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Der Verein

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Das war für uns Ansporn genug. Zurück in Deutschland gründeten wir dann den Verein „Help the poor and the needy e. V.“ mit sieben Mitgliedern aus sechs verschiedenen Ländern. Unser vorrangiges Ziel:

Bau eines gebührenfreien Kindergartens/Schule für die Ärmsten, damit sie kostenfreien Zugang zu Bildung ohne religionsfremden Einfluss erhalten.

Das wollen wir auch immer noch, doch die Finanzierung ist nicht so einfach. Aber wir haben schon ein Grundstück, den Plan eines Architekten, und das Verwaltungsgebäude ist bald fertig (Stand Anfang 2020).

Etwas später gründeten wir dann noch eine NGO in Gambia und richteten ein Vereinsbüro mit einem Angestellten dort ein.

Nach und nach stellten wir jedoch fest, dass der Bedarf an Lebensmitteln und die Grundversorgung der Familien ein noch viel größeres Problem darstellen. Seitdem sind wir hauptsächlich damit beschäftigt, die Anfragen nach Familienhilfe und besonders nach Witwen- und Waisenhilfe zu erfüllen.

So widmen wir sehr viel Aufmerksamkeit den Witwen. Sie haben definitiv die geringsten Chancen in diesem Land, da es weder Witwen- noch Waisenhilfe oder gar Sozialhilfe oder Hartz 4 gibt. Sie sind meist mit vielen Kindern ganz auf sich allein gestellt. Mit unserem Witwen-Reis-Projekt können wir wenigstens ihre Ernährung sicherstellen.

Beim Schreiben unserer Satzung haben wir selbstverständlich auch über die Nachhaltigkeit unserer Projekte nachgedacht. Das war am grünen Tisch in Berlin, aber vor Ort sieht es doch ein wenig anders aus. In der Praxis habe ich schweren Herzens lernen müssen, dass nachhaltige Hilfe nicht immer möglich ist.

Dem derzeitigen Hype um das Wort „Nachhaltigkeit“ kann ich gut folgen. Doch wie soll man einer älteren Witwe, die weder lesen noch schreiben kann, keinen Beruf gelernt hat und vielleicht auch noch krank ist, nachhaltig helfen? Man kann ihr kein Start-up geben, keinen Job suchen und auch keine Weiterbildung organisieren. Da bleibt oft nur noch die Grundversorgung.

Ähnliches gilt für sehr junge Witwen, die es leider auch immer häufiger gibt. Warum es in Gambia so viele Witwen gibt und viele davon sehr jung sind, erschließt sich mir folgendermaßen: Da so viele junge Männer backway (durch die Wüste nach Libyen und weiter nach Europa) gehen, wird die Zahl der heiratsfähigen Männer immer geringer. Die, die bleiben, sind oft auch mit dem „Europavirus“ infiziert oder finden keine Braut, weil die Brautgelder zu hoch sind. So werden die jungen Frauen oft dritte oder vierte Ehefrau von schon recht betagten Männern. Wenn diese dann sterben, bleiben sie als junge Witwen zurück. Sie haben oft viele kleine Kinder und können schon aus diesem Grund nicht arbeiten. Doch auch diese Kinder wollen zur Schule gehen, um der Mutter später einmal zu helfen. Ein Teufelskreis, der oft nur mit guter, kostenfreier Bildung durchbrochen werden kann.

Auch die medizinischen Probleme des Landes liegen uns am Herzen. Viele unserer Bedürftigen (intern nennen wir sie members, weil sie bei uns als Mitglieder registriert sind) können einen Arztbesuch nicht aus eigener Kraft bezahlen. Krankenversicherungen gibt es nicht, und so werden selbst Wunden oft nicht versorgt, mit den entsprechenden Folgen. Da werden aus kleinen Wunden große Infektionen, die oft Amputationen nach sich ziehen; unbehandelte Schlaganfälle bringen jahrelanges Leiden mit sich, oder Magengeschwüre führen zum Tod.

Die Schule und den Kindergarten haben wir aber nicht aus den Augen verloren. Nur sind die zu erwartenden Kosten so hoch (voraussichtlich über 100.000 Euro), dass es wohl noch eine Weile dauern wird, bis die Schule steht. Wir würden uns gerne stärker darauf konzentrieren, wenn da nicht immer die Notfälle wären.

Hier in Gambia gibt es dafür unter den NGOs auch ein Wort: disaster management. Als ich es das erste Mal hörte, war ich sehr überrascht, wie leicht ihnen der Ausdruck über die Lippen ging. Doch in Gambia gehört dieses Wort völlig unproblematisch zur Alltagssprache. Ungesicherte Stromzähler und umgefallene Kerzen sind zum Beispiel die häufigste Ursache für Hausbrände. Bis jetzt haben wir schon beim Wiederaufbau von fünf abgebrannten Häusern geholfen.

Große Probleme gibt es auch in der Regenzeit. Bei etwas tiefer gelegenen Häusern ohne ausreichendes Fundament kommt das Wasser auch schon mal durch den Fußboden in das Zimmer. Kein schönes Gefühl, wenn du morgens aufwachst und knietief im Wasser stehst. Nicht zu reden von den Wellblechdächern, die oft so viele Löcher haben, dass die Plastikschüsseln im Haus nicht ausreichen, um Schlimmeres zu verhindern.

So haben wir nun auch ein Projekt, das disaster management heißt. Es sind die vielen Unfallopfer, die ohne Krankenkasse dastehen und nichts selbst bezahlen können, die durch den Gebrauch von Kerzen oder defekten Stromzählern abgebrannten Häuser, oder die Lehmhäuser, die bei Starkregen einfach in sich zusammenfallen. Manchmal sogar, während ihre Bewohner schlafen.

Doch auch der Ausbildungsfonds ist uns sehr wichtig. Je mehr Spender dort einzahlen, desto gesicherter ist die Schul- und Weiterbildung besonders für Waisen. Waisen und Schule, die beiden Themen schließen einander eigentlich aus. Es gibt mittlerweile Bemühungen der Regierung, einige Schulen gebührenfrei zu machen. Doch dort sitzen dann meist sechzig Schüler in einer Klasse, und die Qualität des Unterrichts ist entsprechend.

Diese und noch viele weitere Projekte wie die Finanzierung von Krankenhausleistungen, Familienhilfe in vielfältiger Form und viele andere liegen quasi vor unserer Nase. Meine Aufgabe ist es nun immer wieder, Lösungen zu finden, diese zu kommunizieren und die Hilfe aus Deutschland umzusetzen.

Auf viele der hier angeschnittenen Themen werde ich im Verlauf des Buches noch näher eingehen. Dieses Kapitel sollte zunächst einen Überblick darüber geben, mit welchen Hilfsangeboten wir uns hauptsächlich beschäftigen.

Durch das Buch möchte ich sagen: Die Liebe zu Gott und zu den Menschen ist letztlich, was zählt. Egal in welchem Land.

Ich helfe, also bin ich!

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