Читать книгу Kein Sommernachtstraum - Sanne Prag - Страница 18

NACHMITTAG

Оглавление

Im Dorf gab es einen Drogeriemarkt oder etwas Ähnliches. Man konnte dort eine weite Auswahl an Kosmetik, Tischtüchern, Schuhbändern und Mottenfallen einkaufen und hatte einen Modus zwischen Selbstbedienung und Kundenbetreuung zur Verfügung. Der Chef stand an der Kasse, führte aber auch seine Kunden herum und beriet wie ein Museumswart, der seine kostbaren Sehenswürdigkeiten zur Schau stellte. Er war immer perfekt dunkel gekleidet mit wohlfrisierten silbergrauen Wellen am Kopf und sprach wie im Theater. Ezra hatte das Gefühl, dass der Laden recht gut funktionierte. Die Menschen kamen wohl von den umliegenden Dörfern und kauften dort gerne, was sie nicht selbst erzeugen konnten.

Als er durch die Türe eilte, stand sein Pärchen aus dem Hotel dort. Die Dame hatte einen unglaublich schicken gelb-schwarzen Hut auf und gelbe hohe Stöckelschuhe an. Sie war nicht ganz schlank, sah aber absolut interessant aus. Nur – warum sie diese Ausstattung in einem Waldgasthof trug, war nicht klar. Der zugehörige Partner war wie immer unwillig, - sein Schnurrbart gesträubt und gereizt abstehend, sein Körper in enges straffes Grau gezwängt, stand er zwei Meter hinter ihr wie ein Wachhund.

Ezra sah den Chef des Ladens herbeieilen. Er bremste sich elegant bei den beiden ein. Sie strahlte ihn an: „Wunderbar, dass sie uns helfen können. Ich weiß nicht, wo wir es finden.“ Sie sah den Ladeninhaber erwartungsvoll an.

Der wusste nicht so genau, was gewünscht war, und wartete ab.

Ezra bückte sich hinter einem Regal auf der Suche nach Duschgel und hatte überlegt, dass es vielleicht noch gut wäre, wenn er einige von den Handtüchern mitnehmen würde, zusätzlich. Natürlich hatte er schon einen Stoß besorgt, aber Handtücher konnte man nie genug haben… Da hörte er, wie sie sagte: „Naja, wir brauchen so ein Dingsda.“ Er lugte hinter der Ecke vor. Der Ladenbesitzer sah sich in der Rolle dessen, der auch ausgefallene Wünsche befriedigen könnte, wenn er nur wüsste welche. Seine Stirne zeigte es deutlich - er dachte angestrengt. Dann schien er eine Erleuchtung zu haben. „Selbstverständlich können wir auch damit dienen“, versicherte er. „Die sind nur in den hinteren Regalen – sie würden die nicht finden.“

Sie lächelte glücklich. Er verschwand und kehrte mit einer Reihe blau-schwarzer Packungen zurück. Aus eigener Erfahrung wusste Ezra, dass es Präservative waren. So wie er sein Pärchen kennengelernt hatte, war er nicht sicher, dass die gemeint gewesen waren.

Die Dame schaute die Packungen auch zweifelnd an. „Sind die nicht ein bisschen kurz? So kurze hab ich noch nie gesehen.“ Nach einigem Nachdenken fragte sie: „Und wie viele sind denn da drin?“

„Drei Stück pro Packung.“ Der Besitzer des Ladens war stolz auf sein Angebot.

Ihre natürliche Freundlichkeit verbot ihr, das Angebot schlecht zu machen, aber der Zweifel war deutlich. Eine Pattstellung war die Folge – eine Denkpause. Da sagte ihr Begleiter grimmig in die Stille „Zahnstocher“ – nur das eine Wort. Es schaffte Klarheit. Seine Stimme war sehr kratzig und ziemlich hoch, gepresst klang es unter dem Schnurrbart vor.

Ezra hatte ein schlechtes Gewissen – er hatte tatsächlich vergessen, Zahnstocher zu besorgen.

Während sich das in Nähe der Kassa abspielte, suchte Ezra die Zahnbürsten. Da sagte die hohe Männerstimme des gereizten Begleiters: „Die da haben wir beim Militär verwendet. Es ist eine Schande, dass man die jetzt in jedem Laden kaufen kann.“

Warum das eine Schande sein sollte? Der Mann schien der Meinung, dass es speziell zur Heeresausstattung gehörte und dort allein seinen Zweck zu erfüllen hatte. Aber eins war nun sicher – er kam vom Militär. War er doch dienstlich hier? Und sie Camouflage?

Ezra kaufte noch ein Geschenksäckchen, hübsch mit rosa Blumen und Silberflitter – es gab keine anderen – um die Zahnbürste und die anderen Notwendigkeiten hineinzutun.

Das Pärchen ging.

Der Ladeninhaber zählte sorgfältig das Rückgeld aus der Kassa. „Haben Sie den neuen Kreis schon gesehen?“, fragte er nebenbei. Ezra hatte keine Ahnung, um was es sich handeln könnte. Die Frage klang so selbstverständlich, als ob er es wissen müsste. „Oh, der Kreis“, sagte er daher und ließ alles offen.

Der Mann an der Kassa blickte verwundert auf. Schließlich meinte er: „Ich dachte, das alte Hotel ist deshalb wieder aufgemacht worden…“

„Weshalb?“

„Nun ja, wegen der Kreise…“ Stille. Ezra sah ihn erstaunt an. Kreise? Kreise, was verband er mit dem Begriff „Kreise“? Es war wohl nicht gelungen, die Unwissenheit zu verbergen. Der Ladenbesitzer erklärte schließlich: „Wir haben bunte Steinkreise hier, die nachts einfach entstehen. Ich dachte, ihr habt das Hotel adaptiert für den Alien-Tourismus.“

Ezra dachte fieberhaft. Hier war also ein Alien-Ressort. Auf die Idee wäre er nie gekommen, obwohl die Luftfahrzeuge durch seinen Hof schwirrten. Waren doch nicht die Jugendlichen mit ferngesteuerten Untertassen unterwegs? Ein Landeplatz für die aus der anderen Welt. Das war neu, aber anregend. Wäre es nicht eine gute Taktik, die Aliens und ihre Raumschiffe richtig einzusetzen? War das nicht eine Möglichkeit, das Hotel zu einem echten Hotel werden zu lassen? Auf diese Art verwunderte die Improvisation niemanden. Er würde ein Alienprogramm entwickeln und an der „Hotel-Rezeption“ bereithalten. Das eröffnete ungeahnte Möglichkeiten…

Dann eilte er im Laufschritt wieder zu seinem Auto.

Kein Sommernachtstraum

Подняться наверх