Читать книгу Die Regeln meines Herrn | Erotischer SM-Roman - Starla Bryce - Страница 4

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2. Cyril Kaltwein

Uaaaaaach!

Mit einem lauten Stöhnen fiel die Tür des renovierungsbedürftigen Hochhauses ins Schloss. Cyril Kaltwein zog den Reißverschluss seines Hosenstalls mit einer Selbstverständlichkeit hoch, als würde er sich die Nase mit einem Taschentuch putzen.

170 Zentimeter Selbstsicherheit. 27 Jahre hatte er Zeit gehabt, sein Ego zu nähren – mit Erfolg. Kaltweins maßgeschneiderter Anzug und die aus Italien importierten Santoni-Schuhe bildeten einen merkwürdigen Kontrast zu dieser heruntergekommenen Gegend. Genau wie seine dunkelbraunen, zum Undercut frisierten Haare nicht so recht zu dem rötlich-braunen Henriquatre-Bart passen wollten. Über seiner Schulter hing die gelbe Sporttasche, die er zu jedem Treffen dieser Art mitnahm. Ohne Spielzeug konnte nun mal nicht gespielt werden.

Kaltwein zog sein Handy aus der rechten Hosentasche. Seine dunklen, von definierten Augenbrauen gekrönten Augen fixierten das Display.

Hey, mein Schatz! Wollte nur kurz fragen, ob du schon weißt, wann du nach Hause kommst? :-*

Linnea! Ob sie vergessen hatte, dass er heute Abend Fußballtraining hatte? Wie auch immer. Mittlerweile musste sie wissen, dass sie keine schnulzig-schmalzigen Liebestexte von ihm zu erwarten hatte. Er war nicht der Typ Mann, der einer Frau Avancen mit Blumen und Pralinen machte. Er liebte die harte Tour. Nur die harte Tour. Und welchen Grund gab es auch, über seine Art, mit Frauen umzugehen, nachzudenken? Die meisten Frauen, mit denen er intim gewesen war, hatten es genossen, dass er das Ruder in der Hand hielt. Wenn ihn jemand gefragt hätte, wie Frauen ticken, wäre seine Antwort gewesen: »Sie wollen, dass man ihnen zeigt, wo es langgeht. Nicht alle. Aber die, die für mich interessant sind.«

Nach einigen Minuten erreichte Kaltwein sein Auto, das er in einer Nebenstraße geparkt hatte. Ein Mercedes AMG C 63 in dunklem Silber. Nach den Worten seines besten Kumpels Dustin Seemel »ein echter Fotzenficker-Wagen!«

Kaltwein verstaute seine Tasche im Kofferraum und ließ sich in den Fahrersitz sinken. Natürlich hatte er die Performance-Sitze gewählt. Wann immer das Leben eine Deluxe-Variante bot, nahm er sie. Schlichtheit hatte für ihn keinen Reiz.

Kaltwein drückte aufs Gas. Ein Orgasmus für alle Sinne. Man hörte ihn, wenn er losfuhr. Ein Löwe hätte nicht furchteinflößender brüllen können. Das Geräusch seines Automotors war sein Angriffsruf. Er kam. Und wenn er kam, war nichts vor ihm sicher. Er nahm sich, was er wollte. Das Leben mochte ihm gewisse Regeln aufzwängen wollen, doch er schrieb sie neu.

Ecke Veilchengang wartete eine rote Ampel auf ihn. Schon wieder! Es schien beinahe so zu sein, dass diese Ampel mit vollster Absicht jedes Mal rot wurde, wenn er gerade hier langrasen wollte. Die Geschwindigkeitsanzeige sank von 73 auf 0 Stundenkilometer ab. Kaltwein nutzte diese erzwungene Pause, um seine Freundin daran zu erinnern, wer in ihrer Beziehung das Sagen hatte.

Hey Karamelka, wird heute später. Denk dran, dir die Beine und dein Fötzchen zu rasieren. Daddy mag keine Stoppeln!

Die Ampel schaltete auf Grün. Kaltwein legte das Handy beiseite und somit auch jeglichen Gedanken an Linnea.

Die Straßen waren leer für einen Dienstagabend. Es war 19:16 Uhr, als Kaltwein langsamer wurde und links in einen schmalen Feldweg einbog. Staub wirbelte auf. Die Köpfe der Gestalten auf dem Fußballplatz drehten sich um. Er war nie zu überhören, wenn er kam. Kaltwein parkte in einem Zug rückwärts ein, stieg lässig aus, nahm seine schwarze Fußballtasche aus dem Kofferraum und begab sich in die Umkleiden. Noch roch sein Körper nach Sex, in wenigen Minuten würde er nach Sport riechen.

Seine Teamkollegen, heute dreizehn an der Zahl, waren bereits mit ihren Aufwärmübungen beschäftigt, als Kaltwein zu ihnen über den Rasen gelaufen kam. Seine Tasche ließ er am Spielfeldrand neben die der Mannschaftskollegen fallen. Den Namen des FC Freistoß hatten sich die Gründer bei einer Kneipentour einfallen lassen. Bis heute lautete das heimliche Motto des Vereins: Gewinnen ist gut, das Trinken danach noch besser!

»Was läuft, Cyril?« Dustin Seemel begrüßte Kaltwein mit einem festen Händedruck. Er war wenige Zentimeter größer als Kaltwein, 28 Jahre alt, hatte sonnengebräunte Haut und einen blonden Undercut. Durch sein Trainingsshirt konnte man die trainierten Bauchmuskeln und Oberarme erahnen.

»So ziemlich alles! Und bei dir?«

Kaltweins Lippen verformten sich zu einem Lächeln. »Kann mich nicht beklagen.«

»Sieh an, der Kaltwein! Auch schon da?« Ole Nüssig, Trainer der Mannschaft der 3. Kreisklasse, gab Kaltwein einen leichten Klaps auf den Rücken. Er war um die dreißig, etwa zwei Meter groß und hatte eine Figur wie ein Lavendelstängel. Um seinen Hals baumelte eine Trillerpfeife.

»Das Beste kommt eben zum Schluss!«

Ole Nüssig verdrehte die Augen und grinste. »Ab! Mach dich warm.«

Kaltwein gesellte sich zu den anderen Fußballern und begann, sich aufzuwärmen. Ganz langsam stellte er die Beine hüftbreit auseinander und streckte seine Arme nach oben, um diese dann hinter dem Kopf zu dehnen. Bewusst spannte er die Muskeln seines rechten Armes an und ließ die Macht in sich nachklingen, die er Karina vor wenigen Minuten demonstriert hatte. Sie würde es so schnell nicht wieder wagen, aufzumucken! Wenn Kaltwein eines bei seinen Sklavinnen schätzte, dann war es Unterwürfigkeit. Ohne Wenn und Aber.

»Keine Hektik, lass dir ruhig Zeit!« Adrian grinste Kaltwein zu. Er hatte etwa Kaltweins Größe und war von schmächtiger Statur. Ab und zu feierten Kaltwein und Dustin mit Adrian und einigen anderen aus dem Verein. Bevorzugt mit denen, die weder Kind noch Ehefrau hatten.

»Wozu stressen lassen?«

»Das ist dein Lebensmotto, oder?«, mischte sich Jan, ein 21-Jähriger, ein, dessen Haar bereits lichte Stellen an den Schläfen aufwies.

Kaltwein schüttelte den Kopf. »Mein Motto ist: Je härter, desto besser!« Gelächter unter den Männern.

»Na, wenn das so ist, kannst du ja heute beim Training Vollgas geben!«, spöttelte Dustin.

»Sowieso – nur, ohne mich stressen zu lassen!«

»So, Männer, genug gedehnt! Wir nutzen jetzt das schöne Wetter und laufen zwei Runden um den Platz!« Ole Nüssig klatschte in die Hände.

»Ach, du machst dieses Mal auch mit?« Kaltwein grinste.

Ole schüttelte den Kopf. »Würde ich zu gern, aber ich muss für die nächste Übung aufbauen.« Er griff nach den gelben Metallstangen, die er nach seiner Ankunft neben dem Sack mit den Trainingsbällen und den Markierungshütchen ins Gras gelegt hatte.

Kaltwein und Dustin begannen, mit den anderen Männern um den Platz zu joggen.

»Nächsten Samstag wieder nach Hamburg?« Dustin grinste.

»Bin dabei!«, gab Kaltwein zurück, ohne zu überlegen. »Mal sehen, ob die kleine Blonde wieder da ist!«

»Meinst du echt, die lässt sich noch mal auf dich ein?«

»Natürlich! Die muss schließlich Geld verdienen!« Kaltwein strich sein Deckhaar zurück und stieß einen lauten Lacher aus.

Es folgte ein Slalomlauf um die aufgestellten Metallstangen, bei der die Spieler den Ball dribbeln mussten. Im Anschluss forderte Ole seine Mannschaft zu einigen Passübungen auf und ließ alle für eine Strategiebesprechung im Kreis zusammenkommen. Nach dem Trainingsspiel, das die meiste Zeit des Fußballtrainings in Anspruch nahm, kündigte Ole an: »So, wir kommen zum Ende. Das Team, das als Erstes zehn Tore mit Kopfbällen macht, gewinnt. Die Verlierer bauen ab!«

»Och nö, ich kann doch keine Kopfbälle!«, seufzte Adrian und kickte einen herumliegenden Ball zum Spielfeldrand.

»Das ist die falsche Einstellung!« Ole warf Adrian ein blaues Leibchen zu und verteilte die anderen fünf willkürlich an die Spieler.

»Wir wollen die kommenden Spiele gewinnen, Männer! Ich will nicht umsonst der Presse gegenüber das Maul so weit aufgerissen haben. Das nächste Spiel entscheiden wir für uns – und alle darauf folgenden auch!«

»Na, das ist mal eine Ansage!« Dustin zog sein blaues Leibchen über das Trikot und nickte Kaltwein zu, der zum Team ohne Leibchen gehörte.

»Team Blau fängt an!« Oles Trillerpfeife ertönte. Wann immer sich die kleinste Gelegenheit bot, benutzte er sie.

Mario, der Torwart, nahm seine Position ein. Die Spieler teilten sich auf und stellten sich links und rechts hinter das Tor. Adrian machte den Anfang und positionierte sich vor dem Fünf-Meter-Raum. Dustin warf den Ball zu Adrian hinüber, damit dieser mit dem Kopf ein Tor erzielen konnte.

»Hab ich’s doch gesagt!«, schimpfte Adrian, nachdem der Kopfball weit am Pfosten vorbeigeflogen war. Adrian und Dustin tauschten die Positionen. Dustin schoss den Ball mit dem Kopf direkt ins Tor.

»Sauber!« Kaltwein klatschte für seinen Freund. »Reinschießen – das kannst du!«

Nachdem Team Blau mit zwei Toren nur mäßig abgeschnitten hatte, war Kaltweins Team dran. Jan verpasste den Kopfball. Als Kaltwein an der Reihe war, sauste der Ball geradewegs ins Tor.

»Yes!« Kaltwein sprang in die Luft und jubelte, als sei ihm soeben der Einzug in die Champions League geglückt. Auch die Bälle der restlichen vier Spieler landeten im Tor.

»Wir haben eindeutig einen Vorsprung, was?«, spöttelte Kaltwein.

»Sieht so aus …«, musste Adrian gestehen. »Aber in der nächsten Runde punkten wir!«

Das taten sie nicht. Während Team Blau die Kopfbälle nicht recht gelingen wollten, schoss Kaltweins Team alle Bälle ohne Patzer ins Tor.

»Das ist ein klares Ergebnis!«, sagte Ole und nahm die Leibchen von Team Blau entgegen.

Mit den anderen vom Verliererteam machte sich Dustin daran, alle Hütchen, Bälle und Stangen einzusammeln und die Netze vom Tor zu nehmen.

»Tja, Pech gehabt, du Loser!«, sagte Kaltwein zu seinem besten Freund und grinste.

»Beim nächsten Mal bist du im Versagerteam!«, gab Dustin zurück.

Kaltwein schüttelte den Kopf und hob seine schwarze Trainingstasche vom Boden auf. »Du vergisst da eine Kleinigkeit: Ich gewinne immer!«

Kaltwein zog sich in der Umkleide um, stieg in seinen Mercedes und fuhr genauso davon, wie er gekommen war: Laut und schnell.

Während er die leergefegten Straßen entlangheizte, holte Kaltwein ein Handy aus dem Fach der Mittelarmlehne – sein Handy für besondere Anrufe. Er scrollte sich durch seine Kontakte, bis er die Nummer fand, nach der er gesucht hatte.

»Hey! Freitagabend sehen wir uns. Ich komme zu dir. Gegen neun. Zieh dir was Hübsches an! Und dieses Mal will ich, dass dein Arsch für mich gründlich rasiert ist!« Damit legte Kaltwein sein Zweithandy beiseite.

Nach etwa einer Viertelstunde bog Kaltwein in eine Seitenstraße ein und parkte seinen Wagen vor der Reihenhaussiedlung.

Vor einigen Monaten waren Linnea und Kaltwein zusammengezogen. Linneas Cousin arbeitete als Immobilienmakler und hatte dieses schmucke Mittelreihenhaus für sie aufgetrieben. Die Miete konnten sich die beiden locker leisten. Kaltwein verdiente als Bankfachwirt gutes Geld und auch Linnea konnte sich mit ihrem Job als Rechtsanwaltsgehilfin nicht beklagen.

Auf dem Klingelschild der Nummer sechs stand Kaltwein & Moosmer. Kaltwein schloss die Tür auf und stellte seine beiden Taschen im Flur ab, eine schwarz, die andere gelb.

»Da bist du ja!« Die Tür zum Wohnzimmer ging auf. Linnea kam auf ihren Freund zu, ein Lächeln in ihrem schmalen Gesicht. Neben Linneas Größe von 1,57 Meter und ihrem elfenhaften Körperbau wirkte Kaltwein beinahe groß. Linneas dunkelblonde Haare waren hochgesteckt und gaben den Blick auf die Perlenstecker mit Swarowski-Kristallen an ihren Ohren frei – ein Geschenk Kaltweins zu einem der vergangenen Weihnachtsfeste.

Ein flüchtiger Kuss traf Linneas Mund. »Du würdest einen guten Hund abgeben. Stets zur Stelle, wenn das Herrchen nach Hause kommt. Aber im Ernst: Mach ruhig mit dem weiter, was du eben gemacht hast, ich will mich kurz frisch machen.«

»Ein Hund? Du vergleichst mich mit einem Hund? Zu meiner Verteidigung: Ich habe heute Abend mal keinen Knochen gesucht oder in meiner Hundehütte geheult! Ich habe bis eben gelesen. Aber dann konnte ich einfach nicht weitermachen damit. Ich weiß nicht, wie es passieren kann, dass in einem solchen Klassiker so viele Rechtschreibfehler auftauchen!« Linnea schüttelte den Kopf. »Ich meine, wir reden hier immerhin von Stolz und Vorurteil!«

»Du meinst, du redest davon. Lies mal schön dein Buch weiter!« Kaltwein zog seine Schuhe aus und sprintete mit der gelben Tasche die Treppe hoch.

»Wie war das Training?«, rief Linnea ihm hinterher.

»Gut!«, lautete die Antwort.

Die erste Etage gehörte Linnea und ihm. Hier gab es ein Badezimmer, ein Gästezimmer und das gemeinsame Schlafzimmer. In der zweiten Etage, die wenige Quadratmeter umfasste, hatte sich Kaltwein ein Arbeitszimmer eingerichtet. So nannte er es jedenfalls offiziell. Linnea hatte hier keinen Zutritt, dieser Raum war stets abgeschlossen.

Kaltwein schloss die Tür zu seinem Raum auf und ließ sich auf das anthrazitfarbene Sofa sinken, die gelbe Tasche neben sich. Er hatte heute noch jede Menge zu reinigen. Wie gut, dass Linnea sich für diese Bücher begeisterte, von denen er selbst niemals auch nur eine Seite gelesen hätte. Jane Austen. Wann hatte die Frau noch gleich gelebt? Es musste lange, lange her sein.

Kaltweins Zimmer war beinahe so karg eingerichtet wie sein Büro auf der Arbeit: Hier gab es einen Schreibtisch, der meist nicht mehr als einen Laptop und einen Drucker aushalten musste, ein elegantes Sofa und einen geräumigen Schrank, wie der Schreibtisch in Sonoma Eiche. Dieser Schrank beinhaltete das, was Kaltwein als sein Spielzeug bezeichnete. Er zog den Reißverschluss seiner Tasche auf und nahm einen schwarzen Satinbeutel mit Metallklammern heraus. Karina liebte es, sie an ihren Schamlippen zu spüren. Doch diese Belohnung hatte sie sich heute selbst verbaut. Die Wäscheklammern aus Metall kamen unbenutzt an ihren Platz im oberen Fach des Schrankes, über den fein säuberlich aufgereihten Peitschen, Gerten und Paddles aus hochwertigen Materialien. Diverse Knebel und Handschellen ergänzten Kaltweins Spielzeugsammlung.

Kaltwein schaltete seinen Laptop ein. Innerhalb weniger Sekunden war er hochgefahren. Nachdem Kaltwein sein Handy mit Ladekabel und USB-Anschluss des Laptops verbunden hatte, betätigte er den Einschaltknopf des Druckers. Im Innern des Druckers rumorte es. Ein paar Klicks – und ein glänzendes Foto bahnte sich seinen Weg aus dem Drucker. Karina, im Mund einen Knebel, Arme und Beine hinter dem Rücken miteinander verbunden. Die sonst so ordentliche Frisur ähnelte mehr dem Mix aus Staub, Haaren und Dreck, der sich so gern hinter Türen ansammelt. Das Auffälligste an dem Foto aber waren Karinas Augen. Ein kiwigrünes Flehen.

Kaltwein grinste und legte das Foto in seinen elektrischen Stahl-Tresor, für den nur er den Code kannte.

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