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3.1.2. Dynamik und Offenbarung

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Das offenbarende und schöpferische Wirken Gottes kann also semiotisch neu interpretiert werden. Das dynamisch-relationale Moment der Zeichentheorie von Peirce bildet das entscheidende tertium comparationis für einen solchen hermeneutischen Ansatz. Er lässt eine Beschäftigung mit der Peirce’ schen Semiotik im Rahmen einer bibelwissenschaftlichen Analyse und Interpretation sinnvoll erscheinen und neue Ergebnisse im Hinblick auf eine Akzentuierung der Offenbarungs- wie der Schöpfungstheologie erwarten. Auf diesen Punkt ist im Folgenden näher einzugehen. Drei wesentliche Aspekte gehören zum Aspekt der „Dynamik“, die alle dem biblischen Offenbarungsverständnis zugeordnet werden können: Das semiotische Konzept von Peirce ist ontologisch ausgerichtet, triadisch – also dynamisch (in phänomenologisch-semiotischer Ausprägung) – bestimmt und relationenlogisch geordnet.

Erstens: Peirce bestimmt seine Triade als ontische Gegebenheit. Das hat insbesondere für das externe, reale Objekt zu gelten, das den Fixpunkt der semiotischen Epistemologie bildet. Ziel ist die Erschließung des wahren Seins dieses Gegenstandes. Auf es allein ist das Interesse gerichtet.

Zweitens: Peirce entfaltet seine Erkenntnislehre in einer triadischen Struktur kategorialer Aspekte. Sie stellen den Erkenntnisvorgang in umfassender Weise dar. Übertragen auf den offenbarungstheologischen Zusammenhang bedeutet das: Die triadische Struktur reflektiert das Offenbarungsgeschehen zwischen Gott und Mensch, wobei Gott zum Objekt der Erkenntnis wird. Das Offenbarungszeichen, das sich auf Gott bezieht, wird mit einer deutenden Aussage verknüpft. Es geht um die Dynamik der Selbsterschließung. Bemerkenswert an Peirces Theorie ist die Tatsache, dass sie dem Objekt eine dynamisch-evolutive Qualität zuschreibt. Das Objekt übt einen Zwang zur Selbstmitteilung aus. Daher initiiert es den Begriffs- und Bedeutungsbildungsprozess. Die Aussagen von Peirce sind in dieser Hinsicht frappierend eindeutig, wie in der voraufgegangenen Analyse und Interpretation der Kernstellen aus seinem Werk aufgezeigt werden konnte. Erinnert sei nur an folgenden markanten Satz: „[The dynamical object – S.E.] means something forced upon the mind in perception, but including more than perception reveals.“1 Die Aussage ist deutlich: Das dynamische Objekt wird zeichenhaft erfasst, und zwar im unmittelbaren Objekt. Darin geht das dynamische Objekt nicht ganz auf, so dass die Zeichen- und Bedeutungsgenerierung fortgesetzt werden muss, um genauere Erkenntnis zu erhalten. Auch in dieser voranschreitenden Erkenntnisbedürftigkeit mit dem Ziel der „letzten Meinung“ („final opinion“) zeigt sich eine Analogie zum ambivalenten biblischen Offenbarungsbegriff des gleichzeitigen Offenlegens und Verbergens sowie der teleologisch-eschatologischen Struktur. „Offenbarung“ und „Telos“ sind die zwei entscheidenden Punkte. Im obenstehenden Zitat fällt sogar noch expressis verbis der Begriff „Offenbarung“ („reveals“! – vgl. „revelation“).

Drittens: Die Relationalität verbindet die drei Universalbegriffe zu einer festen Struktur und sorgt somit für Einheit. Es handelt sich um einen Erkenntnisprozess und daher aus theologischer Perspektive um einen Offenbarungsvorgang, der das Objekt erfahrbar werden lässt.

Das Moment der Dynamik – die (Selbst-) Erschließungsfunktion, die als Ruf Gottes im Erkenntnisprozess transparent wird, – und das Moment der Relationalität – die geistige Verbindung und Vereinheitlichung, die der Mensch im Bedeutungsbildungsprozess als Antwort vornehmen muss, – führen zu Gott zurück und lassen Aussagen zu seiner Wesenheit zu. Das ist das ontologische Moment. Aufgrund der erwähnten Relationalität der drei Komponenten verbinden sich alle diese Teile zu einem untrennbaren erkenntnistheoretischen bzw. offenbarungs- wie schöpfungstheologischen Ganzen.

Zeichen und Geist

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