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dd) Nicht straftatenbezogene Gefahrenabwehr

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Uneinigkeit besteht noch bei der Frage, wann nicht straftatbezogene Gefahrenabwehrmaßnahmen unter die DSRL-JI fallen. Einig ist man sich, dass der Wortlaut insofern ernst zu nehmen ist, als dass auch gewisse Ausschnitte des präventiven Bereiches unter die Richtlinie zu fassen sind.121

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Teilweise wird die Geltung der DSRL-JI verneint, wenn die Polizei ohne Bezug zu Straftaten, in Fällen der Selbstgefährdung, zum Schutz privater Rechte122 oder im Rahmen einer Vermisstenanzeige tätig wird. Denn es handele sich hierbei um Maßnahmen, bei denen aus ex-ante-Sicht gar kein Bezug zu einer Straftat oder Ordnungswidrigkeit bestehe.123 Teilweise wird als maßgebliches Abgrenzungskriterium darauf abgestellt, ob die Behörde die Gefahr mittels Zwangsanwendung beseitigt.124 In den ErwGr 12 der DSRL-JI werden Beispiele für sog. doppel-funktionale Maßnahmen genannt, die erfasst sein sollen:

„Die Tätigkeiten der Polizei oder anderer Strafverfolgungsbehörden sind hauptsächlich auf die Verhütung, Ermittlung, Aufdeckung oder Verfolgung von Straftaten ausgerichtet, dazu zählen auch polizeiliche Tätigkeiten in Fällen, in denen nicht von vornherein bekannt ist, ob es sich um Straftaten handelt oder nicht. Solche Tätigkeiten können ferner die Ausübung hoheitlicher Gewalt durch Ergreifung von Zwangsmitteln umfassen, wie polizeiliche Tätigkeiten bei Demonstrationen, großen Sportveranstaltungen und Ausschreitungen. Sie umfassen auch die Aufrechterhaltung der öffentlichen Ordnung als Aufgabe, die der Polizei oder anderen Strafverfolgungsbehörden übertragen wurde, soweit dies zum Zweck des Schutzes vor und der Abwehr von Bedrohungen der öffentlichen Sicherheit und Bedrohungen für durch Rechtsvorschriften geschützte grundlegende Interessen der Gesellschaft, die zu einer Straftat führen können, erforderlich ist. (…)“

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Hier wird ein weit gefasster Präventionsbereich zugrunde gelegt. Unter Bezugnahme auf diese Beispiele in den Erwägungsgründen wird geschlussfolgert, dass jedenfalls bei doppel-funktionalen Maßnahmen, die ihren Schwerpunkt in der Gefahrenabwehr haben, die DSRL-JI anwendbar ist.125 Wegen der Unklarheit der Abgrenzung empfahl der Europäische Datenschutzbeauftragte 2015 eine enge Auslegung des Begriffs „Abwehr von Gefahren für die öffentliche Sicherheit“.126

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Sonstiges datenschutzrelevantes Verwaltungshandeln der Polizei (beispielsweise im Rahmen der Personalaktenführung) unterliegt nicht der DSRL-JI, sondern der DSGVO.127 Auch wenn allgemeine Gefahrenabwehrbehörden, die nicht Polizeivollzugsbehörden sind, zur Gefahrenabwehr tätig werden und keine Ordnungswidrigkeitenverfahren durchführen, gilt die DSRL-JI nicht (§ 45 BSDG).128

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