Читать книгу Die Regeln meines Herrn | Erotischer SM-Roman - Starla Bryce - Страница 7

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5. Der Termin: Ettger meets Kaltwein

»Du würdest mir einen riesigen Gefallen tun, Mäuschen!«

Florin lag noch immer im Bett, auf dem Boden neben ihm stand die Schüssel, die Ria sonst für ihre Fußbäder benutzte.

Ria hatte befürchtet, dass er den Alkohol vom Wochenende nicht gut vertragen würde. Aber das hier? Heute war bereits Montag und der Pokerabend hatte am Samstag stattgefunden. Den ganzen Sonntag über war Florin nicht zu gebrauchen und teils nicht ansprechbar gewesen. Er hatte im Bett gelegen, die meiste Zeit geschlafen und die Wohnung mit seinen Alkoholausdünstungen gefüllt.

»Echt jetzt?«

»Ja, bitte. Dauert auch nicht lange. Cyril weiß doch, dass ich kommen wollte.«

Ria stemmte die Hände in die Hüften. Nach ihrer Frühschicht hatte sie eigentlich mit einem ruhigen Nachmittag auf der Couch gerechnet. Jetzt sollte sie stattdessen für Florin zur Bank gehen! Zwischen all den Anzugträgern und Dutt-Frauen mit Bluse und Minirock fühlte Ria sich immer wie das letzte Hippie-Exemplar und zog es vor, Überweisungen zu tätigen, wenn die Mitarbeiter bereits nach Hause gegangen waren.

»Na gut.« Auch wenn ihr nicht wohl dabei war – Florin hatte ihr in der Vergangenheit schon mehrere Gefallen getan. Nun war sie an der Reihe.

»Danke, dass du das für mich machst. Das ist echt lieb!« Florin strahlte sie an und zog die Bettdecke enger um seinen Körper.

»Du hättest deinem Kumpel auch einfach absagen oder den Termin verschieben können. Ich weiß nicht, wieso du dir diesen Papierkram antun willst!« Und wieso ich meinen freien Nachmittag bei der Bank verbringen muss!, setzte Ria in Gedanken hinzu.

»Hey, reg dich nicht auf, Mäuschen. Es hat nur Vorteile für mich, wenn ich die Bank wechsle, glaub mir das!«

»Ich wüsste nicht, was das für Vorteile sind, aber okay.«

»Das kann ich dir gern noch mal sagen, Mäuschen.«

»Noch mal?«

»Ja, ich habe es dir doch gestern erzählt, oder?«

Ria verdrehte die Augen. »Falls du dein Gelalle um vier Uhr morgens meinst, das habe ich leider nicht verstanden. Danke übrigens noch mal dafür! Ich konnte danach nicht wieder einschlafen.«

»Tut mir leid!« Florin lächelte sein entschuldigendes Lächeln, das ihn so unschuldig wie ein Taubenbaby aussehen ließ.

»Trink einfach nie wieder so viel, in Ordnung?«

Florin nickte langsam.

»Gut, denn du kannst keinen Alkohol ab. Und das ist auch gut so, denn ich will keinen Alki als Freund haben.«

Rias Hände entspannten sich allmählich. Sie würde für Florin zur Bank fahren und gut. Wie lange konnte so ein Termin schon dauern? Sicher, Florin hätte den Termin verschieben können. Aber Ria kannte Florin schon zu lange, um sich Illusionen zu machen. Nein-Sagen oder Absagen lag Florin einfach nicht.

»Also, jedenfalls kann ich endlich bargeldlos bezahlen. Meine aktuelle Bankkarte ist nicht auf dem neuesten Stand, weißt du? Und ich habe dann endlich Onlinebanking. Und das Beste: Ich muss kein Geld mehr für Kontoauszüge bezahlen!«

Natürlich ging es wieder um das Finanzielle. Wo Florin sparen konnte, tat er es. Er war, wie Ria manchmal spöttelte, ein Sparfuchs der Extraklasse.

»Du weißt, wo die OhneSorgenBank ist, oder?«

Ria nickte. Die Stadt, in der sie lebten, war keine Großstadt. Hier wusste man, wo welches Geschäft und welche Firma ansässig war. »Altkeim? Oder wie heißt er noch mal?«

»Kaltwein!« Florin musste sich das Lachen verkneifen. »Komm ihm bloß nicht mit Kaltkeim oder Altheim oder so!«

»Kaltwein klingt aber auch nicht unbedingt so viel besser«, antwortete Ria.

»Nenn ihn einfach Cyril. Er ist ganz cool drauf. Nicht so ein Spießer-Bank-Fuzzi.«

Na, das klang doch ganz vielversprechend. Immerhin!

»Sag ihm einfach, dass ich dich schicke, dann werdet ihr bestimmt schnell warm miteinander.«

»Bis später!« Ria ließ die Wohnungstür ins Schloss fallen. Cyril Kaltwein. Wegen ihm musste Ria sich jetzt in ihren türkisfarbenen Renault Twingo setzen. Kaltwein hatte ihren Freund so lange belabert und ihm wahrscheinlich immer wieder das Glas gefüllt, bis Florin in seiner guten Stimmung allem zugestimmt hatte.

Kurzum: Obwohl sie Cyril Kaltwein noch nie in ihrem Leben gesehen hatte, spürte Ria bereits jetzt eine gewisse Antipathie gegen ihn. Auch wenn er, wie Florin sagte, ganz cool drauf war.

Wieso hatte Ria ihn dann nicht schon früher kennengelernt? Wieso hatte es während der letzten Jahre keine Pokerabende und auch sonst keine Treffen gegeben? Ria trat etwas zu doll aufs Gas und verließ die Mehrfamilienhaussiedlung in der Cramer Straße.

***

Auf die Tasche aus Recycling-Materialien in leuchtendem Aquamarin war Ria bisher immer stolz gewesen. Sie hatte sie auf einem Wohltätigkeitsbasar gekauft, der einmal im Jahr kurz vor Weihnachten im Rathaus stattfand. Im Moment kam Ria die Tasche allerdings irgendwie fehl am Platz, ja beinahe lächerlich vor. So, als wäre die Tasche ein kleines Kind mit dreckverschmiertem Mund inmitten einer feinen Teegesellschaft und Ria die peinlich berührte Mutter. Genau deshalb war Ria nicht gern an Orten, wo es Menschen mit teurer Kleidung und noch teureren Autos gab. Ihr Selbstbewusstsein knickte so schnell ein wie ein zu langer Fingernagel, auf dem herumgedrückt wird.

Ria pfriemelte an ihrer Handtasche herum, in der Hoffnung, die Wartezeit vor dem Bankschalter etwas zu verkürzen und nebenbei die Tasche unauffällig von der Wollmaus zu befreien, die daran hing. Vor Ria stand ein älterer Herr, der ein paar Fragen zum neuen IBAN-System stellte. Die üppige Rothaarige im Blazer erklärte dem Mann alles ganz detailliert und mit einem breiten Lächeln, das sie wahrscheinlich während ihrer Ausbildung gelernt hatte. Ria schätzte sie auf Ende zwanzig.

Als der Mann alle seine Fragen zufriedenstellend beantwortet bekommen hatte, war Ria an der Reihe.

»Guten Tag, was kann ich für Sie tun?« Den Schneidezähnen der Rothaarigen war ihre Falschheit anzusehen. Ihr Make-up saß perfekt und Ria nahm sich vor, in den nächsten Tagen noch einmal das Smokey-Eyes-Tutorial im Internet anzusehen. Oder so oft, wie es eben brauchte, bis Ria es hinbekäme.

»Guten Tag, ich möchte … ähm … zu Herrn Kaltwein. Kaltwein ist richtig, oder?«

Wieder ein breites Lächeln. »Ja, genau. Herr Kaltwein. Sie haben einen Termin, nehme ich an?«

Ria nickte. »Also eigentlich nicht.«

Die Rothaarige zog eine Augenbraue hoch.

»Es ist so, dass mein Verlobter den Termin gemacht hat, Herr Degemann. Er kann leider nicht persönlich erscheinen, weil er … verhindert ist.« Warum musste sich Ria beim Reden immer so anstellen?

»Herr Degemann …« Die Rothaarige klimperte in die Tasten des Computers und sah dann wieder zu Ria.

»Okay, einen Moment bitte. Sie können da vorn Platz nehmen. Herr Kaltwein wird gleich für Sie da sein.« Noch ein Lächeln und eine Handbewegung, die Ria zu einer Stuhlgruppe am Rand des riesigen Raumes wies.

Na großartig! Jetzt muss ich auch noch warten!, dachte sich Ria. Jede Minute in dieser Bank war eine Minute zu viel. Ria schwitzte. Sie hätte sich nach der Arbeit noch schnell zu Hause umziehen sollen. Dieser Mai war bereits wärmer als so mancher Hochsommertag. Doch nun saß sie hier mit ihren langen braunen Haaren, die ihren eigenen Willen hatten, und ihren Wimpern, die trotz Mascara-Bürste für definierte Wimpern immer etwas nach Fliegenbeinen aussahen.

Als Kaltwein auf Ria zukam, war ihr erster Gedanke: Den habe ich mir größer vorgestellt! Kaltwein war kaum größer als sie selbst. Doch ohne dass er ein Wort gesprochen hatte, spürte Ria, dass sein Selbstvertrauen seine geringe Körpergröße mehr als ausglich. Der maßgeschneiderte Anzug und die schwarz glänzenden Herrenschuhe sorgten dafür, dass Ria sich noch unsicherer fühlte. So groß ihre Abneigung gegen diese Kleider-machen-Leute-Regel war – Ria wollte nicht, dass jemand aufgrund ihres Erscheinungsbildes über sie dachte, sie sei unordentlich oder so was wie eine Öko-Tante.

»Eigentlich habe ich jetzt einen Termin mit einem Herrn Degemann, aber hübschen Damenbesuch ziehe ich immer vor!« Kaltwein reichte Ria die Hand. Ria nahm sie entgegen, während sie vom Stuhl aufstand und geradewegs in eine Wolke von Kaltweins Parfum lief. Er roch stark nach einem Herrenduft, den Ria nicht kannte. Aber ihrer Nase fiel er nicht unangenehm auf. Im Gegenteil. Der Duft erweckte in ihr die Illusion, an einem viel zu heißen Sommertag ins kühle Wasser zu springen. Florin benutzte Parfum nur zu besonderen Anlässen.

»Herr Degemann, ähm Florin, ist mein Verlobter. Er hat mich hergeschickt, weil er … also … Es geht ihm nicht besonders gut.« Dass Florin daheim im Bett lag wie eine hypochondrische Kröte, verschwieg Ria lieber.

»Verstehe.« Kaltwein grinste. »Er muss sich noch von dem Abend erholen. Trinkt nicht oft, was?« In Kaltweins amüsiert blickenden Augen kollidierten Grün und Braun. Doch der braune Farbton dominierte.

Ria schüttelte den Kopf.

»Er hat erzählt, dass er eine Verlobte hat. Aber dass sie so hübsch ist, hat er verschwiegen. Er hatte wohl Angst, dass wir ihm nicht glauben.«

Ria spürte, wie ihre Wangen sich erdbeerrot färbten.

»Wir gehen da vorn den Gang entlang und dann in das zweite Zimmer links.«

Kaltweins Büro war spartanisch, aber stilvoll eingerichtet. Es gab einen breiten Aktenschrank und einen Schreibtisch mit Computer, vor dem zwei Stühle mit Armlehnen standen. Hinter dem Schreibtisch thronte ein schwarzer Chefsessel. Vor dem Fenster hingen weiße, lichtdurchlässige Vorhänge. Es roch nach neuverlegtem Teppich und dem Papier, das die Ordner in dem riesigen Aktenschrank füllte.

»Setz dich. Ich darf doch Du sagen?«

Ria nahm in dem linken Stuhl Platz. »Natürlich. Ich bin Henrietta. Aber alle nennen mich bloß Ria. Hat sich mal irgendwann in der Grundschule durchgesetzt.«

»Cyril.« Ein Grinsen durchzuckte Kaltweins dunkle Augen. Kein freundliches Lachen, sondern eine Demonstration seiner Souveränität.

War es so heiß in dem Raum? Ria konnte sich nicht erklären, wieso sie das Gefühl hatte, plötzlich noch mehr zu schwitzen als zuvor auf ihrem Platz im Eingangsbereich der Bank.

»Willst du was trinken?«

Ria schüttelte den Kopf. »Nein, danke.«

»Na gut. Falls du deine Meinung änderst, hab keine Scheu, es mir zu sagen. Die Formulare habe ich schon mal fertig gemacht. Ist der übliche Papierkram.« Kaltwein nahm ein paar zusammengeheftete Papiere vom Schreibtisch und überreichte sie Ria. »Unterschreiben muss Florin sie aber selbst, das kann keine Frau machen, egal, wie hübsch sie ist.«

Rias Wangen nahmen den Farbton von Granatäpfeln an. Auch wenn Kaltwein ihr bloß ein höfliches Kompliment gemacht hatte, wirkte es auf Ria irgendwie anrüchig. Es war der Klang seiner Stimme, der verriet, dass der Subtext einen anderen Inhalt besaß als die Worte, die Kaltweins Kehle verlassen hatten.

»Überall, wo er unterschreiben soll, habe ich Kreuze gemacht. Hier auf dem Blatt müssen noch ein paar Angaben gemacht werden. Das sollte Florin erst ausfüllen, wenn er wieder nüchtern ist!« Kaltwein grinste.

»Ich werde ihm die Zettel geben«, versprach Ria. »Muss ich sonst noch etwas wissen?« Ungewollt war ihre Stimme zum Ende des Satzes hin weggeknickt.

»Von meiner Seite aus nicht.«

»Das ging ja schnell.«

»Bei unserer Bank muss man sich halt keine Sorgen machen! Wir regeln alles. Und noch viel mehr!«

Rias Lippen verformten sich zu einem Lächeln. »Werbeslogan?«

»Ich wünschte, es wäre so!« Kaltweins Schmunzeln verriet Ria, dass er bloß scherzte.

»Gut, dann war’s das?« Etwas in Ria sträubte sich dagegen, sich aus dem Stuhl zu erheben.

»Auch wenn ich dich gern hierbehalten würde – von meiner Seite aus ist alles klar. Ich brauche die Formulare in den nächsten Tagen wieder, damit ich das neue Konto einrichten und Florins altes Konto auflösen kann.«

Ria konnte ihren Blick nur schwer von Kaltweins Gesicht lösen. Er war kein Adonis, aber er strahlte eine Dominanz aus, wie Ria sie bisher in der Realität nicht gesehen hatte. Die einzigen Männer, die so präpotent waren, lebten zwischen den Buchdeckeln der SM-Romane, die Ria bisher gelesen hatte.

»Hier, nimm meine Karte. Vielleicht wirst du sie irgendwann brauchen.«

Ria schluckte, während sie Kaltweins Blick erwiderte. Mit leicht zittriger Hand griff sie nach der Karte, die er ihr hinhielt. Vielleicht wirst du sie irgendwann brauchen. Seine Worte klangen, als läge keine Vermutung darin, sondern eine Gewissheit. Kann ja sein, dass er denkt, ich will nun auch die Bank wechseln, versuchte Ria sich einzureden. Doch da war mehr in Kaltweins Blick. Etwas Dunkles und gleichzeitig Amüsiertes.

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