Читать книгу Profile me - Samantha J. Evans - Страница 12

Kapitel 9

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Es war drei Tage später und Dharja befand sich auf der Arbeit. Sie hatte sicherlich schon Ringe unter den Augen und würde wieder spät nach Hause kommen. Inzwischen hatten sich die Anzeichen auch verstärkt, dass Decker aus der Stadt abgehauen sein könnte. Man hatte den Konvoi untersucht und herausgefunden wer genau Marlov rausgehauen hatte. Diese Spur war heißer als die des Sextäters und so würde es solange kein freies Wochenende geben, ehe man ihn hatte. Dharjas Einheit war im Dauereinsatz.

Ob er ihr auch so viel Stress machte? Darüber hatte Nic noch nie nachgedacht, doch wenn er sah, wie sie ihre Katze streichelte, wusste Nic, dass er sich keineswegs mit dem Arschloch in einen Topf schmeißen durfte. Er dachte nicht daran sie aufs Heftigste zu quälen und zu misshandeln, ehe er sie erdrosseln würde… eher dachte Nic daran es mit Decker zu tun.

Er wusste wie groß oder besser gesagt wie mickrig dieser Pimpf gegen ihn war und dass der sich stets an seiner Jugendfreundin rächen wollte, die blond und ober klug gewesen war. Latinas waren sicher, so wie es hieß. Sie fielen nicht in Deckers Beuteschema, doch Dharja schon.

Da, Nic nahm plötzlich eine Bewegung in Dharjas Wohnung wahr und wurde sich darüber bewusst, dass es nicht sie war. Eiseskälte stieg in dem Mehrfachmörder auf. Er sah dort was er erdacht und befürchtet hatte... der Mistkerl knackte ihre Tür und wollte sich umsehen, um ihr alsbaldig auflauern zu können. Mit einem Blick, der jedem der ihn ansehen würde, das Fürchten lernen würde, sondierte Nic das Schaffen dieses Monsters. Decker schlich in ihre vom Tageslicht erhellte Wohnung und roch an Dharjas Wäsche. Dazu ging er erst zu ihrem Wäscheschrank und roch an einem sauberen Höschen. Dann ging der rothaarige Strafgefangene hinüber zu ihrem Wäschekorb und wiederholte seine Schnüffelei bei benutzter Unterwäsche. Er grinste breit, soweit es Nic sah, als dieser ihre benutzte Strumpfhose herauszog und jene fest in seinen Händen spannte und langsam in seine Hosentasche steckte. Der Drang sich sofort auf ihn zu stürzen und ihn umzubringen, möglichst heiß und gewaltsam, ohne auf die Spuren zu achten, musste wie ein Orkan in ihm zurückgekämpft werden.

Nic würde Decker nicht mehr rechtzeitig erreichen können, denn der andere war schon dabei sich eine Kamera aufzustellen und diese anzumachen. Diese stellte er auf den Schrank in ihrem Schlafzimmer. Er hoffte wohl, dass sein Opfer diese nicht so schnell entdecken würde und er seine Tat würde mitfilmen können.

Sofort wurde von Nic eine Gegenoffensive erarbeitet. Heute Nacht würde Decker wiederkommen und sich Dharja holen. Dessen war Nic sich gewiss. Das durfte er nicht zulassen.

Ungefähr wusste er schon, wann sie nach Hause kommen würde, daher war es nun an ihm den Tatort richtig zu drapieren. Der Jäger, der meinte nun zu jagen, musste ausgetrickst werden... Sicher würde der Sexualmörder draußen stehen und sehen, wie lange Licht bei ihr an wäre. Dieses Vorgehen hatte er bereits aus den Akten gesehen, immer schön dann, wenn alles schlief war Decker unterwegs.

Sein eigener Plan enthielt wegen seiner Aktivität auch Risiken, daher war es das Erste was Nic tat, sich eine Verkleidung zu generieren. Keine einfache, nur Brille und Bart oder was man sonst so sah… das war alles stümperhaft.

Er packte langsam eine Vollgesichtsmaske aus, die er vor zwei Jahren gekauft hatte, um zu testen wie echt sowas wirken konnte. Damit machte er sich 20 Jahre älter und hatte Altersflecken. Ebenso trug er eine graue Kurzhaarperücke und setzte sich einen Hut auf, den Golfer ab einem speziellen Alter trugen. Dazu kamen eine karierte Wollweste, ein weißes langärmliges Hemd und eine helle Hose. Auch dieses Outfit hatte er schon getragen, um die Wirkung zu testen. Nun war sie nur da, um seine DNA zu verbergen, denn Nic war sicher, dass es hoch hergehen würde...

Die weißen Golfer Handschuhe mussten auch sein, ebenso wie die Tasche, die Wechselkleidung und dann noch das Chloroform, das er gerne nahm um die Verbrecher in Schach zu halten, wenn seine Kraft es allein nicht möglich machte. Er vergriff sich schließlich am hässlichsten und wehrhaftesten Abschaum der Gesellschaft, die nicht warteten, ehe sie mal sittlich zuschlagen konnten, sondern sich gleich bis aufs Blut wehren würden... wie dieser Kandidat hier...

Nic wartete nicht erst darauf, dass es dunkel wurde, ehe er sich bei dem sonst verschlossenen Notausgang des Wohnhauses auf der Hinterseite des Gebäudes Zutritt verschaffte. Der Hüne ging den gewohnten Weg zu ihrer Wohnung und öffnete diese mit seinen nachgemachten Schlüsseln. Er sah, dass es sich bei dem Gerät, welches Decker dagelassen hatte, um eine gebrauchsübliche Aufnahme handelte die stundenlang vor sich herlaufen konnte, spulte sie zurück und stellte diese ab. Decker würde es nicht merken. Dann ging er durch die Wohnung, um ihre Katze zu finden. Diese hockte wie immer unter dem Sofa und fauchte ihn an, als er ihr Versteck entdeckte. Nic lächelte leicht und ließ das Kätzchen in Frieden. Stattdessen richtete er das, was Decker hinterlassen hatte, denn Dharja sollte ja nichts merken. Er würde sich diese Sau schnappen und alles mit ihm machen, was ihm vorschwebte. Nur war Nic wichtig, dass Dharja dabei nicht zu Schaden kommen würde…

Als er fertig war, stellte er die Kamera wieder an, doch dieses Mal in einem Winkel, wie ein Profi es tun würde und nicht wie ein Amateur.

Dann kam sie endlich. Es war schon gegen Mitternacht und sie tat das was sie immer tat, ehe sie sich hinlegte und bald schlafen würde. Nun war Timing wichtig. Nic hatte bereits alles vorbereitet...

Nach dem Ereignis am Abend der Geburtstagsfeier ihrer Freundin ging ihr Team soweit, dass Tony sie jeden Morgen von zu Hause abholte, also unten von der Haustüre und abends nach Hause brachte, ebenfalls bis zur Haustür. Er wartete dann noch, bis sie drinnen war, bevor er losfuhr.

Tony würde sie sogar bis nach oben begleiten, aber das war Dharja dann doch zu unangenehm. Ihr Kollege war ein Großmaul und Labersack, aber scheinbar steckte darunter doch ein anständiger Kerl. Sie war aber eine FBI Agentin und kein Kind, dem man die Hand halten musste.

Der Dienstag mutierte zu einer Katastrophe. Sie glaubten den Aufenthaltsort des Mafioso zu kennen und stürmten ein baufälliges Wohnhaus in der Bronx. Es kam zu chaotischen Szenen, denn scheinbar wohnten dort auch zahlreiche Illegale und plötzlich erklangen weitere Schüsse. Ein farbiges Kind hatte in einem dunklen Raum mit einem Gegenstand hantiert, den ein junger, noch unerfahrener weißer Agent für eine Pistole gehalten hatte. Sie hatten wohl verdammtes Glück, dass es nur ein Streifschuss geworden war. Dennoch zerriss sie die Presse: Carl Decker verschwunden, Marlov führte sie an der Nase herum und der ‚Ice-Cold Revenger‘ war weiterhin ein Phantom. Das Einzige was das FBI konnte, war farbige Kinder anzuschießen, hieß es sogar in angesehenen Blättern wie der New York Times.

Dharja arbeitete zahlreiche Überstunden und nun rächte sich auch, dass sie spät abends noch in den Selbstverteidigungskurs ging. Schlaf wurde für sie zunehmend zur Mangelware. Auch weil sie parallel noch gegen Carl Decker ermittelte, was sie deswegen aber teilweise in die späte Nacht verlegen musste. Sie ließ sich Kopien aller Akten zu versuchten und nicht aufgeklärten Vergewaltigungen der letzten Tage zukommen. Meist konnte sie die gleich wieder durch den Schredder jagen. Aber zwei Fälle legte sie sich zur Seite. Beide hatten blonde junge Frauen zum Ziel gehabt. Die eine war eine Frauenrechtsaktivistin, die andere eine Strafverteidigerin. Die Erste konnte den Typen nach einem beherzten Tritt in die Weichteile loswerden, die Zweite mit Pfefferspray. Die Beschreibung der Täter könnte auf Decker zutreffen, aber es könnten auch andere getan haben…

Dharja besuchte zudem das Kind im Krankenhaus. Erst stob ihr blanker Hass entgegen. Der Vater wäre fast gewalttätig geworden. Schlussendlich setzte sie sich doch durch und sie spielte mit dem Jungen und seiner Schwester sogar eine Runde Mensch Ärger dich nicht – seine eigenen Eltern waren zu sehr damit beschäftigt, sich über den Rassismus aufzuregen, um ihm derartige Aufmerksamkeit zu schenken. Dennoch legte man ihr nahe, sie sollte nicht wiederkommen.

Dieser Abend war aber anders. Ein Bekannter bei der Metro spielte ihr per E-Mail eine Videoaufnahme zu, die er wohl auch schon der Polizei geschickt hatte, die diese aber in ihrer üblichen Schlamperei noch nicht bearbeitet hatte. Sie zeigten einen Mann, der mitten auf der Rolltreppe einer blonden Frau unter den Rock griff und offenbar sehr intim berührte. Die Frau war geflüchtet und zwei Passanten hatten versucht den Grabscher zur Rede zu stellen. Es war zu keiner Anzeige gekommen und die Aufnahmen waren von schlechter Qualität, aber sie war sich ganz sicher wen sie da in Aktion gesehen hatte. Carl Decker. Und die Haltestelle befand sich nur wenige Meilen von ihrer Wohnung entfernt. Dharja wohnte relativ zentral und so war auch das kein Wunder. Es gab viele Haltestellen in ihrer Nähe, aber es war dennoch bezeichnend. Carl Decker war hier, und wenn man die Uhrzeit bedachte, war es gut möglich, dass sich der Typ in ihrem Umfeld aufhielt oder gar hier lebte.

Heute fuhr Dharja mit einem Streifenpolizisten nach Hause. Tony hatte heute einen längeren Einsatz geschoben und war daher vom Chef früher zum Schlafen nach Hause geschickt worden. Besagter Streifenpolizist wartete nicht ab, bis sie die Haustüre aufgeschlossen hatte… einfach ärgerlich. Die blonde Frau war jedoch eher bestürzt über ihre eigenen Gefühle dazu. Nun war es schon so weit, dass sie sich bereits vor ihrem Wohnhaus nicht mehr sicher fühlte.

Erst als Dharja ihre Wohnung erreicht hatte und Jess ihr um die Beine streichelte, atmete sie wieder auf. Einen Moment lang. Irritiert machte sie eine Runde. Sie hatte eine feine Nase. Ihr war als würde sie etwas riechen. Sie ging sogar so weit in alle Schränke und unter das Bett zu sehen, aber da war niemand. Wurde sie jetzt schon verrückt? Und dann machte sie etwas, das sie schon viele Jahre nicht mehr gemacht hatte. Sie ging zu ihrem Wäschekorb und sah hinein. Sie wusste, dass Decker immer an der benutzten Wäsche seiner Opfer schnüffelte…, dass er daraus Erregung zog und sich Trophäen seiner Opfer stahl. Da lag ihre Wäsche, ein paar Teile ganz oben in dem Korb, aber es sah so aus, wie es immer aussah. Sie schüttelte den Kopf. Eine ganze Armee von Carl Deckers konnten an ihren Sachen geschnüffelt haben und sie würde es nicht wissen.

Dharja war einfach müde und fertig. Sie hatte auf der Arbeit ein Gericht vom Chinesen gegessen, welches ihr jetzt schwer im Magen lag. Die 28-Jährige litt definitiv nicht unter Essstörungen, aber die Sache mit dem angeschossenen Kind, dem Druck, der auf ihr lastete und vor allem Carl Decker machten ihr massiv zu schaffen und so erbrach sie das fettige Essen im Klo, bevor sie sich etwas später fürs Bett fertig machte. Schlaf fand sie aber dennoch nicht gleich. Dharja ärgerte sich. Ein Lokalblatt hatte einen Artikel über sie veröffentlicht, das ihre Erfolge als Zufälle darstellte und das Bild einer faulen, eingebildeten, egozentrischen Schlampe zeichnete, die angeblich offenkundigen Spuren nicht nachging und die Schuld an der aktuellen Misere trug. Wer kam bitte auf so was? Das Ganze hatte eine Welle der Entrüstung und Empörung unter ihren Freunden und Kollegen ausgelöst, dennoch fühlte sie sich an diesem Abend so einsam und alleine, wie schon lange nicht mehr. Sie stand sogar nochmal auf und prüfte ob auch ja alle Fenster geschlossen waren und das Haupt und Nebenschloss der Türe verriegelt waren, sowie das Sicherheitsschloss. Dann erst konnte sie Ruhe finden.


****

Oh Dharja... Nic hatte sie selten so rastlos erlebt... Es war als würde sie etwas spüren, doch sie brauchte keine Angst zu haben. Er würde den Kerl abfangen und nicht einmal in ihre Nähe kommen lassen. Dennoch plante Nic dem FBI Beweise zu hinterlassen, die dessen geplante Tat aufdecken würden. Auch musste er sich den Schuh anziehen, dass Dharja spätestens dann mitbekommen würde, dass sich beide Psychopaten in ihrem Haus und in ihrer Wohnung aufgehalten hatten... Er wollte schon gerne als ihr Held dastehen, doch machte sich der blonde Hüne darüber keine Hoffnungen. Beweisen das er besser war, musste er noch nicht einmal der Presse. Diese schrieben sogar, ob er, der ICR, nicht sogar schon längst den anderen Killer zur Strecke gebracht hatte. Es war nicht okay, das man über Dharja herzog, aber besser so, als dass sie wirklich erst beweisen müsste wie ernst ihr diese Angelegenheit war, indem sich die zarte Frau einen tödlichen Kampf mit dem Sextgangster lieferte…

Nic hatte seinen Wagen im Hinterhof ihres Hauses abgestellt und war dabei leise vorgegangen. Er wollte nicht im Auto bleiben, sondern nahm den Laptop mit, auf den er alle Kameras geschaltet hatte. Dick bepackt war er mit einer Tasche und Decken, die alle gebraucht werden würden.

Der Mann richtete sich nun in der Hausmeisterwohnung des Hauses für heute Nacht häuslich ein. Den Mann, der die Angelegenheiten des Hauses sonst regelte und auch alle Schlüssel hatte, war von ihm nach dem Öffnen seiner Tür direkt betäubt worden. Nic hatte den älteren schwarzen Mann so sanft es ging in das eigene Bett gelegt, nahm dort das Telefon mit und stellte dann einen Stuhl unter die Klinke des Schlafzimmers, damit der Mann, sollte er mitten in der Nacht oder Morgens wieder erwachen, nicht direkt die Polizei holen konnte. Man würde ihn schon finden…

Gesehen hatte der Mann auch nur seine Maske, die des mindestens 55-Jährigen weißen Grauhaarigen, der so garnicht nett zu ihm gewesen war. Die Größe von Nic würde vermuten lassen, dass etwas an den Fakten nicht ganz stimmte, doch zum Verwischen der Spuren reichte es aus. Nic schwitzte unter der Maske und der Perücke, doch sein eigenes Haar war so fest mit Haarspray an den Kopf gepresst, dass unmöglich eines davon würde rausfallen können. Nur wer mittdachte, konnte solche Fehler vermeiden. Wenn dann würden sie nur graues Kunsthaar finden und wissen, dass er verkleidet gewesen war.

Von dieser Wohnung aus, beobachtete er nun Dharja wie sie alles durchsuchte und sich wirklich schlecht fühlte.

Das wird ab morgen Geschichte sein, dachte sich Nic dazu, der abwartete bis Dharja sich endlich hingelegt hatte.

Er selbst würde nur ein paar Minuten oder vielleicht eine Stunde Zeit haben, ehe sich auch der andere Mörder sicher sein würde, dass sein Opfer schlief. Nic war diese Sache hier unheimlich wichtig, daher schwitzte er kalt und es ging ihm nicht so gut wie sonst. Hier könnten sich eine Menge Fehler einschleichen. Und das was er garnicht mochte würde jetzt kommen...

Er wartete ab, bis sich Dharja wirklich nicht mehr bewegte und endlich die Fänge des Schlafes zugelassen hatte. Dann betrat er so leise wie möglich ihre Wohnung. Das Drehen eines jeden Schlosses war minimal, doch es war dann ihr Tier, welches aufmauzte und zu Dharja auf das Bett sprang. Nic hatte gerade alle Schlösser geöffnet und blickte auf den Laptop am Boden.

Da hier sonst nur Familien und Rentner wohnten, schliefen diese alle um diese Zeit und das war auch gut für sie, denn diese könnten genau an diesem Tag sein Tun stören. Aber er hatte Glück und als Dharja nur ein wenig nach der Katze langte, sich dann aber umdrehte, kam er leise hinein. Der Mann lehnte die Tür an und nahm nicht die Lichtquelle Laptop mit hinein. Nur einen Lappen hielt er in der Hand... die Katze wischte an seinem Hosenbein vorbei und versteckte sich wieder einmal.

Nic war nun an Dharjas Bett, doch er hatte eine Entschuldigung. Diese sprach er nicht aus, doch sein Gesicht sprach Bände als er der Schlafenden die Betäubung an Mund und Nase hielt, so dass sie aus dem Schlaf heraus direkt ohnmächtig wurde.

Dann packte er Dharja und er wusste, dass er auf der Kamera Deckers zu sehen sein würde. Er küsste sie nicht oder sonst etwas, sondern brachte die Hübsche sofort in das Bad und legte sie in die Wanne. Unmöglich würde sie nun aufwachen können binnen so kurzer Zeit, denn mindestens 3 oder 4 Stunden würde das Mittel schon wirken...

Dann lief Nic unter Hast zur Tür und holte seine Sachen in die Wohnung, dabei blickte er unter heftigem Atem in den Gang, doch er sah wegen der Cam draußen, dass der Mann immer noch dort verweilte, wo er sich positioniert hatte. Decker trat von einem Bein aufs andere...

Rasch holte Nic die Decken aus der Tasche, riss ihre Bettdecke vom Bett, knüllte die mitgebrachten schwarzen Leinen zusammen und formte daraus eine mögliche Gestalt. Dabei blickte er nicht direkt in die Kamera, die alles im Halbdunkel aufnehmen würde. Er schloss von innen die Wohnungstür ab, jedoch nicht das Sicherheitsschloss und wartete ab nun hinter der Badtür auf den anderen.

Als dieser sich in Bewegung setzte, stellte Nic den Laptop ab und steckte ihn in die Tasche. Es war soweit. Viel lauter als er fand Nic, öffnete Decker mit einem Dietrich die Tür. Jener keuchte vor Aufregung leise und war natürlich auf das Bündel im Bett fixiert. Wer sonst als diese Frau sollte es wohl sein...

Natürlich sah er ihn nicht kommen... wieso auch... er war doch der Eindringling, niemand anderes... Nic sprang auf Decker, als dieser mit der Strumpfhose in der Hand die Bettdecke wegzuschieben versuchte wohl in Erwartung dort einen halbnackten Frauenkörper zu finden. Der aber lag in der Wanne und es würden nur seine, Nics Finger sein, die ihn berühren würden.

Der ICR machte keine lange Sache daraus. In einem mächtigen Würgegriff bekam auch Decker eine Ladung Chloroform ab. Dieser fiel zu Boden und Nic zog die schwarzen Leinen aus Dharjas Bett und wickelte Decker darin ein. Er hatte das was er wollte! Doch grinsen tat Nic nicht. Es war noch so viel zu tun…

Er schleppte die verhüllte Gestalt auf das Sofa und stellte dann die Kamera aus. Das tat er von der Seite, so dass der Film zu Ende sein würde. Er nahm die Kamera und machte ihr Bett sorgfältig. Die hellen Handschuhe strichen langsam alle Kanten glatt und er legte dort die Kamera mittig drauf. Dann holte Nic den Schraubenzieher und entfernte beide Drohnen aus den Luftschächten. Die waren zu kostbar, als dass er sie opfern konnte. Der Schattenkopierer ihres Handys war in einer Wand Fuge ihres Bades versteckt und den würden nur Profis finden. Die Drohne im Wohnzimmer auf Fußhöhe ersetzte er mit einem billigeren Model, das an eine falsche Adresse senden würde.

Nun war die Zeit vorbei, in der er sie einfach so hatte anblicken können... doch zum Trauern blieb keine Zeit. Er überprüfte noch einmal alles, hatte seinen Mund fest zugehalten, um keine Spucke herumfliegen zu lassen und machte dann den Anfang mit Decker, den er nach unten in sein Auto brachte. Dann kam er wieder und sammelte Dharjas Kleidung vom Vortag ein, ebenso ihre Schuhe, die sie abgelegt hatte, ihre Dienstwaffe auch und ihre Handtasche. Dieses und den Laptop in der Tasche, schulterte er sich nach hinten, während er das ganz Wichtige vorne auf seine Arme nahm. Die Profilerin. Er musste ihre Gestalt bei der Tür mit einer Hand umschlungen halten, denn er schloss mit seinem Schlüssel die Wohnung ab. Dann ging es schnellen Schrittes zu seinem Wagen und er legte die Schöne auf die Rückbank, mit einer Decke darüber, während der Verbrecher im Kofferraum gelandet war.

Das nächste was Nic tat, war zu dem Hotel zu fahren, bei dem er von einer öffentlichen Telefonzelle aus ein Zimmer auf ICR Industries gebucht hatte. Statt aber durch den Haupteingang zu gehen, schaffte Nic Dharja durch den Lieferanteneingang. Er hatte das Zimmer nicht bezahlt, so dass es wohl heute Nacht leerstehen würde. Natürlich war er so schlau gewesen kurz vorbeizufahren und unter einem Vorwand in das System zu sehen, wo dieses sich befand. Dazu hatte er sich als jemand namens Christofsen ausgeben, nur um festzustellen, dass leider kein Zimmer auf ihn gebucht worden war. Natürlich hatte er sich am Empfang dementsprechend sauer gegeben und war ohne eine neue Buchung verschwunden... Sollte man den Angestellten später nach einer Auffälligkeit fragen, würde er ihnen wohl von seinem Auftritt als Frührentner erzählen und eigene Schlüsse ziehen. Hier hatte er keine dämmrige Beleuchtung gehabt, doch Nic bezweifelte, dass der Mann mit der Brille mehr zu ihm als verzweifelt auf den Buchungsbildschirm gesehen hatte… In die Suite nun einzubrechen war kein Problem, und so legte er die blonde Frau in ihrer Nachtwäsche dort in das schön gemachte Bett. Dort blickte er sie ganz liebevoll an.

„Ich würde gern länger bleiben... doch ich habe noch viel zu tun...“ meinte Nic dann rau und kehlig, und er fragte sich, ob es schlimm wäre sie auf die Wange zu küssen. Doch er konnte es sich nicht erlauben... irgendwann würde es ein Treffen geben... sie würde ja ihre ganze Wohnung vom Team auseinandernehmen lassen und ausrasten, weil man sie beobachtet hatte...

Falls sie Fragen hatte, würde er von nun an vielleicht auch antworten... denn stillsitzen würde Nic nicht mehr können... die Überlegung sie zu der seinen zu machen, war irgendwie wichtiger als seine Wut auf Verbrechen geworden...

Als Gruß ließ er ihr einen einfach gefalteten, weißen Zettel da. ‚Ich konnte nicht zulassen, dass er Dir etwas antut.‘

Leise und auf Geräusche achtend, verließ er das Hotel, wissend dass er auf den Kameras zu sehen sein würde... so viel Material für Dharjas Team und das war allein für sie... Dann ging es weiter mit dem Wagen, den er ab sofort verschwinden lassen würde. Nic wüsste auch schon, wie er dies bewerkstelligen würde.

An einem Ort, an dem man ihn nicht schreien hören würde, weckte Nic dann Decker und ließ alles was er wollte an diesem aus. Angefangen wurde damit, dass er dem, welchem er zuerst in den Rücken gestochen hatte, beide Hände mit Tritten zertrat. Schließlich durchtrennte Nic die Sehnen in Deckers Kniekehlen, damit jener nicht mehr wegkriechen konnte. Später ging er darin über Schlagübungen gegen dessen Genitalien zu machen und als Decker spätestens dann halb bewusstlos war, erwürgte Nic ihn mit der Strumpfhose, die für Dharja hätte sein sollen...

So ließ er den Anderen in der leeren Lagerhalle liegen und fuhr schließlich seinen Wagen in einen Bezirk von New York, wo keine Streife gerne war und der Wagen am nächsten Tag normalerweise auch nicht mehr sein würde. Doch Nic wollte Spuren verwischen und zündete den Wagen daher an. Das Feuer würde hier besonders lange brennen können. Drinnen befanden sich auch die Kleidung und die Schuhe, mit denen er Decker getötet hatte. Nic hatte nun seine eigenen Sachen an, die allerdings auch bald in die Altkleider wandern würden.

Schade war nur, dass er jetzt nichts mehr mitbekommen würde... doch für das Gefühl Dharja und somit sein eigenes Leben gerettet zu haben, hätte er wohl noch mehr in Kauf genommen.


****

Schon als Dharja wach wurde, wurde ihr klar, dass dies kein normales Erwachen war. Sie wollte aufstehen, sich erheben. Es war Zeit dafür. Ihr Kopf war wach, aber ihr Körper schien sich dagegen zu wehren. Etwas stimmte nicht. Ihr war, als hätte sie Probleme den Rest von sich dazu zu bekommen, sich zu bewegen. Als sie endlich die Augen aufschlagen konnte, steigerte sich das Gefühl nur noch, dass etwas nicht stimmte. Sie bekam es mit der Angst zu tun. Sie war nicht zu Hause. Sie hatte keine Ahnung, wo sie war. Aber scheinbar war sie – zumindest im Moment - alleine. Ihr zweiter Blick galt ihren Händen, die sie nur unter großer Anstrengung gehoben bekam. Aber ganz offensichtlich waren die nicht gefesselt.

Weil sie sich immer noch nicht wirklich unter Kontrolle hatte, fing sie dann an ihren Körper abzutasten. Sie trug das Nachthemd, das sie sich letzten Abend angezogen hatte. Ihre Finger waren noch ein wenig taub, ihr Körper ebenso, aber sie fühlte auch keinen Schmerz, ertastete keine frischen Wunden und als sie schließlich jenen besonders sensiblen Bereich zwischen ihren Beinen erreichte, fand sie auch dort keine Anzeichen einer Vergewaltigung vor. Kein Blut, keine wunden Stellen, kein Sperma.

Nun doch ein gutes Stück weit erleichtert, sackte sie regelrecht in sich zusammen. Erst die Sache mit dem Taxi und nun das hier.

Aber was war los? Wo war sie? Wie war sie hierhergekommen? Wer hatte sie hierhergebracht? Neue Laute ließen sie erneut aufschrecken. Sie kamen von nebenan. Eine sich schließende Tür. Endlich reagierte auch ihr Körper halbwegs vernünftig. War sie betäubt worden? Nun bemerkte sie auch ihre Kleidung und kurz glaubte Dharja, den Verstand verloren zu haben. War sie etwa selbst hierhergekommen? Ihre Waffe lag auch da und nachdem sie geprüft hatte, dass diese geladen war, entsicherte sie diese und schlich erst barfuß zur Toilette, die jedoch ebenso leer war, um dann die Tür zum Gang aufzureißen. Der Gang dahinter war inzwischen auch leer und sah so typisch nach einem Hotel aus, dass es schon fast ein Klischee war.

Verwirrt starrte sie noch einen Moment um sich herum, um dann die Tür zu schließen und erstmal mit dem Hoteltelefon den Empfang anzuwählen. „Welches Hotel ist das?“, fragte sie die Frau am anderen Ende, die vollkommen gelassen auf ihre Frage reagierte. „Geben Sie mir die Adresse.“ Dharja notierte diese. Bevor sie aber auflegen konnte, stellte ihr die Frau noch eine Frage: „Miss? Sind Sie auf Zimmer 316?“

Scheinbar konnte sie das auf der Telefonzentrale sehen.

„Sie sind möglicherweise auf dem falschen Zimmer, denn 316 sollte leer sein. Wie sind Sie auf das Zimmer gekommen?“

Wie sie auf das Zimmer gekommen war?

„Wenn ich das mal wüsste!“, schnaubte Dharja nur und legte auf. Dann wählte sie erneut die Nummer ihres Chefs, aber nun mit ihrem eigenen Handy. An diesem Morgen ging er relativ schnell dran: „Sir? Ich kann Ihnen das nicht genauer erklären, aber ich glaube ich würde betäubt und verschleppt… Nein, es geht mir gut. Das… kann ich Ihnen nicht sagen.“ Noch einmal sah sie an sich hinab. „Nein… mir fehlt nichts.“ Als er sie nochmal fragte, ob wirklich alles in Ordnung war, reagierte Dharja gereizt. „Nein, ich wurde nicht vergewaltigt.“ Er meinte es ja auch nicht so, machte sich wohl nur große Sorgen um sie, aber diese bohrenden Fragen nagten an Dharja. Dann gab sie ihm die Adresse des Hotels durch und legte auf. Da erst bemerkte sie den Zettel. Sie war nun soweit bei Sinnen, dass sie diesen nicht direkt berührte, sondern erst ein Stück Plastik holte, um keine Spuren zu verwischen, ehe sie den Inhalt der Nachricht las. Noch kapierte sie nicht wirklich, was hier gelaufen war, aber ein unheimlicher Verdacht tat sich in Dharja auf, der sie nervös blinzeln ließ, und sie schüttelte auch ihren Kopf ein paar Mal. Das war doch absurd!

Zehn Minuten später tummelte sich hier die halbe Etage des FBIs inklusive Tim und Tony und natürlich ihrem Chef. Der verlangte, dass sie sich trotzdem eingehend untersuchen lassen müsste. Dass auch einen Besuch bei einem Frauenarzt, der vom FBI vereidigt war, dazu gehörte, musste nicht extra erläutert werden. Die verschiedenen Untersuchungen, inklusive diverser Abstriche und Blutabnahmen offenbarten aber nur, dass man sie wohl mit Chloroform außer Gefecht gesetzt hatte.

Tony, der sie an dem Tag hin und her fuhr gluckste zwischendurch ziemlich amüsiert. „Tim hat mir gerade geschrieben. Die nehmen in diesem Moment deine Bude auseinander!“

Er klang süffisant amüsiert, als wäre es etwas ganz Wunderbares und scheinbar war er nur traurig, dass er nicht dabei sein konnte. Sie sah ihn schon, wie er durch ihre Wäsche wühlte und ihr Sex-Spielzeug studierte. Na toll. Dharja wusste, wie ihre lieben Kollegen vorgingen. Das würde nicht unentdeckt bleiben. Aber zumindest war Tony hier und nicht in ihrer Wohnung. Die anderen würden zumindest so tun, als wäre nichts gewesen. „Und?“, zischte sie, deutlich weniger amüsiert.

„Also eine Drohne in den Lüftungsschächten haben sie schon gefunden, und eine Kamera auf deinem Bett.“ Tony grinste sie weiterhin schmutzig an. „Dem Bett in deinem kleinen Liebesnest, äh, ich meine Schlafzimmer. Ich glaube ich werde die Auswertung der Aufnahmen eigenhändig übernehmen“, gluckste er und Dharja schüttelte nur den Kopf. Sie hatte dann auch nach den Untersuchungen die Anweisung den Rest des Tages zu Hause zu bleiben und sich zu schonen. Missmutig saß Dharja also auf der Couch und kraulte Jess, während Spezialisten die Schlösser an der Türe auswechselten und unten, vor ihrem Haus stand nun auch eine Streife in Zivil als Personenschutz bereit. Ihre Wohnung war sauber. Ganz sauber. Die hatte man ihr versichert. Und doch starrte Dharja die Wände finster an. Es würde wohl lange dauern, bis sie sich hier irgendwann wieder sicher fühlen würde.

Erst am nächsten Tag erschien die blonde Frau zu ihrem normalen Dienst. Was die Aufnahmen aus ihrer Wohnung offenbarten, war spektakulär. Sie war also nicht verrückt geworden! Man hatte sie aus ihrer Wohnung entführt und in das Hotelzimmer gebracht. Auf einer Überwachungskamera des Hotels konnte man sogar den Mann erkennen, der das getan hatte und auch die Kamera in ihrem Zimmer zeigte denselben Mann. Das ihr eigentliches Zimmer auf die Firma ICR Industries reserviert worden war, und dann verfallen war, hatten die Ermittler auch schon herausgefunden. ICR – ihr lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter.

Der wahre Schrecken kam ihr dann aber erst, als sie die Aufnahmen ihrer Wohnung sah und was sich darin abgespielt hatte. Wer der alte Mann war, war ihr ein Rätzel. Aber sie wusste sofort wer die andere Gestalt war. Und sie wusste auch, was er vorgehabt hatte. Ihr Chef hatte gut daran getan ihr etwas Zeit allein mit den Aufnahmen zu geben. Sie brauchte diese Zeit. Sie war nur knapp einer wirklich üblen Vergewaltigung entgangen und ihrem grausamen Tod. Dharja wusste nicht mal, was schlimmer gewesen wäre. Der Tod oder von dem Ekelpaket Carl Decker vergewaltigt zu werden. Diese ganze Sache arbeitete durchaus in ihr und sie brauchte nun Zeit, um damit zurecht zu kommen. Sowas musste erstmal verarbeitet werden...

In der Mittagspause fragte ihr Boss dann auch, ob sie psychologischen Beistand brauchen würde, aber Dharja verneinte das Angebot erst einmal. Langsam, aber sicher, machte sich ihre professionelle Seite wieder in ihr breit. Ihr Augenmerk galt dabei dem Alten. Unerwarteterweise waren die Aufnahmen aus ihrer Wohnung da deutlich weniger ergiebig als die Aufnahme der Überwachungskamera im Hotel. Die zeigte nur wenige Sekunden, aber je länger sie diese betrachtete, desto klarer wurde Dharja ein Umstand. Der Mann trug ihren regungslosen Körper nicht wie eine Last, die man von einem Ort zu dem nächsten schleppte. Er hielt ihren Kopf, damit dieser nicht herumkullerte gegen seine Brust gedrückt. Er hatte sie auch nicht über seine Schulter geworfen, sondern trug sie in seinen Armen wohl so, wie ein Mann seine Braut tragen würde. Seine ganze Körperhaltung vermittelte den Eindruck, dass er da etwas Wertvolles hatte, einen Menschen, der ihm viel bedeutete.

Wenn er wirklich der ‚Ice-Cold Revenger‘ war, und nicht nur irgendwer, den er vorgeschickt hatte, dann stand der Typ eindeutig auf sie. Sie hatte das ja schon eine Zeitlang insgeheim vermutet, aber so deutlich wie jetzt, war es noch nie geworden. Was sie dabei fühlte? Es war ein sehr seltsames Gefühl. Er war ein Mörder. Er war ein Mann, der meinte das Gesetz in die eigenen Hände nehmen zu können und wie Gott über Leben und Tod zu entscheiden. Er war aber auch ein Mann, der sie vor Carl Decker gerettet hatte. Und langsam wurde auch offensichtlich welchen Aufwand er betrieben hatte, um das zu tun. Wäre das ein Disney Film, dann wäre er wohl der heimliche Held, der vermutlich am Ende auch das Mädchen seiner Träume bekommen würde. Und die wäre vermutlich sie. Aber das war kein Trickfilm.

Wie sehr sie das mitgenommen hatte, merkte Dharja erst am Abend desselben Tages, als sie sich dabei ertappte, wie sie einen sehr langen Moment diese eine Aufnahme aus dem Hotel anstarrte, die sie in seinen Armen zeigte.


Der nächste Tag brachte neue Bewegung in die laufenden Fälle. Man hatte Carl Deckers Leiche gefunden. Er war misshandelt worden und man hatte ihn dann mit einer Feinstrumpfhose erdrosselt. Die forensische Analyse stand noch aus, aber ihr war schon klar, dass man an der Strumpfhose ihre DNA finden würde, und ihr war auch schon klar, wer das getan hatte. Dharja fiel es verdammt schwer, dem ICR dafür nicht dankbar zu sein. Decker war eine Bestie gewesen, widerlicher Abschaum. Sein Tod eine Erlösung. Und dennoch war es eben falsch, wie es dazu gekommen war. Mit Deckers Ende fiel dann auch erstmal der Grund für ihren Personenschutz flach und Dharja nahm sich ein paar Tage Urlaub, den sie ganz unspektakulär in ihrer alten Heimat Far Oakes, einer Stadt nähe New York, verbrachte. Sie wohnte aber nicht bei ihrer Mutter. Die besuchte sie zwar und sie verbrachte auch etwas Zeit mit ihr, aber hauptsächlich wollte sie jetzt erst mal allein sein. Sie tat nicht viel mehr, als allein spazieren zu gehen, an den Orten ihrer Jugend. Eben den Weg, den sie als Kind zur Schule gegangen war, dort, wo sie sich mit den anderen Kindern getroffen hatte, wo sie als Teenager shoppen gegangen war und in den Park, wo sie ihren ersten Kuss bekommen hatte. Sie verbrachte auch Zeit am Grab ihres Vaters. Dharja würde diese Tage mit drei Empfindungen umschreiben: Stille. Besinnung. Und dem Gefühl noch eine zweite Chance bekommen zu haben…

Als sie dann wieder in New York war, suchte sie erstmal ihren Chef auf und konfrontierte ihn mit einer unangenehmen Tatsache: „Sir? Ich weiß nicht, ob ich in dem Fall des ICR voreingenommen bin.“

Er war wie er war und ließ sie erstmal sprechen, schildern was ihre Gedanken und Beweggründe waren und das lief auf zwei ziemlich simple Tatsachen hinaus. Erstens: Der ICR hatte eine Fixierung auf sie. Zweitens: Und das war viel komplizierter und unangenehmer für sie: Sie war ihm dankbar. Das bedeutete nun nicht, dass sie ihn liebte oder an einem Stockholm-Syndrom litt, aber er hatte sie nun mal gerettet. Er war da gewesen, in der Stunde ihrer größten Not. Er hatte sie beschützt, wo sonst jeglicher Schutz versagt hatte. Das ging ihr absolut unter die Haut.

„Wir sprechen nächste Woche noch einmal darüber. Ich möchte, dass du in der Zwischenzeit normal weiterarbeitest. Du bist im Moment die beste Profilerin, die wir hier haben.“

Dharja nickte und spürte, dass ihr Vorgesetzter in dem Fall anderer Meinung war. Er wollte wohl noch abwarten, was sich weiter tun würde.

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