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Der Palmar-Reflex

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Entstehung: 11. Schwangerschaftswoche.

Bei der Geburt: Vollständig vorhanden.

Hemmung: 2.–3. Lebensmonat.

Umwandlung: Schrittweise Entwicklung vom unwillkürlichen Greifen über loslassen zur verfeinerten Kontrolle über die Finger. Wird mit 36 Wochen vom Pinzettengriff abgelöst.

Der Palmar-Reflex gehört zu der Gruppe von Reflexen, die sich im Mutterleib bilden und zu deren gemeinsamen Merkmalen das Greifen gehört. Eine leichte Berührung oder ein leichter Druck auf die Handinnenfläche führt zum Schließen der Finger. Etwa 18 Wochen nach der Empfängnis hat sich diese Reaktion so weit entwickelt, dass ein Greifreflex ausgelöst wird, als Antwort auf ein Ziehen der Fingersehnen. Diese beiden Reaktionen sollten sich während der Zeit im Mutterleib verstärken und bei der Geburt voll entwickelt sein. Während der ersten zwölf Lebenswochen sollten sie deutlich aktiv sein; mit vier bis sechs Monaten sollten sie allerdings umgewandelt werden, so dass das Kind einen Gegenstand zwischen Daumen und Zeigefinger in einem Pinzettengriff halten kann. Die Fähigkeit, einen Gegenstand loszulassen, entwickelt sich einige Wochen später, das Loslassen muss oft wiederholt werden, bevor das Kind eine gute manuelle Geschicklichkeit erreichen kann.

Sowohl der Palmar- (in der Hand) als auch der Plantar-Reflex (am Fuß, der hier nicht weiter behandelt werden soll; Anm. d. Vlg.) werden als Rest einer früheren Stufe der menschlichen Evolution angesehen, als es für das Neugeborene noch notwendig war sich an der Mutter festzuklammern, da ihm dieses Sicherheit bot. Es besteht auch eine direkte Verbindung zwischen dem Palmar-Reflex und dem Stillen in den ersten Lebensmonaten. Der Palmar-Reflex kann durch Saugbewegungen ausgelöst werden; diese Saugbewegungen können dazu führen, dass das Neugeborene im Rhythmus des Saugens knetende Bewegungen mit den Händen macht (Babkin-Reaktion). Sowohl der Mund als auch die Hände sind für das Neugeborene die wichtigsten Mittel sich auszudrücken und seine Umwelt zu erforschen. Eine fortgesetzte Aktivität dieser Reflexe kann bleibende negative Auswirkungen auf die feinmotorische Koordination, Sprache und Artikulation haben, sofern sie nicht zum richtigen Zeitpunkt gehemmt werden.

Die Auswirkungen der neurologischen Zusammenhänge von Handflächen und Mund des Neugeborenen können häufig beobachtet werden, wenn das Kind beginnt, schreiben oder zeichnen zu lernen. Bis ihm diese Aufgabe wirklich leicht fällt, wird das Kind sich die Lippen lecken oder auf die eine oder andere Weise den Mund verziehen. Von Lehrern mag dann oft die Ermahnung „Du schreibst doch nicht mit der Zunge!“ zu hören sein. Optometristen, die entwicklungsbezogen arbeiten, bezeichnen dies als „Overflow“; sie werten es als Fortschritt in der Sehfähigkeit des Kindes, wenn dieser Overflow schwindet.

Bleibt der Palmar-Reflex erhalten, kann das Kind die nachfolgenden Stadien des Loslassens und der Fingerbeweglichkeit nicht durchlaufen. Gesell (1939) beschrieb diesen Prozess so:

„Willkürliches Greifen (zum Beispiel um einen Gegenstand zu erreichen) bezeichnet einen proximo-distalen Entwicklungsverlauf. Frühes Greifen geschieht in groben Bewegungen der Handflächen, bei denen die drei Ulnar-Finger dominieren, während der Daumen praktisch inaktiv bleibt. Diese Form des Greifens wird später von einem verfeinerten Greifen mit den Fingerspitzen abgelöst, die vor allem durch die Opposition des Daumens, der Dominanz des Zeigefingers, Aktionsbereitschaft und die Anpassung des Fingerdrucks an das Gewicht des zu greifenden Gegenstandes charakterisiert wird.“

Dieses kann nur geschehen, wenn der Palmar-Reflex gehemmt wird.

Proximo-distal bezeichnet die Entwicklung der kindlichen Muskelkontrolle vom Zentrum nach außen.

Ulnar-Finger sind die ersten drei Finger (vom kleinen Finger aus gezählt).

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