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Eine Schaufel kratzte den Gehsteig frei, draußen auf der Straße schippte jemand Schnee. Wasser gluckerte durch ein Rohr im Haus. Wurde nebenan bei Szereks Wäsche gewaschen? Oder wie hier das Geschirr abgespült? Die Geräusche waren an diesem Abend lauter und deutlicher zu hören, eindringlicher als sonst. Anna und die Kinder saßen am Küchentisch, aßen schweigend Wurstsuppe und lauschten. Ewa stand mit dem Rücken zum Tisch und wusch die Töpfe ab. Sie hatte Bigos gekocht. Mit Wurst! Das hatte es schon lange nicht mehr gegeben. Nur Anna wusste nicht, worin die Schwierigkeit bestand, Fleisch zu bekommen. Irgendjemand hatte immer ein Care-Paket aus dem Westen in der Abstellkammer versteckt. Und wenn eines ihrer Engelchen wieder aufgepäppelt werden musste, dann fand Babcia Anna heraus, wer helfen konnte.

Mit Wurst und mit viel gesundem Gemüse. Ewa hatte für Marek einen Wurstzipfel zwischen zwei Teller gelegt und zur Seite gestellt. Unvermittelt schob Magdalena ihren Teller von sich, stand wortlos auf und ging ins Badezimmer. Die gute Suppe landete im Waschbecken. Es war nicht ihre Absicht gewesen, Mamusia durfte es keinesfalls bemerken! Denn das hätte sie noch unglücklicher gemacht. Vor allem weil Tatuś noch nicht nach Hause gekommen war. Überall wurde jetzt gestreikt. Männer verschwanden, kamen abends nicht mehr von der Arbeit nach Hause. Irgendwo bellte ein Hund.

Eine halbe Stunde später saß Babcia Anna mit ihren Enkelinnen auf dem kratzigen Sofa, das dicke Buch auf den Knien. Blondes Engelchen links von ihr, schwarzes Engelchen rechts. Magdalena versuchte, die Übelkeit zu vergessen, die sich seit dem Abendessen über den Hunger gelegt hatte. Die beiden Gegner zerrten in dem kleinen Magen an dem Kraut und der Wurst; der eine wollte alles hinausbefördern, der andere wollte nichts davon hergeben. Magdalena strengte sich an, der Geschichte zu folgen und dem Kampf keine Beachtung zu schenken.

Kleine Fischerboote lagen schaukelnd und wippend im Hafenbecken von Brindisi. Bruder Robert führte seinen Schützling auf eines der beiden großen Schiffe mit dem roten Kreuz der Tempelritter auf dem Segel. Kazimierz trottete benommen neben ihm her. Sie stiegen auf knarrenden Stufen hinab in das Innere des Rumpfes, wie in eine tief gelegene Grotte. Unter seinem Arm trug der Geistliche eine zerschlissene Wolldecke. Er warf sie mit einer undeutlichen Bemerkung auf den Boden in einen in schwarze Schatten getauchten Winkel. Kazimierz verstand; er setzte sich und versteinerte im selben Augenblick zusammengesunken in Kauerstellung. Bruder Robert legte Brot und Feigen neben die Decke und stellte eine Kanne Wasser dazu. Wie viele Tage und Nächte auf diese Weise vergingen, war schwer einzuschätzen; unter Deck hatte die Zeit ihren Rhythmus verloren.

Magdalena kamen die Gänge im grün schimmernden Licht im Warschauer Krankenhaus in den Sinn, und sie dachte an den Moment, als Tata hinter der Metalltür verschwunden war. Es war gewesen, als würde er sie und Mama für immer alleine zurücklassen. Ein Frösteln war in diesem kurzen Augenblick durch Tochter und Mutter gegangen wie ein Gespenst durch eine Wand. Prompt erschien Magdalena das blasse Abbild des Jungen mit der Wasserspritzpistole; hellblaue Autos fuhren über den weißen Schlafanzug.

Bruder Robert kam in regelmäßigen Abständen und tauschte vertrocknetes Brot gegen frisches aus, und auch das vergammelte Obst. Manchmal legte er ein Stück Käse oder einen Zipfel Wurst dazu.

Magdalena hätte jetzt auch nichts davon anrühren mögen; das Bigos war noch immer nicht ganz verdaut.

Manchmal schien der Junge sich aber doch an den Nahrungsmitteln zu bedienen, immer öfter sogar. Und er trank bald das Wasser, das man in einen Tonkrug abgefüllt vor ihn hingestellt hatte. Bruder Robert schöpfte Hoffnung und brachte Kazimierz Bücher. Er las ihm daraus vor, über Schiffe und die Gezeiten, er zeigte ihm dicke Atlanten von der Welt, Bücher, in denen etwas über den Himmel und seine Gestirne stand und Bilder von Landschaften und Pflanzen gezeichnet waren. Die konturlose Zeit bekam durch die Beschäftigung Struktur, sinnstiftend verknüpften sich allmählich Bilder und Buchstaben, und schweigend lernte Kazimierz das Lesen und eine neue Sprache. So las er bald selbst über Maria, die Mutter Gottes und von den Leidensgeschichten Jesu. Bilder vom heiligen Georg zeigten, wie er einen Drachen besiegte. War etwa vom Drachen Wawel hier die Rede? Kazimierz dachte an die weißen Kalksteinfelsen und plötzlich fiel ihm der Falke ein, der ihnen den weiten Weg bis nach Italien vorangeflogen war. Seine Knie schmerzten, als er sich aufrichtete, und seine Beine fühlten sich schwach an. Heller Sonnenschein blendete ihn, als er mit Mühe das Deck erklommen hatte, und es verstrichen Minuten, bis er auf das Meer hinaussehen konnte. Möwen zogen schreiend ihre Kreise. Ein Falke setzte sich unweit von ihm auf die Reling.

Kazimierz aß jetzt tüchtig, denn er benötigte seine ganze Kraft für die Schiffsarbeiten, in die er von fremden Männern eingewiesen wurde. Die Männer, die sich in einem unverständlichen Kauderwelsch anschrien, strotzten vor strammen Muskelpaketen. Ihre glänzende Haut strömte einen derben Schweißgeruch aus.

Bruder Robert sah regelmäßig nach seinem Schützling. Und Kazimierz lernte die fremden Sprachen – Französisch und Italienisch –, bis es kein Kauderwelsch mehr war. Er las alles über Schiffsbau und Meereskunde, was der Mönch ihm zu lesen gab. Er würde der seetüchtigste Junge weit und breit werden, nahm er sich vor. Und eines Tages würde Kazimierz das Schiff über das Meer in den Osten fahren.

In der Küche war es still geworden. Und auch sonst war nichts mehr zu hören. Es war so still, dass die Großmutter ein leises, kaum hörbares Schluchzen wahrnahm, das über den schmalen Wohnungsflur durch die Wohnzimmertür über den senffarbenen Teppich zu ihnen auf die Couch kroch. Mamusia weinte. Anna stand auf und ging zu ihrer Schwiegertochter in die Küche.

„Wo ist Tatuś?“, fragte Helene in die Stille.

„Er ist nach Warschau gefahren. Zum Woidwodschaftsamt.“

„Wohin?“

„Er besorgt die Papiere für Deutschland.“ Magdalena fuchtelte in der Luft herum, als könnte sie damit etwas erklären. „Die Papiere, du weißt schon …“ Dabei schnitt sie Grimassen.

Sie müssen uns die Papiere geben! Wenn sie von Magdalenas Herzkrankheit erfahren, dann müssen sie uns die Papiere geben! Ihr Herz ist unsere Ausreisegenehmigung, verstehst du?

Sie sah im Geiste den Vater vor sich. Mit dem Rücken zu ihr, durch den schmalen Türspalt in der Mitte halbiert. Die Mutter hatte sie nicht sehen können, denn sie war hinter der Tür am Küchenbuffet gestanden. Und sie hörte wieder seine Worte, die sie belauscht hatte. Sie machte ein ernstes Gesicht und atmete tief durch.

Die kleine Schwester kicherte und sagte:

„Das war Deutsch, oder? Ich habe nichts verstanden.“ Sie schnappte sich das Buch, das Babcia Anna aufgeklappt auf dem bestickten Tischläufer liegengelassen hatte. „Was steht da? Liest du jetzt weiter, ja?“ Sie gab Magdalena das Buch.

„Du kannst doch selbst lesen.“

„Ja, aber lies trotzdem du.“

In der gleißenden Mittagssonne blitzte plötzlich, nur einen Schritt von Kazimierz entfernt, ein scharfes, kaltes Licht auf. Es dauerte nur den Bruchteil einer Sekunde, bis er die Gefahr erkannte und vor Schreck erstarrte. Eine Messerklinge funkelte den Jungen bedrohlich an. Über dem Metallstrahl fixierten ihn zwei schwarze Kohleflecken und ließen nicht von ihm ab; wie von einem Raubtier wurde Kazimierz von den glühenden Augen taxiert, als sollte er im nächsten Moment mit einem Biss verschlungen werden …

„Hellblaue Autos fuhren auf dem weißen Schlafanzug.“

„Du spinnst! Lies gescheit!“

Dann flog das Messer knapp an Kazimierz´ linkem Ohr vorbei. Er konnte den Luftzug spüren. Er wagte nicht zu atmen und starrte wie paralysiert in ein dunkelhäutiges kleines Gesicht. Das Raubtier war nur ein kleiner Junge! Mit einem Messer bewaffnet schien er allerdings nicht besonders friedfertig zu sein, zumal er damit nach ihm geworfen hatte. Der fremde Junge löste sich aus dem Schatten des Schiffsmastes, trat hinter Kazimierz und zog das Messer aus einem Schlangenkopf.

„Iiii!“ Helene warf unversehens ihre Beine hoch und traf ihre Schwester mit der harten Gummisohle ihres Hausschuhs.

„Au! Du Doofe!“

Es war Kazimierz´ erste Begegnung mit Mustafa, einem sarazenischen Jungen, der sich in seinem Heimatland auf das Schiff der Kreuzritter geschmuggelt hatte, denn Mustafa war mit einem geheimnisvollen Auftrag losgeschickt worden, ins Abendland zu reisen. Eines Tages würde er Kazimierz davon erzählen. Der Tag, an dem er Kazimierz vor dem Biss einer Schlange bewahrt hatte, war erst der Beginn einer langen und tiefen Freundschaft.

„Warum liest du nicht weiter?“ Helene zwickte ihre Schwester unsanft in den Arm.

„Ich lese doch“, sagte Magdalena und schlug nach Helene.

„Ich höre aber nichts.“ Helene schlug zurück.

„Weil du nicht zuhörst.“ Magdalena hatte leise weiter gelesen, es aber nicht bemerkt. „Ich werde nach Warschau fahren und Tata abholen“, sagte sie plötzlich sehr ernst, so dass Helene unwillkürlich Ruhe gab.

„Das steht da nicht,“ sagte sie schmollend.

Die Mädchen schwiegen eine Weile. Magdalena starrte in das aufgeschlagene Buch auf ihren Knien.

„Aber wie willst du denn alleine bis nach Warschau kommen?“ Helene sprach aus, worüber sie beide gerade angestrengt nachdachten. Aus der Küche rief die Großmutter, dass sie Schluss machen und sich fürs Bett richten sollten.

„Wo steckt Andrzej?“ Die Stimme der Mutter war hauchdünn geworden, von Tränen durchlöchert.

Magdalena stand auf und ging zum Zimmer ihres Bruders.

„Er ist da!“, schrie sie laut über den schmalen Flur. Sie hoffte, das würde ihre Mutter ein wenig beruhigen. Andrzej saß an seinem Schreibtisch über viele kleine graue Plastikteile gebeugt.

„Was wird das?“ Magdalena hob mit spitzen Fingern – so klein waren die Teile – ein dünnes Röhrchen hoch. „Was baust du denn?“

„Leg es wieder hin! Du bringst alles durcheinander.“

Neben der Bauanleitung standen kleine Farbtöpfchen am oberen Schreibtischrand, fein säuberlich nebeneinander gereiht, von hell nach dunkel geordnet. Andrzej hatte die Fähigkeit, seinen Arbeitsplatz immer sehr übersichtlich und strategisch klug einzurichten. Weiße Farbe, gelbe Farbe, rot, blau, schwarz. Schöne Farben in kleinen silbernen Töpfchen. Der Bauanleitung war zu entnehmen, dass es ein Schiff werden sollte.

„Darf ich es später anmalen, wenn es fertig ist?“ Manchmal durfte Magdalena Andrzejs Bastelarbeiten anmalen, wie kürzlich die Laubsägearbeit von Schneewittchen und den sieben Zwergen, das Weihnachtsgeschenk für Helene. Wenn Magdalena sich genau an die Anleitung halten würde, nur dann! Das war stets seine Bedingung. Magdalena fühlte sich von den Farben magisch angezogen.

„Wo ist die Farbanleitung?“, fragte sie, sicher, dass er nicht nein sagen würde.

„Nein. Ich werde es selbst bemalen.“

„Proszę!“ Magdalena setzte ihren Jammerton ein, den sie jederzeit steigern konnte, bis hin zu einem Heulen, das die Mutter alarmieren würde.

„Ich will es anders anmalen“, sagte Andrzej ohne aufzusehen.

„Anders? Wie denn?“ Sie war erstaunt.

„Weiß und rot.“ Andrzej blieb mit seinen Augen stoisch bei der Arbeit.

„Weiß und rot? Fein! Ich male es weiß und rot an! Schnitzt du mir einen Ritter? Den mal ich dann auch weiß und rot an! Die Tempelritter haben nämlich ein rotes Kreuz auf ihren weißen Umhängen, und das Schiffssegel ist auch …“

„Jetzt hau endlich ab, du nervst mich!“ Er schlug nach ihr.

„Maaamusiaaa!“

„Ist ja gut, beruhige dich wieder! Du darfst das Schiff anmalen, aber nur in Weiß, ganz in Weiß, hast du mich verstanden?“

„Und das rote Kreuz?“

„Da kommt kein rotes Kreuz drauf. Ich werde Solidarność in Rot draufschreiben.“

„Oh, das wird bestimmt schön! Darf ich das machen?“

Andrzej runzelte die Stirn, als würde er ernsthaft darüber nachdenken. Er wusste, dass sich seine Schwester Mühe geben würde, sie malte immer sehr sorgfältig. Vielleicht würde sie es sogar besser können als er selbst? Er schüttelte den Kopf.

„Nein, du verstehst nichts davon.“

„Wovon versteh ich nichts?“ Magdalena verspürte die Lust, ihren Bruder zu zwicken. Was glaubte er denn, wer sie sei? Ein dummes Gänschen vielleicht? Aber sie beherrschte sich.

„Ab in die Falle, Lene!“ Babcia Anna stand im Türrahmen.

„Ich bin Lena.“

„Ja, stimmt. Magdalena.“ Die Großmutter klang traurig und erschöpft. „Andrzej, du machst auch langsam Schluss.“ Es schien, als wäre sie kleiner geworden. Trotzdem bemühte sie sich, bestimmt zu klingen.

„Ist Tata wieder da?“, fragte Magdalena.

„Er wird schon noch kommen … Er muss sich heute Abend gewiss länger mit seinen Kollegen besprechen.“ Sie klang wie ein strombetriebener Leierkasten, dem die Batterien leer wurden: zu langsam, zu leise und seiner aufmunternden fröhlichen Weise beraubt. Andrzej sah auf.

„Lena, das verstehst du nicht! Sagte ich dir doch.“

„Was hat das mit dem Schiff zu tun?“ Magdalena fand, dass sie sich mit Schiffen sehr gut auskannte.

Ein kleines Spielzeugschiff weit draußen im Blau der See. Schützend hielt Kazimierz die Hand über seine Augen, blickte über das Hafengelände auf das Meer hinaus. Je näher das Schiff kam, desto mehr gewann es an Überzeugungskraft, bis es zu einem mächtigen Koloss angewachsen war. Als es dem Festland bedrohlich nahe war, tauchte sein Kielraum wie ein riesiger Walfischbauch feierlich aus der Gischt auf und taufte den grauen Pflasterstein der Mole mit Meerwasser. Enten schrien um ihr Leben und schwammen aufgeregt davon. Das Metall, mit dem das triefende Holz beschlagen war, strahlte gleißend in der Sonne. Le Faucon! Der Falke war das größte Schiff seiner Zeit.

Tatuś kam an diesem Abend nicht nach Hause.

Schneeweiß, als käme es direkt vom Himmel, glitt es lautlos herab, vorsichtig getragen von kleinen Kinderhänden, ohne Ächzen und Stöhnen, ohne Enten zu erschrecken. All das hatte das Schiff hinter sich gelassen. Nur eine rote Farbspur zeugte noch von den irdischen Kämpfen. Ehrfürchtig strich Magdalena über die roten Buchstaben, die sich ein klein wenig von dem weißen Lack abhoben. Fein gepinselte Buchstaben, Solidarność, rot auf weißlackiertem Plastik. Andrzej war sehr sorgfältig gewesen. Schade nur, dass er kein rotes Kreuz auf das Segel gemalt hatte.

„Lass das! Nimm die Finger da weg!“ Es war die Mutter, die sie hinter ihrem Rücken in diesem scharfen Ton ermahnte, nicht etwa der Bruder, der Eigentümer des Schiffes! Mit nicht minder ehrfürchtiger Vorsicht nahm Ewa das Schiff, stieg damit auf den Stuhl, den Magdalena herangeholt hatte, und hob es auf den Kleiderschrank zurück. Das Schiff verschwand wieder in luftiger Höhe und damit aus dem Blickfeld der kleinen Menschen auf der Erde.

Auch aus Andrzejs Blickfeld war es verschwunden, als er es drei Stunden später Jurek zeigen wollte. Er schrie:

„Wo ist mein Schiff?“ Er packte Magdalena am Kragen und schüttelte sie, bis sie anfing zu weinen. Ewa war in Sekundenschnelle zur Stelle.

„Lass sie in Ruhe! Ich habe das Schiff aufgeräumt!“

„Was heißt aufgeräumt! Du sollst die Finger von meinen Sachen lassen, verdammt!“

Magdalena erschrak über Andrzejs freche Worte gegenüber der Mutter. Ewa kämpfte um ihre Beherrschung. Nicht, weil sie der Tonfall ihres Sohnes empörte, sondern weil er nicht zu verstehen schien, welches Unheil in diesen roten Buchstaben lag.

„Ich will nicht, dass du diese Parolen mit nach Hause bringst!“

„Du kapierst wohl nicht, was gerade in Polen passiert? Lebst du hinterm Mond?“

Er hätte eine Ohrfeige verdient, fand Magdalena. Sie spürte eine seltsame Unsicherheit bei ihrer Mutter, als müsste sie ihrem Sohn recht geben, anstatt so ängstlich und abwehrend zu sein.

„So lange dein Vater nicht hier ist, hörst du auf mich! Hast du mich verstanden?“ Ewa musste sich darum bemühen, ihrer Stimme Festigkeit zu verleihen.

„Tatuś ist da draußen! Er kämpft für die Solidarność! Und du …“ Andrzej schrie, so war er außer sich. Eine schwarze Haarsträhne fiel ihm ins Auge.

„Hast du mich verstanden?“, wiederholte Ewa, ohne auf seine Worte zu hören und ließ ihn mit seiner Wut stehen. Sie war jetzt auch wütend! Und vor allem hatte sie Angst.

„Wo ist er? Wann kommt er wieder?“, fragte Magdalena mit leiser Stimme ihren Bruder, der mit geballten Fäusten seiner Mutter hinterher starrte.

„Ach, lasst mich doch in Ruhe! Ihr kapiert alle nichts, rein gar nichts! Dumme Gänse seid ihr!“ Andrzej vergaß seinen Freund und verschwand hinter seiner Zimmertür, die krachend zufiel. Jurek stand verlegen im Flur, blickte zu Boden. Dann sagte er zu Magdalena:

„Ich muss jetzt gehen.“

Die Haustür schloss sich hinter ihm ganz leise.

Lenesias letzte Reise

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