Читать книгу Nach dreizehn Jahren - Sofie Schankat - Страница 9

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Ankunft in Heschbach

Am späten Nachmittag kamen Amy und Yannick nach einigen Umstiegen und einem Zugausfall endlich in Heschbach an. Sie hatten schon vom Zugfenster aus einen Eindruck von der Großstadt bekommen. Von ihrer Geburtsstadt, in der sie ihre ersten Lebensjahre verbracht hatten, an die sie sich aber nicht mehr erinnern konnten. Und hiergewesen waren sie auch noch nie. Es war ihnen auch nie von Heschbach erzählt worden, nicht ein Wörtchen. Dabei hatte Markus hier in der ersten Liga gespielt, und das sogar sehr erfolgreich. Manchmal, wenn er tatsächlich einmal Zeit gehabt hatte, hatte Markus abends stundenlang an Yannicks Bett gesessen und ihm von seiner Karriere erzählt. Amy hatte längst geschlafen und auch Yannick waren die Augen fast zugefallen. Aber er hatte sie tapfer offen gehalten und Markus gelauscht. Das war immer etwas Besonderes gewesen. Aber von Heschbach, von der DEL hatte Markus nie erzählt. Und irgendwie hatte Yannick sich auch nie getraut, danach zu fragen. Und nun wohnten sie hier.

Amy und Yannick hievten ihre Koffer aus dem Zug auf den vollen Bahnsteig. Markus wartete bereits auf sie. Sie erkannten ihn gleich an seinen Sportklamotten und der Cap auf dem Kopf. Er erweckte in diesem Aufzug immer den Anschein, ein durchaus sehr attraktiver, lässiger, Anfang vierzigjähriger Sportler zu sein. Wäre da nicht dieser ernste, verschlossene, gestresste, schlecht gelaunte Gesichtsausdruck gewesen, der ihn streng und verbittert wirken ließ. Auch jetzt starrte Markus wieder mit versteinertem Gesichtsausdruck und Kaugummi kauend auf den hässlichen Boden, die Hände in den Hosentaschen vergraben.

Yannick stieß ein Seufzen aus. »Der hat ja mal wieder beste Laune! Dabei hat die Saison ja noch nicht einmal angefangen!« Es war oft nicht leicht, Markus als Vater zu haben, der ständig so gestresst und schlecht gelaunt und grimmig und ungeduldig war.

Als hätte er Yannicks Stimme gehört, sah Markus in dieser Sekunde auf, erblickte seine Kinder und winkte. »Amy, Yannick! Da seid ihr ja!« Man musste ihm zugute halten, dass er oft zumindest versuchte, seine schlechte Laune mit einem Lächeln zu überspielen, auch wenn ihm das häufig nicht ganz gelang, so wie jetzt. Und seine Mundwinkel klappten auch gleich wieder nach unten und rutschten in ihre Position zurück, mit den Lippen eine gerade, schmale Linie zu bilden. »Das ist ja wieder typisch, wie? Ein Zugausfall, und dann auch noch Verspätung …«

»Jetzt sind wir ja hier«, sagte Yannick und konnte einfach nicht ganz verbergen, dass er sich nicht so darüber freute, seinen Vater wiederzusehen, wie er das eigentlich hätte tun sollen. Dieses ernste, missmutige Gesicht hatte ihm sofort wieder schlechte Laune gemacht. Das Verhältnis zu Markus war wirklich angespannt in letzter Zeit.

Zum Glück machte Amy Yannicks kühle Begrüßung wieder wett, indem sie Markus umarmte und mit ihren blaugrünen Augen zu ihm hochsah. »Schön, dich wiederzusehen. Auch wenn ich Mama schon vermisse.«

Markus versuchte erneut ein Lächeln, das ihm dieses Mal auch schon besser gelang und jetzt eher traurig als schlecht gelaunt wirkte, und nahm Amy ihren Koffer ab. »Wie war es denn am Meer? Hattet ihr eine schöne Zeit?«

»Ja! Wir waren jeden Tag am Strand und für ein paar Tage sogar in Amsterdam. Da haben wir eine Grachtenfahrt gemacht und das Anne Frank-Haus besichtigt …«

Sie machten sich auf den Weg zum Parkhaus durch den großen und vollen Bahnhof. Yannick lief ein Stückchen hinter Markus und Amy. Sie hatte das leichter. Sie hatte nicht ein so angespanntes Verhältnis zu Markus, und Markus war auch bei weitem nicht so schnell ungeduldig und gereizt ihr gegenüber wie gegenüber Yannick.

Markus hatte wieder einmal ein neues Auto. Er bekam seine Autos meistens von seinem Verein zur Verfügung gestellt, genau wie eine möblierte Wohnung. Yannick war schon skeptisch-gespannt auf die neue Wohnung. Das Auto zumindest war nicht schlecht. Yannick liebte Autos. Er konnte es kaum erwarten, achtzehn zu sein und alleine fahren zu dürfen. Auch wenn er ja leider noch kein eigenes Auto hatte und so schnell vermutlich auch keins bekommen würde.

Yannick nahm auf dem Beifahrersitz Platz, Amy ließ sich auf der Rückbank nieder. Als sie das Parkhaus verließen, standen sie prompt in der Innenstadt an einer roten Ampel. Eine schöne, große, belebte Innenstadt. Yannick konnte sich nicht erinnern an damals, als sie in Heschbach gewohnt hatten. Manchmal glaubte er, sich ganz dunkel und verschwommen an irgendetwas zu erinnern, und das Düstere, Schmerzvolle in Markus’ Augen schien ihm zu bestätigen, dass da irgendetwas gewesen war – aber er konnte diese verschwommene Erinnerung, von der er nicht einmal wusste, ob sie überhaupt wirklich existierte, nicht scharfstellen, nicht aus seinem Unterbewusstsein hervorholen, sie nicht richtig festhalten. Es waren verschleierte Fetzen, die manchmal hochzukommen schienen, aber niemals zusammenhängend oder greifbar waren. Und nach Antworten suchen, Markus gar fragen, das trauten er und Amy sich nicht.

Yannick hatte seinen müden Kopf gegen die Kopfstütze des Beifahrersitzes gelehnt und blinzelte zu seinem Vater hinüber. Da lag immer diese … diese Bitterkeit in seinem Blick, die ihnen oft den Mut nahm, ehrlich und unbefangen mit Markus zu sprechen. Eigentlich hatte doch schon immer in der ganzen Familie Melancholie, Traurigkeit und ein gewisser Hang zum Negativen geherrscht, eine gewisse Sprachlosigkeit. Als läge ein Schatten über ihnen allen. Als wäre die ganze Familie in ein Geheimnis gehüllt. Yannick fröstelte plötzlich trotz der Hitze im Auto und wandte seinen Blick von Markus ab.

Amy sah aus dem Autofenster. Sie fuhren durch fremde Straßen, deren Namen sie nicht kannte, mit denen sie nichts in Verbindung bringen konnte, mit denen sie keine Erinnerungen verknüpfte. Keine Kindheitserinnerungen, keine Erinnerungen an früher. Weder schöne noch schwere. Ihr war hier nichts vertraut, sie erkannte nichts wieder, sie fühlte überhaupt nichts beim Anblick der Straßen, Gebäude, Häuser, Bäume und Wiesen. Ihre Erinnerungen waren zerstreut auf so viele Städte. Und vermutlich waren sie auch mit jedem neuen Ort, an dem sich neue Erinnerungen gebildet hatten, blasser geworden. Amy könnte niemals an einen Ort zurückkehren, der für sie ein Heimkommen war. Mit dem noch viele Erinnerungen und Gefühle verbunden waren. Oft hatte Amy das Gefühl, dass ihr da etwas sehr Kostbares verwehrt geblieben war, etwas sehr Wichtiges. Ein richtiges Zuhause. Einen ganz bestimmten Ort, den man mit Zuhause in Verbindung bringen konnte. Und zwar für immer. Das Dünenhaus, das fühlte sich vielleicht mittlerweile ein bisschen so an. Dass sie vor einigen Stunden noch am Meer gewesen waren … das schien schon wieder ganz weit weg zu sein.

Nun wohnten sie im Mariannenweg 12. Es war eine ruhige Straße mit schönen kleinen Miethäusern. Hausnummer 12 war ein hübsches Haus mit zwei Wohnungen. Die Sladowskis waren in die obere gezogen.

Markus hatte gerade den Kofferraum geöffnet, als ein roter Mazda CX-3 mit wummernder Musik in den Mariannenweg eingebogen kam und mit einem Affenzahn an ihnen vorbeibrauste. Amy war erschrocken ein paar Schritte zurückgesprungen. Ohne das Tempo großartig zu drosseln, kam der Mazda in einer winzigen Lücke zum Stillstand.

Angeber und Protze gibt es hier also auch, stellte Yannick grimmig fest.

Die Fahrertür des Mazdas flog auf und ein junger, durchtrainierter Mann in Sportklamotten sprang heraus. Er holte eine Sporttasche von der Rückbank, bevor er das Auto schloss und sich die Sonnenbrille in die dunklen Locken schob. Der war doch höchstens achtzehn. Ob der Mazda ihm selbst gehörte?

Er schulterte seine Tasche und steuerte geradewegs auf die Sladowskis zu. »Guten Abend. Da hat wohl jemand meine Lücke gleich vor der Haustür entdeckt«, stellte er fest, doch es klang überhaupt nicht nach einem Vorwurf, sondern eher belustigt.

Markus ließ Yannicks Koffer auf den Gehweg plumpsen und sah sich um. »Gleich vor der Haustür?«

»Die Nummer 12. Da wohne ich«, erklärte der Mann, dann weiteten sich seine grünen Augen. »Sie sind doch Markus Sladowski, der neue Trainer der Geparden!«

Oho, mit Eishockey kennt sich der Typ auch aus! Irgendwie wurde er Yannick immer unsympathischer. Amy hatte sich halb hinter Yannick gestellt und musterte den Typ skeptisch.

Markus holte Amys Koffer aus dem Kofferraum und lächelte. »Eishockey-Kenner auf der Straße zu treffen, kommt in Deutschland nicht allzu häufig vor.«

Der junge Mann starrte Markus mit einer Faszination an, die Yannick in Anbetracht von Markus’ mäßigem Erfolg für vollkommen übertrieben hielt, und streckte ihm dann die Hand entgegen. »Ich bin Leon. Leon Brücker. Was führt Sie denn in den Mariannenweg, wenn ich fragen darf?«

»Wir sind in die 12 eingezogen«, erklärte Markus und erwiderte den Händedruck.

Leon starrte ihn an. »Sagen Sie bloß, Sie sind der neue Nachbar! Das gibt es ja gar nicht! «

Markus war sichtlich geschmeichelt. Es kam ja immerhin auch selten genug vor, dass er angehimmelt wurde. »So berühmt bin ich ja nun auch wieder nicht! Das hier sind übrigens meine Kinder, Yannick und Amy.«

Leon schien die beiden erst jetzt überhaupt wahrzunehmen, musterte erst Yannick und dann Amy, die inzwischen etwas hinter Yannick hervorgekommen war. »Hi. Schön, dass auch mal Gleichaltrige hier einziehen. Leider wohnen hier überwiegend Leute mit kleinen Kindern, wenn sie überhaupt welche haben. Naja, ich war gerade trainieren, und jetzt habe ich einen Wahnsinnsdurst und einen Wahnsinnshunger. Man wird sich ja noch öfter sehen.« Er wandte sich lächelnd um und verschwand mit einem undefinierbaren Blick über die Schulter im Haus.

»Ein Eishockeyfan, na so was!«, murmelte Markus.

Ja, und er hat dich auch noch erkannt, dachte Yannick grummelnd.

Markus schloss mit einem ganz eigenartigen Blick auf Yannick den Kofferraum. »Vielleicht … naja, freundest du dich ja irgendwie mit ihm an …«

Yannick griff nach seinem Koffer. Er war nicht besonders gut darin, sich mit jemandem anzufreunden.

»Ich meine ja nur«, fuhr Markus fort, als wäre ihm dieser Gedanke ernsthaft wichtig. »Vielleicht ist er ja sogar auf derselben Schule wie du.«

Was interessierte sich Markus denn plötzlich für Yannicks Freundschaften? Er drehte sich unwillig um und hievte seinen Koffer zur Haustür. »Kannst du jetzt bitte aufschließen? Ich muss aufs Klo.«

Sie hatten dieses Mal eine Bleibe der schönen Sorte erwischt. Der Boden war mit hellem Laminat ausgelegt, die Wände schienen noch recht neu tapeziert zu sein und es war auch nicht allzu spärlich eingerichtet. Sie hatten es auch schon anders erlebt. Küche und Wohnzimmer bildeten eine Einheit und vom Wohnzimmer aus gelangte man auf einen großen Balkon, auf dem es sogar einen Tisch und vier Stühle gab.

Amy ließ ihren misstrauischen, prüfenden Blick durchs Wohnzimmer schweifen, aber sie konnte einfach nicht anders, als das große Balkonfenster zu bewundern. Wie in einem Schloss ein bisschen, so hoch mit den langen Vorhängen … Und dazu der glänzende Boden. Rückte man den Sofatisch etwas beiseite, dann hätte das Wohnzimmer mit etwas Fantasie ein Ballsaal sein können, in dem ihre geliebten Prinzessinnen sich beim Tanz aller Tänze in ihren Prinzen verliebten.

Vielleicht ist die Prinzessin nach der Hochzeit jetzt gerade erst ins Schloss gezogen. Deshalb ist alles noch so unbekannt und fremd. Sie muss sich hier ja auch erst einmal zurechtfinden und einleben. Was blieb Amy denn anderes übrig, als zu träumen? In ihrer Traumwelt, in der sie das Wohnzimmer in romantisches Licht getaucht sah, überall an den Wänden flackernde Kerzen und vergoldeter Stuck, hinter dem Fenster den Ausblick über unendlich weite Felder, Wiesen und Hügel, fiel es ihr wie immer sofort leichter, die Wohnung zu mögen.

»Amy«, drang eine Stimme zu ihr durch, es wurde hell im Ballsaal, die Kerzen erloschen, die Hügel vor dem Fenster verwandelten sich in Nachbarhäuser, Amy drehte sich um und sah in Yannicks dunkle Augen. »Das Bad ist nicht schlecht!«

Amy nahm ihren pinken Koffer wieder auf und folgte ihm aus dem Wohnzimmer durch den schmalen Flur in ein Badezimmer, das wahrhaftig zu den schönsten gehörte, die sie je gehabt hatten. Es war sehr klein, musste aber noch ziemlich neu sein, glänzte und hatte sogar eine Badewanne. Amy liebte es, ein Hörspiel zu hören und in Bergen von Glitzerschaum in der Badewanne zu versinken.

»Und?«, wollte Yannick wissen und seine dunklen Augen blitzten. »Ist das hier in deinem Kopf schon zum Schloss geworden?«

»Woher weißt du das?«

Yannick musste lachen und gab ihr einen Stupser auf die Nase. »Ich kenne dich eben!« Wie oft hatten sie denn die vielen Stunden, in denen sie ganz alleine gewesen waren, fantasiert? Mal waren sie während der Haushaltsaufgaben, die sie immer schon hatten übernehmen müssen, Sklaven auf einem Piratenschiff gewesen oder Diener an einem Königshof oder Mägde; während der Hausaufgaben hatten sie in einer Schule gesessen, in der es für jede erledigte Aufgabe ein Gummibärchen gab; wenn sie ihre Nudeln mit Tomatensoße oder Tiefkühlpommes oder Mikrowellen-Lasagne gegessen hatten, hatten sie an einer festlich gedeckten Tafel gesessen … Sie hatten all das, was oft lästig gewesen war, zu ihren eigenen Märchen und Geschichten gemacht.

Markus war hinter sie getreten und sah die beiden erwartungsvoll und ein bisschen angespannt an. »Und? Wie findet ihr es?«

Amy wurde wieder ernst. »Es ist ganz okay …« Wenn Amy sich nach den ersten paar Minuten zu einer solchen Bemerkung hinreißen ließ, dann musste es ihr wirklich ausgesprochen gut gefallen.

Auf Markus’ Gesicht erschien Erleichterung. »Das freut mich. Ich finde es auch schön.« Er wurde gleich wieder ernst. »Ich weiß, dass das schwer ist, schon wieder ein Umzug …«

»Aber mit Mamas Dünenhaus kann es nicht mithalten«, fügte Amy hinzu.

Markus’ Gesicht verdüsterte sich noch mehr. »Ja, das Dünenhaus … Ich weiß …«

»Wo ist denn unser Zimmer?«, wollte Yannick wissen.

Markus schien sich zunächst von irgendwelchen trüben Gedanken losreißen zu müssen. »Äh, hier, die Tür rechts. Das da drüben ist mein Schlafzimmer, und das gegenüber mein Arbeitszimmer. Ihr habt das größte Zimmer bekommen. Tja … schaut euch erst mal um. Ich werde … wisst ihr, ich werde schon mal das Abendessen machen. Ihr habt bestimmt Hunger nach der langen Fahrt.« Er drehte sich um und verschwand in der Küche.

Amy und Yannick gingen auf ihr Zimmer zu. Yannick sah sich kurz um, vergewisserte sich, dass Markus ihn nicht sehen konnte, dann drückte er probeweise die Türklinke zu seinem Arbeitszimmer hinunter. Es war abgeschlossen, wie eh und je. Niemand außer Markus durfte es betreten und er schloss sogar von innen wieder ab, wenn er sich darin befand.

Das Kinderzimmer war nicht schlecht. Zwei der Wände waren in einem freundlichen, nicht zu aufdringlichen Orange gestrichen und Markus hatte schon ganze Arbeit geleistet und die beiden Betten zusammengeschoben und sogar schon frisch bezogen. Auf ihren Kopfkissen lagen Ü-Eier. Yannick musste lächeln. Ihm war plötzlich warm ums Herz. Amys und Yannicks Lieblingsschokolade war Kinderschokolade und es war so etwas wie eine Tradition, dass sie bei besonderen Anlässen – wie etwa einem Umzug – immer Ü-Eier bekamen, seit sie klein waren.

Es war wahrhaftig bei weitem nicht immer leicht mit Markus, aber er war doch ein guter Papa. Sie hatten das alles zu dritt doch eigentlich immer gut hinbekommen. Sie waren doch eigentlich immer ein gutes Team gewesen. In Anbetracht dessen, was Markus für seinen Job, der gleichzeitig seine große Leidenschaft war, immer alles gegeben hatte, war er doch eigentlich sogar ein toller Vater gewesen, der es trotzdem geschafft hatte, sich Zeit für seine Kinder zu nehmen. Der sie montags manchmal als Überraschung von der Schule abgeholt und mit ihnen ins Freibad oder Pizza essen gefahren war, der Filme mit ihnen geschaut und ihnen vorgelesen hatte, wenn es seine Zeit zuließ, der mit ihnen gespielt und sie mit Geschichten übers Eishockey ins Bett gebracht hatte.

Aber … das war einige Jahre her jetzt. Die Beziehung zu Markus hatte sich verändert. Er war strenger und fordernder zu Yannick geworden. Diese kumpelhaften Papa-Momente, die immer so etwas Besonderes, weil auch Seltenes gewesen waren, gab es eigentlich schon lange nicht mehr.

Aber wir haben Eltern, die uns lieben, genug zu essen, immer saubere Kleidung, ein Dach über dem Kopf, unter dem wir es uns gemütlich und schön machen können, uns beide und unsere Fantasie und die vielen Geschichten, hatte Yannick sich und Amy immer gesagt. Es gab so viele Menschen, die das alles nicht hatten. Die noch viel ärmlicher wohnten oder gar gar keine Wohnung hatten. Die sich keine Bücher und Spielsachen und Filme leisten konnten. Die keine Eltern hatten. »Wir haben allen Grund, dankbar zu sein«, hatte er immer gesagt. Aber manchmal war das schwer. Wenn man das Gefühl hatte, immer nur alleine gelassen zu werden, nicht die Wahrheit gesagt zu bekommen, wenn da das Gefühl war, dass da irgendetwas über ihnen hing, etwas Düsteres, Trauriges.

Nach dreizehn Jahren

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