Читать книгу Sommer Roman-Paket Unterhaltungsromane und Erzählungen: In Paris und andernorts - Sandy Palmer - Страница 72
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Zum Jahreswechsel hatte Erich Gloger keinen Dienst. Freudestrahlend holte er Jutta Sibelius von der Bank ab und zeigte ihr Schlüssel, die ihm nicht gehörten.
»Die Schlüssel zum Paradies«, nannte er sie.
Jutta wollte wissen, wem sie gehörten.
»Einem Freund«, erzählte Erich grinsend. »Der Himmel möge ihn mir lange erhalten. Er ist nicht gerade arm. Sein Vater besitzt eine Glasfabrik. Der Familie gehört eine kleine Jagdhütte, die in letzter Zeit kaum noch benutzt wird. Der Vater hat keine Zeit, der Sohn fliegt lieber in den Sommer - und die Hütte steht leer.«
»Dann hat dir dein Freund also die Schlüssel zu dieser Jagdhütte überlassen«, meinte die junge Frau.
»Genauso ist es«, bestätigte Erich Gloger. »Wenn du möchtest, feiern wir dort Silvester. Wie würde dir das gefallen? Würdest du den Mut dazu aufbringen?«
»Wieso gehört Mut dazu?«, fragte sie lächelnd.
»Na hör mal, du wärst mit mir dort ganz allein«, antwortete er schmunzelnd.
»Muss ich Angst vor dir haben?«, fragte Jutta weiter.
»Ich weiß nicht«, antwortete Erich.
»Ich überlege es mir«, entgegnete die Frau.
»Aber nicht zu lange, sonst ist der Silvester vorbei.«
Eigentlich hatte sich Jutta schon entschieden. Sie würde mit Erich zu dieser Jagdhütte fahren und dort den schönsten Silvester ihres Lebens feiern.
Sie sagte nur deshalb nicht sofort ja, damit sich Erich nicht zu viel erwartete. Es sollte nicht so aussehen, als wäre sie ganz wild darauf, von ihm verführt zu werden.
Am einunddreißigsten Dezember brachen sie gleich nach dem Mittagessen auf. Sie fuhren mit Erichs Wagen, und sie hatten alles mit, was sie für die Feier brauchten - einschließlich guter Laune.
Sie sangen während der Fahrt und waren fröhlich. Nur einmal wurde Jutta ein wenig ernst. Erich fiel es auf, und er fragte sofort, was sie habe.
»Antje«, sagte Jutta traurig. »Sie sitzt allein zu Hause. Niemand wird mit ihr den Silvester verbringen.«.
»Sie will es nicht anders. Es gäbe bestimmt genug Leute, die mit ihr feiern würden«, entgegnete Erich.
»Mir kommt es so vor, als würde ich sie im Stich lassen«, meinte die junge Frau nachdenklich.
»Das darfst du nicht denken«, sagte Erich. »Das ist nicht wahr. Du kümmerst dich sehr viel um deine Freundin. Wenn sie wieder Tritt fassen möchte, muss sie selbst auch ein bisschen was dazu beitragen.«
Die Hütte war größer, als Jutta Sibelius sie sich vorgestellt hatte - ein hübsches Blockhaus aus Rundholz, mitten im Wald, auf einer idyllischen Lichtung.
Der Krankenpfleger war noch nie hier gewesen, das fiel Jutta auf. Er probierte die Schlüssel durch, bis er den richtigen gefunden hatte, mit dem sich das Türschloss aufschließen ließ.
Und drinnen wurde Jutta Sibelius noch mal überrascht. Sie hatte eine primitive Einrichtung erwartet, hatte angenommen, es würde nur das Allernötigste da sein, doch es gab Telefon und Fernsehen, Radio und HiFi-Turm, ein Schlafzimmer, ein Gästezimmer, im Wohnzimmer stand eine gemütliche Sitzgruppe vor dem offenen Kamin, der Holzboden war versiegelt und glänzte sauber, an den Wänden hingen die Haut einer Kuh und das Fell einer Bergziege.
»Gefällt es dir?«, fragte Erich.
»Es... ist ein Traum«, antwortete Jutta überwältigt. »Wie kann man so ein wunderschönes Haus einfach leerstehen lassen?«
»Sie stellen es Geschäftsfreunden zur Verfügung - und uns.« Erich Gloger nahm Jutta in die Arme und küsste sie. »Freut mich riesig, dass du mitgekommen bist.«
Sie schmunzelte. »Hätte ich dich hier allein Silvester feiern lassen sollen?«
»Wenn du anfängst, all das Zeug hereinzutragen, das sich im Kofferraum befindet, heize ich uns schön warm ein. Holz ist genug vorhanden. Angeblich ist dieser Kamin mit einer verborgenen Zentralheizung kombiniert, so dass es binnen kurzem in allen Räumen warm sein wird. Na, wir werden ja sehen.«
In einer Stunde war es in der ganzen Hütte wohlig warm. Die Bankangestellte trat ans Fenster und blickte verträumt hinaus. Einige wenige Schneeflocken tanzten in der Luft, aber es schneite nicht richtig.
Erich stellte sich hinter sie. Das Radio war an, leise Musik füllte den Raum. Erich umarmte Jutta.
»Stelle dir vor, es würde über Nacht so viel schneien, dass wir eingeschneit wären. Wir würden hier tagelang festsitzen, von der Umwelt abgeschnitten...«
»Du kleiner Romantiker«, unterbrach Jutta ihn amüsiert. »Du vergisst das Telefon. Ein Anruf würde genügen. Man würde uns mit einem Raupenfahrzeug abholen.«
»Und wenn das Telefon gestört wäre?«, fragte Erich Gloger schmunzelnd.
»Dann würde ich das Beste aus der Situation machen und den Zwangsurlaub genießen«, gab Jutta zur Antwort.
Sie aßen, tranken, tanzten. Die Zeit verging wie im Flug, und kurz vor Mitternacht schaltete Erich Gloger das Fernsehgerät ein, während Jutta die Sektflöten auf den Tisch stellte.
»Der Countdown läuft«, sagte Erich aufgekratzt.
Er nahm die Sektflasche in die Hand und öffnete den Drahtverschluss. Punkt Mitternacht sollte der Korken knallen. Erich zählte laut die Sekunden, und Jutta zählte übermütig mit.
»Sieben, sechs, fünf, vier, drei, zwei, eins - null!«
Es knallte, der Korken flog an die Decke, und schäumender Sekt stieg aus der Flasche. Der junge Mann füllte die Gläser, reichte eines davon Jutta, stieß mit ihr an, blickte ihr tief in die dunklen Augen und sagte voller Liebe: »Ich wünsche dir ein glückliches neues Jahr, Jutta. Mögen all deine Wünsche in Erfüllung gehen.«
»Dasselbe wünsche ich dir«, gab Jutta zurück.
Sie tranken, stellten die Gläser weg, umarmten und küssten sich voll inniger Zärtlichkeit. Sie tanzten, schwebten auf Wolken, und Jutta war unbeschreiblich glücklich.
Erich gestand ihr, dass er noch nie eine Frau so sehr geliebt habe, und dann nahm er sie bei der Hand und wollte sie ins Schlafzimmer führen.
Es wäre das erste Mal gewesen.
Noch nie hatte ihm Jutta ganz gehört. Sie blieb stehen, blickte ihn traurig an und sagte leise: »Ich bin noch nicht soweit, Erich. Bitte hab noch etwas Geduld mit mir.«
Vielleicht hätte er seinen Willen durchsetzen können, denn sehr standhaft war Jutta nicht mehr, aber es hätte ihrer Beziehung nicht gutgetan, und er war so einfühlsam, um das zu erkennen und gab ihrem Wunsch nach.