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Оглавление2. Kultur und Religion der Aborigines
Der Uluru im Northern Territory, ein heiliger Berg für die Aborigines
2. Kultur und Religion der Aborigines
Spirituelle Welt und Religion: Traumzeit
Die Religion der Aborigines ist eine örtlich begrenzte Naturreligion. Jeder Stamm hat sein eigenes traditionelles Land, dem sich die Mitglieder besonders verbunden fühlen. Bestimmte Pflanzen, Tiere und Landschaftsmerkmale (Berge, Felsen, Schluchten, Quellen) haben genau wie die Elemente der Natur eine besondere spirituelle Bedeutung. Von heiligen Plätzen in der Natur geht eine spirituelle Kraft aus.
Durch ritualisierte Gesänge und Tänze, die auf diesen Plätzen stattfinden, erlangen die Aborigines Zugang zur spirituellen Welt und erbitten so Schutz vor dem Bösen und vor irdischen Gefahren. Es gibt keine sichtbare Grenze zwischen der irdischen Welt und dem Bereich der Spiritualität mit seinen übernatürlichen Kräften, beide überschneiden sich und wirken aufeinander ein.
Mit „dreamtime“ (Traumzeit) bezeichnen die Aborigines die Zeit, als die Welt erschaffen wurde. Sie hat eine zentrale Bedeutung in ihrer Glaubenswelt. (Das Wort „alcheringa“ aus der Arrernte-Sprache hat drei Bedeutungen: „Gesetz“, „Ewigkeit“ und „träumen“. Die Ethnologen Walter Baldwin Spencer und Francis James Gillen leiteten daraus das Wort „dreamtime“ ab.)
Die Traumzeit ist sozusagen die Schöpfungsgeschichte der Aborigines: Am Anfang war das Land flach und ohne besondere Merkmale. Die schöpferischen Ahnen („creative ancestors“), spirituelle Wesen mit immenser Kraft, agierten dort wie Menschen. Sie bewegten sich über das Land, formten während ihrer Reisen besondere Merkmale in der Landschaft und erschufen die Elemente. Sie waren weiblich und männlich. An manchen Plätzen verwandelten sie sich selbst in einen Berg, einen Felsen oder ein Tier, oder sie hinterließen Spuren in der Landschaft. An vielen Orten haben die Ahnen sich selbst oder einen Teil von sich hinterlassen, die Namen der Plätze sind ihre eigenen Namen.
Einige Orte üben eine gefährliche Kraft aus, weshalb es einigen oder allen Aborigines verboten ist, sie zu betreten. Wird dieses Gebot missachtet, ist das nicht unbedingt für denjenigen gefährlich, der einen solchen Platz betritt; es kann vielmehr Krankheit, Unglück oder Tod für den Clan bringen, der Beschützer dieser Stätte ist.
Dass ein Aborigine frühzeitig stirbt, kann in der Vorstellung der Aborigines also daran liegen, dass ein Tourist 500 Kilometer entfernt unwissentlich einen heiligen Platz betreten hat, für dessen Schutz dieser Aborigine verantwortlich war. Daher rührt der große Widerstand der Aborigines gegen den Abbau von Rohstoffen, die an ihren heiligen Plätzen gefunden wurden.
Bestimmte Plätze dürfen nur von Frauen betreten werden, zu anderen haben wiederum nur Männer Zutritt. Die spirituelle Kraft ist unzertrennbar mit Natur und Landschaft verbunden. Die Geschichten von den Reisen der Ahnen sind die „Träume“, die Mythologien, mit denen die Aborigines erklären, wie ihre Welt erschaffen wurde, wie Sonne, Mond und Sterne entstanden, wie das Land mit seinen Pflanzen und Tieren und wie der Mensch erschaffen wurde.
Die Erschaffung der Welt sehen die Aborigines als nicht lange vergangen an; sie glauben, dass die Geschichten der Traumzeit einen starken Bezug zur Gegenwart haben und die Zukunft bestimmen. Aus den Träumen der Vorfahren rührt auch das Gesetz, nach dem die Aborigines leben. Es bestimmt, wie sie das Land und seine Ressourcen nutzen und mit Pflanzen und Tieren umgehen sollen. Gesänge („songlines“), die die Reiserouten der Ahnen und die Beschaffenheit des Landes beschreiben, dienen gleichzeitig der Orientierung, um Wasserquellen und Nahrung zu finden. Sie reichen weit über die Grenzen einzelner Stammesgebiete hinaus.
Entlang der „songlines“ oder Traumpfade liegen Zeremonienplätze, die von mehreren Stämmen gemeinsam genutzt werden. So werden die Mythen und Gesänge der Traumzeit ausgetauscht bzw. weitergetragen, teils überschneiden oder ergänzen sie sich. Sie sind streng geheim und werden von den Ältesten in Zeremonien an ausgewählte Angehörige der jüngeren Generation weitergegeben. Neue Gesänge und Rituale erhalten die Männer in Träumen.
Die Erschaffung der Welt durch die Regenbogenschlange (Rainbow Serpent)
Zentrale Schöpfungsfigur bei vielen Stämmen der Aborigines ist die Regenbogenschlange. Die Geschichten variieren von Stamm zu Stamm, es gibt unterschiedliche Auslegungen. Diese Geschichte hat uns ein Aborigine aus Katherine im Northern Territory erzählt.
Künstlerische Nachbildung der Regenbogenschlange in Silber
„Die Erde schlief, nichts bewegte sich. Da erwachte die Regenbogenschlange und kroch aus dem Erdboden hervor. Sie bewegte sich durch das Land, durch ihre Windungen formte sie die Landschaft. Wenn sie müde war, rollte sie sich zusammen und hinterließ tiefe Spuren. Dann kehrte sie zurück zu dem Loch, aus dem sie gekrochen war. Sie rief den Fröschen zu: „Kommt heraus!“ Die Frösche erwachten und kamen nur langsam aus der Erde, denn ihre Bäuche waren voll mit Wasser. Die Schlange kitzelte die Frösche am Bauch. Da fingen die Frösche an zu lachen und das Wasser floss aus ihren Mäulern auf die Erde. Die Senken füllten sich, es entstanden Seen und Flüsse. Gras wuchs und Bäume sprossen aus der Erde. Alle Tiere erwachten und folgten der Regenbogenschlange durch das Land, sie lebten glücklich zusammen.
Die Regenbogenschlange machte die Gesetze, alle mussten ihnen folgen. Doch einige waren streitsüchtig und machten Ärger. Die Regenbogenschlange sagte: „Diejenigen, die meine Gesetze befolgen, sollen belohnt werden. Ich werde ihnen menschliche Gestalt geben. Die anderen, die meine Gesetze missachten, werde ich bestrafen, sie sollen zu Steinen erstarren.“
Die Gesetzesbrecher wurden zu Felsen und Bergen. Die anderen bekamen menschliche Körper. Die Regenbogenschlange gab jedem sein eigenes Totem. So kannte jeder seine Stammeszugehörigkeit. Es sollte niemand hungern, es war genug Essen für alle da. Niemand durfte von seinem eigenen Totem essen. Die verschiedenen Stämme lebten auf dem Land, das ihnen die Regenbogenschlange zugewiesen hatte. Das Land sollte ihnen immer gehören und niemand sollte es ihnen jemals wegnehmen.“