Читать книгу Liebe mit Nebenwirkungen - Sassika Büthe - Страница 3
Kapitel 1
ОглавлениеTina erwachte mit heftigen Kopfschmerzen. Langsam öffnete sie die Augen und musste erschrocken feststellen, dass die letzte Nacht nicht bloß ein Traum gewesen war. Sie lag tatsächlich nackt im Bett und es war ganz gewiss nicht ihr Bett, in dem sie sich befand. Es war auch nicht ihr Schlafzimmer oder ihr Haus. Sie befand sich in einem Hotelzimmer, um genau zu sein in dem Hotel, in dem sie arbeitete. Tina wusste auch genau in wessen Zimmer sie sich gerade befand und wer sich im angrenzenden Bad befand. Sie konnte deutlich die Dusche im Bad hören und begann sich zu fragen, ob sie sich nicht einfach heimlich aus dem Zimmer stehlen sollte. Doch das würde die Sache wohl auch nicht besser machen. Den peinlichen Moment, in dem sie Henry Janzen gegenübertreten musste, würde sie zweifelsohne über sich ergehen lassen müssen, denn sie arbeitete mit ihm zusammen in der Küche. Sie konnte also nicht einfach aus diesem Zimmer verschwinden, Henry nie wieder sehen und die letzte Nacht einfach vergessen. Wenn sie ehrlich war, wollte sie die letzte Nacht auch gar nicht vergessen. Denn auch wenn sie letzte Nacht etwas zu viel getrunken hatte, so konnte sie sich dennoch sehr gut an alles erinnern, auch daran, dass es verdammt gut gewesen war. Henry war gut gewesen und das machte es am allerschlimmsten. Es war nicht gerade so, dass sie Henry nicht mochte oder er unattraktiv war. In Wirklichkeit mochte sie Henry sogar sehr gerne und sie fand ihn auch mehr als nur attraktiv. Einige ihrer Kolleginnen waren zwar der Meinung, dass Stefan, der ebenfalls in der Küche dieses Hotels als Koch arbeitete, um einiges besser aussah. Doch Tina war nicht unbedingt gleicher Meinung gewesen, hatte ihre Einwände jedoch für sich behalten. Stefan war definitiv ein sehr attraktiver Mann mit honigblondem Haar und einem schönen Gesicht und er besaß zudem eine Menge an Charme. Sie mochte Stefan sehr gerne, doch sie fühlte sich nicht zu ihm hingezogen. Ganz anders war es ihr vom ersten Tag ergangen, an dem sie Henry zum ersten Mal begegnet war. Henry war viel mehr ihr Typ mit dunkelbraunem kurzem Haar und leuchtenden braunen Augen. Außerdem hatte er Sinn für Humor und sie waren von Anfang an auf gleicher Wellenlänge. Sie konnten über die gleichen Albernheiten lachen, wo manch einer ihrer Kollegen nur den Kopf geschüttelt hatte.
Henry war etwas größer als Stefan und sie hatte immer vermutet, dass sich unter seiner Kochuniform ein toller Körper verbarg und letzte Nacht hatte sich ihre Vermutung mehr als bestätigt. Es hatte ihr verdammt gut gefallen, ihn anzusehen und über seinen nackten harten Oberkörper zu streichen und seine warme Haut auf ihrer zu spüren. Fakt war, sie fühlte sich schon sehr zu Henry hingezogen.
Dennoch durfte es einfach nicht sein, so toll Henry auch war. Sie arbeitete Seite an Seite mit Henry zusammen in der Küche. Tina war nur eine einfache Küchenhilfe und Henry Koch. Doch er war auch der Neffe ihrer Chefin, Frau Janzen und die wäre alles andere als entzückt davon, wenn sie erfuhr, das ihre Angestellte sich nach Feierabend mit ihrem geliebten Neffen vergnügte. Sie mochte keine Liebeleien am Arbeitsplatz und auch Tina hielt davon im Allgemeinen überhaupt nichts. Sie brauchte diesen Job und wusste, was passieren konnte, wenn eine Beziehung schief ging. Sie selbst konnte da aus Erfahrung sprechen. Doch hatte sie mit Henry keine Beziehung, sondern es war lediglich ein One Night Stand, denn bis gestern Abend war zwischen ihnen nie etwas gewesen, außer dass sie zusammen arbeiteten und sich gut verstanden, auch wenn Tina sich vielleicht ein bisschen zu Henry hingezogen fühlte. Doch was das Letzte betraf, so hatte sie sich diese Gefühle immer verboten und sie wäre niemals auf die Idee gekommen, dass Henry sich ebenfalls zu ihr hingezogen fühlte. Denn so musste es wohl sein, andernfalls konnte sie sich die letzte Nacht nicht erklären. Was sie selbst betraf, so konnte sie vielleicht die Ausrede anwenden, dass es verdammt lange her war, dass sie zuletzt mit einem Mann zusammen gewesen war und sie deshalb einfach so, ohne lange nachzudenken, in Henrys Bett gelandet war. Sie konnte auch dem Wein die Schuld geben, den sie am Abend mit Henry getrunken hatte. Doch diese Ausrede schien ihr selbst ziemlich banal, da sie so betrunken nicht gewesen war, bestenfalls vielleicht angeheitert. Aber man musste wohl dem Ganzen die Schuld geben. Der ganze Abend, der so grässlich begonnen hatte, war schließlich so schön und entspannend geworden. Lange hatte sie schon keinen so netten Abend mehr, schon gar nicht mit einem Mann, der zudem noch äußert attraktiv war. Die meisten Abende verbrachte sie allein in ihrem Haus und fühlte sich oft sehr einsam. Auch gestern hatte sie nach Feierabend mit dem Bus zu ihrem Haus fahren wollen, in dem niemand auf sie wartete bis auf ihr Kater Spencer, der jedenfalls ein treues männliches Wesen in ihrem Leben war. Sie rekonstruierte noch einmal den gestrigen Tag.
Schon am Morgen lief alles schief. Es hatte den halben Vormittag wie aus Eimern geschüttet und ihren Dachboden unter Wasser gesetzt. Schon seit einigen Wochen hatte sie das Leck an einer Stelle ihres Daches entdeckt, wo Regenwasser eindrang. Zur Vorsorge hatte sie immer einen Eimer unter dem Leck stehen und von Zeit zu Zeit musste sie ihn ausleeren. Aber am gestrigen Morgen hatte sie die Eimer stündlich ausleeren müssen. Es wurde dringend Zeit, dass sie das Dach reparieren ließ. Es hatte dann schließlich noch rechtzeitig aufgehört zu regnen, als sie sich zur Arbeit aufmachte.
Doch ihr Tag schien auch dort nicht besser zu werden. Erst schnitt sie sich mit dem Messer in den Finger und wenig später musste sie mal wieder die Launen ihrer etwas schwierigen und leicht aufbrausenden Chefin ertragen. Tina kannte Frau Janzen jetzt schon seit ein paar Jahren und wusste, dass sie von Zeit zu Zeit Dampf an ihren Angestellten abließ. Doch wie man ein Geschäft zu führen hatte, wusste Frau Janzen sehr genau, das musste man ihr lassen. Sie verlangte viel von ihren Angestellten, es war eben ein ziemlich angesehenes Hotel und Restaurant an der deutschen Nordseeküste, das sie betrieb und es hatte durchaus seinen Grund, warum ihr Hotel so angesehen war. Sie legte großen Wert auf Ordentlichkeit, Teamfähigkeit und Engagement. Als Gegenleistung setzte sie viel Vertrauen in ihre Angestellten und die Bezahlung war zudem auch sehr gut.
Tina hatte also die Schimpftiraden über sich ergehen lassen und ihren Mund gehalten. Sie war nur froh, dass Frau Janzen die nächsten drei Wochen auf Geschäftsreise war und sie somit keine solcher Ausbrüche ihrer Chefin ertragen musste. Im Allgemeinen musste Tina zugeben, dass es sie selten traf. Frau Janzen war ansonsten immer recht zufrieden mit ihrer Arbeit und sie wusste, was Tina leistete.
Zum guten Schluss hatte sie dann noch ihren Bus verpasst, da Frau Janzen noch einen langen Vortrag gehalten hatte, da sie die nächsten Wochen nicht im Lande war. Frau Janzen war oft für einige Zeit beruflich unterwegs und es lief ansonsten immer alles glatt. Doch jedes Mal hielt sie aufs Neue ihre Rede und gerade am gestrigen Abend fiel diese dann auch noch besonders lang aus. Doch Tina hatte es nicht gewagt, ihren Mund aufzumachen, nachdem sie der schlechten Laune ihrer Chefin an diesem Tag bereits einmal ausgesetzt gewesen war. Danach war sie schnell zur Bushaltestelle gelaufen, doch der Busfahrer hatte direkt vor ihrer Nase die Türen geschlossen und war ohne sie davongefahren. Sie hatte noch eine Weile dem Bus fassungslos hinterher gestarrt und überlegt, wie sie nun nach Hause kommen sollte. Da es schon recht spät war, war es der letzte Bus, der in diese Richtung fuhr. Sie überlegte kurz, ob sie ihre Eltern anrufen sollte, damit sie Tina abholten konnten, verwarf diesen Gedanken jedoch wieder. Es war schon spät und ihre Eltern gingen meist früh ins Bett. Es blieb ihr wohl oder übel keine andere Wahl, als sich ein Taxi zu rufen. Doch als Tina in ihre Handtasche griff, musste sie zu allem Überfluss auch noch feststellen, dass sie ihr Handy zu Hause vergessen hatte.
„Verdammter Mist“, fluchte Tina. Hinter ihr hörte sie plötzlich ein leises Lachen und eine vertraute Stimme.
„Was ist los, hast du den Bus verpasst.“ Tina drehte sich um und sah in Henrys Gesicht. Ihr entging nicht, dass er sich köstlich über sie amüsierte und er grinste sie frech an. Tina musste ebenfalls lächeln, auch wenn ihr jetzt gerade nicht danach zumute war. Aber sein Lächeln war ansteckend.
„Das ist nicht lustig, das war der letzte Bus für heute Abend. Der nächste fährt erst morgen früh.“
„Zu dumm. Ich würde dich ja gerne nach Hause fahren, aber mein Wagen ist gerade in der Werkstatt.“
„Tja, das passt zu meinem heutigen Tag. Trotzdem danke. Du hast nicht zufällig ein Handy dabei, damit ich mir ein Taxi rufen kann, oder?“
„Nein, aber ich habe ein Telefon in meinem Zimmer“, grinste Henry. Tina lächelte unwillkürlich zurück. Sie liebte die Wortspielchen mit Henry, zudem schaffte er es fast jedes Mal sie aufzuheitern. Sie spielte also sein Spiel mit.
„Ach wirklich?“
„Mmh… ja.“
„Ist ja echt ein starkes Stück, dass du tatsächlich ein Telefon in deinem Zimmer hast. Meinst du, ich könnte es vielleicht kurz benutzen?“
„Ach, ich weiß nicht, da muss ich erst mal überlegen... ähm nein.“
Tina lachte auf beim Anblick seines ernsten Blicks, auch wenn sie sah, dass seine Mundwinkel verdächtig zuckten.
„Blödmann, nun komm schon, ich kann schließlich nicht hier auf der Straße schlafen.“
Henry überlegte kurz übertrieben angestrengt.
„Na gut, aber später. Zuerst gehen wir noch etwas trinken.“
Damit hatte er Tina dann doch tatsächlich überrascht. Das Späße machen kannte sie von ihm, doch es schien ihm ernst zu sein. Tina war sich nicht sicher und sie wollte eigentlich lieber nach Hause.
„Ich weiß nicht Henry, ich möchte eigentlich gerne nach Hause.“
„Ach komm schon Tina. Seien wir doch mal ehrlich, es wartet niemand auf uns und ich bin es leid, ständig allein in meinem Zimmer zu sitzen und durch die Fernsehkanäle zu zappen. Lass uns kurz ein Glas Wein zusammen trinken und dann rufen wir dir ein Taxi.“
Tina ließ sich erweichen. Schließlich hatte er ja auch Recht. Es wartete niemand auf sie beide. Tina hatte natürlich noch ihre Familie und Freunde, doch sie wusste, dass Henry hier niemanden kannte. Er kam nicht von hier. Seine Familie und Freunde lebten weit fort in Österreich, wo genau wusste Tina nicht. Außerdem war er auch gerade erst ein halbes Jahr hier und hatte somit noch nicht sehr viel Zeit gehabt, um hier Freundschaften zu knüpfen.
„Na gut, aber nur ein Drink.“
„Natürlich und dann rufen wir dir ein Taxi.“
Sie gingen in ein nähergelegenes Lokal und setzten sich an einen kleinen Tisch in einer ruhigen Ecke. Sie hatten natürlich nicht nur ein Glas Wein getrunken, es waren am Ende etwas mehr geworden, doch Tina hatte den Abend sehr genossen. Sie hatten beide kaum über sich selbst gesprochen, sondern die meiste Zeit über die Arbeit und einfach so herumgealbert. Vor allem hatten sie viel gelacht, Tina wusste im Nachhinein gar nicht mehr so genau, worüber eigentlich, doch so viel wie an diesem Abend, hatten sie überhaupt noch nicht miteinander gesprochen.
Schließlich hatten sie das Lokal wieder verlassen und waren zum Hotel, in dem Henry zur Zeit noch ein Zimmer bewohnte, zurückgeschlendert. Sie waren durch den Hintereingang hinauf zu Henrys Zimmer gegangen und nachdem Tina sein Zimmer betrat, sah sie sich erst einmal um. Sie war noch nie hier oben in seinem Zimmer gewesen. Sie kannte wohl die Zimmer des Hotels, doch sie hatte vermutet, dass dieses Zimmer weniger wie ein Hotelzimmer aussehen würde, als die üblichen Zimmer, welche für die Hotelbesucher zur Verfügung standen. Aber im Großen und Ganzen unterschied es sich nicht von den üblichen Zimmern. Es waren kaum persönliche Gegenstände zu sehen und Tina fragte sich, wie er so lange in so einem Zimmer wohnen konnte. Warum suchte er sich nicht eine Wohnung, er war nun schließlich bereits seit einem halben Jahr hier. Plötzlich stand Henry dicht hinter ihr. Sie zuckte zusammen und drehte sich erschrocken zu ihm um. Dabei stießen sie zusammen und sie standen sich mit einem Mal furchtbar nah. Ihre Körper berührten sich leicht und sein Gesicht war dem ihren ebenfalls ziemlich nah. Henry hielt die Hand hoch und streckte ihr sein Telefon entgegen.
„Hier, das Telefon“, sagte er nur.
„Äh, danke“, stammelte sie und nahm ihm das Telefon aus der Hand. Dabei berührten sich ihre Hände und Tina sah wieder auf. Wieder begegnete sich ihre Blicke und im nächsten Moment spürte sie seine Lippen auf ihren. Tina erwiderte seinen Kuss zunächst zaghaft, doch im nächsten Moment vergaß sie ihre guten Vorsätze, nichts mit einem Kollegen anzufangen. Henrys Zunge schob sich durch ihre leicht geöffneten Lippen. Er schmeckte nach Wein und mehr und sie erwiderte seinen leidenschaftlichen Kuss. Henry nahm ihr das Telefon aus der Hand und schmiss es aufs Sofa. Dann umfasste er ihre Taille und zog sie näher zu sich heran. Tina legte ihm ihre Hände um den Nacken und fuhr mit den Fingern durch sein Haar. Für einen kurzen Augenblick war Tina der Gedanke gekommen, sich zurückzuziehen und nach Hause zu fahren, doch in dem Augenblick als Henrys Hand ihren Busen durch den dünnen Stoff ihrer Bluse streichelte, vergaß sie den Gedanken augenblicklich und gab sich Henry und dem Augenblick hin. Wenige Augenblicke später hatten sie sich ihre Klamotten vom Leib gerissen und waren auf Henrys Bett gelandet und hatten sich geliebt. Anschließend waren sie eng aneinandergekuschelt eingeschlafen. Sie hatten nicht viel geredet, sondern einfach nur den warmen Körper des anderen genossen.