Читать книгу Violet - Die 7. Prophezeiung - Buch 1-7 - Sophie Lang - Страница 22
Kapitel 2.2
ОглавлениеIch fühle eine Berührung auf meiner Schulter, die mir eine Gänsehaut verursacht. Sanft und zärtlich. Ich höre Stimmen, die ganz nah sind, sich aber meilenweit entfernt anhören.
Eine unbekannte Frauenstimme: »Was machst du hier? Es ist dir nicht gestattet, hier zu sein.«
Eine unbekannte Männerstimme: »Ich frage mich, ob es richtig ist, was ich tue?«
Sie: »Von was sprichst du?«
Er: »Von ihr.«
Sie: »Wie du sie ansiehst!«
Er: »Kann sie uns hören?«
Ja, kann ich!
Sie: »Nein, sie ist narkotisiert.«
Er fragt: »Sie kann uns sicher nicht hören?«
»Schmerz- und Bewusstseinsausschaltung. Ihr Wahrnehmungsvermögen ist maximal gemindert, sie kann uns nicht hören. Todsicher!«
Doch, doch, ich höre jedes Wort.
»Ich will, dass du die Behandlung abbrichst.«
»Adam, dafür ist es zu spät.«
Über was sprechen die beiden?
»Ich will nicht, dass du ihre Erinnerungen löschst und ersetzt.«
»Das ist indiskutabel. Wir haben schon damit begonnen. Der Großteil ihrer Erinnerungen ist bereits unwiederbringlich gelöscht und der Prozess ist nicht mehr zu stoppen. Die Folgen könnten fatal für sie sein, wenn wir die Behandlung jetzt abbrechen.«
Folgen? Erinnerungen gelöscht?
Der Mann, dessen Name Adam ist, schweigt.
Sie spricht stattdessen weiter: »Adam, das ist eine wirklich komplizierte Sache. Sie hatte verdammtes Glück gehabt, dass sie überhaupt überlebt hat, bei so viel Blut, wie sie verloren hat.«
»Ich habe kein Blut gesehen?«
»Sie hatte innere Blutungen und das Gewebe ist stark beschädigt, aber wir bekommen das schon wieder hin. Zwei Wochen im künstlichen Koma werden ausreichen und sie ist wieder hergestellt. Es werden kaum Narben zurückbleiben, nur diese bizarren Tattoos.«
Sie kommt näher, ich spüre das und ich höre ihre Absätze auf dem Boden klacken.
»Ich würde diese Muster auf ihrer Haut gerne näher untersuchen. Sie sind anders. Ich habe schon von so etwas gehört. Menschen, die Tattoos bekommen, wenn sie Bestien töten. Das ist eine einmalige Chance, mehr darüber zu erfahren«, haucht sie. »Außerdem hätten wir auch endlich wieder mehr Zeit für uns. Ich habe dich wirklich sehr vermisst.«
»Lass das!«
»Was hast du? Sei doch nicht so schüchtern. Was hältst du von einer Willkommensparty – nur wir beide«, schnurrt sie.
»Das war einmal. Ich habe kein Interesse.«
»Du weist mich ab?«
»Weil zwischen uns Schluss ist!«
»Warum? Wegen ihr?«
»Kristen, lass es sein. Es hat nichts mit ihr zu tun. Zwischen uns war es schon aus, bevor ich sie gefunden habe.«
»Das hört sich an, als hättest du nach ihr gesucht.«
Adam sagt nichts. Ich höre, wie sich Kristen entfernt.
»Nun, wir haben mit der retrograden Amnesie…«
»Sprich so mit mir, dass ich es verstehe«, unterbricht sie Adam.
Ich höre ihre unterdrückte Wut, als sie weiterspricht: »Wir leiten die letzte Phase, das Ausradieren aller Erinnerungen, beider Hippokampusregionen in ihrem Gehirn, morgen ein. Danach setzen wir ihr die neuen Erinnerungen ein.«
»Nein, das tust du nicht. Was haben wir für ein Recht, ihr alle Erinnerungen zu nehmen? Brich die Behandlung ab.«
Keiner von beiden spricht für eine Weile. Ich fühle mich jämmerlich, kann mich nicht bewegen, sondern nur wie ein Opfer ihren Stimmen lauschen.
»Wir haben das schon hunderte Male gemacht und damit ein Vermögen verdient. Wir machen das wie immer. Du bezahlst mich und die Gesandten bezahlen dich. Und ich gebe dir einen besonderen Rabatt«, schnurrt sie jetzt wieder wie eine Katze.
»Ich habe gesagt, du sollst das lassen! Zwischen uns ist es aus und Kunden gibt es dieses Mal auch keine.«
Kristen sagt, distanziert, gekränkt: »Du willst sie für dich behalten? Willst sie an keine der Sektionen verkaufen? Was hat sie, das ich dir nicht bieten kann?«
»Was redest du da für einen Schwachsinn? Du verstehst das einfach nicht.«
»Wenn das so ist, dann kostest Sie das Dreifache!«
»Einverstanden. Ich bezahle jeden Preis, aber ihre Erinnerungen werden nicht gelöscht und es gibt keine einprogrammierten neuen, falschen Erinnerungen. Ich will keinen Roboter in Menschengestalt.«
»Aber dafür ist es zu spät. Wir können an diesem Punkt nicht aufhören.«
»Jaja, ich habe das alles schon verstanden, aber ich glaube dir kein Wort. Du machst sie wieder gesund und gibst mir sofort Bescheid, wenn sie wach ist.«
Ich bin wach!
»Adam, du verstehst nicht. Man kann so eine Sache nicht einfach so abbrechen. Sie könnte einen völligen Verlust ihrer kognitiven Fähigkeiten erleiden«
»Mach es, ich bin mir sicher, dass es funktionieren wird.«
Ich höre, wie er den Raum verlässt.
»Wir haben das Serum für die neuen Erinnerungen schon auf ihre DNA katalysiert. Alle Vorbereitungen für die Löschung und…«
Adam, kaum noch zu hören: »Tu es einfach und hör auf jammern.«
»Adam?! Adam!«
Pause. Er ist schon weg.
Kristen flüstert. Zu wem? Zu mir?
Nein, sie führt ein Selbstgespräch: »Dieser Mistkerl. Dieser Schuft. Dieser miese Betrüger. Aber warte. Nicht mit mir. Das wird er noch bereuen, sich mit mir anzulegen. Dich mir vorzuziehen. Was bildet der Typ sich ein?«
Sie streicht mit ihren Fingern über meine Stirn.
»Eigentlich schade, da stecken bestimmt viele schöne Erinnerungen hinter deinem hübschen Gesicht.« Ich spüre ihre Hand auf meinem Bauch liegen. »Mich würde brennend interessieren, wo diese Tattoos herkommen. Bist du einer dieser Symbionten, vor denen alle solchen Schiss haben? Ich bin mir sicher, du weißt etwas darüber und ich werde es aus deinem Gehirn heraussaugen. Bevor - bevor ich dich lösche. Mir egal, was Adam will. Natürlich könnte ich es abbrechen. Adam kennt mich und meine Fähigkeiten nur zu gut. Aber warum sollte ich das tun?« Ihre Stimme wird eiskalt und böse und eine nie gekannte Angst kriecht durch meinen Körper. Panisch verfolge ich jedes Wort, das aus ihrem Mund gleitet.
»Und ganz bestimmt fällt mir auch noch etwas für diesen Verräter Adam ein. Wie er dich angehimmelt hat? Wie er dich berührt hat? Zwischen ihm und mir ist es aus und das soll nichts mit dir zu tun haben? Dass ich nicht lache! Du bekommst eine Programmierung, ein Geschenk, von mir ganz persönlich. Nur für dich und für Adam. Ich bin gespannt, wie ihm die kleinen Korrekturen in deiner Persönlichkeit gefallen werden? Tut mir leid, Kleine. Sieh es realistisch. Jeder Augenblick im Leben ist nichts weiter, als ein Schritt näher zum Tode hin. Das ist eine unausweichliche Tatsache. Schade, dass deine und Adams letzten Schritte gezählt sind. Manchmal meint es das Leben einfach nicht gut«, flüstert sie böse in meinen Atem. Sie spricht nicht weiter. Sie macht mir solche Angst. Sie klingt wie eine Verrückte, von ihren eigenen Gedanken Besessene.