Читать книгу Aufgerichtet von dir - Silke Harms - Страница 19
ОглавлениеIV. ÜBUNGEN UND GEBETE
1. Übungen zum Stillwerden
Unter der Überschrift „Struktur der Gebetszeit“ finden Sie im Kapitel II.1.4 verschiedene Vorschläge für Übungen zum Stillwerden. Finden Sie für sich heraus, welche Ihnen hilft, in der Stille vor Gott anzukommen. Im Folgenden schlagen wir vier mögliche Übungen für den Anfang der Gebetszeit vor:
Übung zum Stillwerden I
Ich sitze auf meinem Stuhl oder Hocker.
Meine Füße ruhen mit ihrer ganzen Fläche auf dem Boden.
Ich sitze aufrecht, aber nicht verkrampft.
Meine Hände ruhen auf den Oberschenkeln oder im Schoß.
Ich spüre mein Kreuzbein. Ich spüre meine Sitzfläche.
Ich nehme meine Oberschenkel wahr. Dann die Knie und Kniekehlen. Die Schienbeine und Unterschenkel.
Die Fußknöchel.
Ich spüre die Unterseite meiner Füße auf dem Boden, zunächst die Fersen, dann den Mittelfuß, dann die Ballen.
Ich nehme meine Zehen wahr, wenn möglich, spüre ich auch die Zehen einzeln. Dann spüre ich meine Beine von den Zehenspitzen bis zum Becken als Ganzes.
Ich nehme noch einmal das Kreuzbein wahr.
Dann gehe ich mit meiner Aufmerksamkeit Wirbel für Wirbel den Rücken hoch, bis in den Hinterkopf.
Ich nehme meinen Kopf wahr, spüre sein Gewicht. Ich gehe mit meiner Aufmerksamkeit in den Scheitel und stelle mir dort einen dünnen Faden vor, der von meinem Kopf nach oben bis in den Himmel reicht.
Dann spüre ich mein Gesicht: Meine Stirn, meine Augen, die Nase, den Mund, die Zunge, das Kinn, die Wangenknochen, die Ohren.
Ich nehme mein Gesicht als Ganzes wahr.
Nun gehe ich mit meiner Aufmerksamkeit in den Nacken und in die Schultern. Ich nehme meine Oberarme wahr. Dann die Ellbogen.
Die Unterarme. Die Handgelenke.
Ich spüre meine Hände, wie sie auf den Oberschenkeln oder im Schoß ruhen. Ich nehme die Handinnenflächen wahr. Ich versuche, die einzelnen Finger zu spüren. Dann nehme ich die Arme von den Fingerspitzen bis in die Schultern wahr.
Ich achte nun auf meinen Atem, wie er kommt und geht.
Ich ändere nichts, sondern atme einfach ruhig weiter.
Zum Schluss nehme ich mich noch einmal von Kopf bis Fuß wahr.
Wie bin ich jetzt da? Ich suche ein Wort dafür.
Ich beende die Übung, indem ich die Augen öffne.
Dann atme ich ein paar Mal kräftig ein und aus.
Ich bewege und recke und strecke mich. Nun bete ich mein Anfangsgebet und wende mich dem Impuls zum Beten zu.
Übung zum Stillwerden II
Ich nehme mich zu Beginn der Gebetszeit einmal von Kopf bis Fuß wahr:
Meine Sitzfläche.
Die Beine vom Becken bis zu den Zehenspitzen.
Meinen Rücken vom Becken bis zum Scheitel.
Mein Gesicht.
Den Hals, die Brust, den Bauch, das Becken.
Meine Arme von den Schultern bis zu den Fingerspitzen.
Meine Handinnenflächen.
Meinen Atem: wie er kommt und geht.
Zum Schluss nehme ich mich noch einmal von Kopf bis Fuß wahr.
Wie bin ich jetzt da? Ich suche ein Wort dafür.
Ich beende die Übung, indem ich die Augen öffne.
Dann atme ich ein paar Mal kräftig ein und aus.
Ich bewege und recke und strecke mich.
Nun bete ich mein Anfangsgebet und wende mich dem Impuls zum Beten zu.
Übung zum Stillwerden III
Gott, Du bist mein Schöpfer,
jede Zelle meines Körpers ist von Dir.
Nun will ich entdecken und fühlen, was Du geschaffen hast.
Ich fühle meine Sitzfläche –
und die Beine vom Becken bis zu den Zehenspitzen.
Meinen Rücken vom Becken bis zum Scheitel.
Ich strecke mich Dir entgegen!
Ich fühle mein Gesicht, den Hals,
die Brust, den Bauch, das Becken.
Ich nehme meine Arme wahr, von den Schultern bis in die Fingerspitzen.
Ich fühle meine Handinnenflächen.
Ich spüre meinen Atem.
Meinen Atem, von Dir, Gott, eingehaucht,
Dein Lebensgeschenk an mich!
Er kommt und geht, er kommt und geht.
Zum Schluss nehme ich mich noch einmal von Kopf bis Fuß wahr.
Du, Gott, hast mich gebildet.
Ich danke Dir dafür, dass ich wunderbar gemacht bin.
Nun bete ich mein Anfangsgebet und wende mich dem Impuls zum Beten zu.
Übung zum Stillwerden IV
Im Stehen wird folgender Text mit Bewegungen gesprochen:
Geist des lebendigen Gottes,
erfrische mich wie Tau am Morgen.
Öffne mich,
erfülle mich,
forme mich,
führe mich.
Geist des lebendigen Gottes
(Hände in Kopfhöhe seitlich nach oben öffnen, „Orante“-Gebetshaltung)
Erfrische mich wie Tau am Morgen
(Fingerspitzen zum Gesicht wenden und mit spielenden Fingern („Tropfen“) die Hände vor dem Kopf und vor dem Körper entlang nach unten führen)
Öffne mich
(Arme seitlich ausbreiten, so weit der Raum reicht. Ellenbogen nach außen)
Erfülle mich
(Handflächen zum Schlüsselbein bewegen und dicht vor dem Körper bis zum Unterleib führen, dort zusammenlegen)
Forme mich
(Vor dem Bauch / Unterleib mit den Handflächen der zueinander zeigenden Hände ein imaginäres Stück Erde formen)
Führe mich
(Hände mit den Handflächen nach oben nach vorne ausstrecken)
Dann bete ich stehend mein Anfangsgebet, setze mich und wende mich dem Impuls zum Beten zu.
2. Anfangsgebete
Hier bin ich, Gott, vor dir, so wie ich bin – mit meiner Sehnsucht, meiner Hoffnung, meiner Freude, meinem Ärger, meiner Müdigkeit …
Hilf mir zu sehen, was du mir jetzt zeigen möchtest; zu hören, was du mir jetzt sagen möchtest; zu spüren, dass du mit mir gehst und bei mir bleibst. So bin ich jetzt da vor dir.
Verfasser unbekannt
Herr, lehre mich, in der Stille deiner Gegenwart das Geheimnis meines Lebens zu verstehen.
Hilf mir loszulassen, was mich daran hindert, dir und deinem Wort zu begegnen.
Hilf mir zuzulassen, was in mir Mensch werden will nach deinem Bild und Gleichnis, das du in mich hineingelegt hast.
nach Peter Köster
Mein Herr und mein Gott,
nimm alles von mir, was mich hindert zu dir.
Mein Herr und mein Gott,
gib alles mir, was mich fördert zu dir.
Mein Herr und mein Gott,
nimm mich mir und gib mich ganz zu eigen dir.
Nikolaus von der Flüe
Herr, sprich dein ewiges Wort in mich,
und lass es mich hören.
Herr strahle dein Licht in mich,
und lass es mich schauen.
Herr, drücke dein Bild in mich,
und lass es mich bewahren.
Herr, wirke dein Werk in mir,
und lass es mich von neuem empfangen.
Kloster Rheinau, 14. Jh.
Herr, öffne mir die Augen,
mach weit meinen Blick und mein Interesse,
damit ich sehen kann,
was ich noch nicht erkenne.
Herr, gib mir ein großzügiges Herz,
das sich Deinem Wort überlässt
und zu tun wagt,
was es noch nicht getan hat.
Herr, ich weiß, dass ich nur lebe,
wenn ich mich von Dir rufen
und verändern lasse.
Peter Köster
Gib mir einen reinen Sinn – dass ich dich sehe,
einen demütigen Sinn – dass ich dich höre,
einen liebenden Sinn – dass ich dir diene,
einen gläubigen Sinn – dass ich in dir bleibe.
Dag Hammarskjöld
Bei dir sein, Herr, das ist alles.
Das ist das Ganze, das Heilende.
Die leiblichen Augen schließen,
die Augen des Herzens öffnen
und eintauchen in deine Gegenwart.
Dir vertraue ich mich an.
Ich lege mich in dich hinein
wie in eine große Hand.
Nimm alles auf,
was mich beunruhigt und bedrängt.
Sieh alles an, was mich erfreut.
Lass mich für dich bereit sein.
nach Jörg Zink
Gott, mein Heil, gib mir die Gnade, umzukehren zu dir.
Erleuchte meinen Verstand und stärke meinen Willen,
damit mir diese Zeit zum Segen wird.
Verfasser unbekannt
Herr, mein Gott, was bist du mir?
Sprich zu meiner Seele:
„Ich bin dein Heil.“
Sprich so, dass ich höre!
Sieh, die Ohren meines Herzens sind vor dir, Herr,
öffne sie und sprich zu meiner Seele:
„Ich bin dein Heil.“
Eng ist das Haus meiner Seele: erweitere es!
Baufällig ist es: erneuere es!
Herr, du bist groß und hoch zu loben;
groß ist deine Macht, deine Weisheit ohne Ende.
Du hast uns auf dich hin geschaffen,
und unser Herz ist unruhig, bis es Ruhe findet in dir.
Augustinus
Schweigen möchte ich, Herr, und auf dich warten.
Schweigen möchte ich, damit ich verstehe,
was in deiner Welt geschieht.
Schweigen möchte ich, damit ich den Dingen nahe bin,
allen deinen Geschöpfen, und ihre Stimme höre.
Schweigen möchte ich, damit ich lerne,
dein und mein Wort zu unterscheiden.
Ich möchte schweigen,
damit ich unter den vielen Stimmen die Deine erkenne.
nach Jörg Zink
3. Tagesrückblick
Stillwerden
Ich komme innerlich zur Ruhe
und führe mir vor Augen:
Gott ist gegenwärtig.
Ich bin da vor Gott.
Rückschau und herzliches Gespräch mit Gott
Ich nehme meinen Tag mit dem „Blick der liebenden Aufmerksamkeit“ wahr. Ich werte oder urteile nicht, sondern schaue ihn im „Zeitraffertempo“ und manchmal auch in „Zeitlupe“ an.
Ich erinnere mich an meine Gebetszeit: Hat sie am heutigen Tag Spuren hinterlassen; Spuren, die ich vielleicht erst jetzt im Rückblick entdecke?
Ich danke Gott für alles Gute.
Ich lege Schweres und Belastendes vor Gott hin.
Von ihm empfange ich Frieden.
Abschlussgebet
Diesen Tag, Herr,
leg ich zurück in deine Hände,
denn du gabst ihn mir.
Du, Herr, bist doch
der Zeiten Ursprung und ihr Ende,
ich vertraue dir.
Amen.