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Woher komme ich?

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Die Frage nach einem Halt im Leben hat mich schon ziemlich früh beschäftigt. Vielleicht liegt das daran, dass ich als Einzelkind aufgewachsen bin und viel Zeit zum Nachdenken und Grübeln hatte. Der Gedanke, dass alles Zufall sein sollte, machte mir Angst. War ich auch ein „Zufall“? Was wäre, wenn es mich nicht geben würde? Wenn ich einfach nicht existieren würde? Wenn meine Eltern sich nie getroffen hätten? In meinem Fall wäre das durchaus eine Option gewesen. Denn meine Eltern hatten typische Nachkriegsbiografien. Mein Vater ist in Ostpreußen geboren. Meine Mutter hatte ihre Wurzeln in Schlesien. Beide trafen sich dann Ende der 1950er-Jahre bei einer Tanzveranstaltung in einem Duisburger Café. Dabei muss es zwischen ihnen gefunkt haben. Am 1. Dezember 1960 haben sie schließlich geheiratet. Am 29. Juli 1962 wurde ich geboren. Ich sollte ihr einziges Kind bleiben.

War das ein Zufall, war es Schicksal, oder steckte irgendeine Absicht dahinter, dass meine Eltern sich getroffen haben und dass ich geboren wurde? Was wäre gewesen, wenn sie irgendwo auf diesem Weg eine andere Abzweigung genommen hätten? Wäre ich dann nie zur Welt gekommen? Was wäre dann mit „mir“? Oder war ich eine Seele, die nur darauf wartete, in irgendein Neugeborenes zu fahren und es mit Leben zu erfüllen? Das alles ging mir durch den Kopf, als ich noch keine zehn Jahre alt war. Kein Wunder, dass ich später Philosophie studiert habe.

Aber zurück zu dem jungen Mann, der ich mal war. Die Frage nach einem Halt im Leben wurde für mich noch drängender, als das Thema „Tod“ in mein Leben trat. Zuerst nur theoretisch. Mangels anderer Lektüre habe ich im Urlaub Landser-Hefte verschlungen. Das sind dünne Heftchen, in denen große Schlachten aus dem Zweiten Weltkrieg nacherzählt werden. Natürlich starben da Menschen, wie es in einem Krieg normal ist. Die Geschichten faszinierten mich, aber die Frage nach dem Tod stand plötzlich im Raum. „Wohin gehe ich?“, fragte ich mich. Meine Grübeleien hatten mich zu der Erkenntnis gebracht, dass ich kein Zufall sein konnte. Und das, obwohl Gott für mich damals noch keine Rolle spielte. Ich hatte zwar hin und wieder den Kindergottesdienst besucht und war auch im Besitz einer bunten Kinderbibel. Aber das waren auch meine einzigen Berührungspunkte mit Gott. Jetzt wurde die Frage drängender: „Wenn ich kein Zufall bin, was passiert dann nach meinem Tod? Gibt es ein Leben danach, und wenn ja, wie wird das aussehen?“ Das waren die Fragen, mit denen ich mich in diesem Urlaub beschäftigte. Antworten hatte ich keine, aber die Idee, dass hinter alldem ein Gott stecken konnte, lag für mich nahe. Viel wusste ich von diesem Gott nicht, aber das Vaterunser konnte ich auswendig. Deshalb beschloss ich noch in diesem Urlaub, dieses Gebet zu einem Teil meines Lebens zu machen. Ich teilte meinen Eltern mit, dass ich ab sofort jeden Abend kurz vor dem Einschlafen für uns zusammen das Vaterunser sprechen würde. Und das tat ich dann auch. Antworten auf meine Fragen hatte ich also noch nicht bekommen, aber ich hatte eine Idee, wo ich suchen musste.

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