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5. Ernst Nolte kopiert Ernst Jünger im »Historikerstreit«

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1986, vierzig Jahre nach Jüngers »Friedens«-Schrift und dem wenig später ähnlich argumentierenden Essay »Der gordische Knoten«, hat der Historiker Ernst Nolte im sogenannten Historikerstreit Jüngers Weltbürgerkriegsthese erneuert. Unter der Überschrift »Die Vergangenheit, die nicht vergehen will« veröffentlichte »FAZ«-Herausgeber Joachim Fest am 6. Juni 1986 in seinem Blatt einen Aufsatz, in dem Nolte behauptete: Es bestehe eine ursächliche Verbindung zwischen den Klassenmorden unter Lenin und dem nationalsozialistischen Rassenmord an den Juden. Ein bewußter Tabubruch: »Vollbrachten die NS, vollbrachte Hitler eine ›asiatische‹ Tat vielleicht nur deshalb, weil sie sich und ihresgleichen als potentielle oder wirkliche Opfer einer ›asiatischen‹ Tat betrachteten? War nicht der Archipel Gulag ursprünglicher als Auschwitz? War nicht der ›Klassenmord‹ der Bolschewiki das logische und faktische Prius des ›Rassenmordes‹ der Nationalsozialisten? … Aber so wenig wie ein Mord oder gar ein Massenmord durch einen anderen Mord ›gerechtfertigt‹ werden kann, so gründlich führt doch eine Einstellung in die Irre, die nur auf einen Mord und den einen Massenmord hinblickt und den anderen nicht zur Kenntnis nehmen will, obwohl ein kausaler Nexus wahrscheinlich ist.«1 Noltes Strategie: Die Naziverbrechen werden als Antwort auf – angeblich bis 1989 – fortdauernde bolschewistische Vernichtungsandrohungen verständlich gemacht und so relativiert. Das von den Nazis organisierte Verbrechen der Judenvernichtung, behauptet er, sei – »mit alleiniger Ausnahme des technischen Vorgangs der Vergasung« – keineswegs einmalig gewesen. Ein unbelasteteres Nationalbewußtsein solle sich endlich wieder entfalten können.

Nolte schlug damit die Verbrechen des NS-Regimes der Historie zu und versuchte sie zu »entsorgen«: Indem er Auschwitz innerhalb eines ideologischen Weltbürgerkrieges darstellte als bloße Reaktion auf Stalins Gulag. Nolte folgte Jünger bereitwillig: Erklärte der in »Der Friede« Verbrechen und Terror der Nazis damit, daß der Überlebenskampf sie dazu gezwungen habe, »asiatische« Methoden zu kopieren, so spricht Nolte vom »bolschewistischen Antibolschewismus«. Deutschland als Träger der abendländischen Kultur versus kulturzerstörerischem Bolschewismus – diese Konstellation erklärt für Jünger wie für Nolte Hitler.

Und ganz wie Jünger konstruiert Nolte ein Weltbild, in dem eine »ewige Linke« durch ihre Forderung nach Gleichheit »Verschwörungen zur Vernichtung der Kultur« angezettelt habe und anzettele. Permanent, vom Spartakusaufstand bis zur Oktoberrevolution, habe sie, will Nolte es in seiner Verschwörungstheorie wissen, »Massenerregung«, »Volksaufstand«, »Klassenmord« inszeniert. Und auch heute seien die linken »Egalitätsideologen« dabei, führt Nolte 1993 in der »Schlußbetrachtung« seiner »Streitpunkte« aus, die »geschichtliche Bevölkerung« der Deutschen, den ›deutschen Volkskörper‹, durch Multikulturalismus zu zerstören. Das Ziel der »Egalitätsideologen«: »Deutschland nicht bloß zu einem Einwanderungsland, sondern zu einer ›multikulturellen Gesellschaft‹ zu machen und dadurch endlich jene Schichten und Gruppen in Deutschland auszuschalten, denen man die Schuld am Ausbruch des Ersten Weltkriegs und am Sieg des Nationalsozialismus zuschreibt.«2 Die klassische rechte Verschwörungstheorie.

Verrat der Intellektuellen

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