Читать книгу Kinder kann man sich nicht aussuchen - Ruth Broucq - Страница 8
Oma Strickstrumpf
ОглавлениеFür mich war es klar, dass die „Kölner Affäre“ somit aus der Welt war. Doch dem war nicht so. Die nächsten Tage dachte ich nicht darüber nach, weil Robert nun jeden Abend zu mir ins Bett kroch, mich liebte, als müsse er die vergangenen Monate nachholen, und morgens zur Arbeit ging.
Den Kindern konnte die Abwesenheit ihres Vaters nicht auffallen, weil sie schon schliefen wenn er sich aus der Wohnung schlich und zurückkam wenn sie noch nicht wach waren. Die Heimlichkeit mit der eigenen Frau mache ihm Spaß, begründete er seine sexuelle Gier.
Die Überraschung kam am nächsten Wochenende, denn Robert brachte zwar die Kinder, aber Ramona war schlecht gelaunt und abweisend. Anfangs reagierte sie gar nicht auf meine Frage, was mit ihr los sei, aber nach einiger Zeit brach es aus ihr heraus: „Ich habe einfach kein Lust hier bei dir zu sein. Warum lässt du mich nicht beim Papa bleiben? Was soll ich hier? Die ewig gleichen Spagetti essen, die dein Manni gekocht hat? Oder mit dir blöde Kinderfilme gucken? Auch zur Tante Esther will ich nicht gehen, da ist es auch doof. Und der Papa macht schöne Ausflüge mit Amanda und Christine, ohne mich? Toll! Ich hasse dich!“
Ärgerlich widersprach ich: „Hör mal gut zu mein liebes Mädchen, erstens gibt es hier keinen Manni mehr, also auch keine Spagetti, zweitens gibt es bei deinem Papa auch keine Amanda mehr, das hat sich auch erledigt, das hat er beendet. Und drittens bist du sehr verletzend, aber das halte ich deinem Alter zugute. Und jetzt hör auf zu maulen und schlag mal vor was wir machen sollen. Vielleicht ins Ittertal gehen?“ versuchte ich sie zu besänftigen.
Sie widersprach heftig: „Du lügst ja, Mama.
Ich habe doch gerade noch gesehen, wie die Amanda ankam. Das stimmt nicht, dass der Papa mit ihr Schluss gemacht hat. Die ist jetzt zu Hause, nur die Christine ist nicht dabei, weil die ihr Papa-Wochenende hat!“
Ich war vor Schock wie erstarrt. Dieser Mistkerl, dem werde ich helfen, dachte ich zornig.
Die Rettung nahte, als Esther anrief, fragte ob ich Lust habe, mit ins Fantasia-Land zu fahren.
„Nein, ich nicht. Aber wenn du die Kinder mitnehmen würdest, wäre ich dir sehr dankbar. Ich habe nämlich etwas ganz wichtiges zu erledigen. Erzähl ich dir gleich, unter vier Augen.“
Als ob meine Freundin ahnte worum es ging, stimmte sie sofort zu: „Brauchst du mir nicht zu erzählen, ich ahne es schon. Auch wenn ich das nicht richtig finde, was du vor hast, nehme ich die Kinder natürlich gerne mit. Ich hole sie gleich ab.“
Erneut weigerte sich Ramona meinen Vorschlag anzunehmen. Als ob sie ahnte, dass ich ihrem Vater auf die Finger klopfen wollte, sagte sie: „Ich habe keine Lust aufs Fantasia-Land, der Rene kann alleine mit der Esther fahren. Du beschwerst dich doch, dass wir nicht zu dir wollen, also bleibe ich bei dir.“
Energisch lehnte ich ab: „Nein, das geht nicht, ich habe etwas zu erledigen. Ich denke du findest das Wochenende bei mir langweilig? Jetzt biete ich dir ein schönes Erlebnis und das willst du auch nicht? Was willst du denn eigentlich? Weißt du das?“
„Wenn du mich nicht mitnehmen willst, hätte ich ja auch beim Papa bleiben können. Mit der Esther fahre ich auf jeden Fall nicht. Dann fahre ich zur Oma, also gib mir Fahrgeld.“Maulte sie.
Ich versprach sie später bei meiner Mutter abzuholen, und war froh, als ich alleine war, um mein Vorhaben in die Tat umzusetzen.
Ein Kölner Auto stand vor dem Haus, aber Robert schien noch nicht zu Hause zu sein. Weil ich zur Klärung der Sache aber seine Anwesenheit brauchte, entschloss ich mich den privaten Vordereingang, zur Wohnung meiner Schwiegereltern, zu nehmen.
Als meine Schwiegermutter mir öffnete, fragte sich überrascht: „Ruth, du? Was willst du denn hier? Hast du dich verlaufen?“
Innerlich amüsierte mich ihre Reaktion, aber ich erwiderte freundlich, wenn auch neutral: „Nein, eigentlich wollte ich zu deinem Sohn, aber der ist ja noch nicht zu Hause. Da ich keinen Schlüssel mehr habe, dachte ich, ich könnte bei dir warten. Oder darf ich nicht mehr reinkommen?“
Sie reagierte verlegen, gab aber sofort den Eingang frei und machte eine einladende Handbewegung: „Doch natürlich. Komm doch rein. Es ist nur momentan etwas ungünstig. Nicht bei mir, sondern bei Robert, der hat nämlich Besuch. Ob das jetzt der richtige Zeitpunkt ist, ihn zu besuchen, weiß ich nicht.“
„Ja, ich weiß wer oben in meiner Wohnung ist. Deshalb bin ich ja hier. Es wird Zeit mal für Ordnung zu sorgen.“ Erklärte ich ernst.
Entsetzt fragte sie vorwurfsvoll: „Das willst du wirklich tun? Du willst ihm das kaputt machen, was ihm endlich Ruhe und Glück gebracht hat? Findest du das fair? Du hast ihn doch verlassen, ihn mit den Kindern alleine gelassen. Jetzt wo er sich ein neues ruhiges Familienleben aufbauen will, da kommst du und willst es zerstören? Dass du so gemein sein kannst, hätte ich nicht von dir gedacht. Bitte, überlege dir das noch einmal.“
Ich holte tief Luft, denn ausgerechnet Roberts Mutter hatte immer auf meiner Seite gestanden, weil sie ebenfalls die ganzen Eskapaden ihres Sohnes verurteilt hatte, und mir immer Mut gemacht hatte, für Roberts Fehler zu arbeiten. Sicher war Hauptsächlich eigenes Interesse der Grund gewesen, weil sie um ihre Mieteinnahme und den guten Ruf der Familie besorgt war. Deshalb hatte sie mich sogar dabei unterstützt meine geschäftlichen Aktivitäten im horizontalen Gewerbe zu betreiben. Die Vermutung, dass ich selbst diese Tätigkeit ausübte hatte sie nie aufkommen lassen, sondern sich immer an den Glauben geklammert, dass ich meine „Damen“ dafür beschäftige.
Was nicht immer richtig war, aber das Thema war in der ganzen Zeit nie aufgekommen.
Das war typisch für Roberts Mutter, die „Kopf in den Sand-steck- Taktik“ oder die drei englischen Affen „nicht- hören-sehen-sprechen“ waren die einfachsten Methoden sauber zu sein und zu bleiben. Zumindest nach außen hin.
Ganz ruhig und bedächtig erwiderte ich: „Es gibt nichts zu überlegen, nur etwas zu klären. Denn dein Sohn tanzt seit Wochen auf zwei Hochzeiten. In der Woche fühlt er sich bei mir im Bett sehr wohl, sagt, dass er nur mich liebt, und dass diese Frau nur ein Notstopfen war, die ihm eigentlich gar nicht gefällt. Verspricht mir, das lästige Verhältnis zu beenden, aber er weiß nicht wie er es ihr schonend beibringen soll. Dann muss ich das tun. Oder zumindest ihn zu einer Entscheidung zwingen.“
Zuerst war sie sehr erstaunt, aber am Ende meiner Erklärung aber voll auf meiner Seite: „Ach so, ja dann hast du völlig Recht. Ach da kommt er ja, warte kurz, ich rufe ihn mal rein!“
Sie ging zur Flurtür und rief: „Robert, kommst du bitte mal kurz rein?“
„Was machst du denn hier?“ entfuhr es meinem Mann voller Entsetzen, als er mich im Wohnzimmer seiner Mutter vorfand.
„Für reinen Tisch sorgen!“ antwortete ich ruhig.
Fast gleichzeitig klopfte Jemand und eine dunkelhaarige, mollige Frau stand plötzlich im Rahmen. Sie starrte mich an, sah von einer Person zur anderen und fand vor Entsetzen keine Worte.
Robert versuchte die Situation zu retten, indem er der Frau befahl: „Geh bitte nach oben, Amanda, ich komme gleich. Ich muss hier noch etwas besprechen. Geh bitte!“
Ruckartig stand ich auf, widersprach kämpferisch: „Nein, mein Lieber, so einfach wollen wir es dir nicht machen. Entweder wir besprechen das hier, in Gegenwart der Dame, oder ich gehe mit hinauf, denn das da oben ist meine Wohnung. Für die habe ich gearbeitet, und wer sich in meinem Bett niederlässt habe ich mit zu entscheiden. Das wollen wir gleich mal klarstellen! Du kannst mir aber auch gleich hier sagen, wenn du deine Meinung plötzlich wieder geändert hast und doch nicht wieder mit mir leben möchtest. Dann gehe ich auf der Stelle, für immer! Also, sprich!“
Mit weinerlicher Stimme meldete sich die Störende zu Wort: „Sag mir, dass das nicht wahr ist, Robert! Aber ich dachte, du liebst mich und ich soll doch zu dir ziehen? Hast du mich belogen und mit deiner Frau betrogen? Das kann ich nicht glauben! Bitte sag mir dass das nicht stimmt!“
Robert drehte sich wie ein Fisch auf dem Trocknen, er stotterte: „Also weißt du, Amanda, das ist alles nicht so einfach. Schließlich geht es auch um unsere Kinder, und deren Mutter ist nun mal noch immer meine Frau. Ich kann ihr doch nicht ihre Kinder vorenthalten, das musst du einsehen. Du würdest es auch nicht wollen, dass man dir deine Tochter wegnimmt. Tja, also, was soll ich denn sagen?“
„Nichts!“ mischte ich mich ein. „Nehmen Sie einfach ihre Tochter und gehen Sie. Das Abenteuer hat sich hier für Sie erledigt!“ sagte ich hart.
Sie lief weinend hinaus und Robert meinte mitleidig: „Musst du immer gleich so grob sein? Nicht jeder hat deine Mentalität, das verträgt nicht jeder!“
Ironisch fragte ich: „Soll ich die Olle vielleicht ins Ärmchen nehmen und streicheln? Hallo, spinnst du? Die hat es sich in meinem Nest bequem gemacht, das war ein Kuckucksei! Also bitte, du hattest doch selbst keine Lust mehr drauf. Dir war sie doch zu hausbacken, vergessen?“
Als ich, mitsamt meinen Sachen, und einigen mehr, wieder einzog war nur Ramona sehr zurückhaltend, was wir aber als vorübergehend ansahen.
Dass mir meine eigene Tochter zur Feindin wurde, hätte ich zu der Zeit nie geglaubt.