Читать книгу Der Riesen Arztroman Koffer Februar 2022: Arztroman Sammelband 12 Romane - Sandy Palmer - Страница 18
Оглавление6
Johanna Bachmeier hatte sich in der Tat schon Sorgen um die Freundin gemacht. Besonders deswegen, weil auf einmal entdeckt wurde, dass sie gar nicht mit ihrem Wagen fortgefahren war. Wie erleichtert war sie nun, als Lydia heil und munter vor ihr stand.
»Sehe ich wirklich so aus, dass mich jemand entführen würde, liebste Johanna?«
»Na, es sind schon ganz andere entführt worden!«
»Du, ich habe viel zu erzählen. Und, Johanna, ich glaube, es ist jetzt wirklich höchste Zeit, dass wir etwas tun.«
Johanna lief wie ein Hündchen hinter Lydia her und war natürlich schrecklich neugierig.
Putzmunter und wieselflink war Lydia plötzlich, obschon sie eigentlich Rheuma hatte. Aber der junge Doktor hatte wohl auch das in den Griff bekommen.
»Nun erzähl doch endlich, meine Liebe! Hat der Doktor wieder was damit zu tun?«
»Und ob! Darum geht es ja!«
Bei einer guten Tasse Tee erzählte Lydia nun von dem Unfall. Johanna war sehr erschrocken und bedauerte die arme Maria.
»Das muss furchtbar für sie gewesen sein!«
»Sicher, aber darum geht es ja jetzt gar nicht mehr. Das ist schon überstanden. Es geht jetzt um die Familie.«
»Wie? Will man Maria vielleicht verklagen?«
»Nein, jetzt haben sie den Mann als Patient auf dem Hals.«
Johanna hatte verstanden.
»Ach du Schreck!«
»Dr. Burgstein sagt, diesmal wird es nicht leicht sein, und ich hab richtig gespürt, dass er Angst vor dieser Einquartierung hat.«
»Wieso? Traut er sich nicht zu, ihn zu heilen? Das ist ja ganz was Neues.«
»Ach nein, das Bein wird schnell heilen, aber der Patient braucht einen Nervenarzt, sagte der Doktor mir. Wegen seiner Trunksucht. Der Doktor meint, er könne das nicht allein schaffen, und es würde eine sehr große Belastung für sein Personal.«
»Hast du ihm denn nicht gesagt, dass wir ihm tatkräftig helfen werden?«
»Sicher habe ich das! Aber was willst du dabei tun, Johanna?«
»Hmhm, das ist wirklich schwierig. Aber warte mal, wir haben ja noch den Rollstuhl!«
Lydia war verdutzt.
»Was willst du denn damit?«
Johanna, die reiche Witwe aus Hamburg, die sonst vor lauter Langeweile fast überall Schmerzen hatte, bekam jetzt blitzende Augen.
»Ich bin doch nicht von gestern, wenn ich vielleicht auch so aussehe, meine Liebe! Aber im Wald gibt es keinen Alkohol und dort kann man auch so laut schreien, wie man will.«
»Wie? Was?« Lydia verstand gar nichts.
»Nun, er ist doch im Augenblick mit dem Bein hilflos. Und das nutzen wir schamlos aus. Wir fahren ihn spazieren. Und wir stecken uns Watte in die Ohren, falls er toben sollte. Wir schieben ihn bis in den Wald und lassen ihn dort solange, bis er wieder zur Vernunft kommt.«
Lydia fing an zu kichern.
»Die Idee hätte ja von mir stammen können!«
»Ja, nicht? Ich mache mich, nicht wahr?«
Die zwei Damen blinzelten sich zu.
»Lydia, packen wir’s an, wir haben wieder ein Opfer!«
»Oh, du meine Güte!«
Sie lachten herzlich, doch dann wusste Lydia wieder, dass sie eigentlich etwas ganz anderes besprechen wollte.
»Wir müssen endlich mit dem Haus anfangen!«
»Du meinst, mit der Klinik?«
»Klinik ist so ein großes Wort. Nein, das klingt so überheblich. Unser Doktor ist zwar was ganz Besonderes, aber wir brauchen einen anderen Namen.«
»Sicher, sicher, aber wir müssen das erst mal in den Griff kriegen.«
»Eben!»
»Und wir kennen unseren lieben Doktor zu gut, um zu wissen, dass dies heimlich vor sich gehen muss.«
Johanna kam ins Schwärmen.
»Stell dir mal vor, da wären lauter Kranke, und wir könnten uns um sie kümmern!«
»Übernimm dich nicht!«
»Tu ich ehrlich nicht!«
»Was hat denn der Architekt gesagt?«
»Sobald er Zeit hat, will er kommen.«
»Oh, bevor ich es vergesse, Leonie Jäger hat angerufen. Ihr geht es prächtig!«
»Die Gute.«
»Sie will uns besuchen kommen.«
»Das ist aber hübsch. Und was hast du ihr gesagt?«
Johanna machte ein scheinheiliges Gesicht.
»Ich hab ihr gesagt, sie könne in dieser Woche ruhig mal kommen.«
»Johanna! Du hast doch nichts angezettelt?«
»Nein, ehrlich nicht! Aber als ich mit ihr sprach, fiel mir auf einmal ein, dass sie doch damals gesagt hatte, sie wolle dem Doktor eine Freude machen. Schließlich hatte er sie ja wieder gesund gemacht, und jetzt ist sie restlos glücklich. Tja, und da dachte ich ...«
»Was dachtest du?«
»Vielleicht wäre sie böse, wenn wir sie übergehen, liebe Lydia!«
»Übergehen?« '
»Nun, wenn wir nett zu Achim sein wollen, können wir sie doch einschließen.«
Jetzt hatte Lydia Winter endlich begriffen.
»Oh, du meine Güte!«
Johanna grinste.
»Fein, nicht?«
Lydia stand auf und ging auf die Terrasse.
»Meinst du, dass das Kutscherhaus uns genügen wird, meine Liebe?«
»Aber sicher! Das richten wir uns schon ein. Und dabei werden wir eine Menge Spaß haben, meine Liebe.«
»Es ist eigentlich ein Unrecht. Wir denken immer nur an uns.«
»Ach nein!«
Lydia drehte sich um.
»Aber wenn ich meine Villa ausräume und drüben einziehe, dann haben wir hier keine Möbel mehr.«
»Vergiss nicht meinen Hausrat in Hamburg. Wenn ich mein Haus verkaufe, haben wir genug.«
»Du willst tatsächlich?«
Johanna kicherte.
»Andere Leute vermachen nach ihrem Tode alles der Kirche. Was haben sie davon? Vielleicht ein paar Seelenmessen, mehr nicht. Ich will aber jetzt schon was davon haben und sehen, was daraus wird und meinen Spaß daran hatten. Ich habe keine Erben. Vergiss alle Vornehmheiten, Lydia, jetzt wollen wir richtig leben!«
»Ach, manchmal habe ich doch ein wenig Angst davor.«
»Nicht bange machen lassen, meine Liebe! Das schaffen wir schon! Und wir haben ja auch schon wieder ein Opfer, an dem wir üben können.«
»Der arme, junge Mann«, lachte Lydia.
»Er soll dankbar sein, dass wir uns so um ihn kümmern.«