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ОглавлениеDer Reverend Elmer Gantry las in seinem Zimmer in der Elizabeth J. Schmutz-Hall am späten Nachmittag eine munter illustrierte Zeitschrift, die Preisboxern und Chormädchen gewidmet war, als zwei große Männer ohne anzuklopfen hereinkamen.
»Nanu, guten Abend, Bruder Bains – Bruder Naylor! Das ist eine angenehme Überraschung. Ich hab' eben, äh – haben Sie schon mal diesen fürchterlichen Fetzen gesehen? Über Schauspielerinnen. Eine Erfindung des Teufels selber. Ich wollt's am nächsten Sonntag brandmarken. Ich hoffe, daß Sie's nie gelesen haben – wollen Sie nicht Platz nehmen, meine Herren? – Ich hoffe, daß Sie's nie gelesen haben, Bruder Floyd, weil die Schritte des –«
»Gantry«, explodierte Diakon Bains, »ich möchte, daß Sie Ihre Schritte gleich jetzt zu meinem Haus lenken! Sie haben mit meiner Tochter rumgespielt, und entweder heiraten Sie sie, oder Floyd und ich rechnen mit Ihnen ab, und so wie mir jetzt zumut ist, ist mir's ziemlich egal, welches von beiden geschieht.«
»Sie wollen sagen, daß Lulu behauptet hat –«
»Nein, Lulu hat gar nichts gesagt. Gott, ich weiß nicht einmal, ob ich das Mädel einen Kerl wie Sie überhaupt heiraten lassen soll. Aber ich muß auf ihren guten Namen schauen, und ich glaub', Floyd und ich werden schon sehen können, ob Sie sie nach der Hochzeit anständig behandeln. Also, ich hab' rumsagen lassen, daß alle Nachbarn heute abend in mein Haus zu 'ner kleinen Geselligkeit eingeladen sind, bei der ihnen gesagt werden soll, daß Sie und Lulu verlobt sind, und Sie werden sich Ihren Sonntagskirchganganzug anziehen und mit uns kommen, gleich jetzt.«
»Sie können mich zu gar nichts zwingen –«
»Nimm die Seite von ihm, Floyd, aber ich hab' den ersten Schlag. Du kriegst, was übrigbleibt.«
Sie stellten sich neben ihm auf. Sie waren kleiner, weniger breit, aber sie hatten Gesichter wie gegerbtes zähes Leder, harte Augen –
»Sie sind 'n großer Kerl, Bruder Gantry, aber ich glaub', Sie sind nicht mehr recht in Übung. Ziemlich weich«, meinte Diakon Bains.
Seine Faust fiel herab, an sein Knie; seine Schulter beugte sich vor; seine Faust kam hoch – und Floyd hatte plötzlich Elmers Arme gepackt.
»Ich werd's machen! Ist recht! Ist recht!« schrie Elmer.
Er würde schon eine Möglichkeit finden, das Verlöbnis zum Bruch zu bringen. Schon fand er sein Gleichgewicht wieder.
»Jetzt hört mich mal an! Ich liebe Lulu und hatte vor, um sie anzuhalten, sobald ich hier fertig sein – von jetzt in nicht ganz drei Monaten – und meine erste Kirche haben würde. Und da platzt ihr zwei rein und wollt den Roman verpatzen!«
»Hm, ja, wird schon so sein«, sagte Bains langsam, mit unbeschreiblicher Verachtung im schleppenden Ton. »Die hübschen Worte heben Sie sich alle für Lulu auf. Sie werden Mitte Mai heiraten – da bleibt genug Zeit nach der Verlobung, daß die Nachbarn nicht denken, es stimmt irgendwas nicht. Und jetzt rein in die Kleider. Der Einspänner wartet draußen. Wir werden Sie schon richtig behandeln. Wenn Sie mit Lulu sind, wie Sie sein müssen, und sie trösten und wieder glücklich machen, dann werden Floyd und ich Sie in der Hochzeitsnacht vielleicht nicht umbringen. Wollen sehen. Und in der Öffentlichkeit werden wir immer anständig zu Ihnen sein – nicht mal lachen, wenn wir Sie predigen hören. Jetzt los, verstanden?«
Während Elmer sich umkleidete, konnte er sein Gesicht von ihnen abgewendet halten, sich sammeln, so daß er imstande war, sich plötzlich mit seinem hübschesten, seinem männlichsten und gewinnendsten Lächeln zu ihnen umzudrehen.
»Bruder Bains, ich möchte Vetter Floyd und Ihnen danken. Sie haben vollkommen unrecht, wenn Sie denken, daß ich an Lulu nicht gut gehandelt hätte. Aber ich frohlocke, ich frohlocke,daß sie mit so treuen Verwandten gesegnet ist!« Das verwirrte die beiden zwar mehr als es sie gewann, aber er fing sie völlig mit einem herzlichen: »Und solche Bullen! Ich bin selber ziemlich stark – bin noch mehr im Training, als Sie glauben – aber mit euch könnt' ich wohl nicht eins zwei drei machen! Ein Glück für den alten Elmer, daß Sie Ihren verdammten Mordsschlag nicht losgelassen haben, Bruder Bains! Und Sie haben recht. 'S hätte gar keinen Sinn, die Hochzeit zu verschieben. Der fünfzehnte Mai wird ausgezeichnet passen. Jetzt möcht' ich aber um eins bitten: Lassen Sie mich zehn Minuten allein mit Lu, bevor Sie die Mitteilung machen. Ich möcht' sie trösten – sie glücklich machen. Oh, Sie werden schon wissen, ob ich die Treue halte – das Adlerauge des Vaters wird es sehen.«
»Na, mein väterliches Adlerauge hat in der letzten Zeit nicht grad' besonders gut gearbeitet, aber ich glaub', 's wird schon gut sein, wenn Sie vorher mit ihr reden.«
»Wollen wir uns jetzt die Hände geben? Bitte!«
Er war so groß, so strahlend, so voll dreister Zuversicht. Sie sahen albern drein, grinsten wie Bauern, denen ein Politiker schmeichelt, und schüttelten ihm die Hand.
Bei den Bains' waren eine Menge Menschen, es gab Brathuhn und eingemachte Wassermelonen.
Der Diakon brachte Lulu zu Elmer ins Gastzimmer und ließ sie dort.
Elmer saß behaglich auf dem Sofa; sie stand vor ihm, zitternd, mit roten Augen.
»Komm, du armes Kind«, sagte er in freundlicher Herablassung. Schluchzend rückte sie näher. »Wirklich, Lieber, ich hab' Pa kein Wort gesagt – ich hab' ihn nicht gebeten, es zu tun – oh, ich will's nicht, wenn's dir nicht recht ist.«
»Na, na, Kind. Ist ja alles gut. Ich bin sicher, daß du eine gute Frau sein wirst. Setz dich.« Und er gestattete ihr, ihm die Hand zu küssen, so daß sie sehr glücklich wurde, schrecklich weinte und freudestrahlend zu ihrem Vater hinausging.
Er überlegte unterdessen: »Damit hab' ich dich, der Teufel soll dich holen! Jetzt muß ich noch was finden, wie ich aus dem Dreck da rauskommen kann.«
Bei der Mitteilung, daß Lulu mit einem Gottesmann verlobt sei, brach die Menge in heisere, fromme Jubelrufe aus.
Elmer hielt eine ziemlich lange Rede, in die er alles hineinstopfte, was die Heilige Schrift über die Beziehungen zwischen den Geschlechtern zu sagen hatte – das heißt, alles, worauf er sich besann, und was in Damengesellschaft zitiert werden konnte.
»Vorwärts, Bruder! gib ihr 'nen Kuß!« riefen sie.
Er tat es, herzlich, so herzlich, daß er eine merkwürdige Erregung verspürte.
Er verbrachte die Nacht dort und war so voll heiliger Zärtlichkeit, daß er in Lulus Schlafzimmer schlich, als die Familie schlafen gegangen war. Sie stützte sich auf das Kissen und flüsterte: »Oh, mein Herz! Und du hast mir verziehen! Ach! ich hab' dich ja so lieb«, als er ihr duftendes Haar küßte.