Читать книгу Blacks Blood - Stella Freewater - Страница 9
ОглавлениеKapitel 8
Sie waren eine ganze Stunde gefahren. Vicky betrachtete ihn von der Seite her und wieder einmal befürchtete sie kurz, dass sie ihm nicht genügen könnte. Er war so gebildet und schien jede Situation im Griff zu haben. Sie hingegen fiel über ihre eigenen Füße und sobald es irgendwo ein Fettnäpfchen gab, dann war es sie, mit Sicherheit diejenige, die hineintrat. Als er seinen Blick kurz von der Straße nahm und ihr lächelnd zu zwinkerte, kribbelte es angenehm in ihrem Bauch und sie lehnte sich entspannt zurück. Was sie sah, gefiel ihr einfach zu gut und so beschloss sie auf Charlies Ratschlag zuhören und nicht nachzudenken. So ganz gelang ihr das dummerweise nicht. Er wirkte wie eine Statue, ihr wollte noch immer nicht in den Kopf, warum er ausgerechnet sie angesprochen hatte, wo er doch die schönsten Frauen haben konnte. Das Bild dieser Kim erschien in ihrem Kopf und sie rümpfte kurz die Nase. Wer war sie den schon im Vergleich mit so einer Frau? Als er sie anlächelte, schob sie die Gedanken hastig zur Seite. In der Dunkelheit tauchte ein See auf und Aiden hielt den Wagen an. Ein altes Herrenhaus stand am Ufer
"Oh, wie wunderschön!", rief sie ihm entzückt zu, sprang aus dem Wagen und rannte zum See. Er folgte ihr, die Hände lässig in den Hosentaschen und stellte sich hinter sie.
"Wenn ich meine Gedanken ordnen möchte und Ruhe brauche, komme ich hier her. Es ist so wunderbar friedlich hier. Komm, ich zeige es Dir?" Er nahm ihre Hand und führte sie zu einer Brücke, die quer über den See führte. Aus der Nähe, war das Haus größer als Vicky angenommen hatte, es war ein altes Herrenhaus, wahrscheinlich aus dem 17. Jahrhundert.
"Es sieht aus wie ein Märchenschloss, ich liebe es. Aber bekommen wir den keinen Ärger? Ich meine dürfen wir hier einfach so herumlaufen? Das gehört doch sicher jemandem.“ Sie sah ihn fragend an, doch er zuckte nur mit den Schultern und führte sie zu einer Terrasse an der Seite des Hauses.
Der Mond spiegelten sich auf der Wasseroberfläche und ein sanfter Wind streichelte die Baumwipfel. Das Rascheln der Blätter klang wie Musik in Vickys Ohren. Sie hatte sich mit beiden Händen an das Terrassengelände gestützt und sah hinaus auf das silberne glitzern im Wasser. Aiden war hinter sie getreten und hatte seine Hände sacht auf ihre Hüften gelegt. Sein Kinn ruhte auf ihrem Hinterkopf und so standen sie einige Minuten da und schauten in die sternenklare Nacht hinaus. Vicky konnte sein Herz an ihrem Rücken schlagen hören und seine Hände verursachten ein wohliges Gefühl von tiefer Geborgenheit, sie schloss die Augen. Plötzlich war sein Gesicht an ihrem Hals, er zog den Geruch ein, sein heißer Atem auf ihrer ausgekühlten Haut ließ sie erschaudern. Er berührte vorsichtig die kleine Kuhle an ihrem Hals mit seinen Lippen und ihre Knie wurden weich. Ihre Hände lagen auf seinen Händen, während sein Mund sich seinen Weg suchte, über ihren Hals hinweg, wo er schließlich ihre Lippen fand, dann drehte er sie mit einem sanften Ruck zu sich um und zog sie fest an sich. Seine Augen fixierten ihre Lippen, aus dunklen, fast schwarzen Pupillen und Vicky fragte sich, ob das an der Dunkelheit lag, er ließ ihr keine Zeit darüber nachzudenken. Ein sanfter Kuss, der ihr den Boden unter den Füßen wegzureißen drohte, verscheuchte jegliche Vernunft aus ihrem Kopf, in dem sich nun alles wie wild zu drehen anfing. Ihre Beine wurden wackelig, aber er hielt sie fest umschlungen und sie spürte das Pochen in seiner Brust, sein Herz schlug also genauso heftig wie ihres, dachte sie, etwas erleichtert. Sie zögerte nur kurz, bevor sie ihre Arme um seinen Hals legte und anfing seine Küsse vorsichtig zu erwidern. Die Welt um sie herum schien verschwunden und wie in einer Achterbahn kreisten das Haus, der Wald und schließlich auch der See. So war sie heilfroh, dass er sie so festhielt. Seine Lippen waren etwas rau, aber Vicky mochte das. Ihre Hände durchwühlten seine Haare, ohne dass sie selbst es bemerkt hätte. Er hatte sich weiter nach vorne gelehnt, sodass sie mit dem Rücken fest an das Gelände gedrückt wurde. Seine Zunge taste nach ihren Mund und als sie kurz die Augen öffnete und in sein Gesicht sah, durchfuhr es sie wie ein Schlag und sie gab nach. Langsam öffnete sie ihren Mund und sein Kuss ließ alle Zweifel, die noch übrig gewesen waren, verschwinden.
Ihr Kuss brannte auch auf seinem Mund, als würden tausend kleine Feuerwerke gleichzeitig explodieren. Die Heftigkeit, mit der Victoria seine Sinne berührte, hatte er nicht erwartet. Mit einem leisen Stöhnen löste er sich, nur widerwillig, von ihr. Eng umschlungen stand sie an ihn gedrückt da und hielt die Augen geschlossen. Erstaunt betrachtete er sie, wie sie ihren Kopf auf seine Brust gelehnt hatte. Er zog sie erneut an sich, hielt sie fest. Die Wärme ihres Körpers und der Duft ihrer Haare, gemischt mit dem wohligen Gefühl, das sie in ihm ausgelöst hatte, war wie ein Rausch, dem er sich nicht entziehen konnte. Als sie nach einer gefühlten Ewigkeit endlich zu ihm hoch sah, lag ein zufriedenes Lächeln auf seinem schönen Gesicht.
"Wir sollten zum Wagen zurückgehen, es ist kühl geworden, ich möchte nicht das du dich erkältest, nur weil ich mich nicht benehmen kann" grinste er sie an, sie kicherte leise.
"Ach, mir ist gar nicht mehr kalt. Aber du hast recht, benehmen kannst du dich wirklich nicht."
"Verzeih ich konnte einfach nicht widerstehen, war es den sehr schlimm?" gespielt besorgt sah er auf sie runter
"Es ging eigentlich, aber ich bin jetzt nicht so die Expertin, was rüpelhaftes Verhalten angeht. Ich werde wohl davon absehen dich anzuzeigen." sagte sie ebenso gespielt ernst.
"Ich danke dir wirklich. Ich würde nur ungern ins Gefängnis gehen müssen. Da kann ich dich ja gar nicht mehr so wunderbar rüpelhaft küssen. Das wäre doch schade, mir hat es nämlich ganz gut gefallen. Sagte er nachdenklich und sie schaute ihn streng an, so gut es eben ging.
"Ich fürchte, ich mochte es auch", sagte sie etwas schüchtern und war froh, dass es um sie herum so dunkel war. Er lachte und legte seinen Arm um ihre Schulter. Eng umschlungen gingen sie den Weg über die Brücke zurück.
Auf dem Rückweg hatten sie nur wenig miteinander gesprochen. Die meiste Zeit hatte sie mit dem Kopf auf seiner Schulter gelegen und er hatte ihre Hand fest in seiner gehabt, während er schaltete und den Wagen sicher zurück in die Stadt lenkte. Hin und wieder hatte er seinen Kopf leicht zu ihr hin gedreht, um sie auf die Stirn zu küssen und obwohl sie wusste, dass es viel zu schnell ging, wollte sie nicht darüber nachdenken. Es fühlte sich einfach zu gut an, es fühlte sich richtig an. Er brachte sie bis vor die Tür und zog sie erneut in die Arme um sie zu küssen, Vicky hätte sich gewünscht, die Zeit wäre stehen geblieben, doch dann stoppte er und hob er ihr Kinn an und sah sie an.
"Ich danke dir für diesen wundervollen Abend Victoria Frazier, ich habe mich schon sehr lange nicht mehr so wohlgefühlt und ich hoffe, dass wir das sehr bald wiederholen. Morgen Abend um sieben?" Sie zog sein Gesicht etwas runter zu sich und küsste ihn.
"Ja, darfst du. Und ich fand es auch sehr schön mit dir. Ich freue mich, wenn du morgen kommst. Wo gehen wir denn hin?" fragte sie während das wohlige Gefühl in ihrem innerem sich weiter ausbreitete.
Er zog den Mundwinkel hoch.
"Ist doch ganz egal, wir lassen uns schon was Schönes einfallen. Ich will dich wiedersehen. Vertraust du mir?"
Wollte er wissen und sie nickte.
"Ja, merkwürdigerweise tue ich das", sagte sie.
"Gut, ich weiß, es geht alles sehr schnell, aber vielleicht sollten wir einfach aufhören zu denken", sagte er und Vicky war erneut erstaunt darüber, dass er aus sprach, was sie dachte. Als er davon fuhr, sah sie seinem Wagen gedankenverloren nach.
Auf der anderen Straßenseite saß Eric in seinem Wagen. Er ließ die Fensterscheibe runter und spie den bitteren Gallensaft, der sich in seinem Mund angesammelt hatte, angewidert auf die Straße.
Aiden fuhr langsam durch die Straßen, doch seine Gedanken waren bei Vicky. Noch immer lag der Geschmack ihrer Lippen auf seinen und der Duft ihrer Haare war im ganzen Auto verteilt. Er konnte sich kaum auf den Verkehr vor ihm konzentrieren. Er wusste, dass es ein Fehler gewesen war sie zu küssen, er hatte nur ein wenig Spaß haben wollen, sich unterhalten, eine normale Unterhaltung mit jemanden führen. So viele Jahre lang war er allein gewesen, hatte sich von allem und jedem fern gehalten und jetzt musste er sich eingestehen, dass er Gesellschaft vermisst hatte. Ja er war einsam und Victoria tat ihm gut. Doch da war tief in ihm diese Angst, schwach zu sein. Er war ein einziges Mal in seinem Leben schwach gewesen und dieses eine Mal hatte ein verdammt böses Ende genommen. Die Erinnerung daran schnürte ihm die Kehle zu und er öffnete die oberen Knöpfe seines Hemdes, riss sich die Krawatte vom Hals. "Verdammt!" entfuhr es ihm. Dann schlug er krnurrend auf das Lenkrad der Korvette. Die Landstraße, auf die er abgebogen war, war leer und so trat er aufs Gaspedal, der Motor heulte auf und er sah wie die Landschaft rechts und links immer schneller an ihm vorbeirauschte, wie die bösen Erinnerungen in seinem Gedanken. Je weiter er sich von der Stadt entfernte, desto lauter wurde die Stimme in seinem Kopf.
„Bin ich wirklich so schwach?“, fragte er sich selbst laut.
Vicky lag noch lange wach. Nachdem sie dreimal erfolglos versucht hatte Charlie anzurufen. Irgendwann war sie dann doch ins Bett gegangen, doch an Schlaf war nicht zu denken. Sobald sie die Augen schloss, war da Aidens Gesicht, und dieses unbeschreibliche Gefühl tief in ihr, das ihre Knie selbst jetzt noch zum Zittern brachte. Seine Hände waren so fordernd gewesen und sie hatte noch nie einen Mann so sehr gewollt wie ihn. Sie hatte die Erfahrung in seinen Küssen gespürt und der Gedanken an die vielen wunderschönen Frauen, die er wohl schon im Arm gehalten und so geküsste hatte, ließ heiße Eifersucht in ihr aufsteigen. Sie griff nach dem Kleid, das sie achtlos auf dem Boden vor ihrem Bett geworfen hatte und roch daran. Ein Hauch von Moschus und Zedernholz kitzelte ihre Nase, die sein Rasierwasser auf dem zarten Stoff hinterlassen hatte und sofort fing das Verlangen in ihr an zu brodeln. Ihr Herz schlug heftiger und sie hatte das Gefühl, ihr ganzer Körper würde lichterloh brennen, vor lauter Sehnsucht nach ihm. So hatte sie sich noch nie gefühlt. Bis jetzt hatte sie geglaubt, sie wäre ernsthaft in Eric verliebt gewesen, aber das hier war etwas gänzlich anderes. Etwas, das sie nicht kannte und das sich wunderbar anfühlte. Ja, Eric hatte recht gehabt, als er gesagt hatte, sie solle sich Zeit lassen, Aiden erst besser kennenlernen, aber das war nun unmöglich. Sie hatte die Grenzen der Vernunft längst überschritten. Ganz gleich, was es war, was Aiden Black mit ihr gemacht hatte, sie wollte sich nicht dagegen wehren. Irgendwann war sie dann doch, das Gesicht tief in den Stoff des Kleides vergraben, eingeschlafen.
Als sie wach wurde, hatte sie das Gefühl, eben erst eingeschlafen zu sein. Wie immer an den freien Tagen verbrachte sie den Tag bei ihrem Großvater und so schwang sie die langen Beine aus dem Bett und ging unter die Dusche.
Als sie wenig später am Haus ankam, stand Thomas Sinclair, wie sie es erwartet hatte, bereits in der Küche und hatte längst Tee gekocht und ein wunderbar duftendes, schottisches Frühstück vorbereitet
"Einen wunderschönen guten Morgen Senair." Sie küsste ihn auf die Wange und wirbelte ihn herum. Er lachte und hob beide Hände.
"Vorsicht! Bainrigh, du wirst dir noch wehtun. Darf ich fragen, warum du so erstaunlich gute Laune hast? "Sie setze sich schwungvoll auf ihren Platz am Tisch und er stellte Tee und Sahne vor sie hin.
"Ach Senair, dir kann man auch nichts verheimlichen. Ich habe jemanden kennengelernt und wir waren gestern zum ersten Mal zusammen aus." er lächelte und setzte sich ebenfalls.
"Und wie es aussieht, hattest du einen offensichtlich schönen Abend", sagte er, während er Sahne in seinen Tee goss. Vicky schob sich genüsslich einen großen Champignon in den Mund und nickte ihm mit vollem Mund zu.
"Ja, das hatte ich wirklich und dabei hatte ich so einen Bammel vor diesem Treffen Senair", gestand sie dem alten Mann, der sie liebevoll anlächelte.
"So, so. Willst du mir davon erzählen oder ist es dafür noch zu früh?" wollte er lächelnd wissen.
"Ich weiß nicht, wo ich anfangen soll. Erinnerst du dich daran, dass ich dir sagte, ich hätte im Museum jemanden kennengelernt? ", er nickte, "Sein Name ist Aiden und er kommt aus Italien. Er ist Jurist und Weinbauer, außerdem handelt er mit Kunst und wir waren an der East Side in einem Club. Senair, das hättest du sehen sollen, es war einfach fantastisch. Und Aiden war so charmant Senair, er ist ein richtiger Gentleman. Er würde dir gefallen. Er spricht sogar etwas Gälisch und war schon oft in Schottland. Und er weiß soviel über Kunst und Geschichte, ich könnte ihm stundenlang zuhören."
Die Worte sprudelten nur so aus ihrem Mund heraus und Thomas hörte ihr aufmerksam zu, so wie er es immer tat. Seit dem Tod ihrer Eltern, hatte er stets versucht, dem Mädchen, Mutter und Vater zu ersetzen. Er wusste, dass ein heranwachsendes Mädchen, einen erwachsenen Menschen brauchte, der ihm zuhörte und wenn nötig mit Rat zur Seite stand. Das war ihm nicht immer leicht gefallen, Vickys Pubertät war für beide nicht leicht gewesen, fehlte doch die Mutter und Thomas hatte keinerlei Erfahrung darin, wie man ein kleines Mädchen erziehen sollte. Ein Gespräch von Frau zu Frau sozusagen, hätte ihr in dieser Zeit wahrscheinlich gefehlt, aber Thomas hatte eingesehen und für sich selbst beschlossen, dass er auch das lernen musste. Und so waren diese Gespräche zwischen ihnen zum festen Ritual geworden. Man saß am Küchentisch und er munterte sie dazu auf, darauf los zureden. Und Vicky tat genau das, sie vertraute ihm blind und hatte schnell gemerkt, dass sie ihm alles sagen konnte. So war er immer ihre erste Wahl, sogar noch vor Charlie, wenn sie etwas auf dem Herzen hatte. Thomas liebte es, dass sie so offen miteinander reden konnten.
"Na, das hört sich ganz danach an, als hätte dieser Aiden dein Herz im Sturm erobert. Wann wirst du ihn denn wiedersehen?"
"Wir wollen heute Abend in Gordons Wine Bar gehen. Ach Senair glaubst du, dass es Liebe auf den ersten Blick gibt?" sie sah ihn verträumt an und er sah rüber zu dem Bild seiner verstorbenen Frau Madeline.
"Ja, das tue ich. Als ich deine Großmutter das erste Mal sah, wusste ich, dass sie meine Frau werden würde. Das sagte ich ihr auch, aber sie lachte mich nur aus. Dennoch, ein Jahr später habe ich sie zum Traualtar geführt."
"Ja, ich weiß. Du hast mir die Geschichte mindestens ein dutzend mal erzählt. Ich finde den Gedanken wundervoll, dass es für jeden Menschen irgendwo auf der Welt ein Gegenstück gibt. Jemanden, der nur für dich bestimmt ist und ich weiß nicht Senair, aber ich habe das Gefühl, dass Aiden mein Mensch ist." sagte sie den Blick noch immer in die Ferne gerichtet.
„Nun, das wünsche ich dir, mein Mädchen. Du solltest aber trotzdem genau hinschauen und auf deine Intuition hören, den ein jeder Sinclair hat eine ungewöhnlich gute Menschenkenntnis. Ich freue mich das du einen schönen Abend hattest. Dieser Aiden scheint dir gutzutun und das ist ein Grund, dass ich ihn schon jetzt mag. Miteinander reden können ist wichtig, aber kannst du auch mit ihm schweigen?" wollte er wissen.Sie sah ihn fragend an und er sprach weiter während er sich einen zweiten Tee nahm,
“Was ich damit meine ist, es ist mindestens genauso wichtig, wenn nicht gar noch wichtiger, gemeinsam schweigen zu können, ohne dass es sich unangenehm anfühlt. Darauf solltest du beim nächstem Treffen achten. Du bist ein kluges Mädchen Victoria, du machst schon das richtige. Aber mal was anderes, als du auf dem Weg hierher warst, hat Charlie angerufen. Sie konnte dich zu Hause wohl nicht mehr erreichen und meinte ich soll dir sagen, dass der Unterricht heute doch, stattfindet allerdings zwei Stunden später als sonst, du hast also noch eine halbe Stunde bis du in der Uni sein musst. Iss auf und beeile dich, sonst kommst du zu spät. Wir können nachher weiter reden.“
Sie sah erschrocken auf die Wanduhr, die über der Küchentür hing und schob ihren Stuhl mit einem lautem krachen nach hinten.
"Was denn, heute? Es ist Wochenende, ich dreh gleich durch, verflucht noch mal!" er lachte und fing an den Tisch abzuräumen während sie in den Flur hechtete, ihren Rucksack von der Garderobe riss und aus dem Haus stürmte.
"Bis nach her Bainrigh! Fahr trotzdem vorsichtig, bitte Schatz!" Rief er ihr noch hinterher.
"Ja, mache ich, ich liebe dich Senair und danke für das tolle Frühstück, wir reden nach her weiter!" Dann schob sie das Rad auf die Straße, sprang auf den Sattel und fuhr los, während ihre roten Haare wie eine Signalfahne hinter ihr her wehten. Thomas stand am Küchenfenster und sah seiner Enkelin lächelnd nach.
***
Sie schaffte es gerade so in das Uni-Gebäude zu sprinten und betrat den Vorleseraum. Immer noch außer Atem ließ sie sich in den Stuhl neben Charlie Plumpsen. Zwei Reihen hinter Charlie saß Eric und Vicky winkte ihm kurz zu, um sich dann direkt wieder dem Geschehen vor ihr zuzuwenden. Eric betrachtete noch eine Weile lang, mit zusammengekniffenen Augenbrauen, ihren Hinterkopf und zuckte erschrocken zusammen, als der Bleistift, den er in der Hand gehalten hatte, in der Mitte zerbrach. Später in der ersten Pause standen alle drei auf dem Parkplatz zusammen und Charlie sah Eric aus zusammen gekniffenen Augen an.
"Stimmt etwas nicht, Eric? Du siehst schlecht gelaunt aus." Jetzt erst bemerkte Vicky das Charlie recht hatte, er sah wirklich sauer aus.
"Ach, das ist nichts. Ich bin nur müde, das ist alles. Muss mich wohl gestern beim Training verrenkt haben und konnte die ganze Nacht nicht richtig schlafen." antwortete er und zeigte dabei auf seinen Nacken.
"Dann solltest du mal zum Krankenzimmer gehen. Die haben Kompressen oder lass dir mal ein Kühlakku geben." Er nickte ihr zu, murmelte ein paar unverständliche Worte in seinen nicht vorhandenen Bart und ging. Charlie sah ihm kopfschüttelnd nach.
„Merkwürdig, heute Morgen sah er noch ganz fit aus. Habt ihr euch vielleicht gestritten?“ Vicky schüttelte den Kopf.
„Hab ich dir doch gestern erzählt. Er rief an und war sauer wegen des Dates mit Aiden, aber meinst du echt, dass es was damit zu tun hat?“ Charlie nickte.
„Ja, aber scheiß darauf, echt. Erzähl lieber, wie ist es gelaufen, mit deinem Aiden?“
Sie setzten sich auf die Wiese, wo viele andere Studenten, in kleinen Grübchen zusammen saßen.
„Oh, Charlie! Es war fantastisch. Ich habe mich so wohlgefühlt. Und du hattest recht, ich habe mir ganz umsonst Sorgen gemacht. Wir haben uns großartig unterhalten, waren im Theater und essen. Es war so schön und heute Abend gehen wir wieder aus. Aiden ist mit mir aus der Stadt herausgefahren, zu einer alten Villa am See, oh Charlie, es war so romantisch.“ Charlie rückte etwas näher an ihre Freundin.
„Hat er dich geküsst?“ Vicky nickte und Charlie schnalzte mit der Zunge.
„Und? Man Vicky, wie war es? Erzähl schon, Rede doch, oder muss ich es erst aus dir raus Prügeln?“ Sie hielt der Freundin lachend die Faust vor die Nase.
„Nein nicht schlagen, ich sagst dir ja schon! Es war einfach unglaublich Charlie. Ich bin in meinem ganzen Leben noch nie so geküsst worden. Das war nicht nur ein Kuss, es war wie – wie, ich weiß auch nicht, ich kann es nicht beschreiben, es war einfach magisch. Ich glaube, ich bin verliebt Charlie.“
„Das wird Eric aber nicht schmecken.“ Vicky machte eine abwinkende Bewegung mit der Hand.
„Ach der kann mich mal. Ich sag dir, wenn der so weiter macht. Ich bin mir nicht mal wirklich sicher, ob ich ihn noch auf der Vernissage sehen möchte. Das geht sicher nicht gut aus. Eric wird sich mit Aiden anlegen, ich weiß es und dann endet das bestimmt hässlich, aber für Eric.“
„Glaubst du Aiden würde ihm eine verpassen? Schaden würde es ihm vielleicht mal nicht, aber muss ja nicht sein. Obwohl ich den Gedanken, dass Aiden sich wie ein edler Ritter vor dich stellt und dich verteidigt, schon sehr romantisch finde. Mensch Vicky, ich bin so neugierig auf ihn, aber ich muss dir auch was erzählen. Ich habe gestern jemanden getroffen. Ich war mit Stephanie aus und da war so ein Typ, den musst du sehen Vic. Die schönsten Augen und tanzen kann der, du meine Güte. Wenn ich daran denke, ist mir jetzt noch ganz schwindelig.„
„Und wie heißt der Supermann?“, jetzt war es Vicky, die neugierig war.
„Mhinea. Er ist aus Italien und mit seinem großen Bruder hier.“
„Mhinea? Und Italiener sagst du? Ich glaube, du hast dir Aidens Bruder angelacht. Der ist doch auch aus Italien und er hat mir erzählt, dass er zusammen mit seinem jüngeren Bruder hier ist.“ Charlie griff sich ans Kinn und sah ihre Freundin ungläubig an.
„Meinst du echt? Das wäre schon ein irrer Zufall, aber irgendwie auch voll cool. Stell dir das mal vor. Wie cool wäre das bitte, wenn Mhinea und dein Aiden, nun wirklich Brüder wären?“
„Mein Aiden, das klingt richtig gut. Ich frage ihn heute Abend mal wie sein Bruder heißt, dann wissen wir es, das interessiert mich jetzt.“