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18 Uhr 30 (wieder zwischen Kisten und Kästen)

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Ich machte mich, zu Hause angekommen, sofort daran, den „Müllberg“ zu studieren, eine Zeitung, in der man vom Partner bis zum Trödel alles fand. Ich beschloss, mir einen eigenen PC und die dazugehörigen Übersetzungsprogramme zu kaufen, möglichst gebraucht.

Im „Müllberg“ gab es allerhand Auswahl an Computern und Zubehör. Für mich hörten sich die meisten davon an, als wären es spanische, nein, chinesische Dörfer. Ich war zwar seit ein paar Jahren nicht mehr in der Arbeitswelt zuhause, hatte aber den Eindruck, man hätte mich direkt in ein neues Jahrtausend gebeamt. Wie in „zurück in die Zukunft“.

Da bot doch jemand einen „AMD 64x2 Dual core Prozessor 4600 2x2, 2 GB Arbeitsspeicher, 1 Terra Festplatte (konnte man die verspeisen wie eine Schlachtplatte?), CD und Key (wer war das?) sind auch dabei. Wer möchte bekommt AS Rockboard dazu (macht der auch Pop-Musik?) mit ner 257 MB Geforce Grafickarte (Druckfehler?) 2x2 GB Arbeitzspeicher.

Oh Mann, da hätte Deutschunterricht auch nicht geschadet! Gab es beim „Müllberg“ keine Lektoren? Ich fragte mich, ob das nicht eine falsche Sparmaßnahme war!

Oder hier: da gab es ein Nichtrauchergerät! War es denn wichtig, dass der PC nicht an Lungenkrebs verendete?

Vielleicht sollte ich mich doch an einen Fachmarkt meines Vertrauens wenden, um mich ausführlich beraten zu lassen.

Mir graute heute schon davor, diese komplizierten Geräte auch noch bedienen zu müssen. Ich beschloss, eine Nacht über dieses Problem zu schlafen und meine Aufmerksamkeit zunächst auf die Immobilienangebote zu lenken.

Entweder war ich bis zu diesem Zeitpunkt etwas weltfremd oder aber die Welt hatte sich um mich herum in den klausbegleiteten Jahren wirklich um Jahrtausende verändert.

Im „Müllberg“ fand ich unter der Rubrik „Vermietung 4 und mehr Zimmer“ - zwei Kinderzimmer, ein Arbeitszimmer, mein Schlafzimmer und ein Wohnzimmer – wir brauchten also mehr als vier Zimmer:

„Jugendstil-Beletage, 190 m², 5 Zi., Balkon, Parkettböden, Fahrräder können im Hof abgestellt werden. € 2.500,- + NK € 300,--, Prov.: € 5950,--, Kaution: 2MM.“

Nicht Jahresmiete, nein, Monatsmiete. Bei diesen Preisen konnte man sich selbstverständlich kein Auto mehr leisten und fuhr Rad.

Nein, wollte ich nicht innerhalb des nächsten halben Jahres in die Privatinsolvenz schlittern, musste ich wohl oder übel weiter suchen.

„Für den besonderen Anspruch: 7 Zi., Küche, Bad, Gäste-WC, 200 m², Terrasse, Garten, Garage, Buchenparkett. € 2.490,--“. Preise in Euro, nicht etwa in chinesischen Yen und das alles pro Monat!

Wieso blieb ich immer an solchen Anzeigen hängen, wo doch Parkett gar nicht gut für Robert war. Beziehungsweise: Robert gar nicht gut für Parkettböden.

Ich schickte einen Seufzer gen Himmel. Durfte das denn wahr sein? Meine aktuelle Hochrechnung, darin war ich schneller als ARD und ZDF, besagte, dass mein Erspartes maximal sechs Monate reichen würde. Über diese Tatsache musste ich auch erst eine Nacht schlafen. Wer, um alles in der Welt, konnte bei diesen Aussichten auch nur ein Auge zu tun?

Beim Zuschlagen der Zeitung fiel mein Blick auf die Rubrik „Vermietung Wohngemeinschaften“.

Hier: „wohnen auf dem Land, studieren/arbeiten in der Stadt. Verkehrsgünstige Lage. Ich, weibl., 30 J., suche Mitbewohnerin für 4 Zi. Küche und Bad. Großer Parkplatz im Hof vorhanden. Interessiert? Ruf mich an. Tel.: 7735807 (AB beißt nicht).“

Wer oder was war AB? Nahm dort der Hund das Telefon ab?

Die Anzeige klang irgendwie nett. Die Formulierung erinnerte mich an Susi. So würde sie eine Anzeige aufgeben. Offen, klar, freundlich. Nett eben.

Wohngemeinschaft mit einer Frau? Warum eigentlich nicht, auf Männer konnte ich sowieso in Zukunft verzichten. Zumindest auf eine Wohngemeinschaft mit ihnen. Und „wohnen auf dem Land“ klang sehr verlockend. In meiner Fantasie tobten schon die Mädchen mit Robert in einem schönen großen Garten und ich saß auf einer ruhigen Terrasse, trank eine Tasse Tee und ließ meinen Computer für mich übersetzen.

Dame ohne König

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