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1.7 Vom Bedürfnis und Gefühl zu den richtigen Worten – ein Heilprozess: Das ASOMA-Kommunikationsmodell

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Ein entscheidender Gesichtspunkt beim Aufbau konstruktiver Kommunikation ist die Frage nach den notwendigen Voraussetzungen. Beziehung gelingt erst, wenn ich eine ungefähre Ahnung über mich selbst und meine Bedürfnisse habe und weiß, welche nur einer situativen Laune entsprechen. Damit gelingt es mir, Einfluss auf meine Persönlichkeitsanteile zu nehmen und deren interne Kommunikation zu erfassen. Erst danach sind die Voraussetzungen für eine konstruktive und freudvolle Kommunikation mit anderen Menschen geschaffen. Die notwendige besondere Achtsamkeit für diese Erkenntnisprozesse, wie sie in Kapitel 2 beschrieben wird, kann man sich mit mentalen Techniken aneignen. So gibt es Meditationsübungen verschiedenster Heilkulturen mit dem Ziel, »gesunde« Kommunikationswege herzustellen. Damit sind Trance- oder Selbsterkenntnisübungen gemeint, die Anwender·innen dabei helfen, zu sich zu kommen, sowie sich selbst zu erkennen, zu akzeptieren und sich von Gefühlen wie Angst und Ärger so weit lösen zu können, dass sie die Kontaktaufnahme zu anderen nicht stören.

Das hier im Buch vorgestellte Modell der ASOMA-Kommunikation (Archetyposomatische Marker in achtsamkeitsbasierter Kommunikation) ist eng verwandt mit dem therapeutisch verwendeten Trancemodell der TCM, das seelische und körperliche Zeichen als Symptome versteht und mentale Techniken mit aus archetypischen Metaphern abgeleiteten Achtsamkeitsübungen anbietet, die in der Hypnotherapie eingesetzt werden. Ziel ist die Förderung von Heilprozessen, nicht nur in der Medizin, sondern auch in jeder Form von konstruktiver Kommunikation. Dieser Vorgang wird als ein Heilprozess sozialer Systeme verstanden. Der Ansatz, der in diesem Buch verfolgt wird, ist daher die Betrachtung der Vorbereitung und Durchführung von Kommunikation unter dem Aspekt von Heilung.

Vergleichen wir einen kommunikativen mit einem therapeutischen Prozess, so wird der Arzt, bevor er sich für eine Therapie entscheidet, alle Symptome der Patient·in ausführlich untersuchen und prüfen, zu welcher Diagnose sie ihn führen. Aus ärztlicher Sicht ist ohne Diagnose keine sinnvolle Therapie möglich. In gleicher Weise macht es vor jedem konstruktiven Gespräch Sinn, wahrzunehmen, in welchem emotionalen Zustand die Gesprächspartner·innen den Prozess der gegenseitigen Annäherung beginnen. Dazu dienen uns die Vorstellungen traditioneller Heilverfahren und deren relativ klare Vorstellungen vom Zusammenhang seelischer und körperlicher Befindlichkeiten. Dabei sei erwähnt, dass in diesem Buch nicht auf esoterische Aspekte, sondern auf die Grundannahmen der traditionellen überlieferten Wirkmechanismen körperlicher Heilprozesse zurückgegriffen wird, sofern sie im Einklang mit der aktuellen naturwissenschaftlichen Forschung stehen. Gemeint sind primär Inhalte aus den Lehrbüchern der TCM, weil hier besonders deutliche Beschreibungen physiologischer Zusammenhänge im menschlichen Organismus zur Verfügung stehen, die auch in den traditionellen Heilweisen anderer Kulturkreise zu finden sind. Manfred Porkert (1991, 1993), Sinologe und einer der besten deutschsprachigen Kenner von Schriften altchinesischer Heilkunst, konnte uns als seine Schüler wiederholt überraschen, wenn er einzelne Begriffe aus dem I-Ging, einem der wichtigsten Kulturbücher der TCM, dem Altpersischen zuschreiben konnte, die anschließend ins Chinesische übernommen wurden. Damit konnte er zeigen, dass bei der Entwicklung der Schulen zur TCM auch die Erkenntnisse fremder Kulturen geprüft und bei Nachweis ihrer Wirksamkeit in die eigenen Handlungsanweisungen übernommen wurden.

Mit der Struktur dieser Wirkprinzipien verfügen wir über eine Arbeitshypothese, die sich seit ca. 4000 Jahren bewährt hat, um die bidirektionale Wirkung emotionaler und körperlicher Befindlichkeiten zu verstehen und zu nutzen.

In dem ersten Schritt des Aufbaus einer heilsam konstruktiven Kommunikation geht es also darum, sich über die eigenen Gefühle klar zu werden, bevor man das Gespräch mit dem Gegenüber beginnt. Diese Phase bedarf einer guten Wahrnehmungsfähigkeit, die man durch besondere Achtsamkeitsübungen trainieren kann. Woran erkenne ich meine Gefühle, woran die meiner Gesprächspartner·in?

In einem zweiten Schritt sollten die eigenen Wünsche und aktuellen Bedürfnisse artikuliert werden. Diese entstehen aus den Werteskalen, die jeder Mensch in sich trägt und die meist unbewusst den Verlauf zwischenmenschlicher Interaktion beeinflussen. Marshall Rosenberg (2005) beschreibt in seiner Anleitung zur Gewaltfreien Kommunikation die Notwendigkeit, sich dieser Vorstufen bewusst zu werden, um eine Auseinandersetzung heilsam, d. h. konstruktiv werden zu lassen. Daraus kann eine Authentizität entstehen, die eine Beziehung zum Gegenüber ermöglicht, die in einer Atmosphäre von Ehrlichkeit und Glaubwürdigkeit fundamentale Voraussetzung ist für eine erfolgreiche und für beide Seiten gesunde Auseinandersetzung.

Die drei Stufen zu einer heilsam konstruktiven Kommunikation sind zusammengefasst:

1 1) Wahrnehmen der Gefühle

2 2) Wahrnehmen eigener Wünsche, Bedürfnisse und Werteskalen

3 3) in Beziehung und Kommunikation gehen.

Die Grundregel, eine Kommunikation erst dann zu beginnen, wenn sich die Gesprächspartner·innen ihrer Gefühle bewusst geworden sind, gilt universell. In fast allen Kulturen starten Gespräche mit der Frage »Wie geht es Ihnen?«, mittlerweile leider häufig eine Floskel. Und doch wissen wir, wie sehr der Erfolg eines Gesprächs von seiner Vorbereitung, seiner Einleitung und dem Herstellen einer ersten Resonanz zwischen den Beteiligten abhängt.

In der Tat aber fehlt uns zu Beginn einer kommunikativen Beziehung immer mehr die Zeit zum Aufbau einer Haltung, die einer effektiven Vorbereitung tiefergehender Gespräche dient. Daher konzentriert sich dieses Buch auf die Anstrengungen vor dem eigentlichen Beginn der Kommunikation, in der nach den oben angeführten Stufen eine innere Haltung aufgebaut wird. Das ASOMA-Kommunikationsmodell stellt uns dazu eine Arbeitshypothese zur Verfügung, mit der die Funktion der vegetativen Systeme erklärt wird. Daraus lassen sich die im Buch beschriebenen mentalen Techniken ableiten, die uns in unserem Kommunikationsverhalten voranbringen. Das Modell stützt sich auf die Vorstellungen der TCM, nach der der Fluss des Qi, der Lebenskräfte, durch besondere Leitbahnen im Körper durch die vegetativen Systeme, die speziellen Steuerzentralen des Unbewussten, reguliert wird. Diese Leitbahnen zu erkennen und zu entwickeln gibt uns die Möglichkeit, sowohl seelische und körperliche Gesundheit als auch unsere Kommunikationsfähigkeit zu verbessern.

Hypnosystemische Kommunikation mit inneren Beratern

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