträge zu bekommen. Das erwies sich jedoch als schwierig, weil Robert nicht gerade der zuverlässigste und auch nicht der Beste Meister seines Fachs war. In der Vergangenheit hatte es zu viel Ärger und Reklamationen gegeben. Einen guten Namen hatte er sich deshalb nicht bei seinen Kunden gemacht.
Ob die Kinder glücklich in der neuen Umgebung waren, konnte ich anfangs nicht beurteilen, weil Ramona sich sehr zurückgezogen hatte, und Rene sich erst in der neuen Schule zurechtfinden musste. Das klappte leider nicht so wie ich es mir gewünscht hätte, weil er einfach noch zu flapsig war, deshalb versetzte man ihn in die Vorschulklasse. Damit war die frühe Einschulung wieder hinfällig, sodass er erst im nächsten Jahr erneut eingeschult werden sollte.
Dem kleinen Strolch machte das alles nichts aus, ob er in schlechte Gesellschaft geriet oder ob es aus seinem eigenen Willen entstanden war weiß ich nicht, aber eines Tages erwischte Robert den Kleinen beim Rauchen.
Dummerweise hatte Rene sich den schmalen Zwischenraum, zwischen unserer Garage und der kleinen Mauer zum Nachbargrundstück ausgesucht, um wie ein Schornstein zu qualmen. Dummerweise wohnte der Rektor seiner Schule in diesem Nachbarhaus, und der hatte unseren Sohn aus seinem Fenster beobachtet hatte.
Aber statt einer gewaltigen Standpauke und langgezogenen Ohren, fand mein Mann eine andere Methode als Strafe, womit er unserem Sohn das Rauchen abgewöhnen wollte. Er gab ihm eine Packung Zigaretten und verlangte, dass Rene so viele davon rauchte, bis es ihm schlecht würde. Ich war entsetzt, erklärte Robert für verrückt. Verhindern konnte ich die Strafe allerdings nicht. Allerdings hielt Rene, zum Glück, auch nicht sehr lange durch. Roberts drohende Schilderung des Strafablaufes hatte ihm wohl Angst gemacht.
In dem Moment größter Not, wenn man glaubt alle Wege seien zu Ende oder verschlossen, öffnet sich meist eine neue Tür, sagt eine alte Weisheit.
Tatsächlich wurde mir ein Lichtblick von völlig unerwarteter Seite gebracht, worüber ich mich noch heute wundere und gleichzeitig dankbar bin.
Mit großem Staunen horchte ich auf, als sich der Anrufer mit Namen meldete. „Hallo Ruth, ich bin es, Norbert Fuchs, wie geht es dir? Du, ich wollte dich fragen, ob du momentan Zeit hast. Die Esther hat gesagt, dass du nicht arbeitest und hat mir deine Nummer gegeben. Weißt du, ich hab die Fleppe weg und die Elvira kann mich nicht fahren, die ist im Krankenhaus. Könntest du mich fahren? Natürlich werde ich mich erkenntlich zeigen. Du würdest mir wirklich aus der Patsche helfen. Na, was sagst du?“ redete Esthers ehemalige Affäre auf mich ein, dass es einem Wasserfall gleich kam.
Ich hatte ihn lange nicht gesehen, was mir auch keineswegs gefehlt hatte, denn ich mochte den rothaarigen Vertreter absolut nicht. Was meine Freundin damals an dem hässlichen Zwerg gefunden hatte, war mir ein Rätsel geblieben. Aber eines musste ich dem Großkotz zugute halten, er war immer sehr erfolgreich und großzügig, er hatte nur den Nachteil, dass Kleptomane war, er klaute was nicht Niet-und Nagelfest war.
Als er erstmals als Kunde kam, großspurig gleich den doppelten Preis für Esther bezahlte, um uns zu imponieren, fand ich ihn gleich zum Kotzen. Er hatte eine angeberische, aufdringliche Art an sich, die mir total widerstrebte. Zwar war er wirklich so erfolgreich und weltgewandt wie er sich gab, aber seine schleimig einschmeichelnde Art sich gleich als dazugehörig und zu Hause zu fühlen, lag mir einfach nicht.
Als Vertreter eines großen Möbelunternehmens brachte ihm vermutlich seine direkte Vertraulichkeit seinen großen Erfolg ein, denn es klappte ja auch bei meiner Freundin. Esther bestellte die komplette Wohnungs-Einrichtung, für unsere neue Geschäfts-Adresse, bei ihm.
Dass Norbert ab dem ersten Tag bei Esther ein- und ausging, also auch mir täglich über die Füße stolperte, war die Folge, die mir anfangs nur auf die Nerven ging. Als er aber später meinen Lover beklaute, während der bei mir im Bett lag, war er bei mir endgültig unten durch. Natürlich wurde ich ebenfalls verdächtigt, an dem Raub und der Beute beteiligt zu sein. Was wirklich nicht stimmte, denn ich hatte genauso ahnungslos im Bett gelegen, wie der Bestohlene selbst. Danach wendete sich mein damaliger Liebhaber natürlich von mir ab, sodass die Affäre beendet war.
Dass nun ausgerechnet dieser Halunke mich um Hilfe bat, wunderte mich sehr. Allerdings war mir auch sofort klar, dass er mir damit eine Chance bot, Geld zu verdienen und vielleicht sogar einen neuen Job, in einer lukrativen Branche zu ergattern. Weil ich dringend Arbeit benötigte, überlegte ich nicht lange, sondern sagte spontan zu, als ich endlich zu Wort kam.
Schon am ersten Arbeitstag, beim ersten Kunden, war mir klar, dass Norbert mir die neue Chance quasi auf dem Silbertablett serviert hatte, ohne es zu ahnen.
Denn der Verkauf von „Fassaden-Verkleidungen“ war so leicht, und der Verdienst so saftig, dass ich unbedingt den Verkauf selbst machen wollte. Ich klaute die nächsten Wochen der Zusammenarbeit mit Augen und Ohren, nicht mit den Händen. Ich war sicher, was Norbert mir zeigte konnte ich auch.
Der Chef des Unternehmens baggerte mich zwar an, wäre mir sicher gerne an die Wäsche gegangen, aber seine „guten Adressen“ wollte er nicht einer Frau überlassen. Weil er der Meinung war, Frauen hätten von der Materie keine Ahnung. Von meinem Körper hielt ich mir den hässlichen „Bazi“ zwar fern, jedoch fand ich die Möglichkeit in das Geschäft einzusteigen.
Da Adressen knapp waren, offerierte ich ihm meine Idee, mehr interessierte Kunden durch „Direktwerbung“ zu finden. Dadurch war ich schon bald die fest angestellte „Werbeleiterin“ mit eigener „Werbedamen-Kolonne“ und Firmenwagen, des Fassadenbau-Unternehmens. Außerdem vermittelte ich meinem Ehemann den Job als „Leiter der Putzkolonne“. So waren wir beide sehr schnell in Lohn und Brot. Wir hatten beide eine leitende lukrative Arbeit.
Auch mit den Kindern schien inzwischen alles in Ordnung zu sein, sodass wir normalerweise ein angenehmes geregeltes Leben hatten. Nun hatten wir die räumliche Möglichkeit den Kindern ihren heißesten Wunsch zu erfüllen, wir schafften uns einen Hund an, einen jungen Dalmatiner. Die Kinder waren glücklich.
Zwar musste ich mal mit Renes Lehrerin ein ernstes Wort reden, weil sie den Jungen offensichtlich schikanierte. Dass er nicht gerne zur Schule ging, hatte ich anfangs nicht auf die Lehrerin bezogen, aber als er eines Morgens darauf bestand, dass ich sein Arbeitsblatt bügeln müsse, wurde ich hellhörig. Er weinte sogar, berichtete, dass er wieder in der Ecke stehen müsse, wenn er mit „Eselsohren“ in die Schule komme.
Natürlich fuhr ich sofort mit meinem Sohn zur Schule und stellte die „Dame“ zur Rede, dabei informierte ich sie mal, in aller Höflichkeit, darüber, dass die „Asozialen“ auf der anderen Straßenseite wohnten, und mein Mann als Malermeister kaum dazu gehören könne. Ich bat sie, mein Kind genauso anständig und freundlich zu unterrichten, wie die Anderen und wie es ihre Aufgabe sei.
Diese kleine Episode war meinem Ehemann nicht so wichtig, er hatte andere Interessen. Unser Familienleben hätte im gewohnten Rahmen weiter laufen können, wäre da nicht die Unruhe meines Ehemannes gewesen, der mit seinen Saufgelagen, und seiner sexuellen Gier nach Abwechslung, nach mehr als ich zu geben bereit war, alles kaputt gemacht hätte.