Читать книгу Faylinn - Stefanie Worbs - Страница 14
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Es klopfte leise und die Klinke ging runter, doch die Tür schwang nicht auf. „Fay?“ Das war Lia. Ich antwortete nicht. Ich hatte keine Lust zu reden oder mir irgendwelche das hat sie nicht so gemeint - Reden anzuhören. Im Moment wollte ich einfach meine Ruhe haben, außerdem war ich sowieso müde.
Blödes Kampftraining.
Ich musste an Ava denken und mir wurde schmerzlich bewusst, dass ich sie schon wirklich lange nicht mehr gesehen hatte. Auch Meryl hatte mich bisher nur ein Mal besucht, um zu sehen, wie es mir hier so gefiel. Ich vermisste die beiden. Sie waren meine einzigen Freunde und die einzige Verbindung zu meinem alten Leben. Ich hatte nicht mal irgendwelche Dinge aus meinem alten Zimmer hier, denn meine Eltern hatten es nicht für nötig gehalten, mir welche zu schicken. Sie hatten ein Paket für Lia fertiggemacht, aber keins für mich.
Ich stand auf und holte einen meiner Skizzenblöcke vom Schreibtisch. Er war übervoll mit kleinen Bildern und Kritzeleien, doch irgendwo fand ich immer noch eine Ecke. Ich würde mir wohl trotzdem bald einen Neuen kaufen müssen. Beim Durchblättern blieb meine Aufmerksamkeit an einem Bild hängen. Es zeigte Ava, Meryl und Lia wie sie im Garten Fangen spielten. Die Skizze war nur eine Kopie eines viel größeren Bildes, was ich in früheren Jahren schon gemalt hatte und es erinnerte mich an meine schwerste Zeit, aber irgendwie machte es mir auch Mut und gab mir Kraft.
Damals hatten mir meine Eltern alle Malsachen weggenommen und mir damit einen Großteil meines Lebens gestohlen. Alle meine Bilder waren verschwunden, ob nun vernichtet oder irgendwo eingelagert, ich wusste es nicht. Aber ich erinnerte mich an das Konto, welches sie noch früher für mich eröffnet hatten. Dort lag eine Menge Geld, mein Geld. Das Konto lief auf meinen Namen und somit würde ich darüber verfügen können, ich brauchte nur Zugriff.
Abermals stand ich auf und suchte ein Blatt Papier. Ich fand eines und begann einen Brief an meine Erzeuger. Ich schrieb kein Hallo und kein Wie geht es euch, denn es interessierte mich genauso wenig wie es sie interessierte, ob es mir gut ging. In kurzen Sätzen fasste ich zusammen, was ich wollte. Zugriff auf mein Konto und ein Paket mit den Sachen, die sie noch von mir besaßen. Mir fiel ein, dass sie ja dachten, Weave wäre ebenso eine Anstalt wie die, aus der May und Deak uns geholt hatten, also überlegte ich kurz. Ich würde einen von beiden fragen müssen, ob sie ein paar Zeilen dazu schrieben, damit ich auch wirklich bekam, was ich wollte.
Ich entschied mich für May, sie hatte die größere Autorität, als Oberste. Da ich weder einen Umschlag noch eine Marke hatte, würde ich sie auch darum bitten müssen, aber egal. Nachdem ich den Brief beendet hatte, holte ich mir ein paar Tagebücher und begann zu lesen. Diesmal richtig und Wort für. Auch die Wetterberichte oder Belanglosigkeiten. Ich würde alles in Erfahrung bringen, was es über Wisteria zu wissen gab. Da ich alle Bücher schon mindestens ein Mal überflogen hatte, verstand ich nun sogar besser, was meine Vorgänger mit einigen ihrer Aufzeichnungen aussagen wollten und konnte mir teils sogar ein besseres Bild machen.
Vor dem Fenster wurde es dunkel und mein Magen begann zu knurren. Ich hatte den ganzen Tag noch nicht wirklich was gegessen, also stand ich auf und machte mich auf den Weg zum Speisesaal. Im Aufenthaltsraum traf ich auf Lia und Dyllan, doch während Lia aufsprang und rübergerannt kam, blieb Dyllan, wo er war und musterte mich nur. Ich nickte ihm zu und lief weiter. Lia folgte mir und redete auf mich ein. Ab und zu ließ ich ein mhh hören, mehr nicht.
Der Speisesaal war fast leer. Nur die Professoren White und Zoel saßen an einem Tisch und unterhielten sich leise. An der Ausgabe stellte ich mir ein Sandwich zusammen und griff nach einer Cola. Das Koffein würde ich diese Nacht gebrauchen können, denn ich hatte vor, mich noch mal auf die Suche nach dem verlorenen Tagebuch zu machen. An unserem Tisch ließ ich mich auf meinen Stuhl fallen und biss in mein Abendessen. Blöderweise kamen in dem Moment Deak und May in den Saal. Mir verging sofort der Appetit und ich ließ das Sandwich auf den Teller fallen.
„Fay? Geht’s dir nicht gut?“, wollte Lia wissen. Sie musterte mich besorgt, dann folgte sie meinem Blick und erkannte die beiden ebenfalls.
Verdammt, sie wird die beiden rufen und dann werden sie herkommen. Ich verdrehte die Augen und senkte den Blick, doch Lia rief sie nicht.
Ihr Blick richtete sich wieder auf mich. „Habt ihr euch gestritten?“
„Nein.“
„Hat er dir was getan?“ Lia dachte an Deaken.
Ich an May. „Nein.“
„Was ist denn los? Warum hattest du dich eingeschlossen?“
„Du hast dich eingeschlossen?“ May hatte diese Frage gestellt. Ich schloss die Augen. Da waren sie doch. Einfach so. Ohne das sie jemand gerufen hatte.
Ich hob widerwillig meinen Blick. „Ja, hatte ich. Ich wollte meine Ruhe haben. Soll vorkommen“, erklärte ich und versuchte, nicht allzu garstig zu klingen. Es schien allerdings, auch nicht so angekommen zu sein.
„Ist alles okay bei dir?“, fragte nun Deak.
„Alles bestens“, hörte ich mich fauchen. Das Ruhigbleiben klappte ja prima. Verdammt auch. Ich stand auf und wollte gehen, doch er hielt mich am Arm fest.
„Fay, was ist los?“
„Nichts, alles gut.“ Na bitte, geht doch. Das klang schon viel echter und gar nicht mehr so genervt.
„Du hast nichts gegessen. Du wirst doch nicht krank“, hielt May fest.
Ich machte mich aus Deaks Griff los. „Ich hab keinen Hunger.“
„Hast du heute überhaupt was gegessen?“, hakte er nach und sah mich argwöhnisch an. Ich schenkte ihm ein Lächeln, ging zur Ausgabe und schnappte mir einen Apfel, den ich hochhielt, damit ihn alle drei sehen konnten. Dann wandte ich mich um und ging aus dem Saal, ohne ihn zu essen. Himmel aber auch. Na ja, ich war ja ein Kind und Kinder brauchten Aufsichtspersonen, nicht wahr?
Kurz überlegte ich, was ich als Erstes tun sollte, dann entschied ich, den Brief zu holen. May war gerade nicht in ihrem Büro, also würde ich ihn auf ihren Tisch legen können, mit einer Notiz und der Bitte ihn abzuschicken. So würde ich auch einem erneuten Aufeinandertreffen aus dem Weg gehen. Nachdem ich den Brief und die Bitte losgeworden war, blieb ich in der Bibliothek. Ein zweites Mal versuchte ich mein Glück am PC, doch hier war kein Tagebuch verzeichnet, welches das Tagebuch hätte sein können. Also machte ich mich daran, noch mal alle Regale so abzusuchen.
Zwar fand ich das Buch auch so nicht, doch dafür fielen mir einige andere sehr interessante Aufzeichnungen und Schriften in die Hände. Sie behandelten teils Wisteria und teils naheliegende Anders-Welten. Quasi Nachbarn von meiner. Thursten war eine davon. Sie war mir in Erinnerung geblieben, weil Deak sie erwähnt hatte. Thurstens aktuelle Hüterin war eine Frau Mitte 50. Sie lebte im Süden Englands und hatte sogar eine Familie - ihren Mann, zwei Kinder und drei Cockerspaniel, von denen einer schon ein echter Rentner war.
Solche Informationen findet man hier? Ich überlegte, ob mein Leben auch so penibel aufgeschrieben werden würde, wenn ich Hüterin war. Irgendwie wäre es mir peinlich, wenn Fremde so was über mich erfahren würden. Aber ich musste zugeben, dass es interessant war, von anderen zu lesen.
Thurstens Hüterin hatte es nicht leicht gehabt, denn es hatte eine Krisenzeit in ihrer Welt gegeben, die sie ganz schön aus der Bahn geworfen hatte. Das war genau die Zeit gewesen, in der auch Mays und Deakens Vorgänger getötet worden waren. Die Hüterin hatte eine schwere Depression durchgemacht, weil sie die beiden nicht hatte beschützen können und weil sie wegen ihr gestorben waren. Die letzte Aufzeichnung war ungefähr ein Jahr alt und sagte zum Schluss aus, dass in Thursten alles wieder in Ordnung zu sein schien und sich die Hüterin deshalb vorerst zurückgezogen hatte. Wenn es dort etwas zu erledigen gab, was wichtig erschien, nutzte sie den Node des südenglischen Weave Internates.
Der Node. Ich wollte wissen, was dieser Node war. Dem Namen nach war es ein Knoten. Sehr wahrscheinlich als Knotenpunkt gemeint. Eine Ahnung sagte mir, dass es sich um einen Punkt, vermutlich ein Raum oder Portal handeln musste, von dem alle Welten etwa gleich weit entfernt waren, auch wenn das nicht stimmen konnte. Egal wo man die Tür hinstellte, es dauerte keine Sekunde, durch sie zu gehen, und schon war man in einer anderen Welt.
Wieder stand ich auf und ging zum PC. Ich suchte im Stichwortverzeichnis und wurde augenblicklich fündig. Blöderweise war diese Abteilung für Schüler nicht zugänglich, was zu erwarten gewesen war. Trotzdem machte ich mich auf den Weg. Die Abteilung lag recht nah an den Treppen zu den Büros und war wie eine Zelle von Gitterstäben umgeben. Man konnte die Bücher sehen, doch sie standen allesamt zu weit entfernt, als dass man durch die Stäbe hätte greifen und sich eines holen können.
Mein Blick suchte und fand das Buch, was im PC aufgelistet gewesen war. Nodes - Gewebe der Zeit - Weiche im Raum, las ich stumm und runzelte die Stirn. Weiche im Raum? Weiche, wie Bahngleis-Weiche?
Gerade überlegte ich, wie ein Knoten eine Weiche sein konnte, als ich Schritte hörte. Schnell glitt ich zwischen zwei Regalreihen und versuchte so leise wie möglich zu atmen. Jemand ging an mir vorbei und die Treppe nach oben. Ich hörte etwas klirren, dann wie der Jemand wieder nach unten kam, kurz innehielt und dann über die Treppen nach oben verschwand.
Vorsichtig lugte ich hinter dem Regal hervor und tat einen Schritt ins Licht. Ich schaute Richtung Aufgang und wartete, ob der Jemand wieder nach unten kommen würde, doch er tat es nicht, also entschied ich, mich wieder meiner Lektüre der Schriften zuzuwenden, und ging zurück zu dem Tisch, auf dem ich alles abgelegt hatte. Meine Schritte wurden jedoch gleich wieder gebremst, als ich an der Treppe vorbeikam.
Ich war auf etwas getreten und bückte mich, um es aufzuheben. Eine Schlüsselkarte. Allerdings keine, wie wir sie alle hatten. Diese hier war schwarz mit einem silbernen Streifen. Ich schaute zurück zur Abteilung hinter Gittern. Der Schließmechanismus hatte die gleiche Farbe. Mein Blick schnellte vom Schloss, zur Karte, die Treppe hinauf und wieder zurück zur Abteilung. Ohne weiter darüber nachzudenken lief ich zurück, zog die Karte durch das Schloss und tatsächlich sprang das Gitter auf. Einen Moment lang war ich verwirrt und überrascht wegen diesem unglaublichen Zufall, dann endlich arbeiteten mein Hirn und mein Körper wieder zusammen.
Ich machte einen Schritt in die Zelle und wartete innerlich auf einen Alarm, doch nichts geschah. Also überwand ich auch die letzte Distanz zu dem Node-Buch, griff es mir und verließ die Absperrung. Die Tür lehnte ich nur an. Da mir wenig Zeit blieb, hoffte ich inständig, dass nicht ausgerechnet jetzt jemand herkam. Ich eilte zum Kopierer und begann das Buch Seite für Seite abzulichten. Zum Glück war es nicht all zu dick, doch es dauerte trotzdem viel zu lange für meinen Geschmack. Endlich druckte die letzte Seite, ich atmete durch. Den Stapel Papiere unter den Arm geklemmt, lief ich zurück zur Zelle, stellte das Buch wieder ins Regal und schloss die Tür leise hinter mir. Dann stand ich an der Treppe und überlegte. Sollte ich die Karte einfach wieder hier herlegen, Oder sie im Fundus abgeben?
Nein. Ich würde sie behalten. Solange niemand sie vermisste, würde ich sie nehmen. Vielleicht musste ich noch mal in die Zelle und dann wäre ich aufgeschmissen, wenn ich sie abgegeben hätte. Also steckte ich sie weg und holte meine Sammlung an Werken von dem Tisch, an dem ich vorher gelesen hatte. Die Kopie vom Node-Buch versteckte ich zwischen ihnen, dann ging ich zurück in den Schülerflügel. Mein Gesicht musste Bände sprechen, denn Dyllans Blick blieb an mir hängen, als ich vorbeikam.
Er stand auf und folgte mir. „Fay, warte mal.“
Ich hielt an, schloss kurz die Augen, um mich zu sammeln, dann wandte ich mich um. „Ja?“
Er hielt vor mir an und musterte mich. Ich wurde immer nervöser. Wollte er was? Wenn ja, sollte er sich lieber beeilen es mir zu sagen.
„Was hast du da?“, fragte er schließlich.
Mein Blick glitt nach unten. Von der Kopie war nichts zu sehen. „Ein bisschen was über Wisteria und ein paar andere Welten.“
„Willst du das jetzt lesen?“
„Hatte ich vor, warum?“
„Mir ist langweilig. Kann ich dir Gesellschaft leisten?“
Eigentlich nicht. Ich will das Node-Buch durchgehen, dachte ich, sagte aber: „Es ist grad schlecht. Ich würde das lieber allein machen.“
Sein Blick wurde enttäuscht. „Oh. Okay.“ Sicher dachte er, ich würde ihn abweisen, weil ich nichts über Wisteria preisgeben wollte, obwohl wir eine Abmachung hatten, was das anging. Infos für Infos.
Ich seufzte. „Ja, gut, okay, du kannst mitkommen. Vielleicht ist ja was Interessantes für dich dabei.“
Sein Blick hellte sich auf. „Cool“, sagte er lässig und tat so, als hätte ihm meine Abfuhr davor nichts ausgemacht. Wir gingen nach oben in mein Zimmer und ich ließ die Aufzeichnungen auf meinen Schreibtisch fallen, wobei ich darauf achtete, dass die Kopien nicht herunterfielen.
Dann deutete ich auf mein Bett und meinen Stuhl. „Ich hab nur die beiden Sitzmöglichkeiten“, sagte ich und wartete auf eine Reaktion. Dyllan kam herüber, griff sich wahllos ein Buch und ließ sich auf dem Stuhl nieder. Ich zuckte mit den Schultern, nahm ebenfalls einen Stapel Papiere, inklusive der Kopien, setzte mich aufs Bett und ließ das Node-Buch unauffällig unter meinem Kissen verschwinden.
Eine angenehme Stille stellte sich ein, während wir beide lasen. Nur ab und zu stellten wir uns gegenseitig Fragen, wenn wir etwas nicht verstanden, oder hockten auf dem Boden, um Karten zu studieren. Mit Dyllan zusammen zu sein, war wirklich angenehm. Er war ein echt ruhiger Zeitgenosse und schien das ebenso zu mögen. Seine gelassene Art sorgte dafür, dass ich ebenfalls ruhiger wurde und so konnte ich mich viel besser auf das konzentrieren was wichtig war. Informationen. Wir verbrachten wieder mal den restlichen Abend und die halbe Nacht miteinander.
Er schaute erst wieder auf, als mein Magen laut knurrte. „Hunger?“, feixte er und ich wurde rot.
„Ja, schon.“
„Lass uns was essen gehen.“ Er stand auf und legte das Buch weg, in dem er gerade gelesen hatte.
„Jetzt? Die Ausgabe hat doch zu.“
„Die Küche aber nicht. Los komm.“ Er reichte mir eine Hand und zog mich vom Bett. Leise liefen wir in Richtung Speisesaal. Die Mansion war so still, dass es fast ein bisschen unheimlich wirkte. Nur die Nachtlichter erleuchteten uns den Weg, doch Dyllan hielt nicht inne. Zielgerichtet ging er auf die Küche zu und schob die Tür auf. Drinnen brannte kein Licht. Er tastete kurz an der Wand und ich wurde geblendet, als die Neonröhren ansprangen. Er grinste und wir machten uns auf die Suche nach etwas Essbarem. Kurze Zeit später hatten wir uns ein kleines Menü zusammengestellt, ich saß auf der Anrichte und er stand neben mir.
Ich verputzte gerade ein Käse-Ei-Sandwich und er einen Toast mit Speck, als die Tür zur Küche aufging. Erschrocken hielten wir beide inne und starrten Deaken an, der uns ebenfalls musterte, doch er wirkte amüsiert. Zumindest solange bis sein Blick auf Dyllan fiel. Ich richtete meinen ebenfalls auf ihn und sah ihn fragend an.
Ist es eigentlich verboten, nachts im Haus herumzuschleichen?
Dyllan zuckte mit den Schultern, als hätte er meine gedankliche Frage verstanden. Dann wandten wir unsere Blicke wieder Deaken zu, der uns immer noch musterte.
„Was wird das hier?“, fragte er und eine gewisse Strenge lag in seiner Stimme. Also doch verboten.
Ich schluckte und sagte etwas kleinlaut: „Wir hatten Hunger.“ Direkt und ehrlich. Wie immer.
Sein Blick flog zwischen Dyllan und mir hin und her, dann trat er einen Schritt zur Seite. „Dyllan, verschwinde.“ Das ließ der sich nicht zweimal sagen. Er schnappte sich noch einen Toast, warf mir einen entschuldigenden Blick zu und verschwand. Toller Freund.
Freund, schoss es mir durch den Kopf. Ein Kloß setzte sich bei dem Wort in meine Kehle und sofort war mein Hunger weg. Ich senkte den Blick, legte das halb gegessene Sandwich weg und wollte von der Anrichte rutschen, doch da stand Deaken schon vor mir. Ich erschrak ein wenig, denn ich hatte nicht mitbekommen, wie er von der Tür hergekommen war. Er stand einen Schritt entfernt vor mir und betrachtete mich. Ja, er sah mich nicht einfach nur an, er musterte mich ein Mal von oben bis unten und zurück.
Ich folgte seinem Blick und hatte fast ein bisschen Angst, irgendwas Peinliches an mir zu haben, dann sah ich ihn wieder an. „Ehm, ist was?“
Er tat den letzten Schritt zu mir, hob die Hand und während ich erstarrte, strich er mit dem Daumen über meine Unterlippe.
Doch ein Krümel?
„Es ist gut, dass du endlich was gegessen hast“, sagte er leise und ließ die Hand, wo sie war.
Mein Herz begann zu rasen und ich spürte Hitze in mir aufsteigen. Ohje. Ohje! „Ehm, ja ... ja.“ Mehr bekam ich nicht raus. Seine Augen fingen meine Aufmerksamkeit ein und hielten sie fest. Er kam näher. Sein Gesicht kam näher. Seine Lippen! Panik! Hastig rutschte ich nun doch von der Anrichte, was ihn zwang zurückzuweichen. „Ich, ehm, ich muss, ehm, ins Bett.“ Ich schob mich zwischen der Arbeitsplatte und ihm hervor und lief schneller als gewollt aus der Küche, direkt in mein Zimmer. Tür zu, abschließen, puh.
Was, war, das?! Hat Deaken Rivers, mein Professor und stellvertretender Leiter von Weave Mansion mich gerade küssen wollen? Mich? MICH?! Himmel und Hölle! Ich zwang mich, ruhig zu atmen.