Читать книгу Wir kamen mit der Mayflower - S.C. Bauer - Страница 11

Oceanus

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Der Sturm hat ein we­nig nach­ge­las­sen. Die See ist zwar noch im­mer auf­ge­wühlt, aber wir sind schon über klei­ne Er­leich­te­run­gen froh. So gut es geht ha­ben wir das Chaos, das der Sturm ver­ur­sacht hat, be­sei­tigt, aber Schmutz, Übel­keit und Näs­se ma­chen uns wei­ter­hin das Le­ben schwer. Ich fin­de den­noch Zeit, mir den Kopf über Cap­tain Stand­ish zu zer­bre­chen.

Unse­re Be­geg­nung wäh­rend des Stur­mes taucht im­mer wie­der vor mei­nem geis­ti­gen Au­ge auf. Er war so für­sorg­lich und lie­be­voll zu mir. Ich ha­be mich in sei­nen Ar­men so wohl ge­fühlt. Wär­me brei­tet sich in mir aus, wenn ich mir die Er­in­ne­rung da­ran ins Ge­dächt­nis zu­rück­ru­fe. Soll ich das nie mehr er­le­ben dür­fen? – fra­ge ich mich.

Doch die Ant­wort ist im­mer wie­der die­sel­be. Er ist ver­hei­ra­tet. Es gibt eine Frau an sei­ner Sei­te, die ein Recht auf sei­ne Lie­be hat. Ich darf ihr das nicht strei­tig ma­chen. Den­noch krei­sen mei­ne Ge­dan­ken im­mer wie­der um ihn und unse­re Be­geg­nung.

Fern von mei­nen Tag­träu­men ist unse­re La­ge er­bärm­lich. Lang­sam wird das Trink­was­ser knapp und schmeckt bra­ckig und das Bier geht zur Nei­ge. Die täg­li­chen Es­sens­ra­tio­nen wer­den spär­li­cher und unse­re Nah­rungs­mit­tel sind in ekel­er­re­gen­dem Zu­stand. Der Zwie­back ist durch­weicht und von den Rat­ten an­ge­fres­sen, das Fleisch zum Teil schim­me­lig und in den Boh­nen und Erb­sen wim­melt es vor fet­ten Ma­den.

Vie­le von uns füh­len sich krank und elend.

Von Pe­ter er­fah­re ich dass einer der Mat­ro­sen, an einer schreck­li­chen Krank­heit lei­det. Er spuckt Blut und an sei­nen Bei­nen ha­ben sich Ge­schwü­re ge­bil­det, die sich nun ent­zün­det ha­ben und voll von Wür­mern sind. Bei dem See­mann han­delt es sich aus­ge­rech­net um den­je­ni­gen, der uns stets so grau­sam ver­höhnt hat und uns den Tod wünsch­te.

Es geht ihm sehr schlecht und er stirbt ei­ni­ge Ta­ge spä­ter unter gro­ßen Qua­len.

»Der Herr ist ge­recht«, urteilt mei­ne Mut­ter mit aus­drucks­lo­ser Mie­ne. Ich bin der Mei­nung, dass nie­mand solch einen Tod ver­dient hat.

Eines Nachts, als wir end­lich die not­wen­di­ge Ru­he fin­den, die unse­re er­schöpf­ten Kör­per so drin­gend brau­chen, weckt mich mei­ne Mut­ter, in­dem sie an mei­ner Schul­ter rüt­telt. »Schnell steh auf, bei Mrs. Hop­kins ist es so­weit. Das Kind kommt.«

Ich bin schlag­artig hell­wach und fol­ge mei­ner Mut­ter zum La­ger der Hop­kins. Eli­za­beth liegt stöh­nend auf ihrem nas­sen Stroh­sack und das dunk­le Haar klebt ihr in feuch­ten Sträh­nen um das Ge­sicht.

»Geh und setz hei­ßes Was­ser auf, Pri­scil­la«, weist mich mei­ne Mut­ter an.

Ich bin froh, et­was tun zu kön­nen, und ho­le den Kes­sel. Es ist nicht das ers­te Mal, dass ich bei einer Ge­burt da­bei bin. Als mei­ne äl­tere Schwes­ter vor ein paar Jah­ren ihren Sohn zur Welt ge­bracht hat, ha­be ich ihr mit mei­ner Mut­ter da­bei ge­hol­fen.

Ich weiß, dass es haupt­säch­lich eine elen­de War­te­rei ist, bei der man nicht viel tun kann, außer der Ge­bä­ren­den Mut zu­zu­spre­chen, ihr die Hand zu hal­ten und den Schweiß von der Stirn zu wi­schen.

Ich ge­he zu den Was­ser­ton­nen, die sich am an­de­ren En­de des Zwi­schen­decks in einer Art Ver­schlag be­fin­den. Als ich be­gin­ne Trink­was­ser in den Kes­sel zu schöp­fen, re­agie­ren ei­ni­ge Leu­te vol­ler Un­mut. »Reicht es nicht, wenn ihr für das Kind Meer­was­ser ver­wen­det? Uns wird das Was­ser knapp und wir ha­ben kei­ne Lust zu ver­durs­ten«, macht ein jun­ger Mann sei­nem Un­mut Luft.

Ich den­ke, dass er einer der Die­ner der Wins­lows ist, aber sein Na­me fällt mir nicht gleich ein. Die Die­ner und Lehr­lin­ge der Fa­mi­lien spie­len sich ger­ne auf. Je­der meint, dass sein Herr der Be­deu­tends­te ist, und ver­sucht sich vor den an­de­ren Res­pekt zu ver­schaf­fen. Unser Lehr­ling Ro­bert Car­ter ist da kei­ne Aus­nah­me.

»George, lass Miss Mul­lins tun, was sie zu tun wünscht«.

Ich wen­de mich um und hin­ter mir steht Mr. Winslow. Wie ich ver­mu­tet ha­be, ist der jun­ge Mann einer sei­ner Die­ner. George Sou­le, wie mir jetzt wie­der ein­fällt.

Ed­ward Wins­lows blaue Au­gen bli­cken kalt aus sei­nem erns­ten Ge­sicht. Ich kann mich für die­sen Men­schen ein­fach nicht er­wär­men. Trotz­dem dan­ke ich ihm höf­lich für sei­ne Unter­stüt­zung.

Ich be­ei­le mich, zu­rück­zu­kom­men zu Eli­za­beth und un­ge­schickt wie ich bin, stol­pe­re ich, so­dass mir fast der Kes­sel mit dem Was­ser aus der Hand fällt. Ich spü­re, wie je­mand neben mir nach dem Kes­sel greift und ihn stützt, dass er nicht über­schwappt, und hö­re ein lei­ses La­chen. Als ich auf­bli­cke, steht groß, blond und gut aus­se­hend John Al­den neben mir.

»Of­fen­bar bin ich eu­er Ret­ter in der Not, Miss Mul­lins«, grinst er mich an.

Ich muss eben­falls lä­cheln. »Ja, es sieht so aus, als wä­re das eu­re ein­zi­ge Auf­ga­be«, ge­be ich scherz­haft zu­rück.

Es hat sich he­rum­ge­spro­chen, dass er wäh­rend des Stur­mes wah­ren Hel­den­mut be­wie­sen hat und es war zum Teil sein Ver­dienst, dass der Mast mit dem Sprieß be­fes­tigt wer­den konn­te, wo­bei er sich an dem schar­fem Eisen die Hän­de blu­tig ge­ris­sen hat.

Sein Lä­cheln wird brei­ter. »Darf ich euch be­hilf­lich sein?«

Er will schon nach dem Kes­sel grei­fen, aber ich weh­re ab.

»Dan­ke. Ich glau­be, ich schaf­fe den Rest al­lei­ne.«

Er nickt mir zu und ich ge­he zu­rück zu Mrs. Hop­kins und ach­te, wo ich hin­tre­te.

»Wo bleibst du nur? Man könn­te mei­nen, die May­flo­wer wä­re eine Stadt und du hät­test dich da­rin ver­lau­fen«, fährt mei­ne Mut­ter mich un­ge­dul­dig an. Sie ist ge­reiz­ter seit dem Sturm und wirkt we­ni­ger zu­ver­sicht­lich als für ge­wöhn­lich. Ich wüss­te zu ger­ne, was sie wirk­lich denkt, aber es ist sinn­los sie da­nach zu fra­gen. Sie wird mir nie­mals ein­ge­ste­hen, was in ihrem Kopf vor­geht.

Die Stun­den zie­hen sich da­hin und mei­ne An­sicht, dass eine Ge­burt eine lang­wei­li­ge Sa­che ist, be­stä­tigt sich. Cons­tan­ce ist da­mit be­schäf­tigt sich um ihren jün­ge­ren Bru­der und um die klei­ne Da­ma­ris zu küm­mern. Sie hat da­mit al­le Hän­de voll zu tun, weil ihre Schwes­ter fieb­rig er­käl­tet ist und dau­ernd quen­gelt und um Auf­merk­sam­keit bet­telt. Ich ver­su­che, ihr zu hel­fen, und wechs­le mich mit ihr ab, Da­ma­ris in den Ar­men zu schau­keln und bei Lau­ne zu hal­ten.

Im Mor­gen­grau­en bie­te ich an, für unse­re Fa­mi­lie und die Fa­mi­lie Hop­kins Früh­stück zu ma­chen, da Cons­tan­ce un­mög­lich auch noch das be­wäl­ti­gen kann. Mei­ne Mut­ter ist ein­ver­stan­den, zu­mal Sa­rah Ea­ton ge­kom­men ist, um Eli­za­beth bei der Ge­burt zu unter­stüt­zen. Ich ge­he zu den Koh­le­pfan­nen, wo be­reits ei­ni­ge Frau­en da­rauf war­ten, ihr Früh­stück zu ko­chen. Su­san­nah ist da und unter­hält sich mit einer Frau, die eben­falls schwan­ger ist.

Lä­chelnd winkt sie mich zu sich.

»Gu­ten Mor­gen! Kennst du schon Mrs. Aller­ton? Ma­ry, das ist Pri­scil­la Mul­lins, von den Lon­do­ner Kauf­leu­ten. Ihr Va­ter ist der Schuh­macher Wil­liam Mul­lins«, stellt sie uns ei­nan­der vor.

Die Aller­tons sind ein ähn­lich ver­zweig­ter Fa­mi­lien­ver­band, wie die Whi­tes und Ful­lers. Isaac Aller­ton, der ein tüch­ti­ger Kauf­mann ist, hat neben sei­ner Frau Ma­ry, sei­ne drei Kin­der, sei­nen Schwa­ger De­go­ry Priest und einen Lehr­ling John Hook, bei sich. Ein ent­fern­ter Ver­wand­ter von ih­nen, John Aller­ton dient in der Mann­schaft, da­her sind die Aller­tons nicht so sehr den Feind­se­lig­kei­ten der Be­sat­zung aus­ge­setzt, wie wir an­de­ren.

Mrs. Aller­ton lä­chelt mich freund­lich an. Auch ihre Schwan­ger­schaft ist be­reits weit fort­ge­schrit­ten. Sie ist in Mrs. Hop­kins Al­ter, sieht aber äl­ter aus, weil sie blass ist und er­schöpft wirkt. Unter ihren Au­gen lie­gen dunk­le Rin­ge. Sie er­war­tet be­reits ihr vier­t­es Kind. Ihre klei­nen Töch­ter und ihr Sohn hal­ten sie auf Trab und das Kind in ihrem Bauch macht ihr zu­sätz­lich zu schaf­fen.

Ich er­wi­de­re ihr freund­li­ches Lä­cheln und ni­cke ihr zu.

Su­san­nah fragt mich nach Mrs. Hop­kins. »Wie geht es vo­ran, mit dem Kind?«

Ich zu­cke die Ach­seln. »Ach weißt du, wie im­mer. Ster­bens­lang­wei­lig und dann gro­ße Hek­tik.«

Su­san­nah und Ma­ry Aller­ton se­hen sich viel­sa­gend an und be­gin­nen dann bei­de zu la­chen.

»Oh war­te nur Pri­scil­la, bis du selbst Mut­ter wirst. Ich ver­spre­che dir, es ist al­les an­de­re als lang­wei­lig«, amü­siert sich Su­san­nah über mei­ne Un­erfah­ren­heit.

Ich ver­ste­he zwar nicht ge­nau, was sie meint, aber ich stim­me fröh­lich in ihr La­chen ein.

Mrs. Aller­tons Es­sen ist fer­tig ge­kocht und sie nimmt den Topf von der Koh­len­pfan­ne und ver­ab­schie­det sich.

Ich hel­fe Su­san­nah da­bei die Rü­ben und den Speck für ihre Sup­pe zu schnei­den, als mein Blick plötz­lich auf eine ver­trau­te Per­son fällt. Un­weit von uns steht Cap­tain Stand­ish mit sei­ner Frau Ro­se. Sie schaut ihn wild an und re­det ges­ti­ku­lie­rend auf ihn ein. Er macht da­bei eine ver­drieß­li­che Mie­ne, hält den Kopf ge­senkt und at­met schwer.

Ich kann die Au­gen nicht ab­wen­den von der Sze­ne. Su­san­nah folgt mei­nem Blick und stößt einen Seuf­zer des Über­drus­ses aus.

»Pri­scil­la, gibt es kei­ne an­de­ren Män­ner?« Sie deu­tet ver­stoh­len mit dem Fin­ger auf ver­schie­de­ne Per­so­nen. »Siehst du den? Das ist Gil­bert Winslow, der smar­te Bru­der von Ed­ward Winslow. Oder den dort? So­lo­mon Pro­wer, der Stief­sohn von Mr. Mar­tin. Gut aus­se­hend und reich. Ich könn­te dir noch mehr jun­ge Män­ner auf­zäh­len. Al­le un­ver­hei­ra­tet und in dei­nem Al­ter. John How­land, John Long­mo­re, George Sou­le, Ed­ward Leis­ter und so wei­ter.«

Sie hat sich rich­tig in Fahrt ge­re­det.

Ich war­te ab, bis sie mit ihrer Auf­zäh­lung fer­tig ist. »Gil­bert Winslow ist ein eben­so kal­ter Fisch, wie sein Bru­der. Der jun­ge Pro­wer ist so ar­ro­gant, wie un­fä­hig, ein ver­wöhn­ter bla­sier­ter Lack­af­fe und die an­de­ren sind Die­ner, die selbst von der Gunst ihrer Her­ren ab­hän­gig sind und der­zeit we­der Frau noch Kind er­näh­ren kön­nen. Hast du sonst noch ein paar gu­te Vor­schlä­ge zur Hand oder ge­hen dir die Män­ner nun aus?«

Ich ge­be mir kei­ne Mü­he, mei­nen Un­mut zu ver­ber­gen.

Hin­ter Su­san­nahs Stirn arbei­tet es merk­lich, als sie fie­ber­haft über­legt, wer noch als Mann für mich in Fra­ge kä­me. Da fällt ihr Blick auf John Al­den, der mit ei­ni­gen Män­nern Vor­rä­te aus dem La­ger­raum auf das Zwi­schen­deck bringt. Sie zeigt auf ihn. »Da! Was ist mit dem? Jung, stark, freund­lich und zu­ver­läs­sig! Er hat einen or­dent­li­chen Be­ruf als Kü­fer und ver­fügt über zwei über­aus tüch­ti­ge Hän­de. So­gar ein Held ist er, seit dem letz­ten Sturm als der Mast brach. Selbst unse­re füh­ren­den Män­ner sind von ihm schwer an­ge­tan.«

Ich muss zu­ge­ben, dass sie nicht un­recht hat. John Al­den ist ein durch­aus be­geh­rens­wer­ter Mann und ich bin über­zeugt, dass er mit sei­nen ge­schick­ten Hän­den si­cher her­vor­ra­gen­de Fäs­ser macht. Lei­der emp­fin­de ich nicht mehr für ihn, als für das See­gras, das auf dem Bug der May­flo­wer wächst.

»Es gibt noch mehr jun­ge Mäd­chen an Bord, er wird nicht auf mich war­ten«, re­de ich mich ein we­nig lahm he­raus und schaue wie­der dort­hin, wo Mi­les und Ro­se ge­stan­den ha­ben, aber sie sind nicht mehr da.

Su­san­nah schlägt die Hän­de zu­sam­men. »Dir ist nicht zu hel­fen, Pri­scil­la«, re­sig­niert sie kopf­schüt­telnd.

Ich läch­le nur und zu­cke mit den Schul­tern. Ihre Sup­pe ist fer­tig und ich se­he zu, dass ich mei­ne He­rin­ge bra­te, und le­ge ein paar Zwie­beln da­zu.

Be­vor Su­san­nah geht, fasst sie mich an der Schul­ter und sieht mich ernst an.

»Pri­scil­la, du bist wie eine Schwes­ter für mich und dein Wohl liegt mir am Her­zen. Ich möch­te, dass du glück­lich wirst und es fällt mir schwer, zu­zu­se­hen wie du dich einer Il­lu­sion hin­gibst, die dich nicht glück­lich ma­chen wird.« Sie schaut mich treu­her­zig an.

»Ich weiß, dass du nur mein Bes­tes im Sinn hast. Aber ich wer­de schon auf mich auf­pas­sen, mach dir kei­ne Sor­gen.«

Sie scheint nicht wirk­lich über­zeugt, lässt es aber für den Mo­ment auf sich be­ru­hen.

Ich den­ke über ihre Wor­te nach, wäh­rend ich in mei­ner Pfan­ne rüh­re. Mir ist gar nicht so sehr da­nach, einen Mann zu fin­den. Tat­säch­lich ha­be ich mir, be­vor ich auf die May­flo­wer kam, kaum da­rü­ber Ge­dan­ken ge­macht zu hei­ra­ten. All das schien noch in wei­ter Fer­ne zu lie­gen. Ich bin noch jung, ob­wohl es na­tür­lich Mäd­chen in mei­nem Al­ter gibt, die schon ver­hei­ra­tet sind und Kin­der ha­ben.

Un­will­kür­lich wer­fe ich einen Blick zu John Al­den, der noch im­mer da­mit be­schäf­tigt ist, Le­bens­mit­tel zu sor­tie­ren. Als wür­de er spü­ren, dass ich ihn an­se­he, schaut er in mei­ne Rich­tung und lä­chelt mir zu. Ich läch­le zu­rück und neh­me mei­ne Pfan­ne vom Feu­er. Mein Fisch ist fer­tig und ich brin­ge das Früh­stück zu mei­nem Va­ter und den Jun­gen.

»Du siehst aus, als hät­test du einen Frosch ver­schluckt«, meint mein Va­ter und mus­tert prü­fend mein Ge­sicht.

Ich zu­cke die Ach­seln und ge­he mit dem rest­li­chen Fisch zu den Hop­kins. Mr. Hop­kins ist er­freut über mein Früh­stück und ich muss lä­cheln, denn er ist ein we­nig auf­ge­regt, we­gen sei­ner Frau, die noch im­mer in den We­hen liegt. »Dei­ne Mut­ter meint, es wird nicht mehr lan­ge dau­ern«, be­merkt er und ich ni­cke ver­ständ­nis­voll.

»Seid un­be­sorgt Mr. Hop­kins, mei­ne Mut­ter ist eine er­fah­re­ne Frau. Sie weiß, was zu tun ist.«

Mr. Hop­kins lä­chelt mich dank­bar an und ich kom­me mir sehr er­wach­sen vor. So stark und mäch­tig sich Män­ner auch füh­len, bei der Ge­burt eines Kin­des, sind sie al­le gleich ner­vös und ängst­lich.

Mei­ne Mut­ter nimmt has­tig ei­ni­ge Bis­sen des Fi­sches. »Sie ist fast so­weit. In der nächs­ten Stun­de wird das Kind zur Welt kom­men.«

Wie im­mer be­hält sie recht. Trotz der wid­ri­gen Um­stän­de, der Stra­pa­zen der Rei­se, der See­krank­heit und der an­de­ren un­ge­sun­den Ver­hält­nis­se, bringt Eli­za­beth Hop­kins einen kräf­ti­gen, stram­men Jun­gen zur Welt. Er schreit aus vol­ler Lun­ge und sein stol­zer Va­ter gibt ihm den Na­men Ocea­nus.

Eli­za­beth ist er­schöpft, aber glück­lich und es geht ihr gut. Sie legt ihren klei­nen Sohn an ihre pral­len Brüs­te und er saugt sich voll und schläft un­mit­tel­bar da­nach ein. Wir säu­bern Eli­za­beth so gut wie mög­lich und sie fällt trotz des kal­ten, feuch­ten Bett­zeugs in einen tie­fen er­hol­sa­men Schlaf.

An die­sem Abend fei­ern wir die Ge­burt des auf See ge­bo­re­nen Kin­des. Mr. Hop­kins spen­diert eine Fla­sche Bran­dy und so­gar ich neh­me ein klei­nes Glas da­von. Der un­ge­wohn­te Al­ko­hol brei­tet sich wohl­tu­end in mei­nem Ma­gen aus und ich füh­le mich ein we­nig schwum­me­rig da­von.

Ste­phen Hop­kins ist bes­tens ge­launt. »Als wir mit der Sea Ven­tu­re auf der Rei­se nach James­town Schiff­bruch er­lit­ten und 10 Mo­na­te auf einer ein­sa­men Insel fest­sa­ßen, hielt mich nur die Vor­stel­lung auf­recht, dass ich nach Gi­les noch wei­te­re Söh­ne ha­ben wer­de. Dies half mir durch­zu­hal­ten und zu über­le­ben und schließ­lich auch noch da­zu bei­zu­tra­gen, James­town auf­zu­bauen.«

Mein Cou­sin Pe­ter beugt sich zu mir und raunt mir zu: »Da­bei hat er wohl ver­ges­sen, dass er da­mals eine Meu­te­rei an­ge­zet­telt hat und da­für zum To­de ver­urteilt wur­de. Nur sein Ge­heu­le we­gen sei­ner Kin­der, war der Grund, dass sie ihn be­gna­digt ha­ben.«

Pe­ter hat das von John Clar­ke er­fah­ren, dem Steuer­mann und 1. Maat der May­flo­wer, der Ste­phen Hop­kins 1611 in James­town schon ein­mal be­geg­net ist.

Ich unter­drü­cke ein La­chen. Wir wis­sen längst, dass Mr. Hop­kins sich ger­ne auf­spielt und mit sei­nen Hel­den­ta­ten in der Neu­en Welt prahlt.

Ich schaue in die Run­de der Men­schen um mich he­rum und se­he nur in lä­cheln­de Ge­sich­ter. Der klei­ne Ocea­nus er­füllt uns al­le mit neu­er Hoff­nung und wir ver­ges­sen für den Mo­ment all unse­re Sor­gen und Ängs­te.

Ich weiß nicht, ob es an dem Bran­dy liegt, oder ob ich ein­fach von Na­tur aus pes­si­mis­tisch ver­an­lagt bin, aber plötz­lich über­kommt mich eine düs­te­re Vor­ah­nung. Ich prä­ge mir die la­chen­den Ge­sich­ter der Men­schen gut ein, denn ich füh­le ins­tink­tiv, dass wir auf schwe­re Zei­ten zu­ge­hen in denen Trauer und Schmerz uns nä­her sein wer­den, als Fröh­lich­keit.

Wir kamen mit der Mayflower

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