Читать книгу Palmer :Exit 259 - Stephan Lake - Страница 8
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Оглавление„Wohin jetzt?“, sagte Chad und strich mit zwei Fingern über seine Oberlippe. „Zum nächsten Nachbarn, oder bist du durch? Mann, du hast ein Talent, unsre Zeit zu verschwenden.“
Chads Schnurrbart, nur wenige Haare, die nach allen Seiten abstanden, der dünnste Schnurrbart, den Mark je gesehen hat. Mark wusste, die Finger würden den ganzen Tag an der Oberlippe rummachen, ohne jede Wirkung, es würden nicht mehr Haare werden, und die wenigen Haare würden auch am Abend noch abstehen und genauso morgen und übermorgen.
Mark wusste auch, das besser nicht zu kommentieren.
„Und du bist gereizt heute“, sagte er. „Warum hast du vorhin den Kopf geschüttelt, huh?“
„Warum ich den Kopf geschüttelt hab?“
„Ja, warum?“
„Geez, Mac, ehrlich.“
„Was, stößt dir der Saft hoch?“
„Welcher Saft?“
„Von Ruth.“
„Ich hab keinen Saft getrunken.“
„Sie hat dir keinen gegeben?“
„Nein.“
„Ich hab ihr gesagt, sie soll dir von dem Saft geben.“
„Hat sie aber nicht, und ich schätze, deine Ruth wollte mir damit einen Gefallen tun. Sie weiß selbst, dass man das Zeugs nicht trinken kann.“
„Einen Gefallen tun, huh?“, sagte Mark und sah Yazzie von der Seite an. „Sie hat dir keinen Gefallen zu tun. Sie hat zu tun, was ich ihr sage. Verdammtes Weib.“
„Vergiss den blöden Saft, Mac, und vergiss deinen Nachbarn. Wenn er dich stört, hast du Möglichkeiten, da brauchst du nicht unsre Zeit verschwenden.“ Chad sah ihn an. „Wir haben Wichtigeres.“
Drei Meilen fuhren sie durch das Flussbett. Eine Unterhaltung war schwierig, also hielten sie den Mund. Mark klammerte sich an Armlehne und Türgriff und stieß trotzdem zwei Mal mit dem Kopf gegen die Decke. Seine Maße waren einfach nicht für diesen verdammten Weg gemacht. Chad hatte es besser.
Nach zwanzig Minuten erreichten sie den Cattleguard und dahinter den Parkplatz am Highway. Aber statt weiterzufahren stellte Chad den Motor aus und lehnte sich zurück.
„Was ist?“
„Wir haben ein Problem“, sagte Chad. „Ich zeigs dir.“
Sie stiegen aus und gingen um den Wagen herum. Chad öffnete die Hecktür. Mark sah in den Kofferraum.
„Uh“, machte er. „Was haben wir denn hier?“ Mit dem Knie stützte er sich auf der Ladefläche ab und beugte sich in den Kofferraum und strich mit der Hand über die Tasche. Leder, bunt bestickt, mit zwei massiven Schnallen aus poliertem Messing. „Schöne Tasche. Wirklich schön. Feine Arbeit, fühlt sich gut an. Weiches Leder, sehr robust. Hält ein Leben lang. Damit kannst du wirklich was anfangen.“ Er sagte, „Bison. Ich kenn mich aus, mein Onkel hat früher Taschen gemacht, so wie die hier. So ähnlich. Bison. Glaub mir, die halten ein ganzes Leben.“ Er sagte, „Was ist da drin?“
„Mach halt auf.“
Mit einer Hand packte Mark den Ledergurt um die Tasche geschnallt und zog, aber die Tasche war schwer; er nahm die andere Hand zu Hilfe und zog noch ein Mal, zwei Mal.
„Mann, was ist da drin?“
Er sah Chad an und schnaufte durch. Dann zog er an dem Gurtende und öffnete die Schnallen und schob die Tasche auseinander.
Und schnalzte mit der Zunge.
„Genau“, sagte Chad.
„Wie viel ist das?“
„Eine viertel Million. Zweihundertfünfzigtausend. Exakt. Ich hab nachgezählt.“
Mark zog einen Schein aus einem der Bündel und rieb ihn zwischen Daumen und Zeigefinger und hielt ihn gegen das Licht.
„Hm, ich würde mal sagen, der ist echt.“
„Das würde ich auch sagen.“
Mark hob noch einmal die Tasche an.
„Hätte nicht gedacht, dass Papier so schwer ist."
„Ist ja nicht wirklich Papier, ist ja mehr ... Stoff. So wie deine Jeans, so was in der Art."
„Trotzdem. Hätt ich nicht gedacht."
„Ja, ich auch nicht."
Mark nahm mehrere Bündel in die Hand und warf sie wieder in die Tasche. „Sind die alle echt?“
„Ich hab zwei Dutzend Hunderter überprüft. Alle waren echt.“
„Wem gehört das?“
Chad zuckte mit der Schulter.
„Wo hast du das her?“
Chad sagte, „Mein Sohn hat es jemandem weggenommen.“
„Oh.“ Mark strich noch einmal mit der Hand über das Leder, die Stickereien, so gut fühlte sich das an. „Eine viertel Million Dollar.“ Mark schüttelte den Kopf. „Dein kleiner Miguel. Nicht schlecht. Wie hat er das angestellt?“
„Miguel ist erwachsen und fast so groß wie du, also schenk dir das mit dem Klein, okay? Also, Miguel wusste nicht, wer dieser Cop war, und als-“
„Cop?“
„Ja, Cop. Und als der Cop-“
„Shit. SFPD?“
„Albuquerque.“
„Albuquerque?“
„Ja, Mann, Albuquerque. Der-“
„Jemand, den wir kennen?“
„Was? Nein – hey, soll ich jetzt weiter erzählen, oder was?“
„Albuquerque PD“, sagte Mark. „Was ist mit dem Cop?“
„Was denkst du?“, sagte Chad, gab Mark aber dann doch keine Zeit, nachzudenken und sagte, „Glaubst du, ein Cop lässt sich von einem Injun was gefallen? Der hat seine Reserve rausgeholt und auf Miguel angelegt. Was sollte der Junge denn machen?“
„Der Cop ist tot.“
„Könnte nicht toter sein, sagt Miguel.“
„Ein Cop mit einer Tasche voll Geld. Was ...“ Mark wusste nichts mehr zu sagen und zuckte mit den Schultern.
Chad sagte, „Genau. Ein Cop aus Albuquerque mit einer viertel Million im Kofferraum, der nachts durchs Rez fährt? What the fuck?“
„Durchs Reservat? Der ist durchs Reservat gefahren?“
„Hab mich mal umgehört. Highway Patrol hatte einen Unfall gestern Abend. Zwei Trucks, ein RV. Rentnerehepaar von der Ostküste. Interstate Fünfundzwanzig war mehrere Stunden gesperrt.“
„Welche Richtung?“
„Santa Fe.“
Mark nickte. „Der wollte also nach Norden. Und anstatt zurück nach Albuquerque und bei Cedar Crest auf die Vierzehn hat er Exit 259 genommen und ist in die Berge.“
„Wollte die Abkürzung über die Drei nehmen und läuft dabei meinem Sohn über den Weg.“
„Wo genau?“
„War acht Meilen drin, Höhe Gypsy Queen Canyon. Wollte über die Furt beim Beaver Creek, hat sich aber wohl nicht getraut. Ist ausgestiegen, und die Jungs waren da.“
„Die Jungs? Wer? Miguel und ...?“
„Gus und Nez.“
„Miguel, Gus und Nez. Was haben die da gemacht?“
„Gejagt, was sonst. Waren seit zwei Tagen unterwegs und auf dem Rückweg, als der Cop kam.“
„Es ist Schonzeit, Yazzie, Mann.“
Chad sagte, „Meinst du jetzt das Wild oder den Cop oder was?“
Mark überlegte. „Das Wild natürlich.“ Er sagte, „Wann war das?“
„Mitternacht.“
„Mitternacht, das ist ...“ Er zählte mit den Fingern. „Vor zehn Stunden. Und der Cop? Bist du sicher, dass der allein war?“
Chad nickte.
„In einem Police Cruiser?“
Chad schüttelte den Kopf. „Roter Camaro, zugelassen auf einen Everett Mitchell. Papiere im Handschuhfach. Muss sein Privatwagen sein. Dreihundert Pferde, nicht zu überhören.“
„Der ist mit einem Camaro in unsere Berge gefahren?“ Mark schüttelte den Kopf. „Citycops, huh? Wo ist der Camaro jetzt?“
„Meiner Scheune“, sagte Chad. „Wir müssen schnellstens jemanden finden, der den zerlegt."
„In Tausend Teile."
„Aponivi vielleicht."
„Der Hopi?"
„Ja. Oder machens selbst, vielleicht besser."
„Egal, auf jeden Fall in Tausend Teile.“ Mark sagte, „Wir können das nicht mehr offiziell machen. Zu spät jetzt.“
„Wir konnten das nie offiziell machen, Mac. Ein toter weißer Cop im Reservat?“
Mark nickte. „Die werden Leute schicken.“
„Ohne Zweifel.“
„Die einen wollen ihre Tasche zurück.“
„Yep.“
„Und die Cops wollen wissen, was mit ihrem Kollegen passiert ist.“
„Den Cop können wir nicht zurückgeben“, sagte Chad. „Nicht lebend.“
Mark nickte. „Die Tasche könnten wir, oder?“
„Könnten wir. Aber wem? Und die Cops ... Die würden uns für diesen Mitchell verantwortlich machen. Ihren Kollegen. Die warten nur auf so was.“
„Außerdem“, sagte Mark und guckte wieder auf die Tasche, „da liegt ein Haufen Geld. In einer schönen Tasche. In unserem Auto. Eine viertel Million Dollar.“
„Ich weiß“, sagte Chad.
„Und der ist damit durchs Rez gefahren. Durch unser Land. Dieser Blanco.“
„Ich weiß“, sagte Chad.
Mark sagte, „So eine wollte ich immer haben.“
„So eine Tasche?“
„Uh–huh.“
„Wozu?“
„Um was rein zu tun.“
„Um was rein zu tun. Und was würdest du da rein tun?“
„Weiß nicht, irgendwas. Meine DVDs vielleicht. Oder Bücher, irgendwas. Da würde sich was finden.“
„Du hast Bücher?“
„Nicht so viele, aber schon, ja. Zeitschriften. Bow Hunting.“
„Bow Hunting? Seit wann jagst du mit dem Bogen?“
„Ich hab die meisten Ausgaben seit ... zehn oder so Jahren.“
„Welche Bücher hast du?“
„Weiß nicht, ich müsste nachgucken. Ist doch auch egal. Eine Enzykledia auf jeden Fall.“
Chad guckte. „Enzykledia, huh?“
„En ... zy ... Zwölf Bände. Von Ruth. Die hat dir also wirklich keinen Saft gegeben?“
„Ich dachte, dein Großvater hat solche Taschen gemacht.“
„Onkel. Hat er, aber die hat er verkauft. Mir hat der nie eine gegeben.“ Mark strich wieder mit der Hand über das Leder. „Weich wie ein Bisonkalb. Und ein Lederriemen, mit dem könnte man einen Weißen aufhängen, so stabil.“
Chad sagte, „Wir müssen mit den Kids reden. Mit meinem Jungen hab ich schon, aber die beiden anderen? Keine Ahnung, wo die sich rumtreiben. Müssen sie finden, besonders diesen Gus. Der hat ein Mundwerk.“
„In ihrem Trailer?“
Chad schüttelte den Kopf.
„Im Golden Rock?“
„Da hab ich als erstes nachgefragt. Niemand hat sie im Rock gesehen.“
„Davor? Die Kids hängen oft auf dem Parkplatz rum, kaufen ein paar Dosen an der Tankstelle und hängen rum.“
Chad sah ihn an und zog sein Telefon heraus. „Jim, ich nochmal. Habt ihr auch draußen auf dem Parkplatz geguckt? ... Ja ... Nein, du rufst nicht zurück, nimm das Telefon mit, ich hab keine Zeit zu warten ... Ja, ich bin noch dran ... Was heißt vielleicht, Jim? Geh hin ... Okay, nur Nez? ... Gut, du sagst beiden – Nein, warte, gib mir Nez ... Nez? SAC Yazzie. Hör zu, Nez, du gehst jetzt mit Jim ins Rock und du nimmst Gus mit ... Was? ... Wenn du ihn an der Hand nehmen musst, nimm ihn an der Hand oder auch am Kragen, aber Gus geht mit dir, verstanden? Jim gibt euch etwas zu essen. Ihr wartet, bis ich da bin ... Das ist egal, wie lange das dauert, ihr wartet, ist das klar? Jetzt gib mir nochmal Jim ... Jim, nimm die beiden mit rein, setz sie in die Bar und gib ihnen was zu essen und lass sie nicht aus den Augen. Und kein Alkohol. Wir sind in zwei Stunden da ... Nein, ich bezahl das Essen nicht, du spendierst es ihnen. Und noch was, wenn die beiden nicht mehr da sind, wenn wir kommen, dann ziehe ich deine Lizenz ein. Verstanden? ... Gut.“ Chad steckte das Telefon ein. „Du hast es gehört.“
Mark nickte.
„Danach müssen wir mit den anderen sprechen“, sagte Chad. „Wie wir die Situation handhaben.“
„Und die Tasche? Ist vielleicht keine so gute Idee, den ganzen Tag damit rumzufahren.“
„Wir haben keine Wahl im Moment.“ Chad drehte sich um, sein Blick auf Marks Ranch, der Ram vor der Tür. „Oder?“
„Ah, komm schon, wir können das nicht zu mir bringen, Ruth ist noch da. Und ich will das auch nicht in meinem Haus haben, du weißt nie, wer mal schnüffeln kommt. Wie soll ich dann eine Tasche mit einer viertel Million erklären?“
„Genauso wenig können wirs im Office lassen. Was also machen wir?“
„Wir könnten ... hm.“
„Was?“
„Wir könnten es meinem Nachbarn geben. Und später, wenn etwas Gras darüber gewachsen ist, nehmen wir es ihm wieder weg. Und verhaften ihn. Und kassieren das Geld ein.“
„Wenn Gras darüber gewachsen ist? Du bist hier etwas vorschnell, Mac. Wir müssen uns genau überlegen, was wir damit machen.“
„Ich meinte, solange, bis wir überlegt haben, was wir machen.“
„Derselbe Nachbar, den du gerade angemacht hast, weil er ohne Shirt arbeitet? Der wird dich auslachen, wenn du damit ankommst. Geld in einer Tasche. Nein, wahrscheinlich wird er dir eine überbraten mit seiner Schaufel. Oder ohne Schaufel, mit seiner Faust. Der sah ganz danach aus.“
Mark grinste. „Ich hab da eine Idee.“
Chad schüttelte den Kopf und warf die Heckklappe zu. Sie stiegen wieder ein.
Mark sagte, „Ruth hat dir also wirklich keinen Saft angeboten? Ich muss mal ernsthaft mit der reden.“
Chad drückte auf den Anlasser und der Motor sprang an und brachte die Karosserie zum Vibrieren. „Konzentrier dich verdammt nochmal auf diese Sache, Big Mac. Wir haben hier ein echtes Problem.“
„Schon gut, schon gut. Ich zieh dich nur auf. Fahr los.“