Читать книгу Blacks Blood - Stella Freewater - Страница 7
ОглавлениеKapitel 6
Aiden lief im Zimmer auf und ab, wie ein eingesperrtes Tier im Käfig. Sein Mund war staubtrocken, in seiner Kehle brannten tausend Feuer. Er kannte dieses Gefühl, auch wenn es lange her war, dass es sich so stark zu Wort gemeldet hatte. Ungefähr so, als würde man versuchen eine Handvoll Rasierklingen zu schlucken. Jeder Atemzug brachte Höllenqualen. Er warf einen Blick aus dem Fenster, und sah wie die Sonne, unendlich langsam am Horizont verschwand. Seine Qualen schienen unerträglicher zu werden, mit jeder weiteren Sekunde, die verstrich, doch er wusste, dass er den Schutz der Dunkelheit abwarten musste. Er hatte schon zu viele Fehler gemacht, seit er hier in dieser Stadt war. Victoria war so ein Fehler gewesen, dachte er kurz. Diese Frau hatte ihn in ihren Bann gezogen, und er wusste, dass er vorsichtig sein musste. Als er vor ein paar Stunden erschrocken festgestellt hatte, dass seine Vorräte leer waren, und es ihm nicht gelingen würde, innerhalb der nächsten 16 Stunden einen adäquaten Ersatz zu beschaffen, hätte er sich am liebsten selbst geohrfeigt. Wie hatte er so unachtsam sein können? Wie hatte Victoria ihn dermaßen ablenken konnte, dass ihm ein solch verheerender Fehler unterlaufen konnte? Er hätte es wissen müssen. Seine Verabredung mit ihr war erst in drei Stunden, ihm blieben also noch zwei Stunden für sein Vorhaben. Immer wieder sah er rüber zu der geheimen Tür, die zu den Vorräten führte, vielleicht hatte er etwas übersehen. Erneut ging er, um nachzusehen. Nur um festzustellen, dass er sich nicht geirrt hatte. Mhinea hätte es sicher amüsiert, zu sehen, dass sein unfehlbarer Bruder, nun in dieser Situation steckte. Er der er doch nie einen Fehler machte. Er war wütend auf sich selbst, seine Dummheit war wie ein sichtbarer Makel für ihn. Der Brandy, den er hastig hinunterspülte, brachte keine Linderung, aber es war bereits der Fünfte, den er getrunken hatte, seit dieses quälende Gefühl über ihn gekommen war. Als er die Sonne endlich endgültig versinken sah, nahm er seinen Mantel und machte sich auf den Weg.
***
Während dessen stand Victoria, in der Küche und hatte Wasser aufgesetzt, in der Hoffnung, dass ein Tee ihre Nerven etwas beruhigen würde. Während das Wasser auf dem Herd leise vor sich hin köchelte, war sie ans Fenster getreten, und sah hinunter in den Park, der gegenüber lag. Der Mond, der seit etwa einer halben Stunde am Himmel stand, malte silbrige Glanzlichter auf den See. Es waren nur sehr wenige Leute unterwegs. Victoria konnte einige Pärchen entdecken, die Hand in Hand, dem leichtem Nieselregen trotzend, am See entlang schlenderten. Mit den Augen lief sie den Weg ab, den sie jeden Morgen entlang joggte. Unten am Kiosk sah sie eine kleine Gruppe Jugendlicher, die sich dort jeden Abend trafen, um im Schutz der Dunkelheit, Alkohol zu trinken und zu knutschen. Halbstarke, die noch zu jung für die hiesigen Clubs waren, aber sich alt genug wähnten, um sich zu besaufen.
Weiter unten, gegenüber der Hundewiese, stand ein weiteres Pärchen. Ein junges Ding, in einer pinken Windjacke, und ein großer, breitschultriger Mann, in einem dunklen Mantel.
Das Mädchen hatte den Kopf gesenkt und er hielt ihre Hände und schien auf sie einzureden. Sie nickte immer wieder, und Victoria glaubte zu erkennen, dass der Mann, der sein Gegenüber um fast zwei Köpfe überragte, der jungen Frau das ein oder andere Mal übers Gesicht strich, so als würde er ihr die Tränen wegwischen.
Vermutlich hatten die zwei sich gestritten und jetzt versuchte er sich für seinen Fehler zu entschuldigen, dachte Vicky. Als er sich dann zu dem Mädchen runter bückte, wahrscheinlich um sie zu küssen, und die beiden eng umschlungen hinter einer Reihe von Bäumen in der Dunkelheit verschwanden, wandte Victoria sich ab.
Eine Stunde später stand er vor ihrer Tür, und Victoria bat ihn hereinzukommen. Als er, mit einem umwerfenden Lächeln, an ihr vorbei eintrat, bemerkte sie, dass sein Blick, unverschämt offen an ihrem Körper entlang wanderte. Hastig schloss sie die Tür und führte ihn ins Wohnzimmer.
„Sie haben es sehr schön hier“, sagte er sich umschauend.
Dann sah er sie direkt an und ihr wurde unter seinem prüfenden Blick, abwechselnd heiß und kalt.
„Ich hoffe, ich bin angemessen gekleidet, sie haben mir ja nicht verraten, wo wir heute hin wollen“, sagte sie, den Blick immer noch schüchtern gesenkt.
„Machen Sie sich keine Sorgen. Sie sehen umwerfend aus. Ich befürchte, sie sehen fast zu gut aus. Die Leute im Theater werden sich nicht mehr auf das Stück konzentrieren können. Aber das nehme ich gern in Kauf.“ sagte er, ergriff ihre Hand und küsste diese zart.
„Sagten sie Theater? Ich war seit einer halben Ewigkeit nicht im Theater“,
„Ja, ich habe zwei Karten für das Palace. Dort führen sie heute Shakespeares Hamlet auf. Ich hoffe, sie mögen Shakespeare.“ sagte er und unter seinem Blick fingen ihre Knie an zu beben. Vicky hoffte, er würde das nicht bemerken. Sie wollte nicht wie eine alberne Göre wirken.
„Ich liebe ihn. Hamlet ist mein Lieblingsstück.“ sagte sie aufrichtig und war wieder ein mal überrascht, wie merkwürdig alles zu passen schien, sobald er in ihrer Nähe war.
„Sehr gut. Dann habe ich ja alles richtig gemacht, bis jetzt.“ sagte er aufatmend.
Als sie gemeinsam das Haus verließen, fiel ihr ein weiteres Mal auf, wie gut dieser Mann doch aussah. In seinem eleganten Anzug und dem ebenso elegantem Mantel erinnerte er sie an das Gemälde aus dem Museum von Vlad Tepes.
Das Palace zählte zu den ältesten, und prachtvollsten Häusern in London und Victoria hielt beeindruckt den Atem an, als Aiden sie in das Foyer führte. Sie stießen unter dem großen Vordach zunächst auf einen Kassenbereich, zu dessen Seite sich die Eingangstüren anordneten. Von einem darauffolgenden, kleineren Eingangsbereich, führten mehrere Glastüren in eine großzügige Garderobenhalle, die von der niedrigen Raumhöhe und der in die Decke eingelassen, künstlichen Beleuchtung bestimmt wurde. Neben einem Marmorboden, massiven, glasierten Keramiksäulen und einigen mit goldenen Keramikkacheln verkleideten Wandflächen, wurde die Garderobenhalle insbesondere durch einen gewaltigen Garderobentresen bestimmt, welcher sich beinahe über die gesamte Breite der Halle erstreckte. Aiden führte Vicky, durch die elegant gekleideten Zuschauer, die sich in der großen Halle dicht an dicht drängten, er schien sich bestens auszukennen, den er bahnte sich seinen Weg zielsicher. Victoria wurde vorbeigezogen an, der feinen Gesellschaft der Londoner High Highsociety. Aiden grüßte rechts und links immer wieder den ein oder anderen, und man grüßte ihn, freundlich - offensichtlich erkennend zurück.
Im Zuschauerraum, der die Form eines antiken Amphitheaters hatte, waren, Sitze, Wände und Decken in ein dunkles Indigo gehüllt, von dem sich die geschwungenen, goldenen Balkonbrüstungen des Logen-Bereichs deutlich abhoben.
Victoria spürte plötzliche wie ihr Magen sich zusammen zog. Hoffentlich wurde sie nicht ausgerechnet jetzt krank. Ihr wurde merkwürdig flau in der Magengegend. Sie wusste nicht warum, aber sie hatte das Gefühl von Gefahr. Sie konnte es nicht wirklich benennen, es war nichts Greifbares, aber irgendetwas in ihr löste eine Art Fluchtmodus aus, sodass sie am liebsten davon gelaufen wäre. Es fühlte sich an wie eine Vorahnung. Es war merkwürdig, aber so etwas hatte sie bis zu diesem Abend noch nie gehabt. So als wenn man plötzlich und ohne jeden Grund Rückenangst bekommt und schneller läuft, obwohl man eigentlich weiß, dass niemand hinter einem ist. Sie sah sich unsicher um, aber alles schien in bester Ordnung zu sein.
„Ist alles in Ordnung, Victoria?“ Er sah sie besorgt an. Sie war blass und er konnte ihre Angst riechen. Er kannte das. Die meisten Menschen fürchteten sich in seiner Nähe, ganz instinktiv konnten sie spüren, dass von ihm Gefahr ausging. Doch Victoria sah sich immer wieder unsicher um, es machte den Eindruck das sei sich vor etwas anderem fürchtete, er wusste nur nicht wovor.
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„Ja, ich bin nur so überwältigt“, beeilte sie sich zu antworten, und war froh, dass das nicht ganz gelogen war.
„Sind sie sicher? Sie scheinen mir etwas blass. Sie sind doch nicht krank?“ Er hatte einige Vampire der Londoner Szene gesehen, als er mit ihr durch die Lobby gegangen war und so nahm er an, das wäre der Grund.
„Nein, es geht mir wirklich gut. Ich habe nur etwas wenig Schlaf abbekommen letzte Nacht. Machen Sie sich bitte keine Sorgen.“ beruhigte sie ihn.
„Gut. Aber wenn sie sich nicht wohlfühlen, sagen sie es bitte.“ bat er.
Sie mochte es, dass er so besorgt um sie war. Sie versicherte ihm noch mal, dass alles in bester Ordnung wäre und versuchte sich auf das Geschehen unter ihnen zu konzentrieren. Der Raum füllte sich langsam. Urplötzlich, Vicky zuckte und fuhr herum, als eine dunkelhaarige Schönheit, in einem hautengen Kleid, dessen Ausschnitt mehr von ihrem üppigen Dekolleté Preis gab als er verbarg, sich zwischen sie und Aiden stellte, ihm überschwänglich um den Hals fiel und ihn mit rot geschminkten Lippen verführerisch anlächelte.
„Aiden! Wie geht es dir Ich dachte gerade, ich traue meinen Augen nicht, als ich dich sah. Was machst du hier in London? Ich habe so schrecklich lange nichts mehr von dir gehört. Wenn ein anderer Mann, mich so lange ignoriert hätte, wäre ich ganz schön verärgert, aber dir, liebster Aiden, kann ich nicht böse sein.„ sagte sie und hielt nun, wie selbstverständlich seine Hände in ihren. Vicky sah, wie seidig ihr das lange Haar über den Rücken, bis fast zu ihrem wohlgeformten Hintern fiel, wie ein Wasserfall aus schwarzer Seide, dachte sie, etwas angewidert und. Aiden lächelte.
„Kim. Entschuldige bitte, aber du weißt ja das ich immer viel unterwegs bin. Nie im Leben würde ich dich absichtlich ignorieren. Ich bin geschäftlich hier in London. Was machst du aber hier, ich hörte du wärest in Rio.“ er küsste ihre Hand und Vicky durchzuckte so etwas wie Neid. Still stand sie da, fast unsichtbar wie ihr schien. Wiedereinmal wurde ihr schmerzhaft bewusst wie unscheinbar sie war, wenn so die Frauen aus sahen, mit denen Aiden sonst aus ging, fragte sie sich warum er sie eingeladen hatte. Diese Kim war die Verführung in ihrer Urform.
„Ich wollte mir ein Anwesen anschauen, dass ich plane zu kaufen und da der Termin erst übermorgen ist, genieße ich die Zeit bis dahin und gehe ins Theater und schaue mir ein wenig von dem guten altem London an.„ sagte Kim und hatte den Kopf etwas zur Seite gelegt, sie wirkte wie eine schwarze Katze, so geschmeidig waren ihre Bewegungen.
„Sehr schön. Nun dann hoffe ich das der Kauf zu deiner Zufriedenheit über die Bühne geht. Obwohl ich mir da bei dir, meine liebste Kim, keinerlei Gedanken mache. Du hast noch immer bekommen, was du wolltest.“ Scherzte Aiden. Sie warf den Kopf in den Nacken und lachte laut.
„Vielen Dank für das Kompliment, aber alles bekomme ich leider nicht. Wie ich sehe bist du nicht allein hier, also gehe ich mal davon aus das du nicht vorhast mir Gesellschaft zu leisten.„ sie grinste Vicky an und Vickys Magen machte eine halbe Umdrehung nach rechts und dann wieder nach links, ihr wurde übel.
„Richtig, darf ich dir Victoria Frazier vorstellen, Victoria, das ist Kimberly Welch, eine sehr, gute Freundin meiner Familie.“ Vicky streckte ihr die Hand entgegen und Kim ergriff diese mit einem breiten Grinsen auf ihrem roten Mund. Ihre dunklen Augen wanderten an Vicky runter und dann mit einem süffisanten Lächeln wieder hoch zu ihren Augen.
„Victoria, ich darf sie doch so nennen, Aidens Freunde sind auch mir Freunde. Es freut mich sie kennenzulernen. Sie wissen hoffentlich, welch ein Glückstreffer unser Aiden ist, obwohl ich sagen muss, auch er hat einen ausgezeichneten Geschmack, sie sehen ganz reizend aus, meine Liebe.„Vicky lächelte etwas unbeholfen, irgendetwas in Kims Stimme ließ sie aufhorchen.
„Danke schön, ich weiß gar nicht was ich sagen soll.„ Sagte sie schüchtern. Aiden bemerkte ihre Unsicherheit und rette sie in dem er sich hastig mit ein paar freundlichen Worten und dem Versprechen sich bei Kim zu melden, sobald es seine Zeit zu lassen würde, von Kimberly Welch verabschiedete. Kim ging mit einem auffällig aufreizenden Schritt und hatte vorher Aiden noch einen dicken Kuss auf die Lippen gepresst, ehe der etwas sagen konnte, war sie verschwunden. Vicky stand da und sah ihr nach.
„Entschuldigen Sie bitte, Kim ist eine wirklich alte Freundin“, sagte er.
„Nicht doch, sie müssen sich doch nicht entschuldigen.„ Winkte Vicky ab.
„Danke Victoria, aber nun sollten wir wirklich zu unseren Plätzen gehen, es fängt bald an. Sagte er und sie folgte ihm in eine Loge.
Er wirkte anders als bei ihrem letzten Treffen, sie konnte es nur nicht zu ordnen. Sein Gesicht und sein Körper, strahlten heute eine eigenartige Dominanz aus, beinahe schon aggressiv wie ihr schien. Auch schien er kräftiger zu sein, so als hätte er an Muskelmasse zugelegt, was innerhalb eines einzigen Tages nicht möglich gewesen wäre, aber sie hatte wirklich den Eindruck, dass Aiden tatsächlich stärker und breitschultriger geworden war. Es war ihr schon aufgefallen als er sie abgeholt hatte. Sogar die Farbe seiner Augen erschien ihr intensiver und irgendetwas an seinem Gang war anders gewesen vorhin im Foyer. Er reichte ihr ein Glas Champagner und sie schob den Gedanken beiseite. Das Licht in Zuschauerraum ging aus, und es wurde Dunkel. Victoria sah rüber zu ihm und für eine Sekunde, den Bruchteil eines Wimpernschlags, sah sie ein rotes Leuchten in seinen Augen nur einen kurzen Moment, dann war es wieder verschwunden. Verunsichert nahm sie einen großen Schluck aus ihrem Champagnerglas und versuchte sich zur Ruhe zu zwingen. Ihre Nerven waren überreizt, das war sicher nur ihre Nervosität, mahnte sie sich selbst.
Später, der dritte Akt lief gerade, zog ein junger Mann, der im Parkett saß, ihre Aufmerksamkeit auf sich. Sie hatte regelrecht gespürt, dass er sie anstarrte und als sie zu ihm hin sah, versuchte er nicht mal es zu verbergen, Unterwand sah er sie an, direkt und irgendwie feindselig, dachte sie. Aber warum? Sie kannte ihn nicht. Schnell wandte sie sich wieder dem Geschehen auf der Bühne zu. Sie spürte wie ihr die Angst den Rücken hoch kroch. Und die Frau in der Reihe dahinter, auch sie sah in ihre Richtung – und was war mit dem Paar, das direkt in der Loge gegenüber saß? Die wirkten auch merkwürdig fehl am Platz. Alle schienen in ihre Richtung zu starren, dann bemerkte sie, dass sie sich alle gleichzeitig wieder zur Bühne drehten, nachdem Aiden sie alle angesehen hatte. So als hätte er sie mit seinen Blicken ermahnt, wegzuschauen.
„Stimmt etwas nicht“ Aiden hatte gesehen, dass ihr Blick nicht länger auf die Bühne gerichtet war.
„Ich weiß nicht Aiden, ich möchte uns nicht den Abend verderben, aber könnten wir nicht woanders hingehen - Bitte?“ sie sah ihn flehend an.
Er nickte: „Natürlich.“