Читать книгу 151 - Sam Rimola - Страница 12

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»1«, murmelte Benni. »In diesem Tempo sind wir Weihnachten noch nicht zu Hause. Hab ich’s doch gewusst, dass das eine Scheißidee war.« Daraufhin ließ er wieder einen bunten Blumenstrauß lustiger Wörter folgen, von denen Eltern gerne behaupten, man müsse sich den Mund mit Seife auswaschen, wenn man sie in denselben genommen hatte.

»Flatterdinger«, las Hanno vor. »Aha.«

»Was soll das denn heißen? Machst du ‘ne Flatter, wachsen dir jetzt Flügel?«

»Halt doch mal die Klappe, Benni!«, fauchte Vicki. Genau in diesem Moment entschloss sich ein phosphorgelber Zitronenfalter, Hannos Nase als Landefläche zu nutzen.

»Hab ich’s nicht gesagt?«, kicherte er. »Das ist doch voll lustig.«

»Haha, ich lach mich scheckig.« Doch nicht Benni musste lachen, sondern wir anderen feixten einhellig. Auf seinem Kopf hatte sich gerade ein esstellergroßer, rosa Falter niedergelassen und bescherte ihm damit eine verblüffende Ähnlichkeit zu Daisy Duck.

»Diese feminine Seite kenne ich ja noch gar nicht an dir«, grinste Vicki. »Wo wirst du denn heute mit deiner Balletttruppe auftreten?«

Vicki hatte Glück, dass Benni keinen blassen Schimmer hatte, wovon sie redete und dass er ausnahmsweise mal nicht in der Stimmung war, jemanden an den nächsten Baum zu tackern. Denn jetzt kamen noch weitere Schmetterlinge angeflattert. Es waren hunderte und keiner glich auch nur im Entferntesten irgendeiner Schmetterlingsart, die wir bisher kannten.

Alle erdenklichen Farben und Muster waren vertreten. Einer schillerte wilder als der andere.

Auf Cedrics Kopf waren so viele davon gelandet, dass es fast aussah, als würde er eine dieser Oma-Blümchenbadekappen tragen.

Obwohl Schmetterlinge für Jungen ungefähr den gleichen Coolnessfaktor wie Ballettstunden haben, konnte keiner von uns sein verzücktes Grinsen verbergen. Um sie nicht zu vertreiben, drosselten wir unsere Bewegungen auf Schneckengeschwindigkeit und reduzierten alle Atemtätigkeiten auf ein Minimum.

Schon allein die kleine Faltergruppe, die es sich auf meinem linken Ärmel bequem gemacht hatte, deckte in Sachen Farbvielfalt das komplette Regenbogenspektrum. Einen Namen für jede dieser Farben zu finden, wäre selbst für die fantasiebegabtesten Mitarbeiter bei Pelikan eine Lebensaufgabe gewesen.

»Hanno, mach die Klappe zu, sonst missbraucht noch einer deine Zunge als Landebahn!«, zischte ich.

Obwohl ich mir das gar nicht mal so scheußlich vorstellte, denn der schokobraune Schmetterling, der sich gerade auf mein linkes Knie gesetzt hatte, sah fast verlockend appetitlich aus.

»Ich nenne dich Nutella«, flüsterte ich ihm zu.

»Oooooch!«, seufzte Vicki, als ihr gerade ein kleiner Schwarm transparenter Falter um den Kopf schwirrte. »Ich fühle mich wie in einem verzauberten Feenland.« Das klang zwar albern, aber so verkehrt lag sie damit nicht. Ich ertappte mich gerade selbst dabei, verstohlen Ausschau nach Peter Pan und Tinkerbelle zu halten.

Dann kam ein kleiner Schwarzweißkarierter angeflattert und setzte sich auf meine linke Hand. Vorsichtig hob ich sie an, um mir den munteren Kerl etwas genauer ansehen zu können. Er kippte sein Köpfchen ein wenig zur Seite und guckte neugierig zurück. »Na, mein kleiner monochromer Freund«, begrüßte ich ihn freundlich. Zur Antwort entrollte er seinen winzigen Saugrüssel und stupste damit meine Hand.

»Huch!«, entfuhr es mir, denn diese hauchzarte Berührung hatte eine völlig unerwartete Gefühlsexplosion entfacht.

Wie ein Hochgeschwindigkeitszug schoss sie über meine Nervenbahnen in mein Hirn und entlud sich dort mit einer gewaltigen Lichtsupernova.

Ein allgemeines „Huch“-Echo um mich herum verriet mir, dass ich anscheinend nicht der einzige war, der gerade diese Erfahrung machte.

Mittlerweile hatten sich weitere Schmetterlinge auf meine Arme gesetzt. Sie ließen es sich ebenfalls nicht nehmen, mich mit ihren

Elektroschockrüsseln zu begrüßen. Wogen kleiner Prickelschauer kitzelten meinen Rücken hinunter. Ein komplettes Silvesterfeuerwerk bunter Blitze explodierte in meinem Kopf und erweckte die Illusion, ich schraubte mich wie eine Papierschlange himmelwärts durch die Luft. Ich fühlte mich wie ein Luftballon, der in wilden Loopings umhersauste, weil jemand den Knoten geöffnet hatte. Jeder auch noch so winzigste Bestandteil meiner Körperbehaarung hatte sich senkrecht aufgestellt.

Ob es den anderen wohl genauso erging? Zu gerne hätte ich noch einen Blick auf Bennis Pelz geworfen, doch da legte sich mit einem Mal eine bleierne Müdigkeit auf meine Lider. Der Hochgeschwindigkeitsexpress wurde zur Regionalbahn und dann zum tuckernden Bummelzug. Die Elektroschocks zu Ameisengekrabbel und das Feuerwerk zum Glühwürmchenglimmen. Wie ein trockenes Blatt, das sanft zur Erde schaukelte, sank ich darnieder, als hätte der Sandmann je einen Sack voll Schlafpulver über unsere Köpfe gekippt. Das Letzte, was mein Verstand noch wahrnahm, war das daunenweiche Moos, in das ich gefallen war. Dann war, endgültig zappenduster.

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