Читать книгу Profile me - Samantha J. Evans - Страница 7

Kapitel 4

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Dieser Killer… er ging ihr nicht aus dem Kopf. Warum tat er das? Was war er gewesen? Ein frustrierter Cop, der unehrenhaft aus dem Dienst entlassen worden war, nachdem er sich an einem Verdächtigen vergangen hatte? Ein Ex-Soldat, der der Meinung war, das Land ging vor die Hunde und nur er könnte es retten? Ein paar Dinge waren ihr klar. Er war weiß und männlich. Er war intelligent und technisch begabt. Mit dem Alter wurde es schon schwieriger. Sie schätzte ihn zwischen 30 und 45 ein. Er hatte Kraft, sonst würde das mit den Opfern schwierig werden. Er war technisch versiert, wie es der selbstgebaute elektrische Stuhl bewies. Vermutlich hatte er ein gepflegtes, respektables Auftreten, denn sonst würde es schwer werden an manche seiner Opfer ranzukommen.

Dharja war nicht obrigkeitshörig, wie ihre Mutter ihr das gelegentlich vorwarf, aber was dieser Typ hier tat, machte sie durchaus fuchsteufelswild. Bislang hatte er sich nur Opfer ausgesucht, die den Tod irgendwo verdient hatten. Aber wo würden sie hinkommen, wenn jeder plötzlich anfangen würde, die zu töten, von denen er meinte, sie verdienten es? Das war die Aufgabe des Staates und nicht die eines einzelnen Mannes. Keiner sagte, dass System wäre perfekt, aber es war das Beste, das sie hatten und andere machten es auch nicht besser.

Ganz ehrlich? Ja. Der Typ in dem Raum hatte den elektrischen Stuhl verdient. Aber was der Serientäter trieb, ging dennoch nicht. Man konnte ein Verbrechen nicht mit einem anderen reinwaschen. Man konnte Unrecht nicht mit Unrecht sühnen. Das hier war kein Marvel Comic. Und er war nicht Spiderman oder so was. Sie musste ihn finden. Sie musste ihn zur Strecke bringen. Schon jetzt überschlug sich die Presse mit Spekulationen über diesen Killer, den manche schon den „Robin Hood der Rachebedürftigen“ nannten. Zumeist aber nannten sie ihn den „Ice-Cold Revenger.“ Sie wusste nicht, welcher Name ihr mehr missfiel. Bald würde es Nachahmer geben. Sie war gut in dem was sie tat, auch wenn sie noch relativ jung war. Aber sie kam hier einfach nicht voran. Er war gut. Schon jetzt war sie sich sicher, dass ihre Kollegen nichts finden würden. Keine Fingerabdrücke. Keine DNA.

Sicher, sie hätte da länger rumstehen können, aber Tim und Tony wussten was sie taten. Die Spurensicherung würde die Beweise, die es gab genauso gut sichern, ob sie nun danebenstand und hübsch aussah oder nicht.

Also machte sie sich auf den Weg und schon als sie zur Tür hinausging, zückte sie ihr Handy. „Amanda? Ich möchte nochmal alle Akten zum Ice-Cold Revenger‘.“ Verdammt. Jetzt nannte sie ihn auch schon so. „Ja, alle. Alles, was wir wissen. Danke.“ Draußen setzte sie sich nach einem Umlaufen der Presse in ihren Wagen. Sie war keine besonders große Frau. Vielleicht auch deswegen fuhr sie einen relativ breiten Jeep-artigen Wagen. Sie mochte es, den Überblick zu behalten und mal oben zu sitzen. Hinabzusehen und nicht immer nach oben. Dort erst prüfte Dharja, was es noch an Nachrichten gab. Sie hatte zwei. Eine von ihrer Mutter. Die SMS las sie: Ich habe genug. Ich halt das nicht mehr aus. Ich werde dem jetzt ein Ende bereiten. Versuche gar nicht, mich aufzuhalten. Ich liebe dich. Und bitte zieh endlich aus New York weg, wegen der Strahlung. Ich habe gelesen, die zerstört deine Eierstöcke. „Oh Gott“, keuchte Dharja und ließ sich im Fahrersitz zurückfallen. Ihre Mutter glaubte felsenfest, dass 2001 unter den WTC Atombomben gezündet worden waren und nun die ganze Stadt verstrahlt war. Die Anschläge vom 9/11 waren eigentlich Teil eines Experiments, um die Langzeitwirkung von Strahlung an Menschen zu beobachten. Es war so absurd. Langsam atmete sie ein paar Mal durch und wählte dann erst die eingespeicherte Nummer ihrer Mutter. Zwölf Mal ließ sie es klingeln. Dann wählte sie eine andere Nummer. „Hallo?“, erklang es nach drei Mal wählen. „Olga?“ „Ja.“ „Dharja hier. Meine Mutter hat mir…“ „Schon wieder?“ Sie holte noch mal tief Luft. „Ja.“ „Ich bin schon unterwegs.“ „Danke. Schreib einfach die Zeit ganz normal auf.“ Irritiert sah Dharja einen langen Moment zum Fenster hinaus. Bellende Hunde bissen bekanntlich nicht, aber ihre Mutter hatte schon ein paar Mal versucht sich das Leben zu nehmen und sollte sie es wieder tun und Dharja würde es ignorieren, dann würde sie ihren Lebtag nicht mehr froh werden. Erst im Anschluss sah sie sich die andere SMS an: Ich vermisse dich. Ich denke andauernd an dich. Ich will dich wiedersehen. Freitag 21:00? Ich habe einen tollen Tisch in einem tollen Restaurant. Sag ja. Ich weiß, dass du es willst. Trotz der Sache mit ihrer Mutter lächelte sie kurz sanft. Keith Thomson war ein guter Mann. Sie war alles andere als verliebt, aber er war nett. Er konnte lustig sein und nun ja… zumindest tat er so, als wäre er von ihr angetan. Vielleicht verliebte sie sich ja noch. Auf jeden Fall wäre es gut neben der Arbeit, diesem Robin Hood Idioten und ihrer Mutter auch noch ein wenig zu leben. Für den Moment aber drückte sie die Nachricht nur weg und fuhr los. „Ist ja schon gut!“, schnaubte sie ein paar Ampeln später. Hinter ihr hupte ein Typ im Anzug in einem schicken europäischen Luxuswagen ziemlich ungehalten, weil sie trotz grünem Licht schon etwas länger stand. Sie hatte in ihre Mutter gedacht und dann an den Killer. Beobachtete er sie? Stalkte er sie? Sie würde heute Abend ihre Wohnung in jedem Fall auf den Kopf stellen. Würde sie nichts Verdächtiges finden, weil sie ja auch nichts zu finden erwartete, dann wäre alles gut… andernfalls aber würde sie wohl das blanke Entsetzen packen. Jene bald geplante Aktion würde Dharja nicht länger aufschieben. Für ihren eigenen Seelenfrieden. Dabei könnte sie zudem gleich ein paar Dinge in ihrer Wohnung ausmisten, wenn sie schonmal dabei wäre… Kurz vor dem Revier klingelte ihr Handy erneut. Sie zog auf der Straße rechts ran, wie es Vorschrift war und ging dann erst ran. „Ja?“ „Olga hier. Deine Mutter – Jelena – sie ist total betrunken und hat sich übergeben, was für eine Sauerei - aber ansonsten geht es ihr gut. Warte...“ Die Frau fluchte. „Olga? Was ist?“ „Ach… sie hat in ihrem Suff ins Bett gemacht.“ „Oh Gott“, seufzte die junge Frau. „Ich bringe das in Ordnung.“ „Danke. Ich weiß nicht, was ich ohne dich machen würde. Ach, und Olga… wirf alles Alkoholische weg, dass du finden kannst.“ „Mach ich.“ Wieder saß Dharja einen langen Moment einfach nur fassungslos da. Ihre Mutter machte sie fertig. Und es wurde nicht besser. Nein. Es wurde immer schlimmer…

Als sie abends endlich ihre Wohnung erreichte, verriegelte Dharja zuerst das Schloss und auch das Sicherheitsschloss ihrer Wohnungstür, ehe sie ihre Schuhe abstreifte. Ihre Absätze waren nicht sonderlich hoch und auch relativ bequem, aber nach so einem Tag taten ihr die Füße doch schon ziemlich weh. Kaum hatte sie ihre Schuhe ab und ihren Cardigan aufgehängt, da schnurrte ihr auch schon Jess um die Knöchel herum, ihre Katze, der sie sich kurz aber intensiv widmete.

Ihre Wohnung war nicht gerade groß. Sie hatte ein recht warm gehaltenes, relativ großes Wohnzimmer, in dem sich viele Bücher stapelten, und ein deutlich kleineres Schlafzimmer. In ihrer Küche konnte man sogar an einem kleinen Esstisch essen.

In ein Hochglanzmagazin gehörte Dharjas Wohnungseinrichtung nun nicht gerade, aber dafür waren alle ihre Zimmer ordentlich und sauber. Die FBI Agentin fand ihre Bleibe sogar ein wenig kuschelig mit den bequemen Sitzmöbeln und den Kissen überall. Die sandfarbenen Farbtöne an ihren Zimmerwänden taten ihr Übriges, um sich zuhause fühlen zu können.

Dharja löschte das Licht im Flur und knipste es im Wohnzimmer an. Sie lief direkt zu ihrer Musikanlage hinüber und stellte sich sanfte Jazzmusik an. Danach ließ sie sich erstmal auf das Sofa fallen. Wie schön es jetzt wäre, sich einfach nur entspannen zu können, aber nein, da war ja noch was… Dharja blickte sich in dem Raum, in dem sie lebte, um. War der Gedanke paranoid, dass dieser Serienkiller sie in ihrer Wohnung beobachten würde? Ihre Augen glitten in jede Ecke des Zimmers und doch konnte sie auf den ersten Blick keinerlei Fremdeinwirkung erkennen. Sie seufzte und stand auf. Jess maunzte und sie würde noch ein wenig mit ihr spielen und ihr das gewünschte Unterhaltungsprogramm bieten, inklusive Fütterung, ehe sie sich selbst schnell einen Salat machen und danach ihre Wohnung durchsuchen würde. Selbst wenn sie später nichts würden würde, so wäre ihr wenigstens ein ruhiger Nachtschlaf sicher, und darauf kam es in ihrem Beruf an.

Zwei Stunden später wischte Dharja sich mit dem Handrücken eine Haarsträhne aus dem Gesicht. Sie hatte Hammer und einen Nagel in der Hand um gleich ein Bild aufzuhängen, welches hier schon seit einer Ewigkeit herumstand. Sie hatte das Aufhängen immer aufgeschoben, doch nun wo sie mal herumwerkelte, schritt Dharja selbst zur Tat, anstatt Keith darum zu bitten, wie es ihr eigentlicher Plan gewesen war.

„Jetzt ganz ruhig… Das schaffst du schon“, motivierte sie sich selbst. Gleich darauf knallte es acht, neun Mal und schließlich war der Nagel in der Wand. Ein bisschen schief, ein bisschen verbogen, aber er hielt. Dharja hatte hier keine tolle Figur gemacht, aber das Ergebnis zählte.

Das Bild verdeckte nun ein ziemlich hässliches, wenn auch in beige gestrichenes Lüftungsgitter, das Dharja schon lange ein Dorn im Auge gewesen war und welches sie endlich hatte abhängen können. Sie hatte dafür extra kleine Klötze in die Ecken des Bilderrahmens geklebt, damit das Bild etwas von der Wand weg hing, so dass die Luftzirkulation nicht unterbrochen wurde.

„Viel besser“, strahlte sie zufrieden. Das Lächeln wich aber bald wieder, als sie das Chaos um sie herum sah. „Jetzt nur noch zu Ende aufräumen.“ Gefunden hatte sie bisher natürlich nichts. Das wäre auch seltsam gewesen. Absurder Gedanke, dass jemand ihre Wohnung verwanzen könnte. Zumindest hatte sie jetzt das Bild endlich an der Wand und bald auch eine entmüllte Wohnung.

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