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Dexter kehrte umgehend in sein Quartier zurück und begab sich sofort ins Bad. Er hatte das unangenehme Gefühl, sich jeden Augenblick übergeben zu müssen. Die Erinnerungen an seine Zeit auf der Asylum hatten ihn zutiefst verstört. Er wartete mit dem Kopf über der Toilettenschüssel, aber das Gefühl ging vorbei.

Er war lange genug beim Militär, um die Anzeichen einer Panikattacke zu erkennen, wenn er eine sah. Seine Stirn war schweißnass und er atmete nur stoßweise. Dexter wandte eine Atemtechnik an, die man den Offizieren auf der Akademie beibrachte, um einem solchen Gefühlschaos entgegenzuwirken. Er atmete langsam ein und zählte dabei bis vier. Anschließend stieß er seinen Atem aus und zählte auch dabei bis vier. Diesen Vorgang wiederholte er so lange, bis sich sein Verstand geklärt und sein Herzschlag normalisiert hatte. Er erhob sich und atmete noch mehrmals tief aus und ein. Anschließend hielt er einen Waschlappen unter kaltes Wasser und wischte sich damit das Gesicht ab. Als er in das Wohnzimmer seines Quartiers zurückkehrte, wurde er bereits erwartet.

Oscar Sorenson saß auf einem Sofa und musterte ihn eingehend. »Na? Besser?«, fragte er kurz angebunden.

Dexter warf einen schnellen Blick zur geschlossenen Tür. »Von Privatsphäre hältst du wohl nicht viel?«

»Ich habe mehrmals geklopft«, versuchte sich Oscar an einer Rechtfertigung. »Du hast mich wohl nicht gehört und ich habe das Schloss überbrücken lassen.« Er grinste. »Privilegien des kommandierenden Offiziers.«

»Das merke ich mir«, gab Dexter zurück und setzte sich Oscar gegenüber.

Dieser wurde schlagartig ernst. »Du hast mich heute enttäuscht.«

Dexter schnaubte. »Weil ich nicht wieder zurück auf dieses dreimal verdammte Schiff wollte?«

Oscar legte den Kopf leicht auf die Seite. »Ich hätte mehr von dir erwartet.«

Dexter runzelte verärgert die Stirn. »Wenn du so scharf darauf bist, dann geh doch selbst.«

»Würde ich, wenn ich mich dort auskennen würde.«

Das war gelogen und sie beide wussten es ganz genau. Dexter war nicht bereit, seinem alten Weggefährten diese Lüge durchgehen zu lassen. »Das ist so ein Bullshit. Du würdest auf keinen Fall dorthin zurückgehen, wenn du das schon einmal durchgemacht hättest.« Dexter schüttelte den Kopf. »Oscar, ich habe mir damals geschworen, auf keinen Fall auf diesem Schiff zu sterben. Und dieser Schwur gilt immer noch. Wenn es im Universum eine Hölle gibt, dann liegt sie auf diesem Schiff. Es sollte zerstört werden.«

»Vielleicht wird das irgendwann geschehen. Aber vorher müssen wir Fischer da rausholen. Saizew hat uns ihren Aufenthaltsort nicht umsonst genannt. Er wusste, wir würden ihre Hilfe benötigen, falls wir den Zirkel besiegen wollen.«

»Christian hat recht. Barrera und er sind die richtigen Menschen für diese Art Auftrag. An Bord der Asylum würde ich nicht einmal wissen, wo ich mit Suchen anfangen sollte, geschweige denn, wie ich diese Frau vom Schiff runterkriegen sollte.«

Oscar wollte etwas einwenden, doch sein Blick fiel auf etwas, das neben Dexters Sofa auf dem Boden stand. Dieser schloss kurz die Augen und verfluchte sich im Stillen selbst. Genau diese Wendung des Gesprächs hatte er gefürchtet. Oscar runzelte die Stirn und fixierte Dexter mit festem Blick. Er deutete auf die gepackte Reisetasche.

»Hast du vor, uns zu verlassen?«

Dexter lehnte sich in seinem Sofa zurück und gab vor, sich zu entspannen. Er bezweifelte jedoch, dass er Oscar damit würde täuschen können. »Nur für eine Weile. Ich kehrte nach Beltaran zurück.«

Oscar merkte auf. »Du tust was?«

»Du hast schon richtig gehört. Saizew hat ein paar Bemerkungen fallen lassen und denen will ich nachgehen.«

»Bemerkungen? Welcher Art?«

»Über meinen Vater. Die Umstände seines angeblichen Selbstmordes.«

Oscar legte den Kopf leicht auf die Seite. »Angeblich?«

Dexter nickte. »So habe ich es jedenfalls verstanden.«

Oscar schüttelte vehement den Kopf. »Du kannst nicht nach Beltaran. Nicht jetzt und auch nicht in absehbarer Zeit. Du wirst gesucht. Jeder von uns wird das. Wir können davon ausgehen, dass sowohl Zirkel als auch der RIS und das königliche Militär umfangreiche Dossiers über unsere gesamte Führungsriege angelegt haben. Sie wollen unsere Köpfe.«

»Ist mir klar. Ich habe schon einen Plan, wie ich unbemerkt zurück in meine Heimat komme. Ich lasse mich einfach dorthin schmuggeln.«

»Das ist Wahnsinn. Nach allem, was wir wissen, wird dein Bruder dich sofort ausliefern.«

Dexter verzog die Lippen zu einem wehmütigen Lächeln. »Das hätte ich früher auch gedacht. Aber seit Condor bin ich mir da nicht mehr so sicher. Er hat uns geholfen, ohne dass er es hätte tun müssen. Seine Schiffe retteten eine Menge Leben. Ohne deren Unterstützung hätten wir es nicht aus dem System geschafft. Das weißt du selbst.«

»Ein Grund mehr, einen großen Bogen um Beltaran zu machen. Dein Bruder Miles hat sich offen gegen die Doktrin des Königreichs gestellt. Seine Einheiten haben Söldnerschiffe angegriffen, die ein offizielles Militärmandat des Königreichs durchsetzen wollten. Genauso gut hätte er gleich seiner eigenen Nation den Krieg erklären können. Wir haben zwar keine aktuellen Nachrichten aus dem Königreich, aber gemäß meinen Erfahrungen gehe ich jede Wette ein, dass sich Beltaran und dein Bruder gerade in großen Schwierigkeiten befinden.«

»Das ist für mich nur ein Grund mehr, dorthin zurückzukehren. Sie stecken nur meinetwegen in Schwierigkeiten.«

»Und du denkst, du könntest Ihnen helfen? Du allein?«

Dexter zuckte die Achseln. »Mir fällt schon was ein.«

»Du kannst mich nicht verlassen!«, wetterte Oscar. »Du kannst, uns nicht verlassen! Die Flotte bedarf deiner Führung.«

»Sie hat immer noch dich.«

Oscar schnaubte. »Wenn du tatsächlich gehst, weiß ich nicht, ob du zurückkehren kannst. Ich weiß nicht, ob ich dich zurückkehren lasse. Selbst wenn du wieder mit heiler Haut von Beltaran entkommst, ist die Gefahr groß, dass man dich zu uns verfolgt. Das würde uns alle in Gefahr bringen.«

Dexter dachte über das Gesagte nach. Er konnte nicht behaupten, seinen alten Freund nicht zu verstehen. Aber genauso gut musste er das einfach tun. Er war es seinem Vater und seiner Familie schuldig. Sogar Miles, auch wenn die beiden Brüder kaum noch etwas verband.

Dexter sah auf. »Das ist deine Entscheidung, Oscar. Und ich akzeptiere sie. Aber du musst akzeptieren, dass ich dem Tod meines Vaters nachgehen muss. Saizew hätte mich nicht auf diesen Weg geführt, wenn er nicht der Meinung gewesen wäre, dass es wichtig ist. Nicht nur für mich, sondern auch für unsere Sache und für uns alle. Er wusste etwas. Und er war bereit, für dieses Wissen sehenden Auges in den Tod zu gehen. Falls ich nicht nach Beltaran zurückkehre, dann habe ich das Gefühl, der Mann wäre umsonst gestorben.«

Oscar musterte ihn eine Weile eindringlich. Schließlich seufzte er und wandte den Blick ab. Als er es wagte, Dexter wieder anzusehen, schimmerten seine Augen vor ungeweinten Tränen. Der Mann hatte Angst um ihn. Er hatte Angst um seinen Freund.

»Wann wirst du aufbrechen?«

»Schon bald«, meinte Dexter. »In einem oder zwei Tagen spätestens. Ich nehme ein kleines Beiboot, um eine der Grenzwelten zu erreichen. Von dort aus chartere ich mir eine Passage nach Beltaran.«

Oscar schüttelte vor Frustration das Haupt. »Am liebsten würde ich dir eine ganze Kampftruppe mitschicken.«

»Je mehr Leute, desto höher die Gefahr, entdeckt zu werden. Allein bin ich schneller und flexibler.«

Oscar stand auf und reichte Dexter die Hand. »Dann bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als dir alles Gute zu wünschen.«

Dexter zwang sich zu einem Lächeln, stand auf und packte Oscars Hand mit festem Griff. »Sieh nicht so ernst aus der Wäsche. Wir sehen uns wieder. Versprochen.«

Oscars Mundwinkel zuckten leicht. Ein Lächeln wollte sich aber nicht so recht einstellen. »Wollen wir hoffen, dass du recht behältst. Ich habe in letzter Zeit schon zu viele Freunde verloren. Ich will dich nicht auch noch dazuzählen müssen.«

SKULL 3: Die Würfel fallen

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