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Wohin gehe ich?

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Als ich dreizehn Jahre alt war, kam der Tod zum ersten Mal ganz praktisch in mein Leben. Meine Oma, die bei uns lebte, hatte einen Schlaganfall. Wenige Wochen später starb sie. Als der Pfarrer zur Aussegnung zu uns nach Hause kam, schloss ich mich in der Toilette ein. Ich konnte es kaum ertragen, meine geliebte Oma tot auf dem Bett liegen zu sehen. Blass, kalt und stumm. Ihr Leben war nach vierundachtzig Jahren ans Ende gekommen. Sie fehlte mir. Wo war sie jetzt?

Einige Monate vorher hatte mein Konfirmandenunterricht begonnen. Zu meiner großen Überraschung sprach der Pfarrer genau über die Fragen, die mich schon seit einigen Jahren bewegten. Und er gab Antworten, die mich überzeugten. Innerlich machte ich oft nach den Unterrichtsstunden einen Haken auf meiner Liste von Fragen. Eine nach der anderen wurde beantwortet. Mit offenen Ohren und einem offenen Herzen saugte ich auf, was ich hörte: Dass Gott mich immer schon geliebt hat, noch bevor ich geboren wurde. Dass er mich geschaffen hat. Dass ich kein Zufall bin, sondern dass er mich gewollt hat. Und dass es ein Leben nach dem Tod gibt.

Ich kann kaum beschreiben, wie erleichtert ich war, das alles zu hören. Der Tod meiner geliebten Oma bewirkte, dass ich das Ganze noch ernster nahm. Zum ersten Mal in meinem Leben hatte ich einen toten Menschen gesehen. Und zum ersten Mal hatte ich davon gehört, dass es so etwas wie ewiges Leben gibt und dass es Menschen gibt, die daran glauben, dass der Tod nicht das Ende des Lebens ist. Ich hatte es geahnt und gehofft, und jetzt konnte ich auch anfangen, es zu glauben. Auch, wenn eine gesunde Skepsis mein lebenslanger Begleiter bleiben würde. Vielleicht hatte ich als junger Mensch einfach zu viel und zu gründlich nachgedacht, um mich mit einfachen und platten Antworten abzufinden. Dass das die ideale Vorbereitung auf meine spätere Arbeit als Journalist war, konnte ich damals natürlich noch nicht ahnen.

Auf Herz und Nieren

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