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DIE ERSTE THEORIE- PRÜFUNG

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Ich musste aufpassen, dass ich den Stoff für die theoretische Prüfung nicht mit dem aus der Schule verwechsele. Oft habe ich, anstatt Hausaufgaben zu machen, für den Führerschein gelernt. Ich war total in diese „Sache“ involviert. Ich wollte den ganzen „Quark“ einfach schnell hinter mich bringen, bevor die ersten Klausuren geschrieben werden mussten. Es belastete mich irgendwie. Relativ früh hatte ich mir also einen bestimmten Termin gesetzt. Ich brauche immer ein wenig Streß, damit ich überhaupt etwas zu Wege bringe. Den gesetzten Termin hatte ich stetig vor Augen. Im Nachhinein muss ich sagen, dass ich mir ein bisschen zu viel Druck gemacht hatte. Aber der mehrfach angesprochene Enthusiasmus trieben mich schließlich zu einer fehlerfreien Vorprüfung, mit der ich für die theoretische Prüfung qualifizierte. Ich will gar nicht wissen, wie oft ich mich nach der praktischen Übungsstunde im Kabuff der Fahrschule mit den zum Teil idiotischen Fragen herumgeschlagen hatte. Mit „Kabuff“ meine ich einen speisekammergroßen Raum, der mit einem Computer ausgestattet war. Dieser Computer zeigte mir dann „echte“ Prüfungsfragen, mittels derer ich dann meinen Wissensstand prüfen und entscheiden konnte, ob ich schon fit für die theoretische Prüfung war. Besonders nervtötend fand ich die Fragen, in denen es um Alkohol ging. Die Fragen, die sich inhaltlich mit irgendwelchen Zahlen beschäftigten, machten mir das Leben dagegen sehr schwer. Ich will das gar nicht lange ausdehnen. Nur soviel: Ich gewöhnte mich mit der Zeit sogar daran, 30-60 sinnvolle und weniger sinnvolle Fragen nach bestem Wissen und Gewissen zu beantworten. Das kostete jedes Mal eine halbe Stunde. Der Mensch ist eben doch ein Gewöhnungstier. Das Gute an der Strategie des Übens war, dass ich meine Fragen, die beim Üben entstanden waren, sofort mit dem Fachpersonal der Fahrschule klären konnte. Manchmal wurden sie mir von anderen Schülern beantwortet, die mit ihrem Führerschein schon weiter waren. Diese wurden dann immer von den Fahrlehrern motiviert, mir Auskunft zu erteilen. Manchmal genoß ich sogar diesen „kollegialen“ Austausch.

Um mir einige Sachen, die ich ehrlich gesagt nie verstanden habe, zu merken baute ich Eselsbrücken noch und nöcher. Für ganz schwierige Fälle, die mir erst zu Hause bewusst wurden, musste mein Papa herhalten. Er erklärte mir dann mit Engelsgeduld den Zusammenhang verschiedenster Dinge. Ohne ihn wäre ich so manches Mal aufgeschmissen gewesen. Aber wozu sind denn Väter da?! Meine Mutter hingegen zog sich dabei immer schön aus der Affäre. Das war schließlich eine Aufgabe für meinen Vater.

Unaufhörlich rückte der mir selbst gewählte Termin näher. Es war der letzte Tag vor den Osterferien. Ich wählte gerade diesen Tag aus, weil er mir zum einen noch genügend zum Lernen bot und zum anderen mich unter Umständen davor bewahrte, mir die schönen Osterferien zu versauen. Je näher der Tag kam, desto mehr „büffelte“ ich. Je mehr stellte ich alles andere in Hintergrund. Zu stolz war ich, um auch nur einen Hauch von Blöße zu geben, wenn ich durchfalle. Alle Unsicherheiten merzte ich aus. Das war ein nicht ganz so leichtes Unterfangen. Unermüdlich arbeitete ich mich an eine gewisse Perfektion heran. Teilweise kam mir mein Eifer selbst unheimlich vor. Sonst bin ich eher ein „lernfaules“ Gemüt. Zumal das Abitur noch in weiter Ferne lag.

Aber für den „Schein der Scheine“ gab ich alles. Wenn es sein musste, auch mehr.

Am Tag vor Prüfung absolvierte ich den letzten Test ziemlich locker. Allerdings sollte ich dann noch einen Bogen ausfüllen. Davon hatte niemand vorher etwas erzählt. Die große Panik brach aus. Wie sich jedoch herausstellte, grundloser Weise. So einfach und einleuchtend waren die Fragen. Trotzdem fing ich in der Nacht an, mich auch darauf gezielt vorzubereiten. „Bloß kein Risiko eingehen!“, dachte ich bei mir.

Den Energie-Bogen hätte ich, wenn der erste Versuch nicht geklappt hätte sofort vor Ort noch einmal machen können- gegen Bezahlung.

Nun kam also der besagte Tag. Morgens fühlte ich mich fit und frisch. Um 10.40 Uhr hatte ich Ferienbeginn. Nichts schien mir im Wege zu stehen.

Gott sein Dank klärte mich eine Mitschülerin, die ebenfalls an ihrer Fahrerlaubnis bastelte, über die Öffnungszeiten der Prüfstelle, auf. Es würde verdammt knapp werden, wenn ich bis zum regulären Schulschluß gewartet hätte. Mit dem unbändigen Willen noch am gleichen Tag die Prüfung zu bestehen, fragte ich den Lehrer, ob ich nicht ausnahmsweise etwas früher gehen könne. Sonst wäre ich nämlich zu spät gekommen. Verständnisvoll, wie er war, ließ er mich nach einer fast endlosen Diskussion, es handele sich wirklich um eine einmalige Ausnahme, gehen.

Ich rannte nach Hause, holte Geld und die sonstigen Unterlagen. Völlig in Eile flitzte ich mit meinem Fahrrad zur nächsten U-Bahnhaltestelle. Diese für mich als Fahranfänger weniger störende Bahn brachte mich in die unmittelbare Nähe der Prüfstelle, die ich nun in Windeseile erreichte. Rechtzeitig. Gut, das hatte ich dann schon einmal geschafft. Ich war erleichtert, weiter an meinem Plan, an diesem Tag die theoretische Prüfung hinter mich zu bringen.

Bei der Anmeldung bemerkte ich, was ich vergessen hatte: Die Ausbildungsbescheinigung. Gott sei Dank, war das nach einem kurzem Anruf in der Fahrschule erledigt.

Nachdem alle Formalitäten geklärt und Bürokratien bedient waren, hieß es für mich, mein Wissen situationsgerecht anzuwenden.

Diese Prüfung war meine erste richtige Prüfung in meinem Leben. Mal abgesehen von den Klausuren und diversen Wissensabfragungen im Sportverein. Diese Sportprüfungen, bei denen es auch um das Bestehen ging, habe ich mit links oder, im übertragenen Sinn, gar freihändig bestanden. So leicht waren sie gewesen. Bei dieser Prüfung war das irgendwie anders: Zum einen hatte ich viel Geld dafür bezahlt, zum anderen war es eine Prestigesache. Mein halber Jahrgang, so kam es mir zumindest vor, hatte die Fahrerlaubnis schon längst in der Tasche. „Sollte ich etwa dümmer sein?“, schoß es mir plötzlich durch den Kopf. Nein, das war ich ja nicht.

Lange Rede, kurzer Sinn; ich war so aufgeregt, dass ich ganz krakelige Kreuze an die jeweiligen Stellen setzte. Dreimal kontrollierte ich meine Kreuze, ohne jedoch eine Veränderung vorzunehmen. Die riesige Glasscheibe für die unbarmherzigen Blicke des Kontrolleurs zwischen Prüfungsraum und Bearbeitungsbüro werde ich wohl mein Lebtag nicht mehr vergessen. Die Tische mit den Kugelschreibern und die Stühle hatten den Flair eines Klassenzimmers aus dem vorigen Jahrhundert. Mich überkam mit einem Mal ein unwohliges Gefühl. In diesem Raum hatte man das Gefühl schon von vornherein zum Scheitern verurteilt zu sein. Außerdem vergaß ich es meinen Namen aufzuschreiben. Der aufmerksame Prüfer machte mich bei der Abgabe darauf aufmerksam. „Peinlich, peinlich! Ob das jetzt ein schlechtes Omen gewesen ist?“, kam mir der Gedanke. Bei allem Mißgeschick gab ich das schicksalhafte Blatt dennoch erleichtert ab. Nur bei ein oder zwei Fragen waren Unsicherheiten. Der Energie-Bogen war wie erwartet einfach. Da hatte ich nichts zu befürchten.

Jetzt hieß es warten, warten, warten und warten. Ich nahm auf dem Flur neben anderen Prüflingen Platz.

Endlich rief mich der Prüfer auf. Genau genommen sah er nicht wie ein richtiger Prüfer aus. Seine freundlichen Gesichtszüge gaben mir Zuversicht. Der Energie-Bogen war bestanden. Ein Stück der Spannung fiel von mir ab. Mit einem „Affenzahn“ hatte er auch den anderen Bogen fertig kontrolliert und der ganze Spuck war vorbei. Null Fehler! Die Stunden im Kabuff der Fahrschule und das abendliche Lernen in meinem Bett hatten sich also ausgezahlt. Das machte mir große Hoffnung.

Mit zwei informierenden Broschüren, einem Stempel von der Polizei und den Worten: „Bitte kommen sie nicht wieder!“ Verabschiedete der „Mann mit dem Rotstift“ sich in einem trockenen Tonfall von mir. Ich, meinerseits, war so erleichtert, dass ich springender Weise den ganzen Gang durchquerte. Das Büro lag am Ende des Ganges. Folglich musste ich auch an den unerfreulichen Räumen, wie z.B. das TÜV-Büro, vorbei. Die Leute auf dem Gang reagierten ganz unterschiedlich auf meine raumgreifende Gestik. Die einen schienen zu wissen, was sich am Ende des Ganges befand und freuten sich mit mir. Die anderen hingegen gucken mich nur blöd an, was mir allerdings an diesem Tag gleichgültig war.

Lange Zeit zum freuen blieb mir nicht, da noch am gleichen Tag eine Fahrschulstunde auf mich wartete. Zwar hatte ich angerufen, dass es bei mir diesmal ausnahmsweise geringfügig später wird. Trotzdem wollte ich nicht die ganze Stunde in den Satz setzen. Voller Freude erzählte ich meinem Fahrgelehrten von dem Erfolg. Die Freude seinerseits fiel leider sehr bescheiden aus. Durch die geschaffte Prüfung habe ich einen Adrenalin-Schub bekommen, den ich jetzt ganz gut gebrauchen konnte.

Die Hälfte war absolviert. Nun konnte ich ganz und gar dem Autofahren hingeben. Allerdings fiel mir die Praxis erheblich schwerer als die Theorie. Aber das sollte ich erst jetzt so richtig bemerken.

Schein der Scheine

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