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Kapitel 3

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Auch den restlichen Tag über musste sie ständig an Henry denken und auch wenn sie es nicht gerne zugab, so musste sie sich eingestehen, dass sie doch etwas enttäuscht über Henrys Reaktion war oder besser gesagt seine nicht vorhandene Reaktion. Sie spielte sogar mit dem Gedanken Henry einfach anzurufen, verwarf den Gedanken jedoch sofort wieder. Zum einen wollte sie ihn nicht nerven und wie eine Glucke hinterher telefonieren und zum anderen war Tina sich nicht sicher, ob Henry womöglich noch arbeitete. Mitunter konnten die Spätschichten ziemlich spät werden. Im Übrigen hätte Tina auch gar nicht gewusst, was sie hätte sagen sollen. Sie widerstand den Drang und ließ es also bleiben ihn anzurufen. Tina war nur froh, dass morgen ihr freier Tag war und sie Henry nicht so schnell wieder begegnen musste und erst einmal einen klaren Kopf kriegen konnte.

Es war bereits dreiundzwanzig Uhr, als plötzlich ihr Telefon klingelte. Tina, die auf ihrer Couch vor dem Fernseher eingeschlummert war, schrak überrascht auf. Ihr Kater Spencer hatte eben noch seelenruhig auf ihren Beinen geschlafen und suchte nun verschreckt das Weite. Tina sah auf ihre Uhr und begann augenblicklich sich Sorgen zu machen. Um diese Uhrzeit rief sonst niemand mehr an. Sie nahm den Telefonhörer zur Hand und sah auf das Display, doch die Telefonnummer, die dort stand, konnte Tina nicht einordnen.

„Hallo“, sagte sie zaghaft in den Hörer.

„Hallo, hier ist Henry“, kam es ebenso zaghaft von der anderen Seite. Tina war augenblicklich hellwach, sagte jedoch kein Wort.

„Tina? Bist du noch da?“

„Äh… ja. Was ist los?“

„Ich… ich weiß auch nicht. Ich meine, vielleicht sollten wir reden, oder?“

„Mhm… da hast du wohl Recht.“

„Hast du jetzt Zeit oder warst du schon im Bett.“

„Nein im Bett war ich noch nicht und ja ich hätte jetzt Zeit.“

„Ehrlich? Okay, wo treffen wir uns?“ Tina überlegte kurz, doch wenn sie jetzt noch mit dem Bus in die Stadt fuhr, würde sie wieder einmal auf ein Taxi angewiesen sein, um nach Hause zu kommen. Deshalb sagte sie:

„Warum kommst du nicht einfach zu mir… ich meine dein Auto ist doch wieder aus der Werkstatt, oder?“

„Ja, ich habe ihn wieder und ich komme gerne, wenn es für dich wirklich in Ordnung ist.“

„Ja. Weißt du, wo ich wohne?“

„Nein nicht genau. Sag mir noch einmal die Straße und dann mache ich mich sofort auf den Weg.“

Tina nannte Henry ihre Adresse und gab noch eine kurze Wegbeschreibung dazu, da sie in einem recht kleinen Dorf wohnte und Henry sich hier nicht allzu gut auskannte. Nachdem sie sich verabschiedet hatten, begann Tinas Herz augenblicklich wieder wie verrückt zu schlagen. Sie sah an sich herunter und musste erschrocken feststellen, dass sie ihre Schlapperjogginghose und ein verwaschendes graues T-Shirt trug. Was Henry ihr auch immer zu sagen hatte, so in diesem Aufzug wollte sie ihn beim besten Willen nicht empfangen. Tina rannte nach oben in ihr Schlafzimmer und tauschte ihre Jogginghose in eine Jeans und ihr graues T-Shirt in ein rosafarbenes eng anliegendes T-Shirt mit V-Ausschnitt.

Zwanzig Minuten später klingelte es bereits an der Haustür und Tina rannte die Treppe hinunter. Bevor sie die Tür öffnete, warf sie noch einen kurzen Blick in den Spiegel und fuhr sich mit Hand kurz durchs Haar.

Dann öffnete sie die Tür und Henry stand vor ihr und der erste Gedanke, der ihr durch den Kopf ging, war: „Gott sieht er gut aus.“ War ihr vorher eigentlich je aufgefallen, wie gut er wirklich aussah? Er trug eine lässige ausgewaschene blaue Jeans und ein schlichtes weißes T-Shirt. Sein Haar hing ihm zerzaust in die Stirn und um die Augen herum sah er müde aus. Dennoch hatte Tina einige Schwierigkeiten ihren Blick von ihm abzuwenden.

„War es ein langer Abend heute? Du siehst ein wenig müde aus.“

„Ja, war viel zu tun heute. Darf ich reinkommen?“

„Äh, klar… natürlich. Komm rein. Entschuldige.“

Tina ging zur Seite und ließ ihn eintreten. Henry wirkte in ihrem kleinen engen Flur riesig und Tina dirigierte ihn in ihr Wohnzimmer.

„Möchtest du ein Glas Wein oder vielleicht etwas anderes.“

„Ein Glas Wein ist okay, vielen Dank.“ Tina ging in ihre Küche und kam wenige Augenblicke mit zwei Gläsern Wein zurück. Sie trat zu Henry heran und überreichte ihm sein Glas.

„Danke“, sagte er und lächelte sie an, wobei Tinas Knie augenblicklich weich wurden. Warum war das auf einem Mal so? Vor letzter Nacht war es ihr noch nicht so ergangen. Oder hatte sie es nur bis jetzt noch nicht wahrgenommen? Sie führten beide gleichzeitig ihr Glas an ihre Lippen. Henry nahm einen kleinen Schluck Wein, Tina leerte das halbe Glas in einem Zug. Gott, warum war sie nur plötzlich so nervös.

Henry sah sich in ihrem Wohnzimmer um. Ihr Wohnzimmer war von allen Räumen das größte Zimmer. Tina liebte dieses Zimmer und es strahlte eine ganz besondere Gemütlichkeit aus mit ihren alten antiken Möbeln und dem besonders schönen alten Parkett. Ein großer Esstisch stand vor der großen Fensterfront, wo man in ihren großen und ebenfalls gemütlichen Garten sehen konnte. Im Augenblick war es aber draußen viel zu dunkel, um irgendetwas erkennen zu können.

„Hier wohnst du also?“

„Ja“, sagte Tina und sie sah Henry lächelnd an. Henry erwiderte ihr Lächeln und kam ein Schritt auf Tina zu. Für Tinas Begriff stand er ihr nun viel zu nah, doch er sah sie weiter an und es war ihr nicht möglich seinem Blick zu entkommen. Langsam beugte Henry sich zu ihr herüber und gab ihr einen sanften Kuss auf die Lippen. Tina schloss die Augen und erwiderte seinen Kuss zaghaft. Henry zog sich ein wenig zurück und Tina öffnete sofort wieder ihre Augen. Doch Henry hatte nicht vor aufzuhören, wie sie vermutet hatte. Stattdessen nahm er ihr Glas aus der Hand und stellte beide Gläser auf den Couchtisch, der neben ihnen stand. Dann kam er wieder näher und schlang seinen rechten Arm um ihre Taille. Henry zog sie näher an sich heran und im selben Augenblick umschloss sein Mund wieder den ihren, dieses Mal viel inniger und hungriger. Soviel zum „wir müssen miteinander reden“. Dazu würde es dann wohl heute nicht mehr kommen, dachte Tina.

Damit hatte sie auch richtig gedacht. Während sie sich gegenseitig die Klamotten vom Leib rissen, bugsierte Tina ihn langsam nach oben. Als sie ihr Schlafzimmer erreicht hatten, waren bereits beide nackt.

Plötzlich stoppte Henry bevor sie ihn mit sich auf ihr Bett ziehen konnte. Er machte sich von ihr los und murmelte in ihr Ohr:

„Warte. Lauf nicht weg. Bin gleich zurück.“

Tina sah ihm verwirrt hinterher und sie hörte ihn die Treppe hinunterlaufen. Wenig später war er jedoch wieder bei ihr und hielt strahlend eine Kondompackung in die Höhe. Daran hatte Tina gar nicht gedacht, und wenn Henry letzte Nacht nicht so umsichtig gewesen wäre und noch in letzter Minute daran gedacht hätte, ein Kondom zu benutzen, hätte sie es wohl auch schon letzte Nacht vergessen. Was war bloß mit ihr los? Sie war ansonsten immer absolut vorsichtig gewesen und hatte immer penetrant darauf geachtet, keinen ungeschützten Sex zu haben. Bei Henry schien sie es einfach zu vergessen.

Nachdem Henry sich ein Kondom übergestreift hatte kam er endlich zu ihr ins Bett und sie liebten sich wie schon am Tag zuvor. Doch dieses Mal war es fast noch schöner, da sie sich mit ihrem Liebesspiel viel mehr Zeit ließen und den Augenblick voll auskosteten bis sie schließlich gemeinsam den Höhepunkt erreichten.

Sie liebten sich in dieser Nacht noch ein zweites Mal bis sie schließlich erschöpft und müde aneinandergekuschelt einschliefen. Geredet hatten sie natürlich nicht. Aber es war im Augenblick auch unwichtig. Es war beiden schnell klar geworden, dass es nicht bloß ein One Night Stand bleiben sollte und worauf die ganze Geschichte hinaus laufen würde, konnte noch niemand von beiden beantworten. Tina genoss im Augenblick einfach Henrys Nähe und das Wissen nicht allein in ihrem Bett zu schlafen. Jetzt, wo sie ihre guten Vorsätze, nichts mit Arbeitskollegen anzufangen, bereits gebrochen hatte, war es ohnehin egal.

Liebe mit Nebenwirkungen

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