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OPERATION PRAKTISCHE PRÜFUNG

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Nach der ersten übersprungenen Hürde und der ersten Fahrstunde danach konnte ich fürs erste entspannt in die Osterferien gehen. Ein hartes Stück Arbeit lag hinter mir. Natürlich musste erst einmal meine beste Freundin angerufen werden, die ebenfalls am „Scheinchen“ tüftelte. Voller Stolz berichtete ich alle Details. Das Gespräch dauerte gute zwei Stunden.

Als wir es dann doch noch hinbekamen das Telefonat zu beenden, verriet sie mir, dass sie selbst gleich am Montag die Prüfung über sich ergehen lassen wollte. Ich hätte ihr irgendwie Mut gemacht. Ich hingegen hätte nicht mehr so lange warten können. Gerne wäre sie mit mir zusammen zur „Folter“ gegangen. Allerdings hatte sie die Herausforderung „Führerschein“ erst einen Monat nach mir in Angriff genommen. Sie hatte also noch härter, effizienter und schneller gearbeitet als ich. Ich wünschte ihr viel Erfolg.

Es dauerte sehr lange, fast Tage, bis ich diesen Streß endgültig verdaut hatte. Auf die folgenden Fahrstunden freute ich mich mehr als je zuvor. Zumal das Ziel greifbar nahe zu sein schien. Außerdem war die Zeit der Quälerei in dem kleinen Kabuff beendet. Die ganze Energie konnte jetzt einzig und allein in die Praxis gesteckt werden. Das tat auch bitter Not

Fortan ging es nämlich mit rasanten Übungsfahrten auf die Prüfung zu. Nichts blieb mir erspart. Wir „durchkämmten“ ganz Kreuzberg. Kreuzberg war damals mein Prüfungsgebiet. Wer schon einmal in „Kreuzberg 36“ gefahren ist, weiß das es gerade für den zurückhaltenden, ordnungsliebenden Deutschen kein „Zuckerschlecken“, erst recht nicht als Fahrschüler wie meiner einer. Da wird unerlaubter Weise an den unmöglichsten Flecken der ganzen Straße in zweiter Spur geparkt und direkt daneben ein Gläschen türkischer oder arabischer Tee eingenommen, vom Auto heraus die Verwandtschaft im fünften Stock hupenderweise gegrüßt und angebliche Verkehrssünder mit ausländisch klingenden Schimpfworten eingeschüchtert. Ganz zu schweigen von der etwas ruppigen Fahrweise „unserer“ Südländer.

Der absolute Horror. Aber bekanntlich ist der Mensch ein Gewöhnungstier, so dass ich mich den Verkehrsregeln gerecht der dort herrschenden Mentalität anpasste. Was blieb mir auch anderes übrig. Sehr zur Freude meines „Fahrprüfungstrainer“.

Jedoch eine Fahrstunde stellte für mich ein Härtetest dar, ob ich zu jeder Zeit mein Auto sowie die Umgebung im Blick habe: Wir stiegen ein und fuhren so wie immer los. Mein Begleiter befahl: “Links abbiegen!“. Ich bog ohne dabei die nötigen Blicke zu vergessen links ab. Kaum war ich damit fertig, hieß der nächste Auftrag: „Rechts abbiegen und gleich wieder links abbiegen!“. Ich tat wie mir befohlen. Ich meisterte alles gut. Dennoch kam in mir ein leichtes Schwindelgefühl in mir hoch. Das versuchte ich zu unterdrücken. Wir befanden uns in einer 30er-Zone, die „knüppeldicke“ voll war. Die Autos fuhren „kreuz und quer“. Einige schienen sämtliche Verkehrsregeln vergessen zu haben. Meine Aufgabe war es nun, mich durch dieses „Gewurschtel“ hindurch zu „beißen“. Immer wieder kurbelte ich wild bis hektisch am Lenkrad herum, damit auch ja keiner zu Schaden kommt. Manchmal verlor ich den Überblick und hielt zu meiner eigenen Sicherheit einfach blinkend rechts an, was allerdings ein Hupkonzert anderer Verkehrsteilnehmer noch sich zog. Schon hier lernte ich, egal wie die Situation aussieht, die Ruhe zu bewahren.

Nach dieser Fahrstunde war ich nicht nur wegen dem heißen Wetter schweißgebadet. Aber ich hatte sie überlebt. Mein Trainer war zufrieden. In der darauf folgenden Nacht träumte ich noch von dem Lärmpegel. Wie hätte ich mich wohl verhalten, wenn ich allein unterwegs gewesen wäre. Ich finde, gerade bei solchen Aktionen kann man für sich selbst ganz gut einschätzen, ob man schon sicher genug für den Führerschein ist. Damals war mein Gefühl „fifty-fifty“. Einerseits schätzte ich meine Leistung ganz gut ein, weil es meine erste Fahrt dieser Art war; schließlich kann man daher kein perfektes Verhalten von mir verlangen. Andererseits ist mir bewusst geworden, wieviel ich noch zu lernen hatte. Dazu hatte ich in den kommenden Übungsstunden mehr als genug die Gelegenheit. Mit der Zeit kam ich richtig in Schwung und bekam auch kein Schwindelgefühl mehr. Ich entwickelte so eine Art Fahrgefühl. Das Auto war in gewisser Weise zu einem Freund geworden. Ich baute eine Beziehung zu ihm auf. Das war wahrscheinlich für meine Motivation sehr förderlich. Ich fühlte mich nicht mehr fremd. Das Fahrzeug schien mir zu gehorchen. Ich bekam das Gefühl dafür wie das Auto wann und wie auf meine Aktionen reagiert. Das war vorher nicht der Fall gewesen. Vieles war mir es einfach in Fleisch und Blut übergegangen. Ja, man kann schon von einem mir eigenen Fahrstil reden.

An besonders guten Tagen war dieser allerdings für meinen Begleiter etwas zu sportlich. Ich müsse meinen Fahrstil meinem Können anpassen. Meine Leistungen waren eben noch nicht konstant genug. Es kam halt auf die Tagesform an, ob ich den Anforderungen, denen man als Fahrschüler gegenübersteht, genügte oder nicht. Diese Schwankungen galt es auf ein Minimum zu reduzieren. Erst dann hatte ich eine Chance auch in der praktischen Fahrprüfung zu überzeugen. Man kann schließlich nicht Rücksicht auf meine Tagesform nehmen. Es geht nicht darum, was man könnte, sondern das Können muss am Tag der Prüfung auch tatsächlich gezeigt werden, egal wie man sich in den Übungsstunden angestellt hat. Das ist verdammt bitter, aber fair.

Ich wollte diese Herausforderung annehmen. Ich steckte fast meine ganze Energie in das Projekt „Führerschein“. Beinahe vergaß ich zu leben. Nun war ich eine potentielle Führerscheinanwärterin. Mein „Personel-trainer“ versuchte alles aus mir herauszuholen. Meine gesamten Fahrkünste, oder das was ich damals dafür hielt, waren gefragt. Hin und wieder machten wir auch Abstecher in den „Wilden Osten“. Obwohl ich an dieser Stelle sagen muss, dass mich die breiten Straßen, die Straßenbahnen und die sich überall befindenden Verkehrsschilder nicht mehr ganz so schlimm irritierten wie noch bei meinem ersten Ausflug in den „wilden Osten“. Es hatte sich bei mir etwas getan. Erfahrungen haben sich angesammelt. Trotz der langen Übungszeit war noch nichts verloren.

Nach endlos vielen „Stop-and-Go- Fahrstunden" in eben beschriebenen Weise war mein Beifahrer der Ansicht, ich solle nun das Anfahren am Berg lernen. Selbst im recht flachen Berlin gibt es Stellen, bei denen diese fahrtechnische Fähigkeit durchaus ihre Berechtigung hat. Hierbei meine ich das Anfahren, bei dem man Gefahr läuft, den Motor abzuwürgen und unkontrolliert rückwärts zu rollen. Fast hat man das Gefühl hochkant auf der Straße zu stehen. Bekanntlich bietet Kreuzberg mit seinem gleichnamigen kleinen Hügel zahlreiche Trainingsfleckchen. Bei einem dieser hügeligen Flecken Erde begann eines Tages mein „Gebirgstraining“. Gesagt- getan:

Zuerst stellten wir logischer Weise unser Auto an einer solchen Anhöhe in einer ruhigen Straße ab. Man erklärte mir in aller Ruhe und Ausführlichkeit die Vorgehensweise. Dann begab ich mich selbst langsam in die Schräglage, bis ich stoppen sollte. Sofort trat ich die Fußbremse und zog aus einem Reflex heraus die Handbremse. Nun sollte ich die Fußbremse loslassen und die getretene Kupplung behutsam kommen lassen, dabei idealerweise ein wenig Vorgas geben, bis sich die Motorhaube hebt. Erst dann sollte ich auch die Handbremse lösen. Wenn ich alles richtig gemacht habe setzt sich der Wagen, wie beim normalen Anfahren in Bewegung. Aber bin ich auch nur ein „Sekündchen“ zu schnell vorgegangen, geht mir der Motor unweigerlich aus. Wie fast alle Fahrschüler würgte ich den Motor gnadenlos ab und verursachte beinahe einen Unfall. Gott sei Dank, griff mein Fahrlehrer rechtzeitig ein. Dann dieselbe Prozedur noch einmal. Jedoch bereits beim zweiten Mal hatte ich den Bogen heraus. Schnell konnte ich den Zeitpunkt abpassen, an dem ich die Handbremse lösen könnte. Nur das Gasgeben bereitete mir doch arge Sorgen. Man muss doch am Berg wesentlich mehr Gas geben. Wenn man dann bei meiner Größe in dieser Schräglage in den Sitz gedrückt wird, muss man sich ganz schön strecken, um die drei Pedalen fachgerecht unter Kontrolle zu haben. In der Schräglage sitzend wird man doch sehr arg in den Sitz gedrückt, so dass die Pedalen dann noch weiter als sonst entfernt zu sein scheinen. Fahrstunden dieser Art gleichen fast schon Fitness-Einheiten. Nach einigen Fahrten dieser Art hatte ich jedoch an den jeweils beanspruchten Körperstellen passende Muskeln. Bei meiner Größe muss man halt ab und zu kreativ sein.

So, die Hürde mit dem Anfahren am Berg hatte ich, nachdem ich vielen anderen Autos auf meine Weise „Guten Tag“ sagen wollte, also auch genommen. Nun konnte ich aus jeder Lage in der Stadt problemlos anfahren. Kein Berg war zu steil, dass ich ihn nicht hätte anfahrenderweise bezwingen können. Auch in einer „hügeligen“ Stadt wie Berlin eine nicht zu unterschätzende Fähigkeit.

Bevor es jedoch zu meiner ersten Berg- und Tal-Fahrt auf eigene Faust kommen sollte, gab es noch so manches zu bewältigen. Einer dieser Übungen bestand z.B. darin, mit „schleifender Kupplung“ zu fahren. Wozu das in einer so schnelllebigen Stadt wie Berlin gut sein soll, habe ich erst Monate später richtig begriffen.

Eine andere Übung war, um den Ausgleich herzustellen, das rasante Anfahren. Dessen Nutzen mir allerdings sofort einleuchtete. Hierbei ging mir der Motor bevorzugt mitten auf der Kreuzung aus. Wie sollte es auch anders sein? Vor lauter Panik ist mir das gar nicht aufgefallen. Mir musste immer geholfen werden. Zu sehr war ich damit beschäftigt das Verkehrsgeschehen im Auge zu behalten. Dieses und andere Schikanen habe ich mit der Zeit dann doch noch in den Griff bekommen.

Schein der Scheine

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