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Kapitel 6

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Kurz darauf wimmelte es von Zauberern in Phillips privatem Rückzugsort. Phillip nannte es sein Allerheiligstes. Die anderen nannten es sein Spielzimmer.

Martin fragte, was los sei. Phillip zeigte zum Tresen seiner Bar. Darauf befand sich eine große Salatschale. Die schönste Salatschale der Welt. Eine perfekte Halbkugel aus dem dünnsten und reinsten Glas, das Martin je gesehen hatte. Die Schale ruhte auf drei Füßen, in Gestalt dreier Delfine aus dem gleichen, unwahrscheinlich reinen Glas.

»Wo hast du die denn her?«, fragte Martin, während er sich der Salatschale näherte.

»Vom Fuß der Treppe«, antwortete Phillip. »Ich saß gerade an wichtigen Vorsitzendenangelegenheiten, als ich ein Klingeln hörte. Als ich nachsehen wollte, fand ich das. Es war keine Nachricht dabei, und bevor jetzt einer fragt, ich habe nachgesehen, und der Satz ›Macht's gut und danke für den Fisch‹ ist nirgends eingraviert.«

»Es hat also jemand das Ding hiergelassen und geklingelt, um dich drauf aufmerksam zu machen?«, fragte Jeff.

»Nein. Ihr wisst, dass niemand ohne meine Erlaubnis hier hochkommt. Deswegen wartet Gary auch unten.« Phillip sah auf den Boden und rief: »Alles lustig da unten, Gary?«

»Nein«, kam die gedämpfte Antwort.

Tyler fragte: »Wo kam dann das Klingeln her?«

Phillip griff in die Schale und nahm eine gläserne Scheibe, von der Größe eines Untersetzers, heraus. Und auch der Glasuntersetzer war der schönste, den Martin je gesehen hatte, aus atemberaubend reinem und wunderschönem Glas. Phillip hielt die Scheibe eine Handbreit über dem Boden der Schale und ließ sie dann los. Als sie aufkam, erzeugte sie einen lauten, klaren und doch irgendwie sanften Ton, der den Raum erfüllte.

Phillip sagte: »Von wem auch immer die Sachen stammen, ich denke, zuerst kam die Schale und dann wurde die Scheibe hinterhergeschickt, ein Stück über der Schale, um meine Aufmerksamkeit zu erregen.« Er reichte Martin die Scheibe. »Und jetzt, um eure Aufmerksamkeit zu erregen, bitte ich euch, dies anzusehen.«

Martin hielt die Scheibe gegen das Licht. Sie wog weniger, als er erwartet hatte und fühlte sich kalt an. Wenn er sie im Licht etwas hin und her drehte, konnte Martin eine Art Piktogramm erkennen, welches ins Glas geätzt war. Es stellte zwei einander zugewandte Figuren in spitzen Hüten dar. Zwischen sich hielten sie mit beiden Händen einen großen Halbkreis. In der Mitte des Halbkreises konnte Martin etwas Rundes erkennen und er war sich sicher, dass es sich hierbei um die Glasscheibe handelte, welche er gerade in seiner Hand hielt. Unterhalb der Figuren stand etwas geschrieben. Es war schwierig, eine derart kleine, zarte Schrift auf durchsichtigem Untergrund zu entziffern, doch Martin erkannte sofort, dass es sich um die Namen Phillip und Martin handelte.

»Und Phillip, was meinst du dazu?«, fragte Martin.

»Wenn mir jemand schaden wollen würde, dann hätten sie mir einfach eine Bombe geschickt, oder etwas Ähnliches.«

»Wenn sie uns nicht beiden schaden wollten«, sagte Martin. »Die Schale zeigt uns gemeinsam, zur selben Zeit, am selben Ort, die Hände am selben Gegenstand.«

»Das ist wahr«, räumte Phillip ein, »aber nichtsdestotrotz fühlt es sich für mich nicht bedrohlich an.«

»Für mich auch nicht. Trotzdem, es könnte gefährlich sein.«

»Stimmt«, sagte Phillip und rief dann: »Okay, Gary, du kannst jetzt raufkommen.«

Gary, Tyler, Jeff und Roy gingen hinter Phillips geliebtem Pontiac in Deckung. Obwohl er aus den Achtzigern stammte, war es der fortschrittlichste Wagen, den Roy jemals zu Gesicht bekommen hatte. Er war nicht beeindruckt. »Sieht aus wie ein Türstopper.«

»Die Mechanik ist auch ungefähr so ausgereift, wie die eines Türstoppers«, fügte Jeff noch hinzu, während sie sich hinter dem Auto zusammenkauerten.

Wie jeder Besitzer eines Fiero, hatte Phillip über die Jahre gelernt, derartige Kommentare auszublenden. Er und Martin standen in der Mitte des Raumes. Phillip hielt die Schale in einem Arm, in der anderen Hand die Scheibe.

Phillip fragte: »Bist du bereit, Martin?«

»Eigentlich nicht«, antwortete Martin. »Aber wir werden es trotzdem tun, nicht wahr?«

»Ja. Ja, das werden wir«, erwiderte Phillip. Er legte die Scheibe in die Schale, dann hielt er sie hoch, sodass Martin sie auch fassen konnte. Kurz darauf hielten sie die Schale zwischen sich, mit beiden Händen, genauso wie auf dem Bild. Einen Augenblick lang geschah gar nichts, dann leuchtete der Rand in lebhaftem Blaugrün. Ein Lichtpuls begann die Schale entlang zu wandern. Jedes Mal, wenn Phillip oder Martin ihn berührten, leuchtete er heller. Der Lichtpuls verblasste, die Scheibe in der Mitte der Schale begann zu leuchten und stieg bis kurz über den Rand der Schale. Ein blaugrüner Lichtstrahl wurde von der Scheibe nach oben projiziert, verbreiterte sich, dann fügte er sich zu einer Gestalt zusammen, die Phillip zugewandt war. Es war die Gestalt einer jungen Frau mit kurzen Haaren, großen Augen und einem schelmischen Lächeln.

»Hallo, Phillip«, sagte das Hologramm.

»Hallo, Gwen«, erwiderte Phillip.

Nach einer kurzen Pause sagte Gwen: »Dies ist eine Aufnahme. Ich kann dich also nicht hören.«

Phillip konnte trotzdem nicht anders, als zu sagen: »Oh, tut mir leid.«

Nach einer weiteren Pause sagte Gwen: »Das muss dir nicht peinlich sein. Ich hoffe, es geht dir gut.«

Hinter dem Fiero flüsterte Roy: »Wer ist das?«

»Gwen. Zauberin«, sagte Jeff. »Hat auch mal hier gelebt. Sie und Martin hatten was miteinander.«

Und Tyler fügte hinzu: »Vor allem hatte Martin was. Sie ist dann nach Atlantis gegangen.«

Das Bild von Gwen war nicht in Farbe, doch ihr Kapuzenumhang mit den ausgestellten Ärmeln war nur allzu vertraut. Darunter trug sie anscheinend ein luftiges Kleid und Sandalen. Gwens Figur straffte sich, als setze sie zu einer vorbereiteten Ansprache an, und wie sich gleich herausstellen sollte, hatte sie auch genau das vor.

»Phillip. Als Vorsitzenden deiner Zeitreisenden-Kolonie lade ich dich hiermit ein, an einem Gipfeltreffen teilzunehmen. In der versunkenen Stadt Atlantis. Du wirst hier die Führer aller bekannten Kolonien treffen. Zusammen werden wir den Grundstein für eine gemeinsame Zukunft legen. Gesprächspunkte sind, unter anderem, zeitliche Verschmutzung, verantwortungsvoller Umgang mit Nicht-Zeitreisenden und Maßnahmen gegen den Missbrauch unserer gemeinsamen Kräfte. Diese Einladung erstreckt sich auf dich und einen zweiten Repräsentanten.« Holo-Gwen deutete mit dem Daumen über ihre Schulter, als wollte sie auf etwas hinter sich zeigen. »Genauer gesagt, es wurde gebeten, dass du Martin mitbringst.« Sie blickte über ihre Schulter und grinste Martin kurz an, dann wandte sie sich wieder Phillip zu.

»Dies ist keine Anweisung. Dies ist eine Bitte. Du kannst die Einladung ablehnen, doch das wirst du nicht. Unabhängig von deiner Entscheidung steht es dir frei, diese Schale zu behalten, als Zeichen des guten Willens von Atlantis. Sie ist aus massivem, molekülreinem Diamant gefertigt, dem härtesten Material der Welt. Und sie ist spülmaschinenfest. Die Scheibe kannst du Martin geben. Vielleicht kann er sie als Briefbeschwerer benutzen oder so. Wenn ihr bereit zur Abreise seid, sagt gemeinsam die Worte ›transporto unua Atlantis kunveno‹, welche euch pünktlich zum Gipfel hierherbringen werden, in die versunkene Stadt Atlantis. Ihr werdet zwei Wochen hier sein. Es wird warm werden. Packt dementsprechend. Ihr solltet noch wissen, dass ich das Shell-Programm hier zum Laufen gebracht habe, zusätzlich zum bereits vorhandenen System der Atlanter. Alle Fähigkeiten, die ihr besitzt, werden also funktionieren.« Martin beugte sich zur Seite, um Phillip anschauen zu können. Der sah genauso überrascht aus wie er.

Die holografische Gwen warf einen Blick über ihre Schulter, zu der Stelle, an der sie Martin vermutete. »Soweit die offizielle Nachricht. Was jetzt kommt, mache ich nur, weil ich genau weiß, dass euch sonst was fehlt.«

Gwen drehte sich so, dass Martin und Phillip sie beide im Profil sehen konnten. Sie atmete noch mal tief ein, dann setzte sie ihre Kapuze auf. Sie blickte erst hin und her, in einem theatralischen Versuch, Verängstigung darzustellen. »Helft mir, Obi-Wan Kenobi. Ihr seid meine letzte Hoffnung.« Mit diesen Worten beugte sie sich runter und tat, als würde sie eine Karte in einen Schlitz stecken. Dann verschwand sie.

Die leuchtende Scheibe verdunkelte sich, taumelte kurz, dann fiel sie, mit einem letzten Klingeln, in die Schale zurück. Die drei Zauberer und der Lehrling erhoben sich aus ihrem Versteck hinter dem Auto.

»Also dann, wann geht's los?«, fragte Gary.

»Du gehst sofort«, sagte Phillip, »und zwar nach Hause. Martin und ich werden wahrscheinlich in ein paar Tagen nach Atlantis reisen. Wir brauchen Zeit zur Vorbereitung und um alles gründlich zu durchdenken.«

Martin nickte. »Klingt gut.«

Gary stimmte zu. »Ja, das gibt euch genug Zeit festzustellen, dass ihr mich mitnehmen müsst.«

»Gib's auf, Gary«, meinte Tyler. »Du hast Gwen gehört, sie wollen nur Martin und Phillip.«

»Aber, sie müssen mich mitnehmen.«

Jeff fragte: »Wieso das denn?«

Gary war eindeutig baff, dass er etwas so Offensichtliches erläutern musste.

»Weil«, antwortete Gary, »ich wirklich, wirklich mitkommen will.« Er wandte sich an Phillip: »Bitte, Phil, nimm mich mit. Ich will die Ladies sehen. Ich liebe die Ladies

Phillip schüttelte den Kopf. »Auf keinen Fall. Du kommst nicht mit.«

»Phillip, das ist unfair«, jammerte Gary. »Denk an die Ladies

»Das tue ich«, sagte Phillip. »Typen, die sich so aufführen wie du, sind einer der Gründe für die Errichtung von Atlantis gewesen. Um euch zu entkommen.«

»Und damit sollen sie durchkommen?« Gary wurde immer lauter. Er war schon fast manisch. »Die haben bestimmt schon ganz vergessen, wie man mit einem Mann von Welt, wie mir, fertig wird. Das wird so leicht, wie einen angebunden Bock im Stall zu erlegen. Nur, dass es keine Böcke sind, sondern die Ladies. Und statt sie zu erlegen, werde ich sie …«

»Schon gut. Wir wissen, was du glaubst, dass du tun wirst«, unterbrach ihn Phillip.

»Und natürlich nicht im Stall, sondern in …«

»Halt die Klappe«, sagte Phillip. »Du kommst nicht mit. Das ist mein letztes Wort.«

»Na gut«, schäumte Gary, »dann bleib ich eben hier. Ihr zwei wollt sie doch nur für euch allein haben, die Ladies

Roy war bislang bemüht gewesen, mehr zuzuhören als selbst zu reden, was nicht immer leicht ist, besonders, wenn man den Eindruck hat, mindestens zwanzig Jahre älter zu sein als alle anderen. Jetzt konnte er sich aber nicht mehr zurückhalten. Etwas beschäftigte ihn. Er sagte zu Gary: »Sag noch mal ›die Ladies‹.«

»Die Ladies.«

Roy schüttelte den Kopf und wiederholte: »Die Ladies.«

Gary lächelte und wiederholte: »Die Ladies

»Warum sagst du das so komisch?«

»Wie denn?«

»Es ist, als würdest du kursiv sprechen«, sagte Roy.

Gary hob eine Augenbraue. »Kursiv?«

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