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Diakon Bains und seine gute Frau hatten bemerkt, wie bleich und geistesabwesend ihre sonst gesunde Tochter war.

»Wahrscheinlich ist sie in den neuen Prediger verliebt. Na, wir wollen unsere Finger da nicht reinstecken. Das wäre eine hübsche Partie für sie. Ich hab' noch nie einen jungen Prediger gekannt, der so die Kraft gehabt hat. Er redet wie besessen, weiß Gott,« sagte der Diakon, während sie in ihrem ungeheuren, hohen alten Bett gähnten und sich streckten.

Dann kam Floyd Naylor aufgeregt zum Diakon.

Floyd war ein Verwandter der Familie; ein unbeholfen gehender Mann von fünfundzwanzig Jahren, riesenstark, ziemlich beschränkt, ein armer, sehr zuverlässiger Bauer. Seit vielen Jahren umschwärmte er Lulu. Es wäre übertrieben romantisch, wollte man sagen, daß er sich in einsamer Verehrung verzehrt hätte. Doch immer war Lulu für ihn das schönste, sprühendste und tiefsinnigste Mädchen der ganzen Welt gewesen. Lulu hielt ihn für einen steifen Besen, und Diakon Bains waren seine Ansichten über Luzerne zuwider. Man rechnete ihn halb zum Haushalt, etwa so wie einen Nachbarshund.

Floyd traf Diakon Bains im Scheunenhof beim Reparieren eines Ortscheits und grunzte:

»Hör mal, Vetter Barney, ich bin bißchen besorgt wegen Lulu.«

»Ach, wahrscheinlich ist sie in diesen neuen Prediger verliebt. Ich weiß nicht; vielleicht werden sie 'n Paar.«

»Ja, aber liebt Bruder Gantry sie? Ich mag den Kerl nicht.«

»Unsinn, du hast nichts für Prediger übrig. Du warst nie in einem wirklichen Gnadenzustand. Du bist nie richtig vom Geist wiedergeboren worden.«

»Einen Dreck bin ich nicht! Ich bin genau so gut wiedergeboren wie du! Mit den Predigern ist schon alles gut und schön, mit den meisten. Aber der Kerl, der Gantry – weißt du, jetzt so vor zwei Monaten hab' ich ihn mit Lulu den Schulweg herunterkommen gesehen, und die beiden haben sich auf Deibel komm raus geknutscht und geküßt, und er hat Schatz zu ihr gesagt.«

»He? Bist du sicher, daß sie's waren?«

»Totsicher. Ich war, äh – also, Tatsache, noch ein anderer und ich –«

»Wer war sie?«

»Das ist ja jetzt ganz egal. Auf jeden Fall sind wir unter dem großen Ahornbaum vor dem Schulhaus gesessen, im Schatten, aber der Mond hat hell geschienen, und Lulu und dieser Prediger sind vorbeigekommen, so nah, wie ich jetzt vor dir steh', hübsch nah. Na, denk' ich, wahrscheinlich werden sie sich bald verloben. Dann bin ich ein- oder zweimal nach der Andacht in der Nähe von der Kirche geblieben, und einmal guck' ich so bißchen ins Fenster rein und da seh' ich sie richtig im vordersten Kirchstuhl, ganz zärtlich miteinander, so als ob sie sich sicher heiraten würden. Ich hab' nichts gesagt – ich hab abwarten wollen und sehen, ob er sie heiratet. Es geht mich weiter nichts an, Barney, aber du weißt, ich hab' Lulu immer gern gehabt, und ich mein', wir sollten wissen, ob der Bibelkaffer ehrliches Spiel gegen sie vorhat.«

»Das wird wohl richtig sein, glaub's schon. Ich werd' mal mit ihr reden.«

Bains hatte seine Tochter nie genau beobachtet, aber Floyd Naylor war kein Lügner; mit geöffneten Augen stapfte der Diakon ins Haus und fand sie am Butterfaß, mit schlaff herabhängenden Armen.

»Sag mal, äh, sag mal, äh, Lu, wie steht's zwischen dir und Bruder Gantry?«

»Wieso, was meinst du?«

»Seid ihr zwei verlobt? Wollt Ihr euch verloben? Will er dich heiraten?«

»Aber woher denn.«

»Hat er dir die Cour geschnitten, was?«

»Oh, nie.«

»Dich nie gestreichelt oder geküßt?«

»Nie!«

»Wie weit ist er gegangen?«

»Ach, gar nicht!«

»Warum siehst du in der letzten Zeit so bißchen spitzig aus?«

»Ach, ich fühl' mich ganz einfach nicht recht wohl. Oh, ich fühl' mich ausgezeichnet. Es ist nur der Frühling, der kommt, glaub' ich –« Sie fiel zu Boden, mit dem Kopf gegen das Butterfaß, ihre dünnen Finger schlugen einen hysterischen Trommelwirbel auf dem Boden, sie weinte würgend.

»Na, na, Lu! Dein Vater wird schon was machen.«

Floyd wartete im Farmhof.

Damals gab es in jenen Gegenden eine nicht seltene Zeremonie, die als »Schießeisenhochzeit« bekannt war.

Sinclair Lewis: Die großen Romane

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