Читать книгу Schein der Scheine - Steffi Scheinemann - Страница 4
DIE IDEE OBER EIN ANFANG IST GEMACHT
ОглавлениеNachdem mein Bruder nun schon seine Probezeit als Führerschein-Besitzer mehr oder weniger hinter sich gebracht hatte, schaffte es mein Papa, auch mich zum Machen des Führerscheins zu überreden. Ich befand mich damals zum zweiten Mal in der elften Klasse. Also, genau der richtige Zeitpunkt, die wichtigste Prüfung nach Vollendung des 18. Lebensjahr zu machen. Ich war bereits 19.
Wenn es nach meinem Papa gegangen wäre, hätte ich es schon viel eher in Angriff genommen. Ich hatte jedoch nie das Bedürfnis gehabt, mich zu motorisieren. Schließlich bin ich sportlich und kann den „Drahtesel“ oder die U-Bahn nehmen. Es sei denn, es chauffiert mich jemand. Warum sollte ich mir die Mühe des Autofahrens-Lernen „aufhalsen“? Zumal ich kein eigenes Auto haben wollte.
Außerdem sieht die Stadt als Fußgänger gleich viel angenehmer aus. Vieles übersieht man als Autofahrer. Oft sind es die kleinen Geheimnisse und Schönheiten, die einem entgehen. Ich laufe ab und zu gerne einfach nur so durch die Stadt.
Jedoch irgendetwas hat mich im Januar 1998 dazu veranlasst die Herausforderung „Führerschein“ anzunehmen. Ich weiß nicht, ob es die Anzeigen in unserer Schülerzeitung, die Gespräche der „Klatschtanten“ meiner Mutter oder doch die überhöhten Preise der BVG (Berliner Verkehrsgetriebe, oder so) waren.
Jetzt war die Zeit reif! Ich wollte alle meine Power und Energie aufwenden, um ein Automobil von 50PS oder so in der Stadt zu bändigen. Selbst die Horroraufnahmen im Fernsehen und grausamen Stories meines Bruders konnten mich von meinem Vorhaben nun nicht mehr abhalten.
Voller Enthusiasmus rief ich zu Jahresbeginn bei der Fahrschule"xyz“ an. Diese Lehrstätte wurde von unserer Schülerzeitung empfohlen. Als ich hörte, ich könne noch am gleichen Abend starten, hatte sich die Flamme in mir schon entzündet.
So schnell ich konnte strampelte ich sofort auf dem Zweirad zur Fahrschule. Dort klärte man mich über die Voraussetzungen, die ich natürlich allesamt mitbrachte, und den Papierkram auf. Dann hatte ich meine erste Theoriestunde. Verkehrszeichen. Na ja, ein bisschen langweilig war das ja schon. Schließlich war ich stolze Besitzerin des Fahrradführerscheins. Ja, den haben wir damals alle in der vierten Klasse machen müssen. Mit allem „drum und dran“: Zuerst schrieben wir ordnungsgemäß einen schriftlichen Test. Und nur wer den bestanden hat, dürfte an der praktischen Überprüfung unserer Kenntnisse und Fähigkeiten teilnehmen. Drei von uns hatten den ersten Test „verhauen“ und mussten das Ganze wiederholen. Aber letztendlich bekamen wir alle den sogenannten Fahrradführerschein voller Stolz überreicht. Ich habe meinen noch in meinen Unterlagen aufgewahrt. Ich bin wirklich stolz darauf. Von daher waren mir bis auf ein, zwei Ausnahmen alle Verkehrsschilder bekannt. Bei den meisten kann man sich, meiner Ansicht nach, die Bedeutung aufgrund des abgebildeten Pictogrammes „zusammenreimen“.
Zurück zu meiner ersten Theoriestunde mit dem äußerst spannendem Thema „Verkehrsschilder“. Schnell stellte sich heraus, dass ich gegenüber meinen Mitschülern einen kleinen Wissens- Vorsprung hatte. Wobei die schleppende Kommunikation auch daher herrühren konnte, dass über der Hälfte der anwesenden Schüler anscheinend der deutschen Sprache nicht ganz mächtig waren. Nun ich nahm es gelassen hin. Allerdings regte es mich doch schon irgendwie auf, dass gerade die, um die man sich am meisten bemühte, einen gelangweilten Eindruck machten. Es hätte bei etwas mehr Engagement viel schneller gehen können.
Des Weiteren kamen auch ständig welche zu spät. Das war da so „gang und gebe“. Na ja, was soll es- Hauptsache ich lerne etwas. Nach diesen ersten Eindrücken und Dutzenden von Verkehrszeichen machte man mich darauf aufmerksam, dass es noch eine zweite Filiale gebe, die an zwei anderen Tagen Theoriestunden anbot. Erfreut über die Möglichkeit die lästigen Theoriestunden innerhalb von drei Wochen zu bewältigen, ließ ich mir die Adresse geben- ohne zu wissen, was mir blüht.
Gleich am nächsten Tag machte ich mich mit meinem Drahtesel auf den Weg zur anderen Geschäftsstelle. Bis zum Hermannplatz war noch alles im „grünen“ Bereich. Aber ich sollte noch Bekanntschaft mit der anschließenden Hermannstraße machen. Die ist so steil, dass es selbst als Autofahrer unangenehm ist sie zu benutzen. Glücklicherweise musste ich nur insgesamt sechs mal dort hinauf zur kreuzenden Flughafenstraße. Hier empfing man mich freundlich mit einer Tasse Kaffee, bevor man sich an den trockenen Stoff traute. Für mich als bekennender Kaffee-Junkie die besten Voraussetzungen.
Inhaltlich ist hiervon eigentlich nichts erwähnenswert. Höchstens, dass ich mir die Zeit mit eifriger Mitarbeit verkürzte. Dabei half der dortige Fahrlehrer fleißig mit, indem er häufig früher Schluß machte. Im Prinzip hätte ich mir die Hälfte der Zeit, die teilweise ich dort einfach nur absaß, sparen können. Aber bekanntlich muss man für die Theorieprüfung 12 „Trockenübungsstunden“ vorweisen. Auf jeden Fall war ich nach den drei folgenden Wochen fast fit für Olympia, so wie ich den „Mount Everest“ der Bezirksgrenzen zwischen Kreuzberg und Neukölln gemeistert habe. Die Steigung ist ja nicht das einzige Problem. Die Straße macht innerhalb der Steigung auch so eine eckelige Biegung. So weiß man unten noch nicht, was einem oben oder schon auf der Streckenhälfte erwartet. Das kann bei dunklen Tageszeiten zu überraschenden Begegnungen führen, weil nicht alle Verkehrsteilnehmer im Besitz eines Fahrradführerscheins oder eines Autoführerscheins sind. Daher war ich nicht nur körperlich, sondern auch physisch total gefordert. Im Ausgleich zum Hochquälen war die Rückfahrt nach getaner Arbeit umso schöner. Wenn dann die Ampel kurz vor dem Hermannplatz auch noch grün hatte und kein Idiot bei „Rot“ unten am Hermannplatz die Kreuzung überquerte, war das einfach herrlich.