Читать книгу 151 - Sam Rimola - Страница 7

Immer noch 7

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»Dr. Peter Petersen, Antiquitäten und Expertisen«, las ich vor. »Was sind denn Expertisen?«

»Keine Ahnung. Vielleicht ist das die Mehrzahl von Experte?«

»Nee, das sind Experten«, sagte ich.

»Na, dann ist das eben die weibliche Mehrzahl von Experte«, tippte Hanno. »Wo wohnt denn dieser Dr. Petersen mit seinen Expertisen?«

»Veilchenweg 45«, las ich weiter vor.

»Das ist nicht weit«, sagte Hanno. »Lass uns gleich hingehen!«


Dr. Petersens Haus stand ganz am Ende des Veilchenwegs, versteckt hinter ein paar großen Kastanien.

»Für seinen Garten scheint er aber keine Expertisen zu haben«, stellte Hanno fest, denn alles in allem sah dieser stark vernachlässigt aus.

»Ja, da sollte mal jemand ein ernstes Wort mit den zuständigen Expertisen reden.« Ich hatte ein neues Lieblingswort gefunden.

An der Haustür war ein Messingklopfer in Form eines grimmig dreinblickenden Drachenkopfes angebracht.

»Ui«, sagte Hanno und fast erwartete ich, dass ihm voller Vorfreude der Sabber von der Unterlippe tropfen würde. »Der magische Klopfer zur Zauberw…«

»Hanno!«, fuhr ich ihn an. »Findest du nicht, du hast uns beide schon genug mit deinem magischen Getue reingeritten?«

Seine Vorfreude perlte ihm noch aus dem Gesicht, da öffnete sich die Tür und ein blasses Mädchen mit dunklem Lockenkopf starrte uns zornig an, als hätten wir ihr mit unserem Erscheinen gerade das Pokerblatt des Jahrhunderts versaut. Ihre großen braunen Augen bohrten sich in unsere Köpfe und setzten bei mir für einen Moment alle Fähigkeiten der artikulierten Verständigung außer Kraft.

»Ich kenne dich», rief Hanno erfreut. »Du bist doch eine Klasse über uns.«

»Ja, supertoll«, sagte sie trocken. »Noch irgendwas, oder war’s das, was du mir mitteilen wolltest?«

»Nein, natürlich nicht«, sprang ich ein, denn nun hatte es Hanno kurzfristig die Sprache verschlagen. »Wir wollen zu Dr. Petersen. Ist der da?«

»Nein, der ist unterwegs.«

»Wann kommt er denn wieder?«, fragte ich.

»Frühestens morgen.«

»Und wo ist er hin?«

»Auf eine Antiquitätenmesse. War’s das?«

»Ja! Nein! Nicht wirklich«, sagte ich. »Es geht um eine kleine fünfeckige Holzkiste, die er gestern von Herrn Schulze bekommen hat. Wir wollten mal fragen, ob es möglich wäre, ein Foto davon zu machen.« Wenn man schon lügen muss, dann sollte man wenigstens bei einer Version bleiben, damit es halbwegs glaubwürdig rüberkommt.

Als ich die Kiste erwähnte, weiteten sich ihre Augen für den Bruchteil einer Sekunde. »Ich weiß nichts von einer Kiste. Kommt nächste Woche wieder, wenn mein Vater zurück ist«, sagte sie schroff und wollte die Tür schließen.

»Kannst du nicht bitte mal nachschauen, ob dein Vater sie irgendwo herumstehen hat?«, versuchte ich es schnell. »Es ist wirklich sehr wichtig.«

»Auf dem Deckel steht eine 151«, schoss Hanno noch hinterher.

»Hört mal zu, ihr drei Knalltüten«, sagte sie wütend. »Ich habe jetzt wirklich ganz andere Probleme, als mich mit eurem Kinderkram zu beschäftigen. Kommt nächste Woche wieder!« Darauf krachte die Tür vor unseren Nasen scheppernd ins Schloss.

»Mistkacke!«, schimpfte Hanno. »War die aber mies drauf. Hast du gesehen, wie die uns angeguckt hat? Also, wenn Blicke Kinnhaken austeilen könnten, wären wir jetzt so was von K.o. Und was nun?«

»Hast du das gehört?«, fragte ich geistesabwesend.

»Laut und deutlich. Meine Ohren pfeifen immer noch von dem Knall.«

»Nicht der Knall, ich meinte, was sie gesagt hat.«

»Ich bin ja nicht taub, Tim. Sie hat uns Knalltüten genannt. Da hab ich ehrlichgesagt schon Schlimmeres gehört.«

»Sie hat uns ‘drei Knalltüten‘ genannt.«

»Jaha, ich weiß.« Hanno begriff immer noch nicht.

»DREI!«, schrie ich außer mir. »Drei, drei, drei! Weißt du, was das bedeutet?«

Erst jetzt fiel auch bei Hanno der Groschen. »Sie hat uns angelogen«, rief er empört.

Ich ging zurück zur Tür und rammte dem Drachen den Klopfbügel an den Schädel.

Die Tür wurde augenblicklich geöffnet. »Was denn noch?«, schnauzte sie.

»Sag nochmal, wie du uns eben genannt hast!« brüllte ich.

»Mensch, nimm das nicht so persönlich!«, versuchte sie zu beschwichtigen. »Damit muss man nun mal rechnen, wenn man andere nervt.«

»Wiederhole, was du zu uns gesagt hast!«

»Na gut, ich habe euch Knalltüten genannt. Entschuldigung, es wird auch nie wieder vorkommen. Zufrieden?«

»Nein, du hast uns ‘drei Knalltüten‘ genannt. Wen hast du damit alles gemeint?«

Ich muss ihr wohl eine Menge Angst eingejagt haben, denn als sie jetzt antwortete, glaubte ich, in ihrer Stimme ein kleines Zittern zu hören: »Na gut, wenn es dir so wichtig ist. Aber verstehen muss ich es nicht, oder? Ich meinte natürlich dich, deinen klopsigen Freund und deinen Zwillingsbruder hinter dir. Warum singt der eigentlich die ganze Zeit Kinderlieder? Ist der nicht ganz richtig in der Birne?«

»Lass mich raten!«, sagte ich in einem Anfall von Geistesgegenwärtigkeit. »Heißt du vielleicht Viktoria?«

»Woher weißt du das?«, fragte sie verblüfft.

Hanno und ich warfen uns einen vielsagenden Blick zu und dann spazierten wir, ohne ihren Protesten Beachtung zu schenken, an Viktoria vorbei ins Haus.

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