Читать книгу SKULL 3: Die Würfel fallen - Stefan Burban - Страница 15
9
ОглавлениеRodney MacTavish musterte sein eigenes Gesicht, das ihm inzwischen gar nicht mehr ähnlich sah, im Spiegel. Eigentlich war er ganz zufrieden. Es war nicht einfach, sich bei Schwerelosigkeit zu schminken.
Der ehemalige Geheimagent hatte zu einem horrenden Preis eine Passage auf einem Frachtschiff erstanden. Zum Glück besaß er unter einer Vielzahl verschiedener Namen geheime Konten auf Castor Prime und einigen anderen wichtigen Planeten des Königreichs. Eines davon hatte er geleert, um sich auf einem Frachter mit dem bezeichnenden Namen Sternenhure einzuschiffen. Das Vehikel – MacTavish weigerte sich standhaft, es als Schiff zu bezeichnen – war nicht für den Personenverkehr vorgesehen, ja, nicht einmal dafür geeignet. Der Besitzer nannte lediglich eine Lizenz für den Transport verderblicher Waren sein Eigen. MacTavish grinste. Nun gut, wenn man es streng betrachtete, war er ebenfalls in diese Kategorie einzuordnen.
Die Passage kostete mehr als fünfmal so viel wie das Ticket auf einem Kreuzfahrtschiff. Aber der überwiegende Teil des geflossenen Honorars sollte das Schweigen des Frachterkapitäns sicherstellen. MacTavish war in seiner Wortwahl recht plastisch gewesen, als er darlegte, was geschehen würde, wenn besagter Kapitän gegen die getroffene Vereinbarung verstieße.
Der Flug war nicht nur fünfmal so teuer, wie eine Passage zur Erde normalerweise gewesen wäre, sie dauerte darüber hinaus auch noch dreimal so lange. Das spielte aber keine Rolle. Es gab MacTavish ausreichend Zeit, seine Verletzungen abheilen zu lassen und sich außerdem Gedanken darüber zu machen, wie er der größten Ansammlung digitaler Aufzeichnungsgeräte des bekannten Universums am besten entgehen konnte.
Das war kein Scherz. Auf der Erde war man zu jedem beliebigen Zeitpunkt im Fokus von mindestens einem Dutzend offizieller und ziviler Kameras und anderer Aufzeichnungsmöglichkeiten. MacTavish war aber beileibe kein Anfänger. Seine Lösung bestand darin, sein Äußeres einfach zu verfälschen.
Er trug nun grüne Kontaktlinsen, hatte seine Haarfarbe in Richtung strohblond verfärbt und seine Wangen waren mit Watte etwas fülliger gemacht worden. Darüber hinaus hatte er verschiedene weitere Methoden angewandt, um seine Krähenfüße etwas zu vertiefen, sich mehrere tiefe Falten zu verschaffen, und seine Augenbrauen wirkten nun auch buschiger. Insgesamt betrachtet, sah er mindestens zwanzig Jahre älter aus.
Er neigte den Kopf erst zur einen, dann zur anderen Seite und seufzte. »Nun? Was meinst du?«, fragte er seinen allgegenwärtigen Begleiter.
»Das wird niemals funktionieren«, meinte Ozymandias düster.
»Wo bleibt dein Optimismus?«
»Auf den wurde ich nicht programmiert.«
MacTavish legte letzte Hand an und betrachtete sich erneut im Spiegel. Er nickte zufrieden. »So, das sollte es gewesen sein.«
»Sie werden niemanden täuschen, der Sie kennt.«
»Wie wahrscheinlich ist das schon? Solange ich die Gesichtserkennungssoftware der Ordnungsorgane täusche, bin ich zufrieden. Wie ich den Zirkel kenne, hat er mit Sicherheit Zugriff auf die Daten. Dawson würde sofort benachrichtigt, sobald ich auf dem Raster erscheine. Ich habe keine Lust, mich bei jedem Schritt umsehen zu müssen.«
»Werden wir so oder so müssen. Was mich zur nächsten Frage bringt: Was machen wir hier eigentlich? Die logische Vorgehensweise wäre, sich Sorenson wieder anzuschließen.«
MacTavish grinste. »Logik ist nicht unbedingt etwas, für das ich berühmt bin.«
»Da sagen Sie was«, frotzelte Ozzy. »Aber Spaß beiseite«, fuhr die KI in ernstem Ton fort. »Was können wir zwei schon gegen den Zirkel ausrichten? Ganz allein!«
MacTavish dachte über die Worte seines Begleiters ausgiebig nach. Schließlich schlug er den Blick nieder. »Was ist die größte Stärke einer Geheimgesellschaft?«
Die KI schwieg für einen Moment. Als sie wieder zu sprechen anfing, blinkten die Leuchtdioden an MacTavishs Armband im Takt der Worte. »Ich würde sagen, dass Sie geheim ist.«
»Richtig«, stimmte MacTavish zu. »Also zerren wir sie ans Licht. Wir sorgen dafür, dass sich die breite Öffentlichkeit ihrer bewusst wird. Wir beleuchten den Zirkel praktisch mit einer Flutlichtanlage, damit sich ihre Mitglieder nicht länger verstecken können.«
»Guter Plan. Und wie stellen wir das an?«
Bevor MacTavish antworten konnte, piepte die Bordsprechanlage einmal kurz und die Stimme des Kapitäns war in dem kleinen Quartier zu vernehmen. »Wir haben das Solsystem erreicht. Gerade passieren wir die äußeren Verteidigungsanlagen. In etwa zwei Stunden setzen wir zur Landung auf dem Raumhafen Lausanne an.«
MacTavish ging zur Gegensprechanlage, betätigte eine Taste und sagte: »Danke, Kapitän Carvalho. Geben Sie mir bitte noch einmal dreißig Minuten vor der Landung Bescheid.«
Als Antwort bekam er nur ein unbestimmtes Grunzen, was er als Zustimmung interpretierte.
»Lausanne? Was wollen wir denn in der Schweiz?«
»Uns Hilfe suchen«, entgegnete MacTavish. »Du hast ganz recht. Allein schaffen wir das nicht.«
»Und an wen dachten Sie da?«
MacTavish verzog leicht die Lippen. »Verbinde dich mit dem örtlichen Netz, sobald wir nah genug sind. Du musst jemanden für mich finden.«
Lausanne war immer noch so sauber und geordnet, wie MacTavish es in Erinnerung hatte. Die Gemeinde war relativ klein und der Raumhafen somit auch kaum der Erwähnung wert. Nur wenige Schiffe setzten hier auf und dabei handelte es sich entweder um Frachter, die für Mitteleuropa Waren löschen wollten, oder einen dieser Touristenkreuzer, die hier nur eine Zwischenlandung einplanten, damit die Passagiere auf einem Landgang ihr Geld loswerden konnten.
Daher reagierten die Zollbeamten relativ verblüfft, als ausgerechnet ein Tourist aus einem völlig veralteten Frachter stieg. Da dessen Papiere aber in Ordnung waren, sahen sie keinen Grund, ihn länger als notwendig aufzuhalten. Sie zuckten die Achseln, durchsuchten routinemäßig dessen Gepäck, gaben seinem Pass einen entsprechenden digitalen Stempel und ließen den Mann seines Weges gehen.
MacTavish verließ das Raumhafengebäude in lockerem Gang. Das hatte besser funktioniert, als er gedacht hatte. Allerdings war es ihm auch nie in den Sinn gekommen, an seinen Papieren zu zweifeln. Die Fälschung war erstklassig und entsprach RIS-Standard.
Der ehemalige Geheimagent nahm sich ein Taxi und ließ sich in die Innenstadt chauffieren. Dabei ließ er sämtliche Ziele außer Acht, die für einen Touristen von Belang gewesen wären. Der Fahrer quatschte die ganze Zeit auf ihn ein. Er pries diese Attraktion an, dann die nächste. Als MacTavish auf keine davon reagierte, gewann er offenbar den Eindruck, er habe es mit einem Sextouristen zu tun, und aus diesem Grund versuchte der Taxifahrer ihm eines der hiesigen Bordelle schmackhaft zu machen.
MacTavish ließ sich nichts anmerken. Er wusste, wie dieses Spiel lief. Bordelle hatten oft Vereinbarungen mit Taxifahrern. Diese lieferten ihnen zahlungskräftige Kunden und im Gegenzug erhielten diese einen kleinen Obolus für ihre Dienste.
MacTavishs Ziel befand sich tatsächlich im Rotlichtbezirk – aber nicht aus dem Grund, an den der Taxifahrer dachte. Ozymandias hatte die Flugzeit gut genutzt und die Person schnell ausgemacht, um der es ihm ging.
MacTavish ließ sich zu einer kleinen Table-Dance-Bar fahren, bezahlte den Mann, wobei er ein durchschnittliches Trinkgeld aufschlug, und verließ den Wagen. Dieser brauste davon, kaum dass er ausgestiegen war. Der Fahrer hatte ihn vermutlich nach wenigen Minuten bereits wieder vergessen und genau das wollte MacTavish auch erreichen.
Er begutachtete das Etablissement von oben bis unten. Aufdringliche Leuchtreklame versprach die hübschesten Damen des Kontinents. MacTavish schnaubte. Das war für seinen Geschmack etwas übertrieben. Mit einem letzten tiefen Atemzug betrat er den Haupteingang.
Kaum im Inneren, beschallte ihn ohrenbetäubender Lärm, der zurzeit auf der Erde als Musik durchging. Er schlenderte betont gelassen an den beiden Türstehern vorbei, die beide wirkten, als könnten sie das Telefonbuch von New York City mühelos in der Mitte entzweireißen. Es gab zwar keine Telefonbücher aus Papier mehr, aber hätte es sie gegeben, wäre der Vorgang für die beiden kein Problem gewesen.
MacTavish gab vor, sich voll und ganz auf die Damen zu konzentrieren, die an diversen Stangen dabei waren, zum Vergnügen zahlreicher zahlungskräftiger Herren und nicht weniger Frauen, ihre Künste zum Besten zu geben. MacTavish musste zugeben, dass einige von ihnen nicht übel waren. Ihre Darbietungen grenzten hin und wieder schon an Akrobatik. Die Luft war geschwängert von Rauch, Biergeruch und zu viel Testosteron. MacTavish hielt inne und sah sich aufmerksam um. Er brauchte nicht lange, um sein Ziel auszumachen.
Der Mann saß mit dem Rücken zu ihm direkt vor einer der Stangen und ließ dabei eine der Frauen nicht aus den Augen. Sie tanzte unmittelbar vor ihm und warf dem Mann immer wieder heißblütige Blicke zu. Dieser belohnte diese Hingabe mit Geldscheinen, die er der Frau in unregelmäßigen Abständen in den Tanga steckte.
Der Mann war in den Vierzigern und weniger muskulös, als MacTavish ihn in Erinnerung hatte. Sein schwarzes Haar hatte schon lange keinen Frisör mehr gesehen und der Bart, den der Mann zur Schau trug, war ebenfalls seit einiger Zeit nicht mehr gepflegt worden. Er war etwas enttäuscht. Alles in allem wirkte der Kerl etwas abgerissen. Für einen Moment fragte sich MacTavish, ob er nicht einen Fehler begangen hatte hierherzukommen. Er seufzte. Nun war es aber zu spät für Zweifel. Ozzy hatte recht. Sie benötigten bei ihrem Vorhaben Hilfe und dieser Mann war der Einzige, der ihm dabei einfiel und sich in Reichweite befand.
MacTavish ging zu ihm und setzte sich ungefragt auf den Sessel daneben, was ihm einen giftigen Blick des Mannes einbrachte.
»Besetzt!«, erklärte der Mann nuschelnd.
»Für wen?«, gab MacTavish leichthin zurück. »Soweit ich das sehe, ist hier noch frei gewesen.«
»Besetzt!«, wiederholte der Mann, dieses Mal wesentlich aggressiver. »Für mich und mein Ego ist gerade genug Platz hier. Verpiss dich! Das ist eine Privatveranstaltung.«
MacTavish runzelte in gespielter Verwirrung die Stirn. »Ich dachte, dafür gibt es die Separees?«
Der Mann machte Anstalten, drohend aufzustehen. »Du hörst wohl schwer, du halbe Portion.«
MacTavish grinste und hob beide Hände mit den Handflächen nach außen zum Zeichen seiner friedlichen Absichten. »Du hast ja wirklich eine Art an dir, alte Freunde zu begrüßen, Patrick.«
Der Mann stutzte und hielt inne. Er kniff die Augen zusammen, als er sein Gegenüber mit neu erwachtem Interesse eindringlich musterte. Schließlich weiteten sich seine Pupillen und er ließ sich wieder schwer auf den Sessel fallen.
»Da soll mich doch der Teufel holen!«, meinte er fassungslos. »MacTavish?«
Der ehemalige Geheimagent nickte grinsend, während er weiter daran arbeitete, sich insgeheim ein Bild von dem Mann gegenüber zu machen. Zu behaupten, sie wären Freunde, war etwas übertrieben. Sie waren … nun ja … Kollegen. In früheren Zeiten hatten sie gelegentlich einige Operationen zusammen durchgeführt.
Captain Patrick Kilgannon von den 5th Royal Pioneers war einer der besten Sprengmeister, die das königliche Militär je hervorgebracht hatte. Er hatte allein mehr Auszeichnungen erhalten als sein gesamtes übriges Regiment zusammen. Das hatte ihm insgeheim auch den Spitznamen Killguy eingebracht. Ein Name, den er selbst nicht besonders schätzte.
Ja, Kilgannon war auf dem besten Weg gewesen, einer strahlenden Zukunft und Karriere beim Militär entgegenzugehen. Doch dann war etwas mit ihm geschehen. Niemand wusste so genau, was. Kilgannons Regimentskommandeur war unter ungeklärten Umständen getötet worden. Eine Explosion hatte ihn ins Jenseits befördert. Alles deutete auf Kilgannon hin. Aber man konnte ihm nichts nachweisen. Jedenfalls nichts Eindeutiges, was auch vor Gericht standgehalten hätte.
Also entschloss man sich, ihn einfach loszuwerden. Er wurde statt wegen Mordes wegen eines Vorwands angeklagt, kam vor ein Militärgericht und wurde unehrenhaft entlassen. Außerdem erkannte man ihm sämtliche Verdienste und Auszeichnungen ab. Kilgannon ging daraufhin ins Exil auf die Erde und bot seither seine Dienste für den Meistbietenden an. Das Solsystem schien Sammelpunkt und Zufluchtsort für gescheiterte Existenzen zu sein. MacTavish hatte nie herausgefunden, welchen Grund Kilgannon gehabt haben sollte, seinen Vorgesetzten umzubringen.
»Dich hätte ich hier am allerwenigsten erwartet«, setzte Kilgannon an.
MacTavish rümpfte die Nase. »Du hast davon gehört?«
Kilgannon lehnte sich genüsslich in seinem Sessel zurück. »Du machst wohl Witze. Du und deine Skull-Jungs, ihr seid die Stars in sämtlichen Medien. Auf jeden von euch ist ein Kopfgeld ausgesetzt. Tot oder lebendig. Man wirft euch unter anderem Völkermord und noch verschiedene andere Kriegsverbrechen vor. Ganz schön harter Tobak.«
MacTavish senkte das Haupt und musterte sein Gegenüber von unten herab. »Und glaubst du das alles?«
Kilgannon lachte. »Ich glaube schon lange nicht mehr, was in den Nachrichten kommt. Hier in der Solaren Republik kontrollieren die Konzerne die Medien. Das ist noch nicht einmal ein großes Geheimnis.«
»Ich hatte gehofft, du würdest das sagen. Ich brauche deine Hilfe.«
Kilgannon grinste. »Hilfe brauchst du auf jeden Fall. Ich bin nur nicht sicher, ob du unbedingt meine brauchst. Soll ich was für dich in die Luft jagen?«
MacTavish verzog die Miene. »Im Moment nicht unbedingt.«
Kilgannon zuckte die Achseln. »Dann weiß ich nicht, wie ich dir helfen könnte.«
MacTavish überlegte, inwieweit er dem Pionier vertrauen konnte. Alles durfte er ihm natürlich nicht erzählen. Zumindest noch nicht. Gut möglich, dass Kilgannon sich darüber gerade den Kopf zerbrach, ob er sich die ausgesetzte Prämie verdienen sollte, indem er MacTavish ans Messer lieferte.
MacTavish leckte sich über die Lippen. »Es gibt jemanden, der bei alldem die Fäden zieht. Er hat uns reingelegt, bleibt aber ansonsten im Hintergrund. Er arbeitet aus den Schatten heraus.«
»Das ist doch immer so. Um wen handelt es sich?«
MacTavish zögerte, doch nun konnte er nicht mehr zurück. »Um Tucker Dawson.« Kilgannons Augen wurden groß. Bevor er jedoch etwas erwidern konnte, fügte MacTavish noch einen zweiten Namen hinzu. »Und Montgomery Pendergast steckt auch noch mit drin. Ich weiß nur noch nicht, welche Rolle er spielt.«
Kilgannon verschluckte sich am eigenen Speichel. Nachdem sich sein Hustenanfall gelegt hatte, musterte er MacTavish aus großen Augen. »Verdammt, Rodney! Geht’s vielleicht auch eine Nummer kleiner? Dawson steckt bis über beide Ohren in Regierungsverträgen mit der Solaren Republik. Allein deshalb würden sie bereits ihre schützende Hand über ihn halten. Von seinem ganzen Geld, mit dem er eine Privatarmee und unzählige Attentäter anheuern könnte, mal ganz abgesehen. Und Pendergast besitzt gute Chancen, der nächste Präsident der Solaren Republik zu werden. Hast du überhaupt eine Ahnung, welchen Einfluss jeder der beiden für sich genommen hat?« MacTavish nickte. »Und jetzt stell dir diese beiden Arschlöcher noch im Verbund vor«, fuhr Kilgannon fort. »Die zerquetschen uns zwischen Daumen und Zeigefinger, ohne ins Schwitzen zu kommen.« Der Pionier schüttelte den Kopf. »Tut mir leid, Kumpel. Ohne mich. Ich würde gern noch eine Weile leben.«
»Ich wäre nicht hier, wenn ich eine andere Wahl hätte.«
»Sehr schmeichelhaft«, meinte Kilgannon in einem Anflug von Humor. In diesem Moment tanzte die Dame an der Stange das Podest herunter und setzte sich dem Pionier auf den Schoss. Dieser zog zwei Scheine aus dem Bündel in seiner Hand und steckte sie in ihren Tanga, wobei seine Hand wie zufällig über ihre Pobacken streichelte. Die Tänzerin lächelte, erhob sich und begab sich zurück an die Stange.
»Du weißt, wie ich das meine«, ergänzte MacTavish, ohne die Störung zu beachten. »Ich brauche deine Hilfe. Meine Freunde brauchen deine Hilfe.«
»Und was habe ich davon?«
MacTavish lehnte sich leicht zurück. »Was willst du denn?«
Kilgannon überlegte. »Normalerweise würde ich jetzt einen Betrag nennen, aber wenn ich dir helfe, dich mit den beiden anzulegen, dann würde ich kaum noch in den Genuss kommen, meine Bezahlung auch zu genießen, wodurch wir wieder bei vorigem Problem wären: meiner sinkenden Lebenserwartung.«
»Deine Belohnung wird der Gefahr angemessen sein«, versprach MacTavish. »Ich verfüge über verschiedene Konten auf der Erde. Ihr Inhalt gehört dir, wenn du mir hilfst.«
»Über welchen Betrag reden wir hier?«
»Er wird ausreichen«, entgegnete MacTavish ausweichend. Kilgannon überlegte. MacTavish spürte, dass er ganz kurz davor war, ihn zu überzeugen, und setzte nach. »Du musst nicht einmal selbst in Erscheinung treten. Du musst nur den Kontakt herstellen.«
Kilgannon biss sich leicht auf die Unterlippe. »Und was genau hast du vor? Den Kontakt zu wem herstellen?«
MacTavish war nun Feuer und Flamme. Seine Stimme überschlug sich fast. »Ich habe vor, Dawsons und Pendergasts Taten an die Öffentlichkeit zu zerren. Das wird eine öffentliche Debatte auslösen, der sich auch die Politik nicht entziehen kann. Es wird nicht lange dauern, bis das auch ins Königreich Wellen schlägt. Die königliche Regierung und der zukünftige König können die Vorgänge in der Republik nicht ignorieren. Ganz egal, wie sehr sie unter der Fuchtel des …« MacTavish stoppte sich selbst gerade noch rechtzeitig. Beinahe hätte er den Zirkel erwähnt. Aber so weit vertraute er Kilgannon noch nicht. »… ganz egal, wie sehr sie unter der Fuchtel Dawsons und Pendergasts stehen«, vollendete er stattdessen den Satz. Er war sich sicher, dass Kilgannon es bemerkt hatte, aber dieser reagierte nicht darauf. Der Mann hatte schon genug erlebt, um zu wissen, dass jeder seine Geheimnisse hatte und niemand jemals alles erzählte. Daher beließ er es dabei.
»Wenn ich dich richtig verstehe, dann willst du ihre Machenschaften offenlegen, um sie zu zwingen, Farbe zu bekennen. Das wird nicht einfach. Und es ist sehr gefährlich. Vor allem für die arme Seele, die dies am Ende bewerkstelligen soll.« Er kratzte sich über das bärtige Kinn. »Aber ich glaube, ich kenne die richtige Person für diese Art Aufgabe.«
MacTavish merkte auf. »Über wen reden wir?«
»Ihr Name ist Catherine Shaw. Sie lebt in Cardiff. Sie ist Reporterin bei einer relativ großen Zeitung.«
MacTavish runzelte die Stirn. »Ich dachte, die Medien berichten nur, was die Konzerne genehmigen.«
»Das ist auch so, aber Catherine ist etwas Besonderes. Sie sieht sich selbst als Enthüllungsjournalistin, wobei der ganz große Durchbruch noch auf sich warten lässt. Sie ist hungrig. Sie könnte über deine Skulls und was man ihnen vorwirft, ehrlich und unvoreingenommen berichten. Wenn du sie überzeugen kannst, dass du die Wahrheit sagst.«
»Kannst du den Kontakt herstellen?«
Kilgannon neigte leicht den Kopf zur Seite. »Wäre möglich, aber du musst dich allein mit ihr treffen. Meine Anwesenheit wäre … problematisch.«
»Inwiefern?«
»Nun ja«, druckste Kilgannon herum. »Wir hatten eine Zeit lang unseren Spaß. Aber dann wollte ich nur kurz in die Kneipe um die Ecke, um was zum Saufen zu holen.«
MacTavish hob eine Augenbraue. »Wie lange ist das her?«
»Sieben Jahre.«
Der ehemalige Geheimagent stieß einen Schwall Luft zwischen den Vorderzähnen aus. »Du hast sie also gebumst und dann auf ganz üble Weise abserviert.«
»Das ist eine unschöne, aber nichtsdestoweniger zutreffende Beschreibung.« Kilgannon lächelte verschmitzt. »Ich habe eben eine kurze Aufmerksamkeitsspanne. Verklag mich.«
MacTavish schüttelte grinsend den Kopf. »Tut mir leid, Kumpel, aber wenn du finanziellen Profit aus der ganzen Sache schlagen willst, dann will ich dich beim Gespräch dabeihaben. Sonst werde ich die versprochene Belohnung halbieren.«
Kilgannon fluchte lautstark und erhob sich schwankend. »Das hatte ich befürchtet. Dann sollten wir besser aufbrechen. Aber mach dich auf einiges gefasst. Die Frau hasst mich. Sie wird dir gefallen.«