Читать книгу Die Brille im Film - Sabine Walter - Страница 3
ОглавлениеWie die Brille zum Film kam
Die Verwendung der Brille im Film ist fast so alt wie der Film selbst. Es ist daher sicherlich nicht uninteressant, kurz zu erläutern, wie der Film zur Brille kam - oder die Brille zum Film. Als der Film in den 1890er Jahren das Laufen lernte, bestand sein Repertoire für einige Jahre im Wesentlichen aus dokumentarischen Aufnahmen und kurzen Gags. Um 1900 kamen dann langsam die ersten kurzen Spielhandlungen auf; abendfüllende Spielfilme setzten sich aber erst nach dem Ersten Weltkrieg durch. Jedenfalls, als ab ungefähr 1900 die ersten kurzen Spielhandlungen aufkamen, standen die damaligen Filmemacher vor einem fundamentalen Problem. Obwohl diese Spielhandlungen der frühen Stummfilme nur wenige Minuten lang waren, bemerkten die Filmemacher, dass das Publikum den Handlungen oft nicht folgen konnte, weil es damit beschäftigt war, auf der Leinwand die verschiedenen Personen auseinanderzuhalten: Wer war wer? Das war eines der Hauptprobleme des Stummfilms, solange es ihn gab. Um dem abzuhelfen, setzten die damaligen Filmemacher auf eine starke äußere Typisierung der Rollencharaktere, und dazu wurde natürlich auch die Brille verwendet. Diese Typisierung, die sich im Laufe der Jahre immer weiter entwickelte, konnte dann abhängig von Zeit und Stummfilm ungefähr so aussehen:
# Der Schurke trug einen Schnurrbart.
# Der jugendliche Liebhaber war glattrasiert und elegant gekleidet.
# Das brave Mädchen war ganz in weiß gekleidet.
# Die leichtfertige Frau rauchte Zigarette (skandalös!).
# Ärzte, Schriftsteller und sonstige Akademiker trugen Brille.
# Ältere Männer trugen Zwicker.
# Großbürger und Adlige trugen Monokel - ihre Frauen Lorgnon.
Solche äußere Typisierung half dem Stummfilmpublikum, die Rollencharaktere auseinanderzuhalten. Wie wir oben gesehen haben, wurde dazu - abhängig vom Rollencharakter - auch die Brille samt ihrer verschiedenen Abwandlungen verwendet. Damit wurde die Brille ein wichtiges symbolisches Hilfsmittel im Stummfilm.