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VORWORT

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Tobias spielt Fußball. Zweimal in der Woche geht er zum Training, am Wochenende fährt er mit der Mannschaft zu Spielen in der Region. Er will es bis zur Niedersachsenauswahl schaffen. Elisabeth spielt Geige. Jeden Nachmittag verbringt sie eine Stunde mit den immer gleichen Fingerübungen. Von Woche zu Woche klingt ihr Spiel besser. Kerstin und Thorsten sind jung verheiratet. Am Tag der Hochzeit sind sie in ihr gemeinsames Haus gezogen. Das Zusammenwohnen ist ungewohnt und nicht immer so einfach. Thorsten ist sehr ordentlich. Und Kerstin will ständig über alles reden … Vor vier Wochen ist Lukas geboren. So ein kleines Kind zu baden und zu wickeln ist schwieriger, als Thorsten gedacht hätte. Aber er arbeitet dran …

All diesen Menschen ist eines gemeinsam: Sie alle üben etwas: Fußball oder Geige oder das Zusammenleben oder den Umgang mit einem Neugeborenen. In ganz verschiedenen Lebensbereichen ist das so: Wer etwas können will, muss üben. Und es braucht oft Zeit, bis die Übung Erfolg zeigt: Immer wieder die gleichen Spielzüge trainieren, die gleichen Fingerübungen machen, über die gleichen Dinge reden. Und irgendwann geht es dann plötzlich. Dann allerdings ist Übung noch nicht vorbei. Selbst wenn die Finger das schwierige Stück endlich beherrschen, selbst wenn die Füße den Ball geschickt durch die Reihen der Gegner bugsieren – aufhören darf man auf keinen Fall. Man muss in der Übung bleiben. Sonst geht das Erreichte schnell wieder verloren. „In Übung bleiben“ muss man auch in einer Beziehung. Liebe kann nicht ein Leben lang auf den kleinen Augenblick des Verliebtseins bauen, sondern sie braucht Übung. Möglichst täglich. Lebenslang.

Was in vielen Lebensbereichen so selbstverständlich ist, gilt ganz ähnlich auch für den Glauben. Auch der Glaube will gelernt, gestaltet und eingeübt werden. Schon der Apostel Paulus gibt seinem Freund und Schüler Timotheus den Rat: „Übe dich selbst in der Frömmigkeit. Denn die Frömmigkeit ist zu allen Dingen nütze und hat die Verheißung dieses und des zukünftigen Lebens“ (1. Timotheus 4,7-8). Auch für Martin Luther (1483–1546) waren Glaube und Übung eng miteinander verbunden. Für ihn ist der Glaube kein punktuelles Erleben, sondern ein Weg der Einübung in eine bestimmte Lebenshaltung. Er schreibt: „Das christliche Leben ist nicht ein Frommsein, sondern ein Frommwerden, nicht Sein, sondern Werden, nicht Ruhe, sondern eine Übung. Wir sind’s noch nicht, wir werden’s aber. Es ist noch nicht getan und geschehen, es ist aber ein Weg.“ Für Luther gehört es zum Glauben unbedingt dazu, sich möglichst täglich in ihm zu üben. Denn der Glaube braucht eine äußere Gestalt, sonst ist er irgendwann verschwunden. Aus diesem Grunde rät Luther seinem Freund „Meister Peter“, möglichst täglich in der Bibel zu lesen und zu einer festen Zeit zu beten. Bibellese, Gebet und die Umsetzung des Glaubens in den Alltag nennt Luther ein „tägliches Hineinkriechen in die Taufe“. Der Christ soll sich möglichst täglich in den Glauben einüben, auf den er getauft ist. Er soll üben, auf das gute Wort Gottes zu vertrauen, das seit der Taufe über seinem Leben gilt.

Im Alltag bewährt sich der Glaube. Dort nämlich übt der Christ, auf das Wort Gottes zu vertrauen und danach zu leben.

Den Glauben üben – das heißt: Mehr und mehr im Alltag auf das gute Wort Gottes über unserem Leben vertrauen und darauf bauen. Das kann man nicht einfach. Das kann man aber üben. Wie Fußball oder Geige spielen oder kleine Kinder baden.

Viele Menschen sehnen sich nach einer vertieften Spiritualität. Sie ahnen, dass eine Verwurzelung in der Tiefe einen weiten Raum zum Leben eröffnet. „Exerzitien im Alltag“ sind eine Hilfe für suchende Menschen, die die große Tiefe christlicher Spiritualität entdecken wollen. Christliche Spiritualität ist nichts anderes als Gestalt gewordener Glaube.

Anders als in Glaubensseminaren, die in vielen Gemeinden schon seit Jahren angeboten werden, geht es bei den „Exerzitien im Alltag“ nicht vornehmlich darum, Glaubensinhalte zu vermitteln. Wissen über Gott und den Glauben ist wichtig. Zu einem lebendigen Glauben gehört aber nicht nur das Wissen, sondern auch die Erfahrung und die Übung. Wir wollen Ihnen nicht sagen, was Sie glauben sollen, sondern wir bieten Übungen an, die zeigen, wie Sie glauben und wie sie selber Erfahrungen mit Gott machen können. Äußere Formen und feste Abläufe sollen dazu beitragen, sich auch innerlich zu ordnen und auszurichten. Sie sind wie ein Geländer, an dem man sich auf seiner Suche nach einem „Mehr“ orientieren kann.

Wir freuen uns, dass unsere schon 2004 und 2006 herausgegebenen Glaubensübungskurse mit diesem Buch in leicht überarbeiteter Form erneut interessierten Menschen zur Verfügung stehen. Wir wünschen Ihnen beim Lesen und Üben den Segen und die Begleitung Gottes.

Ulrike Doormann und Silke Harms

Aufgerichtet von dir

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