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9. Kapitel

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Am nächsten Tag begleite ich Nico nach dem Mittagessen zum Strand. Mamans Sonnenhut und eine überdimensionale Sonnenbrille dienen als Tarnung. Ich hoffe inständig, dass mir der Typ mit der Hundefrisur nicht begegnet. Nach meinem fragwürdigen Abgang gestern wäre dieses Treffen mehr als peinlich. Als die Blonde mit der Stupsnase an der Ferienstrandclub-Anmeldung meinen Bruder in einer Liste abhakt, recke ich den Kopf in alle Richtungen und halte nach der neonorangefarbenen Badehose Ausschau. Ich kann ihn nirgends entdecken. Sollte das Glück heute auf meiner Seite sein?

»Suchst du jemanden?«

ER. War ja klar. Und wie bitte soll ich ihn in einer knallgrünen Badehose erkennen? »Nein, nein ... ich sehe nach meinem Bruder ... also ... ich ... hab dich nicht gleich erkannt.« Ich fühle, wie die Verlegenheit bis hinauf in meine Haarwurzeln kriecht. Hoffentlich verdeckt der Sonnenhut meine verräterische Gesichtsfarbe.

»Warte kurz. Ich habe etwas für dich. Eigentlich wollte ich es deinem Onkel geben, aber wo du schon mal hier bist.« Er läuft zum Einsatzzelt und kommt kurz darauf mit einem Foto in der Hand zurück. »Hier. Das kann ich eigentlich besser, aber vielleicht reicht es ja.« Er lächelt, streicht sich durch seinen schwarzen Lockenschopf und verschränkt die Arme vor der Brust. Über dem linken Auge hebt sich eine helle Narbe auf der sonnengebräunten Haut ab, verläuft quer über die linke Augenbraue bis zur Hälfte der Schläfe. Schnell schaue ich auf das Bild. Ein Mädchen in der Hocke auf dem Surfbrett, die Arme ausbalancierend in die Höhe gerissen, der Blick konzentriert auf die Welle gerichtet. So sehe ich aus? Was Flori wohl dazu sagen würde?

»Das ist großartig«, flüstere ich.

»Ich habe es halt drauf.« Adrien zieht die narbige Augenbraue hoch und grinst.

Das muss er vor dem Desaster fotografiert haben. Moment. Adrien hat Fotos von mir gemacht, bevor er von Chris dazu überhaupt beauftragt worden ist? Ein wenig kribbelt es tief in meinem Bauch. Dass Adrien mich VORHER fotografiert hat, hat nichts damit zu tun, dass ich ihm VORHER schon aufgefallen sein muss. Er fotografiert eben gern. Er hat zufällig am Strand gesessen, als die Surfschüler ihre Trainingssession gehabt haben. Oh Mann, wo soll ich nur hinschauen?

»Deine Nase sieht gar nicht mehr so schlimm aus. Bist du deshalb gestern so ausgerastet?« Er sieht mich neugierig an.

Wie peinlich! Am liebsten würde ich im Boden versinken. So etwas kann er doch nicht einfach geradeaus fragen?

»Ich hätte dir bestimmt ein paar schöne Bilder gemacht«, sagt er grinsend.

»Lassen wir das Thema lieber«, platzt es mir heraus. In mein gerade auf Normaltemperatur heruntergekühltes Gesicht schießt erneut die verräterische Röte. »Ich ... ich wollte eigentlich nur ein normales Handybild, damit ich es an ... jemanden verschicken kann.« Die Geschichte mit der Freundin glaubt mir sowieso keiner.

»An deinen Freund?«

»Hm«, murmle ich, schiele unter halb gesenkten Lidern hervor und schäme mich im selben Moment für diese Lüge. Kauft er mir das ab? Flori ist alles andere als mein Freund. Noch nicht. Vielleicht niemals.

»Gib mir doch deine Handynummer und ich schicke es dir.«

Ich schüttle den Kopf. »Nicht nötig, ich fotografiere es einfach ab.«

Er zuckt mit den Schultern. »Du kommst nicht aus Frankreich?«

»Hört man das etwa?«

Er stemmt die Arme in die Hüften, seine schwarzen Augen glitzern schelmisch im Sonnenlicht. »Chris ist Deutscher, du seine Nichte. Da habe ich eins und eins zusammengezählt. Außerdem habe ich dich gestern mit Chris auf Deutsch ... schimpfen hören.«

Ich lache. Oh, ich bin so wütend auf ihn gewesen, dass ich ins Deutsche gewechselt bin. Das passiert manchmal, so wie Papa im Unterricht ab und zu ins Französische wechselt, wenn ihm die Schüler auf die Nerven gehen. »Und ich hab schon befürchtet, du hast es an meinem schrecklichen Akzent erkannt. Mein Französisch ist prinzipiell großartig.« Warum sage ich das? Wie eingebildet.

»Min Deusch auch«, entgegnet er lachend und reicht mir die Hand. Eine Falte zwischen den Augenbrauen zeigt, wie angestrengt er nach passenden Vokabeln sucht. »Allo, isch eiße Adrien? Wieh gäht es dich? Isch abe sechzehn Jahre alt ...«

Sein Händedruck ist kräftig, die Haut rau. »Oha! Wir bleiben dann wohl besser bei Französisch.« Ich lache. »Ich bin Caro.«

»Nicht gut?«, sagt er wieder auf Französisch. »Hätte ich mal besser aufgepasst im Unterricht, was?« Er zeigt auf das Bild. »Du machst das super ... für einen Anfänger«, setzt er grinsend hinterher.

Frechheit! »Was soll das denn heißen?«

»Und wenn du bei den Snaps dein Gewicht noch mehr auf das hintere Bein verlagerst, wird deine Drehung radikaler.«

Ich verschränke die Arme vor der Brust. »Ach, das kannst du beurteilen?« Wo habe ich diesen Satz schon einmal gehört?

»Sicher. Ich habe mehr Groms* vom Board fallen sehen als du dir vorstellen kannst!«

»Hey, ich bin lange keine Anfängerin mehr! Ich muss nur erst wieder den richtigen Groove finden.«

»Weiß ich doch –« Ein Pfiff lässt Adrien herumwirbeln. Er zeigt auf die Kindergruppe mit den blauen Leibchen. »Ich muss los. Wir sehen uns!«

»Danke nochmal.«

Er winkt im Gehen.

Pah! Ich mach das gut - für einen Anfänger. Der spinnt ja wohl! Und wieso hat er mich fotografiert? Ein Grinsen stiehlt sich auf mein Gesicht und ich spiele die Unterhaltung von eben noch einmal gedanklich ab. Stopp. Denk an Flori. Blonder Kurzhaarschnitt, blaue Augen und ein Grübchen am Kinn, das sich vertieft, wenn er lacht. Ich lege das Foto auf die Betontreppe, knipse und drücke den grünen Knopf. Jetzt gibt es kein Zurück. Mein Bild ist auf dem Weg.

Ich: Auf einen Wettbewerb an der Atlantikküste vorbereiten - kann ich!

Ich: Gleiches Bild an Merle. Schau mal, , ich sehe doch aus wie aus dem Hochglanzsurferkatalog für daheimgebliebene Fernsehsportler.

Merle: Neeeee. Dafür hast du zu viel an. Cooles Bild übrigens.

Ich: Danke.

Merle: Was sagt Flori dazu?

Ich: Bisher noch nichts. Das dauert bei ihm. Was macht Tim? Seid ihr mittlerweile zusammen?

Merle: NEIN.

Ich: Warum nicht?

Merle: KP.

Ich: Er ist schwul. Eindeutig. Es kann keine andere Erklärung geben.

Merle: Doch. Er ist heute mit Lisa unterwegs.

Ich: NIEMALS.

Merle: Lisa hat keine Chance. Ich lasse ihr ein Date. Danach gehört er mir.

Ich: So kenne ich meine Merle! Schnapp ihn dir! Sry. Ich muss zum Training.

Merle: Gönn dir mal Urlaub!

Ich: Du kennst meinen hübschen Surflehrer nicht! Das ist fast wie Urlaub.

Merle: CARO. Mach keinen Mist.

Ich doch nicht. Die Begegnung mit Adrien und dieses seltsame Bauchgefühl beim Gedanken an ihn verschweige ich Merle lieber.

Ich: War auch nur ein Scherz. Der Surflehrer ist mein Onkel. Du glaubst auch alles ... ... Muss jetzt los. Die Wellen warten nicht. Die sind da und im nächsten Moment wieder fort.

Merle:

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