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VII. Art. 352 AEUV – Flexibilitätsklausel
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Auf der Grundlage der Flexibilitätsklausel kann die Union Rechtsakte erlassen, wenn ein Tätigwerden der Union im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche erforderlich erscheint, um eines der Ziele der Verträge zu verwirklichen, und wenn in den Verträgen die hierfür erforderlichen Befugnisse nicht vorgesehen sind (Art. 352 Abs. 1 S. 1 AEUV).
Art. 352 AEUV reicht deutlich weiter als die alte Kompetenzabrundungsklausel Art. 308 EG. Die alte Kompetenzabrundungsklausel war auf die Zielverwirklichung im Rahmen des Gemeinsamen Marktes beschränkt, nun genügt bereits, dass ein Tätigwerden der Union „im Rahmen der in den Verträgen festgelegten Politikbereiche“ erforderlich erscheint. Das BVerfG geht im Lissabon-Urteil davon aus, dass die Vorschrift dazu dienen kann, im nahezu gesamten Anwendungsbereich des Primärrechts eine Zuständigkeit zu schaffen, die ein Handeln auf europäischer Ebene ermöglicht.[11]
Gleichwohl dürfen die auf der Flexibilitätsklausel beruhenden Maßnahmen keine Harmonisierung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten in den Fällen beinhalten, in denen die Verträge eine solche Harmonisierung ausschließen (Art. 352 Abs. 3 AEUV). Genau das regelt aber Art. 168 Abs. 5 AEUV im Bereich des Gesundheitsschutzes.
Außerdem sind die Verfahrensvorschriften nicht eingehalten: Aus dem Sachverhalt ist nicht zu entnehmen, dass die Kommission den Deutschen Bundestag und den Bundesrat nach Art. 352 Abs. 2 AEUV im Rahmen des Verfahrens zur Kontrolle der Einhaltung des Subsidiaritätsprinzips nach Art. 5 Abs. 3 EUV auf die Vorschläge aufmerksam gemacht hätte. Zudem haben der Deutsche Bundestag und der Bundesrat der Süßigkeitenwerbeverbotsverordnung nicht nach Art. 23 Abs. 1 S. 2 GG zugestimmt. Das aber verlangt das BVerfG, weil die Flexibilitätsklausel in ihrem Anwendungsbereich unbestimmt ist und im nahezu gesamten Anwendungsbereich des Primärrechts eine Zuständigkeit der Union schaffen kann. Die Übertragung einer Blankettermächtigung auf die Union wäre verfassungsrechtlich unzulässig.
Im Ergebnis scheidet Art. 352 AEUV als Rechtsgrundlage aus.