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Ich bin schuld

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Die zweite Variante ist auf ihre Art noch zersetzender. Wer sich für diese Variante entscheidet, schiebt die Schuld für das Versagen nicht anderen zu, sondern gibt sie sich selbst. Die Kirche verliert an Bedeutung, weil wir selbst etwas falsch gemacht haben. Wir haben nicht genug geliebt, nicht gut genug gepredigt, nicht ausgiebig genug gebetet, nicht effektiv genug organisiert, nicht hart genug gearbeitet, um mit den unbedeutend kleinen Problemen fertig zu werden, mit denen die Kirche im 20. Jahrhundert konfrontiert war. Wenn wir so treu gewesen wären wie unsere Vorfahren, dann wäre Großbritannien nach wie vor ein zutiefst christliches Land und all unsere Kirchen wären sonntags voll.

Hier liegt der Fokus allein darauf, was wir selbst schaffen. Ein dummer Fehlschluss. Als die Jünger auf dem See Genezareth in einen Sturm geraten, kommt keiner von ihnen auf den Gedanken, sie seien schuld an Wind oder Regen. Sie verlieren weder Zeit noch Energie damit, sich gegenseitig schlechte Wetterprognosen vorzuwerfen. Das würde ihnen nur Energie und Kraft in einer Situation rauben, in der sie beides nötig brauchen. Sie tun, was sie aus eigener Kraft tun können, um den Sturm zu bekämpfen. Als klar ist, dass sie es allein nicht schaffen, wenden sie sich an genau die Person, an die auch wir uns in unserem heutigen Sturm wenden müssen: an den, der im Boot liegt und schläft.

Wenn wir uns selbst die Schuld geben, dann beginnt das Gift der Verzweiflung das Herz der Kirche nach und nach zu zersetzen. Gerade jetzt braucht die Kirche die Kraft christlicher Hoffnung und die Gewissheit der Gnade und Liebe Gottes – und gerade jetzt finden wir in unseren Herzen nichts als Verzweiflung. Wir schauen nicht mehr auf Gott und die Welt, sondern wenden unseren Blick nach innen. Verzweiflung und Zynismus rauben uns die Kraft, die wir für neue Lebendigkeit und Wachstum und die Möglichkeit neuer Entwicklungen nötig hätten.

Eines der aussagekräftigsten Bilder aus Tolkiens „Herr der Ringe“ ist für mich die Szene, in der wir Théoden, dem König von Rohan, zum ersten Mal begegnen. Die Lügen seines Dieners Schlangenzunge, der ein Agent des teuflischen Zauberers Saruman ist, haben ihn aller seiner Kräfte beraubt. Schlangenzunges Halbwahrheiten haben die Verzweiflung im Herzen des einst mächtigen Königs wachsen lassen und er ist überzeugt, dass er nicht mehr kämpfen kann und den Kräften, die ihn umgeben, machtlos ausgeliefert ist. Er kann nur noch klein beigeben und sich zurückziehen. Den gleichen Ratschlag bekommt das Volk Gottes heute manchmal zu hören.

Format Jesus. Unterwegs zu einer neuen Kirche

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