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Zwei Stunden später, nach einem kurzen Abstecher ins Reservat, lenkte Chad den Tahoe auf den staubigen Parkplatz vor dem Golden Rock.

Der rotbraune Adobebau lag neben der Interstate, wo vierstöckige Hinweistafeln in beide Richtungen die Autofahrer auf die einmaligen Gewinnchancen an den besten und neuesten Spielautomaten des ganzen Staates aufmerksam machten und meterhohe Buchstaben die in ganz New Mexico berühmten Tortillas und Burritos der mehrfach ausgezeichneten Golden Rock Grill'n Bar priesen. Was natürlich alles Blödsinn war. Die Automaten waren alt, die Gewinnchancen genauso miserabel wie in allen Casinos der Welt, und das Essen war durchschnittliches Fastfood, weshalb die Grill’n Bar auch noch nie ausgezeichnet wurde.

Aber das Golden Rock war das einzige Casino im Umkreis von einhundert Meilen, und das sicherte sein Überleben. Wenn auch nur gerade so. Auf dem Parkplatz an diesem Montagvormittag standen drei Trucks.

Chad sagte zu seinem Sohn auf dem Rücksitz, er sollte im Auto warten und ging zusammen mit Mark hinein. Im Vorraum war es kühl und dunkel; Gäste, die aus der Hitze und dem grellen Tageslicht hereinkamen, sollten sich sogleich wohlfühlen. Nebenan war der Casinoraum mit seinen knapp zwei Dutzend Spielautomaten und dem einen Black-Jack-Tisch, vom Vorraum aus gut zu überblicken. Drei Männer – zwei Weiße und ein Indianer, die Chad noch nie gesehen hatte – saßen an dem Tisch und spielten. Ein weiterer Indianer, jünger als die anderen, stand abseits vor einem der Automaten und warf gelangweilt Münzen hinein und drückte auf die Tasten, sobald sie blinkten. Ihn glaubte Chad von irgendwoher zu kennen.

Chad wischte mit der Hand Schweiß von der Stirn und winkte Betty hinter der Theke und fragte nach Jim.

Betty sprach in ihr Funkgerät und sagte dann zu Chad, „Wo steckt eigentlich Miguel? Ich habe ihn seit Tagen nicht gesehen.“

„Was willst du von meinem Sohn, Betty?“

„Wir waren verabredet.“

„Da hast du Recht.“

„Huh?“

„Ihr wart verabredet.“

„Was jetzt“, sagte Betty, „bin ich plötzlich nicht mehr gut genug für deinen Sohn?“

Chad zog seine Sonnenbrille aus. „Vergiss Miguel, der hat zu tun.“ Und erinnerte sich, woher er den Indianer am Automaten kannte. „Kümmer dich lieber um deinen Bruder. Wie lang war der weg, zwei Jahre? Und kaum wieder draußen, hat der nichts Besseres zu tun, als hier die Automaten zu füttern.“

Betty sah Jim kommen und zuckte mit der Schulter.

„Aber dich interessiert das nicht, huh?“, sagte Chad.

„Hi Chad“, sagte Jim. Er nickte Mark zu. „Was interessiert Betty nicht?“

„Vergiss es“, sagte Chad und nahm Jim zur Seite. „Wo sind die beiden?“

Jim guckte in den Casinoraum und streckte den Hals. „Uh, vorhin waren sie noch an den Automaten.“

„Den Automaten? Woher haben die Geld für die Automaten?“

„Weiß ich nicht.“

Mark sagte, „Sind die denn schon einundzwanzig?“

Jim kratzte sich am Kopf. „Denk schon, ja, fast. Nez auf jeden Fall. Glaub ich. Hey, Chad, du wirst doch jetzt nicht-“

„Halt die Klappe, Jim. Such die beiden und bring sie her.“

Nach wenigen Minuten kamen Gus und Nez angelaufen. Gemeinsam gingen sie hinaus. Chad und Mark zogen wieder ihre Brillen an, Gus und Nez blinzelten.

„Steigt ein“, sagte Chad. „Habt ihr gegessen?“

Nez nickte.

„Yessir“, sagte Gus, und zu Miguel, „Hey, Yazzie, du bist auch hier. Was ist denn mit dem Rucksack, Dude, was willst du damit? Wir-“ Dann sah er Miguels Blick und schwieg.

Mark stieg ebenfalls ein. Chad fuhr los.

„Wo fahren wir hin?“, sagte Gus.

Mark drehte sich zu ihm um. „Was hast du gesagt?“

Gus wollte antworten, aber Miguel packte seinen Arm und schüttelte den Kopf.

Es war wohl besser, jetzt den Mund zu halten.

Sie fuhren die Interstate Richtung Süden und nahmen Exit 259 in die Berge. Keiner sprach ein Wort.

An der Furt beim Beaver Creek hielt Chad an.

Chad sagte, „Miguel zeigt uns die Stelle. Ihr bleibt beim Wagen.“

Zu dritt gingen sie durch den Bach auf die andere Seite. Dann führte Miguel sie vom Weg ab in den Wald und deutete auf einen Busch.

Es war trocken und heiß. Ein schwerer, süßlicher Geruch zog ihnen in die Nase.

Tiere hatten den Körper entdeckt. Hose und Hemd waren zerrissen.

„Puma“, sagte Miguel.

Sein Vater nickte. „Er wird wiederkommen. Das ist gut.“

„So tot, wie er nur sein kann“, sagte Mark.

Marks Blick war starr, sein dunkles Gesicht jetzt einmal ohne das ständige Grinsen.

„Wir müssen ihn absuchen“, sagte Chad zu ihm.

Als Mark weiter auf den Cop starrte ohne sich zu bewegen, kniete sich Chad neben den Cop und durchsuchte seine Taschen.

„Seine Marke ... Dienstausweis ... Hier sein Führerschein. In seiner Geldbörse sind ... die ist leer.“ Chad stand auf. „Ausweis und Führerschein auf denselben Namen wie die Autopapiere. Everett Mitchell. Der Kerl war-“, er schaute auf den Führerschein, „achtundzwanzig. Police Officer in der-“, er nahm den Dienstausweis, „Southeast Area Command.“ Chad sah Mark an. „Das ist einer von Whites Leuten.“

Mark nickte. „Der Marine.“

Ex–Marine“, sagte Chad.

Miguel sagte, „Der Blanco hatte zweihundert Dollar in bar. Ich hab sie Gus und Nez gegeben.“

Chad nickte. „Gut“, sagte er. „Okay, wir gehen zurück.“

„Und der?“, sagte Mark. „Sollten wir ihn nicht ... ich meine ...?“

„Was?“

„Begraben?“

Chad schüttelte den Kopf. „Der Puma kommt wieder und nimmt uns die Arbeit ab.“

Zurück am Tahoe nahm Miguel den Rucksack von seinem Sitz, dann aus dem Kofferraum einen zweiten Rucksack und seine Büchse. Den einen Rucksack gab er Nez, den anderen zog er an. Die Büchse hängte er über die Schulter.

Chad sagte, „Gus, Nez, ihr geht von hier aus zu Fuß mit Miguel weiter.“

„Wohin?“, sagte Nez, während er den Rucksack festzurrte.

„Zur Hütte. Ihr habt Proviant für eine Woche, und ihr könnt angeln. Miguel, das Gewehr nur für den Notfall, nicht für die Jagd. Jemand könnte euch hören.“

Miguel nickte.

„Außerdem ist Schonzeit“, sagte Mark, aber niemand achtete auf ihn.

Chad sagte, „Ihr bleibt bei der Hütte. In den nächsten Tagen werden Cops aus Albuquerque und Santa Fe nach ihm suchen. Wir werden ihnen natürlich unsere Hilfe anbieten. Wir alleine sind fürs Rez zuständig und können euch decken, die Weißen lassen wir nicht ins Reservat. Es sei denn, das FBI ..." Chad strich seinen Schnurrbart. „Die werden nicht so schnell hier sein, bei denen dauert das immer. Aber ihr müsst verschwunden bleiben. Habt ihr verstanden? Ihr wisst, wie die Cops ihren Job machen. Und wenn einer von ihnen verschwindet, dann schicken die Dutzende Cops auf die Suche, und die werden nicht zimperlich sein. Die dürfen gar nicht erst auf den Gedanken kommen, dass einer von uns damit irgendetwas zu tun hat. Sollte es nötig sein, dass ihr länger als eine Woche bleibt, schicke ich jemanden mit mehr Proviant.“ Und zu Gus und Nez, „Miguel ist euer Ältester, ihr tut also, was er sagt. Klar?“

Beide nickten.

„Gus?“

„Yessir, ist klar.“

Miguel nahm sein Gewehr und sah kurz seinen Vater an und, als der ihm mit der Hand die Richtung zeigte, ging los. Gus und Nez folgten ihm. Nach einer Minute waren sie im Wald verschwunden.

„Jetzt nach Albuquerque“, sagte Chad, als sie wieder im Tahoe saßen. „Wir müssen mit unseren Leuten reden, bevor White sich meldet. Was meinst du?“

Chad wartete einen Moment; als Mark nicht antwortete, sagte Chad zu ihm, er sollte sich verdammt nochmal zusammenreißen.

„Zusammenreißen? Zusammenreißen? Chad, dieser Mitchell hatte nicht nur ein verdammtes Loch in der Brust so groß wie meine Faust“, sagte Mark und ballte seine Hand und hielt sie seinem Partner vors Gesicht, „sondern der ... der hatte keine Kopfhaut mehr.“

Chad nickte.

„Dein Sohn hat ihn skalpiert.“

„Ja, hat er.“

„Aber ... warum? Warum?“

„Weil wir es im Blut haben, Big Mac.“ Chad schob seinen Hut nach hinten und drückte den Anlasser. „Zumindest manche von uns.“


Palmer :Exit 259

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