Читать книгу Faylinn - Stefanie Worbs - Страница 13

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Deakens Blick wurde fordernd und ich kam ihm nach. Unsere Mittagessen waren vergessen, als wir den Speisesaal verließen und in die Bibliothek gingen. Erst dachte ich, er würde mir irgendein Buch zeigen wollen, doch er lief weiter und die Treppe zu den Büros hinauf. Aber wieder dachte ich falsch, denn er bog erneut ab und stieg auch die nächste Treppe nach oben zu den privaten Zimmern der Professoren. Hier oben war ich noch nie gewesen und ich bezweifelte auch, dass überhaupt je ein Schüler hierher kam.

Deaken folgte dem Flur und hielt mittig an einer Tür. Er zog seine Schlüsselkarte hervor und öffnete das elektronische Schloss. Ein grünes Lämpchen leuchtete auf und die Tür schwang leicht nach innen. Er schubste sie weiter auf und bedeutete mir, als Erste einzutreten. Ich zögerte. Wollte ich da wirklich rein?

Aber was immer er mir zeigen wollte, schien wichtig und irgendwie geheim zu sein, ansonsten hätte er es in seinem Büro ein Stockwerk tiefer aufbewahrt. Ich betrat den Raum und schaute mich verstohlen um. Ich stand in einem Wohnzimmer mit den typischen Möbeln darin. Sofa, Sessel, Tisch, TV auf einer kleinen, modernen Anbauwand. Die Wände waren in einem sanften, hellen Braun gestrichen, was alles noch gemütlicher wirken ließ. Gegenüber der Tür war eine etwas größere Fensterfront mit Durchgang zu einem der vielen Balkone.

Die Vorhänge waren halb zugezogen und so konnte ich nicht ausmachen, welcher es sein würde, wenn man die Mansion von außen betrachtete. Doch das Zimmer zeigte zur Gartenseite, denn ich erkannte den Wald weiter hinten. Außerdem konnte ich Teile einer Balkonausstattung aus Rattan ausmachen, mit einem kniehohen Tisch aus Glas in der Mitte.

Deaken kam an mir vorbei und berührte kurz meinen Arm. „Hier lang“, sagte er und ging einen Raum weiter. Ich folgte ihm und erkannte ein Arbeitszimmer. Hier gefiel es mir noch besser, denn die Wände waren über und über mit Bücherregalen bestückt, die überzulaufen schienen. Ein großer, altmodischer Arbeitstisch stand mittig im Raum und auch er quoll über vor Schriften, Aufzeichnungen, Karten und Büchern. Trotz des Chaos gefiel mir die Atmosphäre, die der Raum versprühte.

Deaken warf mir einen entschuldigenden Blick zu. „Sorry für das Chaos. Ich hatte eigentlich nicht vor, jemanden hier rein zu lassen.“

„Kein Ding. Ich find’s gut“, grinste ich und er wirkte beruhigt.

„Hier, komm her und sieh dir das an“, sagte er und ging um den Tisch. Ich folgte ihm auf der anderen Seite und stellte mich neben ihn. Er deutete auf eine Karte, die ausgebreitet auf dem Tisch lag. Sofort erkannte ich Wisteria. Doch auch hier standen andere Namen für die Städte, Flüsse und Seen.

Er deutete auf die Hauptstadt im Westen. „Hier hat sich eine Gruppe Magier ihren Sitz eingerichtet. Sie herrschen von hier aus über den gesamten Westen.“ Er deutete etwas südlich der östlichen Hauptstadt in ein Wüstengebiet. „Und hier sitzt eine zweite Gruppe Magier. Sie sind dabei den Osten zu unterwerfen und das erfolgreich.“ Er hob den Blick und ich fing ihn auf. „Die zwei Gruppen sind Todfeinde“, erklärte er. „Sie nutzen unterschiedliche Magie und haben unterschiedliche Vorstellung davon wie man sie einsetzen sollte. Jede will die Macht über das Land.“ Er zog weitere Karten und Aufzeichnungen zu uns heran und ich überflog einen Teil davon.

„Mhh, klingt nach einem normalen Aufstand“, gab ich an und grübelte, was denn daran so schlimm war.

„Ja. Es wäre auch kein Problem, wenn da nicht die Drachen wären“, erklärte Deaken weiter.

„Was ist mit denen?“ Ich wusste natürlich auch von diesen Geschöpfen. Sie lebten in Wisteria zumeist frei und wild. Nur ein paar hatten sich an Menschen gebunden. An Magier, um genau zu sein. Wie diese Verbindung aussah, wusste ich allerdings nicht. Nur wenige meiner Vorgänger hatte sich mit dem Thema beschäftigt. Und die, die es getan hatten, hatten fast keine nützlichen Informationen bekommen können.

Deakens Blick wurde traurig. „Sie werden mitkämpfen“, sagte er dann und wirkte, als wäre es das Ende der Welt. War es das? Das Ende von Wisteria?

„Was ist daran so schlimm?“, fragte ich vorsichtig, denn es schien wirklich etwas Dramatisches zu sein.

„Es sind nicht mehr viele und wenn sie kämpfen werden sie sterben. Fay, weißt du was es heißt, wenn eine so wichtige Rasse ausgelöscht wird?“

Ich erinnerte mich an eine Lektion aus Raum-Zeit. Professor White hatte uns erklärt, dass es zu Störungen im Gefüge kam, wenn eine magische Rasse vernichtet wurde. Da viele Anders-Welten stark mit der Magie verbunden waren, erschütterte es sie extrem, wenn eine magische Energie einfach fehlte. Es brachte diese Welt sozusagen aus dem Gleichgewicht.

„Ich glaube ich weiß, was du meinst.“

„Sicher? Fay! Wisteria wird untergehen, ohne die Magie der Drachen! Sie sind eine der stärksten magischen Gruppen dort. Wenn nicht sogar die Stärkste.“

„Wieso kämpfen sie dann mit?“

„Weil sie müssen. Sie haben sich mit den Magiern verbunden und haben somit keine Wahl.“

„Können sie die Verbindung nicht lösen?“

„Anscheinend nicht.“

„Und was ist mit den wilden Drachen? Wenn sie sich raushalten würde doch auch nichts geschehen, oder?“, wollte ich weiter wissen.

„Sie werden sich nicht raushalten. Drachen sind stolze Wesen. Zu stolz, wenn du mich fragst. Sie werden sich auf die eine oder andere Seite schlagen und kämpfen.“

„Aber wissen sie nicht was passieren wird?“

„Woher denn? Sie wissen nicht, dass sie eine Anders-Welt sind. Für sie gibt es nur Wisteria. Kein Raum-Zeit-Gefüge. Keine anderen Welten. Sie sind wie unsere Menschen hier. Sie haben keine Ahnung.“

„Dann sollten wir es ihnen sagen.“

„Faaay.“ Jetzt klang er, als würde er einem Kind, eine Sache schon das dritte Mal erklären müssen. „Du weißt, dass wir das nicht dürfen. Stell dir vor, was sie anstellen würden, wenn sie von uns wüssten.“

„Deeeak“, ahmte ich seinen Tonfall nach. „Wir müssen ihnen ja nicht sagen, dass wir Hüter sind. Wir müssten ihnen einfach einen Anstoß zum Nachdenken geben.“

Sein Mund verzog sich zu einem echt süßen Grinsen. „Deak?“, wiederholte er fragend.

„Nicht?“, fragte ich vorsichtig, weil ich nicht wusste, ob es okay war, seinen Spitznamen zu verwenden.

„Gerne.“ Er grinste breiter, offensichtlich glücklich damit. „Wir können uns nicht offenbaren. Nicht uns und auch nicht unsere Welt. Die Konsequenzen sind nicht vorhersehbar“, stieg er wieder ernster ins Thema ein.

„Okay, also der umständliche Weg“, seufzte ich. „Du hast doch einen Plan, oder? Erklär ihn mir bitte. Und außerdem wäre es schön zu wissen, warum du so viel mehr als ich über meine Anders-Welt weißt.“

„Um ehrlich zu sein, habe ich keinen Plan. Wie auch? Ava hat deinen Schlüssel und wir können nicht nach Wisteria gehen, ohne einen Hüter. Wir können nur durch ein Fenster schauen und versuchen, bestimmte Magieströme zu lenken. Mehr Einfluss haben wir nicht“, gab er zu und senkte abermals den Blick auf die Karte. „Und ich weiß auch nicht viel mehr als du. Nur eben das was wir durch unsere Beobachtungen erfahren haben. Wir haben keine Macht und so gut wie keinen Einfluss. Wir brauchen einfach einen Hüter, der rübergehen kann.“

„Du erzählst von einem Konflikt dort. In den Tagebüchern steht darüber aber nichts. Zumindest nicht so detailliert.“ Ich hob einen Stapel Papiere an, auf dem Infos darüber standen.

„Weil zu Helmstedts Zeiten noch kein richtiger Ansatz dafür existierte. Die großen Magiergruppen haben sich erst in den letzten vier bis fünf Jahren zusammengetan. Vorher lebten sie recht verstreut. Von dem Konflikt wissen wir auch nur wage. Wir sehen lange nicht alles.“

„Du hast vorhin gesagt, ihr hättet ab und zu eingegriffen. Aber wie genau, wenn ihr Wisteria nicht betreten könnt? Wie sieht so ein Fenster denn aus?“

Er musterte mich einen Moment nachdenklich, dann schien er zu entscheiden, dass ich mehr Informationen gut gebrauchen konnte. „Es gibt noch einen weiteren Raum im Keller. Einen, den nur bestimmte Personen vom Weave betreten dürfen.“ Wieder schwieg er einen Moment. „Komm mit.“ Er nahm meine Hand und zog mich hinaus, durchs Wohnzimmer und auf den Flur. Zwei Türen weiter hielt er wieder an und klopfte. May öffnete und sah uns verwirrt an. Ihr Blick glitt von Deak zu mir und dann zu unseren Händen. Er hielt meine noch immer. Erschrocken entzog ich sie ihm und verschränkte die Arme vor der Brust.

Er presste kurz die Lippen aufeinander, und schaute mich an, dann wandte er sich wieder an seine Schwester. „May, ich möchte ihr den Node zeigen.“

Mays Augen wurden groß. „Deaken! Hast du ihr etwa davon erzählt?!“

„Nein. Noch nicht. Aber ich möchte es. Ich denke, es wird Zeit, dass sie Bescheid weiß.“ Seine Stimme wurde immer leiser und drängender.

„Was ist denn der Node?“, schaltete ich mich ein und schaute verwirrt von ihm zu May. „Und was sollte ich wissen? Noch mehr wegen Wisterias Lage?“

May musterte mich und schien nicht recht zu wissen, was sie tun sollte. Ihr Blick ging zurück zu ihrem Bruder, der sie bittend ansah und leicht zappelte, dann seufzte sie. „Ich gehe davon aus, dass du ihr von den Umständen in Wisteria erzählt hast?“

„Hab ich und sie sollte auch sonst alles erfahren.“

„Sie ist erst drei Monate hier! Es ist viel zu früh“, erwiderte May scharf und leise.

Sie ist anwesend“, knurrte ich und trat vor. „Und sie will jetzt wissen, was hier los ist!“

Mays Augen fixierten mich und ich konnte Zorn in ihnen funkeln sehen. Ich wusste, dass ich ihr keine Vorschriften machen konnte und trotzdem war es mein gutes Recht, alles über die Welt zu erfahren, der ich mein Leben widmen sollte. Vor allem dann, wenn dort ein Krieg auszubrechen drohte, der sie vernichten konnte.

Ich hielt ihrem Blick stand und richtete mich auf. „Wisteria ist meine Welt. Ihr habt mich hier hergebracht, damit ich lerne sie zu beschützen. Wenn sie jetzt meine Hilfe braucht, werde ich nicht zusehen und Däumchen drehen! Deak hat gesagt, dass sie schon seit über 20 Jahren ohne Hüter auskommen muss. Und wenn sie wirklich so wichtig ist, wird es Zeit, dass sie wieder einen bekommt!“

Noch immer funkelte May mich böse an. „Du hast keine Ahnung, was du da erzählst!“, fauchte sie. „Du hast keine Ahnung, auf was du dich einlassen wirst! Die Anders-Welten sind keine Spielplätze, Faylinn! Es sind Welten in denen Menschen und Geschöpfe leben, denen wir dienen! Es gehört mehr dazu, als nur ein bisschen zu beobachten und vielleicht mal einzugreifen! Du musst verstehen!“

„Dann lasst mich verstehen! Verdammt noch mal! Ich bin hier. Ich will lernen. Ich will Wisteria helfen! Jetzt!“

„Deine Eile in allen Ehre, aber es ist einfach zu früh.“ Auf einen Schlag war May wieder die Ruhe in Person. Nur noch eine leicht grimmige Miene zur Schau stellend stand sie da, die Arme vor der Brust verschränkt und schüttelte den Kopf. „Du warst schon immer schnell in allem. Dir konnte nichts schnell genug gehen, doch hier geht das nicht. Du kannst noch nicht nach Wisteria. Nicht jetzt.“

„Wann dann? In drei Jahren oder vielleicht erst in sieben? Wenn die Magier sich gegenseitig schon komplett bekriegen und die Drachen sich zerfleischen? Wenn Wisteria keine Chance mehr hat? Dort vergeht die Zeit anders, May! Dort können Monate vergehen, wenn es hier nur zwei Tage sind. Bitte, was auch immer dieser Node ist, lass ihn mich sehen und verstehen was passiert. Ich muss wissen, was Wisteria gerade widerfährt. Lass mich helfen, May.“

„Nein!“, sagte sie entschlossen und ließ die Arme sinken. „Du bist 17. Ein Kind und kein Hüter.“

Stille.

Ein Kind? Sie hatte mich ein Kind genannt. Sicher ich war noch keine Hüterin, dafür war ich hier, um eine zu werden. Doch ich war kein Kind mehr! Dafür hatte ich zu viel durchgemacht. Mir stand der Mund offen, doch ich konnte nichts sagen, sah sie einfach an. Mays Blick war streng und ich konnte nichts mehr von der liebevollen Frau erkennen, die mich damals aus der Anstalt geholt hatte und mir zuvor so viel Nettigkeit und ja sogar Freundschaft entgegengebracht hatte. Vor mir stand nur die oberste Professorin der schottischen Weave Mansion. Ich hatte sie verloren, wenn ich sie denn überhaupt jemals gehabt hatte.

Naiv. Wieder war ich naiv gewesen. Das hatten wir doch schon, ich hatte mir wohl doch nur eingebildet, es könnte eine einmalige Sache gewesen sein, als sie mich das letzte Mal so angefahren hatte. Das war es nicht gewesen und ihr Auftreten und ihre Ausstrahlung bewiesen es mir erneut. May war nie und würde nie eine Freundin für mich sein.

„Ich geh lieber. Danke dass du mir die Karte gezeigt hast, Deak, und mir gesagt hast, was los ist. Vielleicht finde ich was in den Tagebüchern, was euch hilft Wisteria zu helfen.“ Damit wandte ich mich ab und ging.

Im Gehen konnte ich noch hören wie Deaken, wieder mal wegen mir, seine Schwester anfuhr. „Ein Kind, May? Du nennst sie ein Kind?! Was ist nur los mit dir? Hast du vergessen, wie wichtig sie ist? Willst du sie verjagen, mit deinen Beleidigungen?“

Ich bog auf die Treppe ein und war jetzt außer Sicht, also hielt ich an und lauschte auf ihre Antwort.

„Ich weiß, wie wichtig sie ist! Wahrscheinlich mehr als du es vorgibst zu wissen! Wenn wir sie jetzt dort hinschicken und ihr passiert was, kann das unser aller Untergang sein! Verstehst du mich? Wir können es uns nicht leisten sie zu verlieren! Sie ist Wisterias nächste Hüterin, wenn sie stirbt oder ihr was zustößt, müssen wir wieder suchen und du weißt, wie lange die Suche nach ihr gedauert hat! Also hör auf, mir zu sagen, ich wüsste nicht, wie wichtig sie ist! Vielleicht solltest du dich lieber von ihr fernhalten. Deine Gefühle vernebeln dir deinen Verstand.“ Die letzten Worte sprach May, anders als die ersten, mit schwesterlichem Unterton.

Ich schluckte und lehnte mich an die Wand.

May sprach weiter: „Sie wird den Node erst sehen, wenn sie bereit dafür ist. Bis dahin müssen wir weiterhin tun, was wir können, um von hier aus zu helfen.“

„Können wir ihr nicht wenigsten mehr Informationen geben? Sie wird sowieso alles erfahren.“

„Nein, Deak. Du weißt, wie ungeduldig Fay ist. Glaubst du im Ernst, sie könnte mit all dem Wissen hier sitzen und warten? Du hast sie gehört. Sie wird nicht zusehen und Däumchen drehen. Es ist fast eine Schande, dass Lia so viel mehr Geduld hat als Fay und doch zu jung ist.“

„Was willst du damit sagen?“, hörte ich Deak fragen und er klang verärgert.

„Das vielleicht Lia die bessere Hüterin wäre. Sie hat Geduld und Ausdauer. Fay ist ... ist so unreif. Bei ihr muss alles schnell gehen. Sie denkt nicht nach.“

Ich keuchte. Was? Ich und unreif? Dann hörte ich nichts mehr. Die beiden waren verstummt. Sie hatten sicher mein Keuchen gehört. Kurz war ich erschrocken, weil sie mitbekommen hatten, dass ich gelauscht hatte, doch schon einen Moment später, war es mir egal. Ich hatte sowieso genug gehört. Ich lief die Treppe hinab, immer zwei Stufen auf einmal nehmend, und rannte halb zurück in den Schülerflügel. Dyllan warf mir einen verwirrten Blick zu, als ich an ihm vorbeistürmte und die Treppe zu meinem Zimmer hinauf. Die Tür flog hinter mir zu und ich zog meine Karte am Scanner entlang, um sie zu verriegeln und so zu verhindern, dass Lia oder sonst wer hereinkam. Meine Schwester würde auf jeden Fall kommen. Ich ließ mich rückwärts auf mein Bett fallen und starrte die Decke an. Mays Worte schwirrten mir im Kopf herum.

Sie ist ein Kind. Sie ist noch nicht bereit. Sie ist viel zu ungeduldig. Sie ist unreif. Lia wäre die bessere Hüterin. Normalerweise war ich nicht der Selbstmitleid-Typ, aber diese Worte hatten mich getroffen. Kritik war kein Problem für mich. Aber May hatte mit ihren Aussagen über meine Persönlichkeit voll ins Schwarze getroffen. Geduld? Ausdauer?

Das kannte ich nicht. Ich wollte nicht lernen mit dem Schwert zu kämpfen, obwohl es wirklich wichtig zu sein schien. Ich wollte in eine Welt gehen, in der bald Krieg herrschen würde, wenn es nicht schon so weit war, doch ich konnte nichts tun, um mich zu verteidigen. Zumindest nicht praktisch. In der Theorie gelang mir alles. In meinem Kopf hätte ich ganz Wisteria binnen eines Wimpernschlags gerettet. Doch würde ich es können? Ich konnte zaubern, aber hatte ich wirklich die Konzentration dafür, es auch richtig zu machen?

Im Keller mit Mana war es etwas ganz anderes. Sicher, ich würde auch in Wisteria das Mana greifen können und teilweise müssen, um es mit meinen Gedanken zu verbinden. Aber trotzdem ... Ich erinnerte mich an die Übungsstunde in dem Raum im Keller, in dem Wisterias Mana herrschte. Ich hatte es nicht auf die Reihe gekriegt. Hatte das Mana nicht so mit meinen Gedanken verbinden können, dass brauchbare Zauber dabei herausgekommen waren. Zwar hatte Deak gemeint, ich würde später kaum Mana brauchen, doch ich hatte schon Schwierigkeiten gehabt, es überhaupt richtig zu fassen zu bekommen.

Ich drehte mich zur Seite und starrte nun die Wand an. May hatte recht. Ich war ungeduldig, nicht bereit, nicht fähig eine andere Welt zu schützen. Mir brannten die Augen. Scheiß Ungeduld! Ich wollte bereit sein und es grämte mich, dass ich es nicht war. Dass ich es anscheinend auch in den nächsten Jahren nicht sein würde. Ich würde warten müssen. Wo ich das ja am besten von allem konnte.

Trotz dieser Einsicht mischte sich Wut in meine Tränen. May wusste, was ich hatte durchmachen müssen. Sie kannte meine Geschichte und dachte trotzdem, dass ich zu jung wäre, um wichtige Informationen zu bekommen. Sicher hatte sie recht, wenn sie sagte, ich würde dann auch handeln wollen, es wäre ja so. Trotzdem tat es weh, zu hören, dass sie mich für nicht reif genug hielt, um mir wenigstens zu sagen, was genau in Wisteria vor sich ging.

Ein Kind meinte sie, weil sie mich für unreif hielt. Unreif! Ich war verdammte 17 und hatte schon mehr einstecken müssen, als so mancher Mittfünfziger! Ich war nicht unreif und ich würde es ihr beweisen! Wenn sie meinte, ich wäre nicht so weit, würde ich eben warten. Ich würde geduldig sein und sie entscheiden lassen. Warum sollte ich auch darauf drängen, in eine Welt zu gehen, die mich durchaus umbringen konnte?

Ich würde mein Helfersyndrom ausschalten, wenn es um Wisteria ging. Wenn May der Meinung war, es wäre noch genug Zeit, dann sollte sie tun, was sie für richtig hielt. Doch ich nahm mir fest vor, es ihr unter die Nase zu reiben, wenn ich am Ende, alle aus dem Dreck ziehen musste. Wenn es mir überhaupt gelingen würde, alle aus dem Dreck zu ziehen. Wenn ich stark genug wäre und es am Ende nicht zu spät war.

Faylinn

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